54. Jahrgang Nr. 7 / Dezember 2024
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1. ZUM MAI-MONAT
2. HYMNUS AUF DIE GOTTESMUTTER
3. MGR. LEFEBVRES BRIEF AN MGR. WOJTYLA MIT EINER STELLUNGNAHME DES H.H. GUÉRARD DES LAURIERS
4. DER BUMERANG
5. BRIEF AN EINE ZEITSCHRIFT
6. WENN ICH NICHT AN SEINEN HÄNDEN DAS MAL DER NÄGEL SEHE...
7. INSTAURARE OMNIA IN CHRISTO!
8. QUELLEN DER KIRCHENMUSIK
9. ÜBER DAS WESEN DER EHE
10. DIE KATHOLISCHE JUGENDARBEIT
11. HOLLÄNDISCHE KLÖSTER ALS SEX-KOMMUNEN
12. EINGESTÄNDNISSE DER REFORMER
13. ÜBER DIE 'MESSE' JOH. PAULS II. IN MEXIKO
14. 'BR0T'
15. PARADIES UND SÜNDENFALL
16. DIE LIBERALE NÄCHSTENLIEBE
17. ZUM FERNSEHINTERVIEW DES 'BISCHOFS' ERNST
18. MITTEILUNGEN DER REDAKTION
19. PAS DE FRANC-MAÇONNERIE DANS NOTRE EGLISE!
EINGESTÄNDNISSE DER REFORMER
 
EINGESTÄNDNISSE DER REFORMER

(aus: André Mignot / Michel de Saint-Pierre: "Le ver est dans le fruit" La Table Ronde, Paris 1978;
zit. nach UVK 8,6 Nov/Dez. 1978, S.327 pp.)



Anm.d.Red.: Nachfolgend eine Reihe von Aussagen der Reformer über sich, ihre Absichten und ihr Werk. Diese Selbstdarstellung deckt sich mit unsern Urteilen über diese Herren - aber uns glaubte man nicht. Allerdings ist vielen nicht zu helfen, weil sie nicht sehen wollen.

***

Seit einiger Zeit beginnen die Masken plötzlich zu fallen, und die "Treiber" der Liturgiereform geben endlich zu, was die Gläubigen schon jahrelang behaupten: "Man hat die Religion geändert". Doch im Gegensatz zu den Gläubigen stellen sie diese Veränderung nicht mit Bedauern fest. Ganz im Gegenteil, in dem Bewußtsein, protegiert zu werden, "Unberührbare" zu sein, ihrer selbst sehr sicher und sogar zu sicher, stellen sie mit Befriedigung die Bilanz der geleisteten Arbeit auf, "um einer Bewegung wieder Schwung zu verleihen, die nicht einschlafen darf". Abbé Henri Denis, der, vergessen wir das nicht, Peritus beim 2. Vatikanum gewesen i s t , erklärt wörtlich in seinem Buch: "Von den Sakramenten und den Menschen":

"Glauben, daß alles sich verändert hat, heißt ganz einfach ehrlich sein im Hinblick auf das, was vorgeht. Bei gewissen Debatten mit der integristischen Tendenz gehört es bisweilen zum guten Ton zu behaupten, nichts habe sich gewandelt. Man sollte lieber den Mut haben, einzugestehen, daß die Kirche wichtige Veränderungen vorgenommen hat und daß sie Grund hatte, dies zu tun. Warum nicht zugeben, daß die Religion sich geändert hat?"

( . . . ) "Als die Priester der westlichen katholischen Kirche im Juli 1962 die Soutane aøs unterscheidendes und sichtbares Kennzeichen ablegten, da lösten sie sich scheinbar nur von etwas los, was nicht mehr als ein Kleidungsstück war. In Wirklichkeit war diese 'Häutung' das Symbol für eine andere Mutation und der erste Schritt zu einer radikalen Infragestellung der tieferen Identität des Priesters. Das gilt auch fast ebenso für jenen anderen Hauttausch, den der Wechsel der liturgischen Sprache darstellt: Die Identität des Ritus und des Sakramentes werden zum Gegenstand neuen Durchdenkens."

