PARADIES UND SÜNDENFALL
von
H.H. Dr. theol. Otto Katzer
(Vortrag vom 11.12.1978 in St. Gallen)
Zur Zeit meines Arbeitseinsatzes in der Tschechoslowakei als
Hilfsarbeiter in der Gärtnerei hatte ich natürlich viel mit Blumen zu
tun. Diese müssen oft eingepackt werden: man braucht dazu viel Papier,
und dieses wird dort von Sammelstellen bezogen. Eines Tages kam mir
eine serbokroatische kulturhistorische Zeitschrist in die Hand, wobei
mein Blick auf den Namen Michelangelo siel. Sosort ließ ich Blumen
Blumen sein, setzte mich auf das Blumenbeet und vertiefte mich in die
Lektüre.
Zu meinem Staunen las ich dort, daß der Autor Michelangelo vorwirft, er
habe unberechtigterweise Adam bei der Darstellung seiner Erschaffung in
der sixtinischen Kapelle einen Nabel zugemalt, auf den er doch keinen
Anspruch habe.
Hatte er einen Nabel gehabt, dann muß er auch eine Mutter gehabt haben
und war einfach nicht der erste Mensch. Hiermit würde jedoch das ganze
Gebäude der katholischen Dogmatik einstürzen. Wir könnten nicht mehr
von einem Paradies sprechen, von keiner Prüfung, damit auch von keinem
Fall mit so traurigen Folgen; kein Erlöser wäre notwendig, wie auch
keine unbefleckte Empfängnis, keine hl. Messe, keine Sakramente im
katholischen Sinne.
Hatte Adam einen Nabel, dann lege ich meine Sutane ab, entschuldige
mich bei den mir anvertrauten Seelen, daß ich sie 42 Jahre lang
irregeführt habe, wenn auch nicht wissentlich und willentlich. Gott sei
Dank brauche ich es nicht zu tun, denn Religion und Wissenschaft sind
sich diesbezüglich völlig einig; der Evolutionismus und die Polygenie
noch vergangener Jahrzehnte schwinden aus der wissenschaftlichen Welt.
Selten wird ein Wort so sehr mißbraucht wie das Wort Wissenschaft. Was
alles hat die Wissenschaft nicht nur geleistet, Bald ist es dies, bald
jenes, hier hat sie so entschieden, dort anders; niemand aber fragt,
wer denn die Frau Wissenschaft ist, niemand hat sie gesehen, niemand
mit ihr gesprochen, und dennoch ist sie so ein entscheidender Faktor,
der überall angeblich das letzte Wort zu sagen hat.
"Als wissenschaftlich", so betont der leider vor einiger Zeit
gestorbene Schweizer Psychiater C.G. Jung, "und damit als überhaupt
zulässig galt nur das, was entweder als materiell erkannt oder aus
sinnlich wahrnehmbaren Ursachen abgeleitet werden konnte."(1) So, um
ein Beispiel zu wählen solgendes: Würden wir bei einem Spaziergang im
Gras eine Uhr sinden, so zweifelten wir keinen Augenblick daran, daß
diese von einem Menschen verloren wurde, und als ihren Urheber
ebenfalls einen Menschen nennen, ein vernunftbegabtes Wesen. Würde sich
jemand erlauben zu behaupten, sie sei vom Monde gefallen oder habe sich
aus der Erde herauskristallisiert, so würde man an seinem gesunden
Menschenverstand zweifeln: es ist doch klar, daß ein Werk von
Vollkommenheit X einen Schöpfer von Weisheit Y ersordert.
Nun stelle ich an euch die Frage: Was ist komplizierter, die Uhr oder
der Grashalm, auf dem sie lag? Obwohl der Grashalm ein Werk ist, das
kein Mensch vollbringen kann, wie auch die gesamte Menschheit nicht, so
kann ich es mir nicht erlauben zu sagen, daß auch der Grashalm als
Schöpfer ein vernunftbegabtes Wesen voraussetzt: Ich bin ein
wissenschaftlich gebildeter Mensch, wenn ich vom Grashalm aussage, er
verdanke sein Dasein der Natur; bei der Uhr dürfte ich es mir nicht
erlauben.
