54. Jahrgang Nr. 7 / Dezember 2024
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1. ZUM MAI-MONAT
2. HYMNUS AUF DIE GOTTESMUTTER
3. MGR. LEFEBVRES BRIEF AN MGR. WOJTYLA MIT EINER STELLUNGNAHME DES H.H. GUÉRARD DES LAURIERS
4. DER BUMERANG
5. BRIEF AN EINE ZEITSCHRIFT
6. WENN ICH NICHT AN SEINEN HÄNDEN DAS MAL DER NÄGEL SEHE...
7. INSTAURARE OMNIA IN CHRISTO!
8. QUELLEN DER KIRCHENMUSIK
9. ÜBER DAS WESEN DER EHE
10. DIE KATHOLISCHE JUGENDARBEIT
11. HOLLÄNDISCHE KLÖSTER ALS SEX-KOMMUNEN
12. EINGESTÄNDNISSE DER REFORMER
13. ÜBER DIE 'MESSE' JOH. PAULS II. IN MEXIKO
14. 'BR0T'
15. PARADIES UND SÜNDENFALL
16. DIE LIBERALE NÄCHSTENLIEBE
17. ZUM FERNSEHINTERVIEW DES 'BISCHOFS' ERNST
18. MITTEILUNGEN DER REDAKTION
19. PAS DE FRANC-MAÇONNERIE DANS NOTRE EGLISE!
PARADIES UND SÜNDENFALL
 
PARADIES UND SÜNDENFALL

von
H.H. Dr. theol. Otto Katzer

(Vortrag vom 11.12.1978 in St. Gallen)

Zur Zeit meines Arbeitseinsatzes in der Tschechoslowakei als Hilfsarbeiter in der Gärtnerei hatte ich natürlich viel mit Blumen zu tun. Diese müssen oft eingepackt werden: man braucht dazu viel Papier, und dieses wird dort von Sammelstellen bezogen. Eines Tages kam mir eine serbokroatische kulturhistorische Zeitschrist in die Hand, wobei mein Blick auf den Namen Michelangelo siel. Sosort ließ ich Blumen Blumen sein, setzte mich auf das Blumenbeet und vertiefte mich in die Lektüre.

Zu meinem Staunen las ich dort, daß der Autor Michelangelo vorwirft, er habe unberechtigterweise Adam bei der Darstellung seiner Erschaffung in der sixtinischen Kapelle einen Nabel zugemalt, auf den er doch keinen Anspruch habe.

Hatte er einen Nabel gehabt, dann muß er auch eine Mutter gehabt haben und war einfach nicht der erste Mensch. Hiermit würde jedoch das ganze Gebäude der katholischen Dogmatik einstürzen. Wir könnten nicht mehr von einem Paradies sprechen, von keiner Prüfung, damit auch von keinem Fall mit so traurigen Folgen; kein Erlöser wäre notwendig, wie auch keine unbefleckte Empfängnis, keine hl. Messe, keine Sakramente im katholischen Sinne.

Hatte Adam einen Nabel, dann lege ich meine Sutane ab, entschuldige mich bei den mir anvertrauten Seelen, daß ich sie 42 Jahre lang irregeführt habe, wenn auch nicht wissentlich und willentlich. Gott sei Dank brauche ich es nicht zu tun, denn Religion und Wissenschaft sind sich diesbezüglich völlig einig; der Evolutionismus und die Polygenie noch vergangener Jahrzehnte schwinden aus der wissenschaftlichen Welt.

Selten wird ein Wort so sehr mißbraucht wie das Wort Wissenschaft. Was alles hat die Wissenschaft nicht nur geleistet, Bald ist es dies, bald jenes, hier hat sie so entschieden, dort anders; niemand aber fragt, wer denn die Frau Wissenschaft ist, niemand hat sie gesehen, niemand mit ihr gesprochen, und dennoch ist sie so ein entscheidender Faktor, der überall angeblich das letzte Wort zu sagen hat.