Man tut gut daran, sich zu erinnern, daß die Kommunisten während des Widerstandskampfes der Kirche die Preisgabe der Soutane, des Lateins, des Breviers, des Zölibates nahelegten. (...)

Auch P. Gélineau, ein Jesuit, gehörte zu den Urhebern der Liturgiereform. Hat er nicht als Peritus an der Abfassung der neuen Messe teilgenommen? Auch er legte eine Bilanz dieser Reform seit dem 2. Vatikanum vor in einem Werk der Sammlung "Rites et Symboles" des C.N.P.L. (Nationaler Rat für Liturgiepas toral), dessen Titel lautet "Demain la liturgie" (Liturgie von morgen) und das Imprimatur des Erzbistums Paris trägt.

"Ganze Wände stürzen ein. Der aufsehenerregendste Zusammenbruch ist der des Lateins. Man täusche sich nicht: Übersetzen heißt nicht, das Gleiche aussagen mit anderen, gleichwertigen Worten. Es heißt vielmehr, die Form verändern. Und wenn die Formen sich wandeln, dann ändert sich auch der Ritus."

"Jene, die wie ich noch das lateinisch und gregorianisch gesungene Hochamt zelebriert haben, mögen sich daran erinnern, wenn sie noch können. Sie mögen mit ihm die heutige Messe nach dem 2. Vatikanum vergleichen. Nicht nur die Worte, die Melodien und manche Gesten sind anders. Es handelt sich vielmehr um eine andere Meßliturgie. Man muß es ohne Umschweife aussprechen: Der römische Ritus, so wie wir ihn gekannt haben, existiert nicht mehr. Er ist zerstört."

Kaltblütig betrachtet der Fachmann das vollbrachte Werk. Man konnte kaum mit weniger Worten ein so umfassendes wie zynisches Urteil fällen. "Mauern des ursprünglichen Gebäudes sind gefallen, während andere ihr Aussehen gewandelt haben, und dies in einem Maße, daß das Gebäude heute entweder wie eine Ruine aussieht oder wie die teilweise Unterkonstruktion eines anderen Gebäudes."

Jene, die noch nicht wissen sollten, daß diese Resorm in Wirklichkeit eine permanente Revolution zu sein hat, erfahren es aus dem Munde des Meisters selbst.

"Es wäre aber falsch, diese Erneuerung (sie) der Liturgie gleichzusetzen mit der vom 2. Vatikanum beschlossenen Resorm der Riten. Diese Resorm kommt von viel weiter her und geht viel weiter. Die Liturgie ist eine ständige Baustelle."

Nachdem die Zerstörung vollbracht ist , die Resorm der liturgischen Bücher jedoch nicht genügt, müssen "die konkreten Versammlungen" darangehen, "Haltungen, Gesten, Tanz, Stimme, Gesang, Poesie, Musik, Gewänder, Bilder, Gebäude", neu zu schaffen. Dieser ganze Teil der Liturgieresorm bleibt noch durchzuführen. Er ist nicht "Nebensache". "Form und Inhalt lassen sich nicht voneinander trennen. Auch die Form ist Botschaft."

( . . . ) Kehren wir zu unserem Abbé Denis zurück, der wenigstens das Verdienst hat, uns nichts zu verheimlichen. Im Hinblick auf die Änderungen bei der Eucharistie schreibt er:

"Wir hätten auch noch von vielen anderen Veränderungen sprechen können: die Konzelebration (und die Konsequenzen, die sie für die Konzeption des Priesteramtes im Gefolge hatte); die allgemeine Einführung des Altars zum Volk hin (und damit die konkretere Darstellung des einen zelebrierenden Volkes); das allgemeine Gebet." ( . . . )

"Man könnte folgenden Einwand machen: Wieso reduzieren Sie die konziliare Eucharistiereform auf diese äußerlichen Dinge? Wir antworten darauf ohne weiteres, daß in der sakramentalen Ordnung nichts 'äußerlich' ist. Oder besser: Alles ist innerlich/äußerlich . "

Und l'Abbé Denis erklärt: "Wir werden nicht verändert durch Ideen, sondern durch rituelle Verhaltensweisen, durch Gesänge, durch Gesten, durch die Art und Weise, sich zu versammeln oder zu sprechen . . . " "Informationen, Hinweisschilder, geeignete Gesten sagen bisweilen mehr aus als lange Erklärungen."