Und doch ist die Gleichung einleuchtend. Wenn ein Werk von
Vollkommenheit X einen Schöpfer von Weisheit Y ersordert, dann muß ein
Werk von einer Vollkommenheit X potenziert auf n einen Schöpfer von
Weisheit Y potenziert auf n ersordern.
Unsere kleinen Kinder mußten bereits im ersten Schuljahr wie das
Einmaleins den Satz hersagen und verstehen können: Mich hat einer
gemacht, der etwas mehr weiß und etwas mehr kann als du und alle
Menschen zusammen.
Doch der Zeitgeist, wie C.G. Jung sagt, will etwas anderes, und bei
seiner Launenhaftigkeit ist mit ihm einfach nicht zu spaßen. "Anders zu
denken, als man heutzutage eben denkt, hat immer den Beigeschmack des
Unrechtmäßigen und Störenden, ja es ist sogar etwas wie unanständig,
krankhaft oder blasphemisch, darum für den einzelnen sozial gefährlich.
Er schwimmt unsinnigerweise gegen den Strom . . . So baut sich heute
nicht die Seelenkraft einen Körper auf, sondern umgekehrt, der Stoff
erzeugt aus seinem Chemismus eine Seele. Diese Umkehrung wäre zum
Lachen, wenn sie nicht eine der großen Wahrheiten des Zeitgeistes wäre.
Es ist populär, daher anständig, vernünftig, wissenschaftlich und
normal, so zu denken . . . . Der Seele eigene Substanz zu geben, ist
dem Ütgeiste zuwider, denn das wäre Ketzerei.
Das haben wir jetzt entdeckt, daß es eine willkürliche intellektuelle
Anmaßung unserer Voreltern war, anzunehmen, daß der Mensch eine
substanzielle Seele habe, daß sie von göttlicher Natur und darum
unsterblich sei, daß es eine eigene Seelenkraft gebe, die den Körper
aufbaue, sein Leben unterhalte, seine Krankheiten heile und die Seele
befähige, ein vom Körper unabhängiges Leben zu führen; daß es
unkörperliche Geister gebe, mit denen die Seele verkehre, und eine
geistige Welt jenseits unseres empirischen Diesseits, aus der der Seele
eine Wissenschaft um geistige Dinge zukomme, deren Ursprünge in dieser
sichtbaren Welt nicht aufgefunden werden können.
Das allgemeine Bewußtsein hat aber noch nicht entdeckt, daß es genau so
anmaßend und fantastisch ist, wenn wir annehmen, daß der Stoff
natürlicherweise Seele erzeuge, daß Affen Menschen hervorbrächten, daß
aus dem harmonischen Zusammenklang von Hunger, Liebe und Macht Kants
Kritik der reinen Vernunft entstanden sei, daß die Gehirnzellen
Gedanken fabrizierten, und daß all das gar nicht anders sein könne."(2)
Soweit Jung (Wirklichkeit der Seele).
Wir müssen aber noch das Wort Kant selbst übergeben. In den Träumen
eines Geistersehers, im I. Teil, drittes Hauptstück, lesen wir neben
anderem: "Was für eine Torheit gibt es doch, die nicht mit einer
bodenlosen Weltweisheit könnte in Einstimmung gebracht werden? Daher
verdenke ich es dem Leser keineswegs, wenn er, anstatt die Geisterseher
für Halbbürger der andern Welt anzusehen, sie kurz und gut als
Kandidaten des Hospitals abfertigt und sich dadurch alles weiteren
Nachforschens überhebt."