"Als wissenschaftlich", so betont der leider vor einiger Zeit gestorbene Schweizer Psychiater C.G. Jung, "und damit als überhaupt zulässig galt nur das, was entweder als materiell erkannt oder aus sinnlich wahrnehmbaren Ursachen abgeleitet werden konnte."(1) So, um ein Beispiel zu wählen solgendes: Würden wir bei einem Spaziergang im Gras eine Uhr sinden, so zweifelten wir keinen Augenblick daran, daß diese von einem Menschen verloren wurde, und als ihren Urheber ebenfalls einen Menschen nennen, ein vernunftbegabtes Wesen. Würde sich jemand erlauben zu behaupten, sie sei vom Monde gefallen oder habe sich aus der Erde herauskristallisiert, so würde man an seinem gesunden Menschenverstand zweifeln: es ist doch klar, daß ein Werk von Vollkommenheit X einen Schöpfer von Weisheit Y ersordert.

Nun stelle ich an euch die Frage: Was ist komplizierter, die Uhr oder der Grashalm, auf dem sie lag? Obwohl der Grashalm ein Werk ist, das kein Mensch vollbringen kann, wie auch die gesamte Menschheit nicht, so kann ich es mir nicht erlauben zu sagen, daß auch der Grashalm als Schöpfer ein vernunftbegabtes Wesen voraussetzt: Ich bin ein wissenschaftlich gebildeter Mensch, wenn ich vom Grashalm aussage, er verdanke sein Dasein der Natur; bei der Uhr dürfte ich es mir nicht erlauben.

Und doch ist die Gleichung einleuchtend. Wenn ein Werk von Vollkommenheit X einen Schöpfer von Weisheit Y ersordert, dann muß ein Werk von einer Vollkommenheit X potenziert auf n einen Schöpfer von Weisheit Y potenziert auf n ersordern.

Unsere kleinen Kinder mußten bereits im ersten Schuljahr wie das Einmaleins den Satz hersagen und verstehen können: Mich hat einer gemacht, der etwas mehr weiß und etwas mehr kann als du und alle Menschen zusammen.

Doch der Zeitgeist, wie C.G. Jung sagt, will etwas anderes, und bei seiner Launenhaftigkeit ist mit ihm einfach nicht zu spaßen. "Anders zu denken, als man heutzutage eben denkt, hat immer den Beigeschmack des Unrechtmäßigen und Störenden, ja es ist sogar etwas wie unanständig, krankhaft oder blasphemisch, darum für den einzelnen sozial gefährlich. Er schwimmt unsinnigerweise gegen den Strom . . . So baut sich heute nicht die Seelenkraft einen Körper auf, sondern umgekehrt, der Stoff erzeugt aus seinem Chemismus eine Seele. Diese Umkehrung wäre zum Lachen, wenn sie nicht eine der großen Wahrheiten des Zeitgeistes wäre. Es ist populär, daher anständig, vernünftig, wissenschaftlich und normal, so zu denken . . . . Der Seele eigene Substanz zu geben, ist dem Ütgeiste zuwider, denn das wäre Ketzerei.

Das haben wir jetzt entdeckt, daß es eine willkürliche intellektuelle Anmaßung unserer Voreltern war, anzunehmen, daß der Mensch eine substanzielle Seele habe, daß sie von göttlicher Natur und darum unsterblich sei, daß es eine eigene Seelenkraft gebe, die den Körper aufbaue, sein Leben unterhalte, seine Krankheiten heile und die Seele befähige, ein vom Körper unabhängiges Leben zu führen; daß es unkörperliche Geister gebe, mit denen die Seele verkehre, und eine geistige Welt jenseits unseres empirischen Diesseits, aus der der Seele eine Wissenschaft um geistige Dinge zukomme, deren Ursprünge in dieser sichtbaren Welt nicht aufgefunden werden können.

Das allgemeine Bewußtsein hat aber noch nicht entdeckt, daß es genau so anmaßend und fantastisch ist, wenn wir annehmen, daß der Stoff natürlicherweise Seele erzeuge, daß Affen Menschen hervorbrächten, daß aus dem harmonischen Zusammenklang von Hunger, Liebe und Macht Kants Kritik der reinen Vernunft entstanden sei, daß die Gehirnzellen Gedanken fabrizierten, und daß all das gar nicht anders sein könne."(2) Soweit Jung (Wirklichkeit der Seele).

Wir müssen aber noch das Wort Kant selbst übergeben. In den Träumen eines Geistersehers, im I. Teil, drittes Hauptstück, lesen wir neben anderem: "Was für eine Torheit gibt es doch, die nicht mit einer bodenlosen Weltweisheit könnte in Einstimmung gebracht werden? Daher verdenke ich es dem Leser keineswegs, wenn er, anstatt die Geisterseher für Halbbürger der andern Welt anzusehen, sie kurz und gut als Kandidaten des Hospitals abfertigt und sich dadurch alles weiteren Nachforschens überhebt."

Manche Leute nämlich, wie Kant hervorhebt, machen sich das Denken äußerst einfach, was er in der eben angeführten Arbeit ironisiert, indem er sagt: "Der scharfsichtige Hudibras hätte uns allein das Rätsel auflösen können; denn nach seiner Meinung: wenn ein hypochondrischer Wind in den Eingeweiden tobt, so kommt es darauf an, welche Richtung er nimmt. Geht er abwärts, so wird daraus ein Furz, steigt er aber aufwärts, so ist es eine Erscheinung oder eine heilige Eingebung. "

Wie ernst wir an die Tatsachen herantreten müssen, gibt Kant in derselben Arbeit im II. Teil, drittes Hauptstück, an: "Daß mein Wille meinen Arm bewegt, ist mir nicht verständlicher, als wenn jemand sagte, daß derselbe auch den Mond in seinem Kreise zurückhalten könnte. Was nun der Wille ist, darüber machen sich die meisten keine Gedanken mehr - ein wirklich billiges Denken:

Schon Platon macht darauf aufmerksam in seinem Sophistes: "Die einen", so sagt er, "die Materialisten, zerren alles aus dem Himmel und der Welt des Unsichtbaren herab auf die Erde, als wollten sie geradezu Felsen und Eichen mit ihren Fäusten umklammern. Da packen sie an und glauben steif und fest; nur das Greifbare und Faßbare sei das allein Existierende. Sie halten die körperliche Existenz für die Existenz schlechthin und sehen blasiert herab auf die anderen, auf solche, die neben dem körperlichen noch einen anderen Bereich des Seins anerkennen, und wollen durchaus keiner anderen Meinung Gehör schenken."

Dazu bemerkt der berühmte deutsche, leider verstorbene Biologe Uexküll in seiner "Bedeutungslehre": "Billiges Denken wirkt wie eine ansteckende Krankheit und erstickt alle Ansätze einer selbständigen Weltanschauung im großen Publikum. 'Gott ist Geist und Geist ist Nichts', lautet die billige Weisheit, mit der sich der einfache Mann heutzutage zufrieden gibt. Diese Weisheit ist so billig, daß sie mit Recht eine kapitale Dummheit genannt werden kann."(3)

Der Mensch muß sich aber bewußt werden, daß er mit dem normalen sogenannten Denken nicht auskommt. "Gibt es kein höheres Denken", fragt Rauber in seiner Einleitung zu den Sinnesorganen im Lehrbuch und Atlas der Anatomie des Menschen, "als ein Stigmatisches, protoplastisches, animales?" Und antwortet: "Es muß ein anderes, höheres Denken geben als das geschaffene, nämlich das schöpferische, das keiner zerebralen Unterlage bedarf. Wir können es uns nicht genauer vorstellen, bemerkt er dazu, nur ahnen" und läßt den Erdgeist mit dem Faust anbändeln, will diesem antworten: "Du gleichst dem Geist, den du begreifst, nicht mir."(4)

Sehr oft wird heute vom Widerspruch zwischen der Wissenschaft und der Religion gesprochen, wozu wir sagen müssen, daß dies nur deshalb möglich ist, weil wir es hier mit unklaren Begriffen zu tun haben. Wir werden uns zeigen, daß ein so formulierter Satz nicht bestehen kann, daß wir ihn anders sormulieren müssen, wenn er schon wirklich das aussagen soll, was mit dem vorausgegangenen gemeint wurde.

Zuerst müssen wir uns klar werden, was Religion überhaupt ist und ob sie so im Widerspruch mit der Wissenschaft, die ebenfalls genau zu definieren ist, überhaupt sein kann. Wir werden zeigen, daß es zu einem ernsten Widerspruch nur bei einem wahrlich wissenschaftlichen Satz und einem Dogma kommen könnte und daß, wenn es auch zu einem solchen kommen sollte, die Ursache nie auf der Seite des Dogmas, sondern der Wissenschaft wäre.