Er geht auch auf die Frage der Realpräsenz ein: "Seit einigen Jahren erlebt der Katholizismus in diesem Punkte bedeutsame Wandlungen. Was ist denn nun geschehen? Ganz verschiedene Dinge, deren praktische nicht die am wenigsten bedeutsamen sind."

In bezug auf den dem Volk zugewandten Altar - und nicht mehr Gott zugewandt - erkennt Abbé Denis an, daß dies "eine gewisse Entsakralisierung des Priesters ist". Das gleiche gilt von dem beiseite geschobenen Tabernakel: "Der stets ersorderliche Akt der Anbetung muß in das Essen einmünden." "Die sakramentale Gegenwart Christi ist entdinglicht worden (Christus ist kein Gegenstand, er ist nicht mehr der 'Liebe Gott')-, was natürlich nicht heißen soll, sie erheische weniger Achtung!"

Was die Transsubstantiation angeht, so ist diese für ihn "zurückzuführen auf den symbolischen Akt Christi für eine Gemeinschaft, einen Akt, der gebunden ist an die Symbole des ausgeteilten Brotes und Weines". "Man erlebt einen gewissen Zerfall der rein sakralen Auffassung von der Person des Priesters."

Solche Sätze sind haarscharf häretisch - es sei denn, man habe das Konzil von Trient aus der Geschichte der Kirche gestrichen. (...)

Und auch der Reformer Hans Urs von Balthasar redet ganz offenherzig über den Verein, dem er angehört. (Über ihn vgl. EINSICHT VI(1)3; VI(2)76; VI(3)134 f.) "Timor Domini" hat eine Rede von v. Balthasar veröffentlicht (Nr. vom 19. und 23.5.1978), die dieser am 13. 6.1977 an der Hochschule St. Gallen gehalten hat, (zit. nach UVK 8,6 Nov/Dez. 1978, S. 361 f f.):

Die Lage der Kirche in Frankreich

. . . Und das ist die Situation, die schreckliche Situation der französischen Kirche, das Debakel eines alten Katholizismus. Wieso? Es gibt eine ganz einfache Antwort: Durch den Terrorismus, der von den von der Bischofskonferenz eingesetzten permanenten Büros, die auch die Bischöfe beherrschen, von ein paar Leuten, die sich immer wieder mit andern Pseudonymen bekanntmachen, und weil - man muß es und darf es wohl laut sagen - unter den Bischöfen nur eben solche Köpfe und Herzen nicht vorhanden sind, wie wir sie vorhin für Deutschland erwähnt haben. Es gibt eine ganze Reihe ausgezeichneter französischer Bischöfe. Wenn man sie einzeln hat, ist es völlig in Ordnung. Wenn sie in Lourdes auftreten müssen, dann reden sie nach dem Programm und beschwören irgendwelche anderen Leute, da einzugreifen, statt daß sie es selber täten. Wir wissen den jammervollen Zustand der französischen Seminarien, die ja fast alle geschlossen worden sind, Fakultäten gibt es keine, Universitätsfakultäten, nur die Instituts catholiques; und der Rektor der Pariser Fakutltät hat mir neulich sein Leid geklagt und gesagt: Ja, warum ist meine Schule so geworden, wie sie ist? Nun ja, weil eben die Jesuiten und die Dominikaner niemanden mehr liefern! Die einen sind Marxisten, die andern neigen zum Atheismus - Sie brauchen nur die "Etudes" zu lesen oder die Bücher, die von diesen Herrschaften herausgegeben werden - deren einige hoffentlich bald den Orden verlassen werden, - das ist die einzige Hoffnung, die man haben kann -; das waren die Orden, die damals die großen Fakultäten belieferten und es heute nicht mehr tun. Vor einigen Tagen ist die alte "Revue d'ascétique et mystique" - sie hat dann später aufs rein Historische hinübergewechselt: "Revue de Spiritualité" - eingegangen, weil die Jesuiten sie nicht mehr zahlen wollen.