Manche Leute nämlich, wie Kant hervorhebt, machen sich das Denken
äußerst einfach, was er in der eben angeführten Arbeit ironisiert,
indem er sagt: "Der scharfsichtige Hudibras hätte uns allein das Rätsel
auflösen können; denn nach seiner Meinung: wenn ein hypochondrischer
Wind in den Eingeweiden tobt, so kommt es darauf an, welche Richtung er
nimmt. Geht er abwärts, so wird daraus ein Furz, steigt er aber
aufwärts, so ist es eine Erscheinung oder eine heilige Eingebung. "
Wie ernst wir an die Tatsachen herantreten müssen, gibt Kant in
derselben Arbeit im II. Teil, drittes Hauptstück, an: "Daß mein Wille
meinen Arm bewegt, ist mir nicht verständlicher, als wenn jemand sagte,
daß derselbe auch den Mond in seinem Kreise zurückhalten könnte. Was
nun der Wille ist, darüber machen sich die meisten keine Gedanken mehr
- ein wirklich billiges Denken:
Schon Platon macht darauf aufmerksam in seinem Sophistes: "Die einen",
so sagt er, "die Materialisten, zerren alles aus dem Himmel und der
Welt des Unsichtbaren herab auf die Erde, als wollten sie geradezu
Felsen und Eichen mit ihren Fäusten umklammern. Da packen sie an und
glauben steif und fest; nur das Greifbare und Faßbare sei das allein
Existierende. Sie halten die körperliche Existenz für die Existenz
schlechthin und sehen blasiert herab auf die anderen, auf solche, die
neben dem körperlichen noch einen anderen Bereich des Seins anerkennen,
und wollen durchaus keiner anderen Meinung Gehör schenken."
Dazu bemerkt der berühmte deutsche, leider verstorbene Biologe Uexküll
in seiner "Bedeutungslehre": "Billiges Denken wirkt wie eine
ansteckende Krankheit und erstickt alle Ansätze einer selbständigen
Weltanschauung im großen Publikum. 'Gott ist Geist und Geist ist
Nichts', lautet die billige Weisheit, mit der sich der einfache Mann
heutzutage zufrieden gibt. Diese Weisheit ist so billig, daß sie mit
Recht eine kapitale Dummheit genannt werden kann."(3)
Der Mensch muß sich aber bewußt werden, daß er mit dem normalen
sogenannten Denken nicht auskommt. "Gibt es kein höheres Denken", fragt
Rauber in seiner Einleitung zu den Sinnesorganen im Lehrbuch und Atlas
der Anatomie des Menschen, "als ein Stigmatisches, protoplastisches,
animales?" Und antwortet: "Es muß ein anderes, höheres Denken geben als
das geschaffene, nämlich das schöpferische, das keiner zerebralen
Unterlage bedarf. Wir können es uns nicht genauer vorstellen, bemerkt
er dazu, nur ahnen" und läßt den Erdgeist mit dem Faust anbändeln, will
diesem antworten: "Du gleichst dem Geist, den du begreifst, nicht
mir."(4)
Sehr oft wird heute vom Widerspruch zwischen der Wissenschaft und der
Religion gesprochen, wozu wir sagen müssen, daß dies nur deshalb
möglich ist, weil wir es hier mit unklaren Begriffen zu tun haben. Wir
werden uns zeigen, daß ein so formulierter Satz nicht bestehen kann,
daß wir ihn anders sormulieren müssen, wenn er schon wirklich das
aussagen soll, was mit dem vorausgegangenen gemeint wurde.
Zuerst müssen wir uns klar werden, was Religion überhaupt ist und ob
sie so im Widerspruch mit der Wissenschaft, die ebenfalls genau zu
definieren ist, überhaupt sein kann. Wir werden zeigen, daß es zu einem
ernsten Widerspruch nur bei einem wahrlich wissenschaftlichen Satz und
einem Dogma kommen könnte und daß, wenn es auch zu einem solchen kommen
sollte, die Ursache nie auf der Seite des Dogmas, sondern der
Wissenschaft wäre.
Um dies näher betrachten zu können, müssen wir den fehlerhaften
Menschen dem unfehlbaren Gott gegenüberstellen. Gott ist nun Quelle der
natürlichen wie auch der übernatürlichen Offenbarung. Natürliche
Offenbarung ist die Natur und das Gewissen, die übernatürliche
Offenbarung die Heilige Schrist und die mündliche Überlieferung. Beide
Gebiete unterwirst der Mensch seinen Untersuchungen und baut aufgrund
von Hypothesen Theorien und vermittels ihrer auf dem Gebiete der
natürlichen Offenbarung Sätze der Wissenschaft, auf dem übernatürlichen
unter dem Beistande des Heiligen Geistes Dogmen und doktrinäre Urteile
der Kirche durch das kirchliche Lehramt.
Von diesem Standpunkte aus müssen wir uns stets klar darüber sein, was
wir gegeneinander stellen: ob einen wissenschaftlichen Satz dem Dogma,
oder bloß eine Theorie oder Hypothese aus dem naturwissenschaftlichen
Bereiche, wie auch umgekehrt eine religiöse Hypothese oder Theorie
einem wissenschaftlichen Satze. Alle diese Unstimmigkeiten, die uns das
Leben unangenehm machen, entspringen dieser Nichtunterscheidung. Dabei
dürfen wir nie vergessen, daß die höchst denkbare Gewißheit auf dem
Gebiete der Naturwissenschaften meistens nur 99,999 % beträgt, während
das Dogma eine loo % Sicherheit darstellt.
Eine Hypothese ist eine wissenschaftliche Annahme eines unsicheren, die
Ursache postulierenden Satzes. Eine Hypothese wird um so
wahrscheinlicher, je mehr Erscheinungen sie erklärt, und wird zu einer
Theorie, wenn sie eine gänzliche Erklärung ermöglicht. Aus dem ist
ersichtlich, daß der Grad der Gewißheit bei der Hypothese geringer ist
als bei der Theorie. Es sei noch erwähnt, daß nicht alle Autoren scharf
zwischen einer Theorie und einer Hypothese unterscheiden.
Theorie ist ein geistiges, vernünftiges, spekulatives,
wissenschaftliches Erkennen zum Zwecke der Erlangung der Wahrheit. Ihr
Gegenteil ist die Empirie, d.h. Erfahrung. Die Theorie ist also eine
wissenschaftliche Meinung, die aufgrund der Projektion einer oder
mehrerer Hypothesen in das Erfahrungsfeld zustande gekommen ist.
Sehr oft begnügt sich der ungeduldige menschliche Geist mit einer
Theorie und glaubt, vor sich bereits einen fertigen wissenschaftlich
begründeten Satz zu haben, trotzdem sich schon so oft eine solche
Ungeduld nicht ausgezahlt hat, da das weitere Forschen alles ganz
anders erklärt hat, wenn es auch nicht gerade zum Gegenteil gelangte.
Insolgedessen müssen wir uns stets im klaren sein, was wir vor uns
haben, und eine Hypothese als Hypothese gebrauchen und eine Theorie wie
eine Theorie.
Wissenschaft ist ein aufgrund des Prinzips vom hinreichenden Grunde
aufgebautes System von Erkenntnissen, also die Erkenntnis der Dinge aus
ihren Ursachen heraus.
Einzelne Erkenntnisse, die nicht systematisch geordnet sind, sind noch
nicht Wissenschaft; die Wissenschaft sordert einen kausalen
Zusammenhang, also ein systematisches Erkennen.
Wir sprechen von den Geisteswissenschaften, wie etwa die
Rechtswissenschaft, Philosophie, Theologie, Geschichte, Philologie,
Soziologie, usw. und Naturwissenschaften, wie Physik, Astronomie,
Chemie, Biologie, usw.
Die Erfahrung, Empirie, stützt sich allein auf innere oder äußere
Erkenntnisse, die den Sinnen entspringen, also nicht auf rein geistige,
vernünftige Schlüsse.
Erfahrungsbegriffe (empirische) haben als Gegenstand Sachen, die der
Mensch mittels seiner Sinne erkennt (Mensch, Tier, Pflanze usw.)
während Verstandesbegriffe über die bloßen Sinne erhoben sind, wenn sie
sich auch auf der Erfahrunggründen, wie z.B. der Begriff Gott, Seele,
Unsterblichkeit, usw.
Ein Dogma ist eine jede Glaubenswahrheit, die wenigstens, was das Wesen
betrifft, von Gott übernatürlich geoffenbart und von der Kirche zum
Glauben vorgelegt wurde. Dies kann durch ein vom Papst bestätigtes
Konzil geschehen oder aufgrund einer Definition ex cathedra, also eines
Kathedralbeschlusses außerhalb des Konzils. Die Unfehlbarkeit gebührt
dem Papste, wenn er spricht:
a) nicht als Privatgelehrter oder Bischof von Rom, sondern als höchster Hirte und Lehrer der gesamten Kirche,
b) in Sachen des Glaubens und der Sitten,
c) um endgültig zu entscheiden, was zu glauben ist und was nicht
d) verpflichtend für die gesamte Kirche.
Gegenstand eines unfehlbaren Beschlusses kann nie eine Sache sein, wie
wir bereits bemerkt haben, die nicht, was das Wesentliche betrifft, in
der übernatürlichen Offenbarung enthalten wäre, d.h. in der Hl. Schrist
oder mündlichen Überlieferung (Tradition). Eine bloß philosophische
Ansicht des Papstes, wenn sich auch auf das religiöse Gebiet
beziehende, genügt nicht.
Religion im weitesten Sinne des Wortes ist die Beziehung des ganzen
Menschen zu Gott, relatio totius hominis ad Deum, also das
Verankertsein des ganzen Menschen in Gott.
Vielleicht könnte jemand fragen, weshalb unfehlbare päpstliche
Entscheidungen überhaupt notwendig sind, wenn ja sowieso alles logisch
belegt werden muß. Darauf müssen wir antworten, daß alles zwar logisch
belegt werden soll, soweit es überhaupt möglich ist, es aber Wahrheiten
gibt, die nie adäquat mit Worten ausgedrückt werden können.
Das Wort ist dimensional, der Gedanke überdimensional. Insolgedessen
können gerade die Grundwahrheiten des hl. Glaubens nicht restlos zum
Ausdruck gebracht werden, wie zum Beispiel des Geheimnis der
allerheiligsten Dreifaltigkeit, das jedem erschaffenen Geiste, also
auch dem der Engel unzugänglich ist. Insolgedessen bleibt immer ein
irrationaler Rest, der verschieden erklärt werden kann. Deshalb muß
hier der unumstößliche Beschluß des kirchlichen Lehramtes einsetzen, um
den verschiedensten Verwirrungen vorzubeugen.
Wie wir schon erwähnten, ist das Nichtunterscheiden verschiedener
Auffassungen Ursache der Verwirrungen, mit denen wir zu kämpfen haben.
Doch kehren wir zurück zu unserer eigentlichen Aufgabe. Der bekannte
russische Biologe Prof. Oparin brachte nun einmal solgendes vor: Wir
sollten schon, so behauptete er, gewissen Ersolg auf dem Gebiete des
lebenden Stoffes erreicht haben. Es fehlen uns aber dazu:
1. die unendlichen Weiten der Weltozeane, in denen das Leben entstanden ist,
2. eine Zeitspanne von einigen hundert Millionen Jahren;
es ist aber ganz sicher, daß die sozialistische Wissenschaft auch diese Frage lösen wird.
Die Biologie ist eine Erfahrungswissenschaft, da haben Maß und Gewicht
das Hauptwort zu sagen. Stellen wir nun die erste Frage. Die
unendlichen Weiten der Weltozeane, in welchen angeblich das Leben
enstanden ist, sind sie Ergebnis der Erfahrung? Das könnte allein dann
sein, wenn Prof. Oparin selbst unendlich wäre; da dem aber nicht so i s
t , ist es keine Erfahrungserkenntnis, son.dern nur eine philosophische
Hypothese. Nicht anders ist dem nun bei der zweiten Forderung; nie
können Millionen von Jahren Gegenstand einer Erfahrung für den Menschen
sein. Da müssen wir scharf unterscheiden zwischen Erfahrung und
spekulativer Philosophie. Wo das unterlassen wird, da ist es besser,
mit der Debatte aufzuhören, da jedes Gespräch unter solchen Bedingungen
unnütz ist.
Anmerkungen :
1) CG. Jung, Wirklichkeit der Seele, Rascher, Zürich 1957, S.l.
2) ebd., S. 3-5.
3) J. von Uexküll, Bedeutungslehre, Bios, Barth, Leipzig 1940, S.2.
4) Rauber-Kopseh, Lehrbuch und Atlas der Anatomie des Menschen, Thieme, Leipzig 1943, Bd.Ill, S.349.
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