Um dies näher betrachten zu können, müssen wir den fehlerhaften Menschen dem unfehlbaren Gott gegenüberstellen. Gott ist nun Quelle der natürlichen wie auch der übernatürlichen Offenbarung. Natürliche Offenbarung ist die Natur und das Gewissen, die übernatürliche Offenbarung die Heilige Schrist und die mündliche Überlieferung. Beide Gebiete unterwirst der Mensch seinen Untersuchungen und baut aufgrund von Hypothesen Theorien und vermittels ihrer auf dem Gebiete der natürlichen Offenbarung Sätze der Wissenschaft, auf dem übernatürlichen unter dem Beistande des Heiligen Geistes Dogmen und doktrinäre Urteile der Kirche durch das kirchliche Lehramt.

Von diesem Standpunkte aus müssen wir uns stets klar darüber sein, was wir gegeneinander stellen: ob einen wissenschaftlichen Satz dem Dogma, oder bloß eine Theorie oder Hypothese aus dem naturwissenschaftlichen Bereiche, wie auch umgekehrt eine religiöse Hypothese oder Theorie einem wissenschaftlichen Satze. Alle diese Unstimmigkeiten, die uns das Leben unangenehm machen, entspringen dieser Nichtunterscheidung. Dabei dürfen wir nie vergessen, daß die höchst denkbare Gewißheit auf dem Gebiete der Naturwissenschaften meistens nur 99,999 % beträgt, während das Dogma eine loo % Sicherheit darstellt.

Eine Hypothese ist eine wissenschaftliche Annahme eines unsicheren, die Ursache postulierenden Satzes. Eine Hypothese wird um so wahrscheinlicher, je mehr Erscheinungen sie erklärt, und wird zu einer Theorie, wenn sie eine gänzliche Erklärung ermöglicht. Aus dem ist ersichtlich, daß der Grad der Gewißheit bei der Hypothese geringer ist als bei der Theorie. Es sei noch erwähnt, daß nicht alle Autoren scharf zwischen einer Theorie und einer Hypothese unterscheiden.

Theorie ist ein geistiges, vernünftiges, spekulatives, wissenschaftliches Erkennen zum Zwecke der Erlangung der Wahrheit. Ihr Gegenteil ist die Empirie, d.h. Erfahrung. Die Theorie ist also eine wissenschaftliche Meinung, die aufgrund der Projektion einer oder mehrerer Hypothesen in das Erfahrungsfeld zustande gekommen ist.

Sehr oft begnügt sich der ungeduldige menschliche Geist mit einer Theorie und glaubt, vor sich bereits einen fertigen wissenschaftlich begründeten Satz zu haben, trotzdem sich schon so oft eine solche Ungeduld nicht ausgezahlt hat, da das weitere Forschen alles ganz anders erklärt hat, wenn es auch nicht gerade zum Gegenteil gelangte. Insolgedessen müssen wir uns stets im klaren sein, was wir vor uns haben, und eine Hypothese als Hypothese gebrauchen und eine Theorie wie eine Theorie.

Wissenschaft ist ein aufgrund des Prinzips vom hinreichenden Grunde aufgebautes System von Erkenntnissen, also die Erkenntnis der Dinge aus ihren Ursachen heraus.

Einzelne Erkenntnisse, die nicht systematisch geordnet sind, sind noch nicht Wissenschaft; die Wissenschaft sordert einen kausalen Zusammenhang, also ein systematisches Erkennen.

Wir sprechen von den Geisteswissenschaften, wie etwa die Rechtswissenschaft, Philosophie, Theologie, Geschichte, Philologie, Soziologie, usw. und Naturwissenschaften, wie Physik, Astronomie, Chemie, Biologie, usw.

Die Erfahrung, Empirie, stützt sich allein auf innere oder äußere Erkenntnisse, die den Sinnen entspringen, also nicht auf rein geistige, vernünftige Schlüsse.

Erfahrungsbegriffe (empirische) haben als Gegenstand Sachen, die der Mensch mittels seiner Sinne erkennt (Mensch, Tier, Pflanze usw.) während Verstandesbegriffe über die bloßen Sinne erhoben sind, wenn sie sich auch auf der Erfahrunggründen, wie z.B. der Begriff Gott, Seele, Unsterblichkeit, usw.

Ein Dogma ist eine jede Glaubenswahrheit, die wenigstens, was das Wesen betrifft, von Gott übernatürlich geoffenbart und von der Kirche zum Glauben vorgelegt wurde. Dies kann durch ein vom Papst bestätigtes Konzil geschehen oder aufgrund einer Definition ex cathedra, also eines Kathedralbeschlusses außerhalb des Konzils. Die Unfehlbarkeit gebührt dem Papste, wenn er spricht:

a) nicht als Privatgelehrter oder Bischof von Rom, sondern als höchster Hirte und Lehrer der gesamten Kirche,
b) in Sachen des Glaubens und der Sitten,
c) um endgültig zu entscheiden, was zu glauben ist und was nicht
d) verpflichtend für die gesamte Kirche.

Gegenstand eines unfehlbaren Beschlusses kann nie eine Sache sein, wie wir bereits bemerkt haben, die nicht, was das Wesentliche betrifft, in der übernatürlichen Offenbarung enthalten wäre, d.h. in der Hl. Schrist oder mündlichen Überlieferung (Tradition). Eine bloß philosophische Ansicht des Papstes, wenn sich auch auf das religiöse Gebiet beziehende, genügt nicht.

Religion im weitesten Sinne des Wortes ist die Beziehung des ganzen Menschen zu Gott, relatio totius hominis ad Deum, also das Verankertsein des ganzen Menschen in Gott.

Vielleicht könnte jemand fragen, weshalb unfehlbare päpstliche Entscheidungen überhaupt notwendig sind, wenn ja sowieso alles logisch belegt werden muß. Darauf müssen wir antworten, daß alles zwar logisch belegt werden soll, soweit es überhaupt möglich ist, es aber Wahrheiten gibt, die nie adäquat mit Worten ausgedrückt werden können.

Das Wort ist dimensional, der Gedanke überdimensional. Insolgedessen können gerade die Grundwahrheiten des hl. Glaubens nicht restlos zum Ausdruck gebracht werden, wie zum Beispiel des Geheimnis der allerheiligsten Dreifaltigkeit, das jedem erschaffenen Geiste, also auch dem der Engel unzugänglich ist. Insolgedessen bleibt immer ein irrationaler Rest, der verschieden erklärt werden kann. Deshalb muß hier der unumstößliche Beschluß des kirchlichen Lehramtes einsetzen, um den verschiedensten Verwirrungen vorzubeugen.

Wie wir schon erwähnten, ist das Nichtunterscheiden verschiedener Auffassungen Ursache der Verwirrungen, mit denen wir zu kämpfen haben.

Doch kehren wir zurück zu unserer eigentlichen Aufgabe. Der bekannte russische Biologe Prof. Oparin brachte nun einmal solgendes vor: Wir sollten schon, so behauptete er, gewissen Ersolg auf dem Gebiete des lebenden Stoffes erreicht haben. Es fehlen uns aber dazu:
1. die unendlichen Weiten der Weltozeane, in denen das Leben entstanden ist,
2. eine Zeitspanne von einigen hundert Millionen Jahren;
es ist aber ganz sicher, daß die sozialistische Wissenschaft auch diese Frage lösen wird.

Die Biologie ist eine Erfahrungswissenschaft, da haben Maß und Gewicht das Hauptwort zu sagen. Stellen wir nun die erste Frage. Die unendlichen Weiten der Weltozeane, in welchen angeblich das Leben enstanden ist, sind sie Ergebnis der Erfahrung? Das könnte allein dann sein, wenn Prof. Oparin selbst unendlich wäre; da dem aber nicht so i s t , ist es keine Erfahrungserkenntnis, son.dern nur eine philosophische Hypothese. Nicht anders ist dem nun bei der zweiten Forderung; nie können Millionen von Jahren Gegenstand einer Erfahrung für den Menschen sein. Da müssen wir scharf unterscheiden zwischen Erfahrung und spekulativer Philosophie. Wo das unterlassen wird, da ist es besser, mit der Debatte aufzuhören, da jedes Gespräch unter solchen Bedingungen unnütz ist.

Anmerkungen :
1) CG. Jung, Wirklichkeit der Seele, Rascher, Zürich 1957, S.l.
2) ebd., S. 3-5.
3) J. von Uexküll, Bedeutungslehre, Bios, Barth, Leipzig 1940, S.2.
4) Rauber-Kopseh, Lehrbuch und Atlas der Anatomie des Menschen, Thieme, Leipzig 1943, Bd.Ill, S.349.
 
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