Ein Seminar, das halbwegs - in keiner Weise traditionalistisch - aber der christlichen, der katholischen Tradition gemäß, seine Vorlesungen und Ordnung halten würde, war bis jetzt nicht durchzubringen; es wird wieder einmal ein Versuch in Paray-le-Monial gemacht - der letzte ist gescheitert -, man weiß nicht, ob dieser gelingen könnte. Kandidaten sind schon da; sie werden aber glatt zurückgewiesen, wenn sie sich nicht genügend in Psychologie, Psychiatrie und Soziologie usw. umgesehen haben. Große Kollegien der Jesuiten werden geschlossen und verkauft, auch das Dominikanerhaus "Le Saulchoir" ist ja verkauft worden . . .

Vor einiger Zeit bekam ich ein Blatt, in dem irgendeine Orgie, vielleicht mehr oder weniger harmloser Art gemeint, in einer Kirche als Gottesdienst gefeiert wurde. Die Leute saßen mit den Bierflaschen auf dem Altar und so sort. Viele treten, wie sie sagen "faute de mieux", in irgendeine Abtei ein, in der man noch ein religiöses Leben führen kann.

Mein lieber Freund Daniélou, mit dem ich zusammen studiert habe, hat mehreren jungen Leuten den Eintritt in die SJ abgeraten. - Das gilt für Frankreich, nicht für andere Länder.

Es ist dies deshalb nicht unwichtig, weil hier nun über die Köpfe der Hierarchie hinweg, und dann, nolens volens, mit der Hierarchie zusammen, eine systematische Zerstörung des Glaubens am Werk ist. Ich könnte Ihnen massenhafte Beispiele anführen. Ich habe hier ein Heftchen mitgebracht, das "Foi à l'épreuve" genannt wird und von "Animateurs de la Catéchèse région Ouest" herausgegeben wird. Ich habe zufällig hier das Heft 2, worin bewiesen wird, daß der alte dogmatische Glaube nicht mehr zu halten ist, weil  in der neuen Zeit die Wahrheit im Grundbegriff sich völlig verändert hat. Wahrheit "geschieht" nämlich immer dann, wenn Menschen einander begegnen, und jedesmal ist die Wahrheit dann natürlich eine neue, so daß die alten Dogmen also höchstens eine "Theorie" bezeichnen. " . . . les données de la Révélation répètent donc une théorie.1 Das ist nur ein Zitat aus 50 Seiten. - Hin anderes Heft heißt: "Ist Jesus in der Eucharistie gegenwärtig?" und sagt: Ja nun, diese alte Vorstellung kann man natürlich nicht mehr aufrechterhalten, die Vorstellung einer lokalen Gegenwart; Christus ist irgendwie mit seiner Idee überall gegenwärtig? Nun, diese Heftchen, die haben ein Imprimatur des Bischofs von Angers. - Meine Schwester, die Generaloberin einer franziskanischen Kongregation ist, deren Mutterhaus in Angers ist, schrieb mir einen Brief, ihre Schwestern wollten die Stunde der Anbetung nicht mehr halten, weil die Theologen nicht mehr wüßten, ob eine Realpräsenz zu halten sei.

Das ist der eigentliche Hintergrund für die langwierige Geschichte mit dem Bischof Lefebvre. Weder der Herr Rossi noch der Herr Anzuevui, die da in der Schweiz über diesen Casus geschrieben haben, haben das gesagt, wo der eigentlich Schuldige ist. Und das ist eindeutig der französische Klerus, oder die französischen Bischöfe, die schon vor mindestens 15 Jahren den Bischof oder Erzbischof Lefebvre aus der Bischofskonferenz ausgeschlossen hatten, weil sie zu links und er zu rechts war. Und wenn es keine Seminarien gibt in Frankreich, wo man anständige Theologie studieren kann, dann gehen die Leute eben nach Ecône. Nachdem nun Rom eingegriffen hat und es leicht geworden ist, auf diesen Mann einzuhauen, haben dann die französischen Bischöfe - ich muß schon sagen - in Heuchelei sich nun auf einmal prorömisch erklärt, wo sie doch ausgesprochen anti-römisch waren und sind. Ich habe sie selber reden hören auf der Bischofssynode 71 in Rom, wo ich als Sekretär dabei war. Die Franzosen waren die Führer der Opposition, haben uns jedesmal über den Sonntag immer wieder Stimmen weggefischt, indem sie bei den schwarzen Bischöfen und Kardinalen herumfuhren und sie herumkriegten.

Das alles klingt nicht sehr schön und vielleicht auch zu primitiv, wenn Sie es wollen. Aber ich glaube, es muß doch gesagt sein, daß dieser Hintergrund existiert von einem virulenten und ganz primitiven Gallikanismus. Wie kommt denn der Herr Etcheguarray dazu, sich "Chef de l'Eglise de France" zu nennen?, wobei er doch nichts anderes ist als der Präsident der Bischofskonferenz für einige Jahre!

Wirklich Mut in dieser Kirche zeigen einige Laien. Ich nenne sie jetzt nicht - es sind ganz bestimmte Gruppen, die durchaus den Mut haben, mit Sammlung von Unterschristen und hervorragenden Briefen sich bei den Bischöfen zu beklagen über die Weise, wie heute die Kirche geführt oder nicht geführt wird . . .

Zur Lage der Kirche in der Schweiz

( . . . ) Sie wissen wahrscheinlich besser Bescheid, was unseren Schweizer Religionsunterricht betrifft. Eine Unmenge Planungen, ohne jeden Zweifel, aber was kommt heraus? Man muß die Kinder oder die jungen Leute sehen und fragen, um es zu wissen. Ich weiß nur, daß mehrere meiner Freunde ihre Kinder aus der Schule herausgenommen haben, aus dem Unterricht im Gymnasium in Zürich z.B., und als Eltern sie lieber selber unterrichten wollen, als dieses Gequassel anhören oder serviert bekommen, was dort zum Besten gegeben wurde.

Wie wollen Sie, wenn der Religionsunterricht nicht in Ordnung ist, - ich rede jetzt nicht von dieser Diözese, die ganz anders gelagert ist in dieser Beziehung, aber es gibt Fälle in der Schweiz - wie wollen Sie, daß aus einer solchen Jugend Berufungen kommen? Berufungen kommen praktisch nur von Berufenen! Und meine These ist, daß Laientheologen, die Religionsunterricht geben, nur in Ausnahmefällen mal einen Priesterberuf erwecken werden. Vielleicht täusch' ich mich. - Aber wenn man sie so sieht, diese jungen Leute, sind sie denn wirklich mit den radikalen Forderungen des Evangeliums konfrontiert worden? Oder nur mit freundlichen ehtischen und womöglich sofort mit ökumenischen Dingen, die sozusagen ein anständiges Christenleben oder wenigstens bürgerliches Leben ermöglichen?

Die Eisen, die ich anrühre, werden immer heißer, aber ich will doch nicht an dieser Berührung vorbeigehen, sondern dieses zu Ende führen.

Wir haben da neulich einen Brief bekommen von den Bischöfen, die uns gewarnt haben vor dem Rechtsextremismus des Herrn Lefebvre und seines Anhanges, daß es da wilde Messen gibt, zu denen oft viele Leute kommen, und das könne nicht sein und man müsse also diesen Leuten die Kirchen verbieten. Durchaus dieser Meinung! Aber warum wird das andere nicht gesagt? Das andere, das eben die französischen Bischöfe auch nicht gesagt haben? Alle diese Exzesse der Gegenseite, alle diese wilden Eucharistie^ Feiern, in denen Laien z.B. aufgesordert werden, die Wandlungsworte zu sprechen, oder diese ökumenischen Gottesdienste, in denen der eine das Wort über das Brot, der andere das Wort über den Wein spricht - alles passiert in der Schweiz! - und der gemischten Gemeinde dann dieses - ich möchte sagen - Produkt ausgeteilt wird. Phantasie-Liturgien noch und noch mit allen möglichen Auslassungen und Zusätzen, mit neuen Kanones, mit Lesungen, die nicht aus der Heiligen Schrist stammen. Ein wildgewordener Klerus! