"BROT"
von
Dr. Joachim May
Nicht daß dem Weihbischof Kuhnle, als er mit der Predigt beginnen
wollte, ein Fußball entgegenflog (StdG 13/1978), ist das Erschütternde.
Auch nicht, daß er ihn "gewandt auffing, triumphierend emporhob" -
welche "pastorale" Geste! Diese Albernheiten auf beiden Seiten zeigen
den Verfall der Ehrfurcht, das totale Durcheinander von Sakralem und
Profanem. Bedenklich und zugleich entlarvend ist die schon nicht mehr
vereinzelte Unterlassung der Kniebeuge durch den Priester nach
vollzogener Wandlung.
Erst hatte man die Zahl der Kniebeugen - wie auch anderer symbolischer
Gesten in der Neumesse radikal reduziert - "entrümpeln",
"durchschaubarer machen", dem "Verständnis des modernen Menschen
anpassen" und ähnlich wohlklingend nannte man das. Demjenigen, der
dagegen protestierte, wurde regelmäßig entgegengehalten, was man denn
wolle, die Kniebeuge sei doch nicht als solche abgeschafft, nur die
Zahl sei verringert. Wer darauf hinwies, daß mit der Änderung der
Formen der Inhalt berührt werde, wurde nicht ernst genommen. Nun sind
wir also so weit, daß der Reduktionsimpuls nicht mehr aufzuhalten ist
und weiternagt. Was steckt dahinter?
Schon bei Verminderung der Zahl symbolischer Gesten in der Messe
(Kniebeuge, Domine non sum dignus, Kreuzzeichen) konnte man ahnen, daß
dahinter eine veränderte Glaubenssituation stecke, und zwar bei denen,
die solche "Einsparungen" geplant, entworfen, durchgesetzt und
gebilligt hatten: Theologen, Bischöfe, Papst. Es war die
stillschweigende Voraussetzung eines geminderten Eucharistieglaubens.
Ganz wegmachen wollte man die bisherigen Gesten (noch) nicht, schon
wegen der "Altgläubigen", also verminderte man sie.
Indessen ist der Glaube an die Realpräsenz (vere realiter ac
substantialiter) in der Neukirche weithin geschwunden. Wie bei den
Protestanten bleibt bei nicht wenigen Priestern Brot Brot und Wein
Wein. Vor bloßen materiellen Substanzen kniet man aber nicht nieder.
Daher das Weglassen der Kniebeuge nach der Wandlung. Was sich in
äußeren Formen dokumentiert, ist Ausdruck innerer Erosion.
Dazu läuft parallel seit einem Jahrzehnt die immer penetranter werdende
Verwendung des Wortes "Brot", und zwar im Kontext der Eucharistie. Die
theologische Literatur, nicht zuletzt die Religionsbücher, schwelgen
geradezu in den Termini "Brot", "Essen", "Mahl", "essen" u.a. Dicke
Brot-Hostien sollen deutliche Kaubewegungen provozieren.
Selbstbedienung aus Brotkörbchen gibt es, die Handkommunion ist weithin
üblich geworden. "Mahlseiern", bei denen die Teilnehmer um eine Tisch
herum sitzen oder sich in Polstersesseln flegeln, sind keine Seltenheit
mehr.
"Eucharistische Speise", "Himmelsbrot" (panis de coelo) sind legitime
Bezeichnungen, "Leib Christi" (Corpus Christi) ist es auch. Sobald
andere Bezeichnungen auftauchen, sind sie es nur, wenn der Kontext
eindeutig i s t : "Wer von diesem Brot ißt, wird ewig leben." Das wird
nach vollzogener Wandlung vor der Priesterkommunion gesprochen und ist
klar, wenn die Versammlung der Gläubigen sich im Glaubenskonsens
besindet, und wenn der Priester auf dem Boden der Eucharistielehre der
Kirche steht. Wenn unterschiedslos von "Brot" usw. geredet wird oder
wenn die Eucharistie schlankweg mit "Brot" oder "Mahl" u.a. abgedeckt
wird, ist Vorsicht geboten. Wer genau auf die Texte der Nachkonzils
zeit hinhört, wird feststellen, daß derjenige, der im alten Glauben
groß geworden ist, das "Brot" usw. richtig verstehen kann und meistens
wird. In diesen Texten gehen eindeutige und verschwommene Wendungen
bunt durcheinander (nicht nur in Bezug auf die Eucharistie). Wer nicht
mehr die überlieferte katholische Eucharistielehre kennt, kann auch an
bloßes Brot "glauben", in theologischen Büchern (Religionsbüchern)
sowieso. Dort nimmt man sich (fast) keine Mühe mehr, seinen Unglauben
zu kaschieren. Und wenn der Ökumenismus sein Gorgonenhaupt erhebt, ist
die Sache völlig klar. Beim sogenannten "Ökumenischen Pfingsttreffen"
in Augsburg (1971) "konsekrierte" ein Priester das Brot, ein
protestantischer Kultdiener den Wein. Nicht minder klar i t die Lage,
wenn in der Würzburger Synode bestimmt wurde, daß der Katholik aus
bestimmten Gründen am protestantischen Abendmahl teilnehmen könne. Hier
wird die katholische Eucharistie abgewertet bzw. das protestantische
Abendmahl wird aufgewertet, was dasselbe Täuschungsmanöver i s t . Das
Ziel: Einpendeln auf dem protestantischen Unglauben.
Die Zahl der Priester wächst, die den katholischen Eucharistieglauben
aufgegeben haben. Ebenso schwindet das katholische
Eucharistieverständnis im Glaubensvolk rapide. Die nachwachsenden
Generationen werden darin nicht mehr oder haeretisch unterrichtet.
Viele Religionslehrer sind Schwach- oder Ungläubige. Für sie ist Brot
Brot, Wein ist Wein. Hier kündigt sich ein immer größeres Vakuum an.
"Mein Leib ist wahrhaft eine Speise, und mein Blut ist wahrhaft ein
Trank." "Wer mein Fleisch ist , der bleibt in mir, und ich bleibe in
ihm." Heute wird vielfach der Leib des Herrn nicht mehr von
gewöhnlicher Speise unterschieden. Eine ungeheuerliche geistige
Versteppung hat Platz gegriffen. Thérèse von Konnersreuth hat
vorgelebt, was die Eucharistie als Speise bedeutet: Sie lebte jahrelang
nur von der hl. Kommunion, ohne biologische Nahrungsaufnahme.
Von dieser Eucharistieauffassung entfernt sich die Neukirche immer mehr, und diesem Abweg wird nicht gesteuert.
Sagen wir es mit einem Wort: AUSVERKAUF.
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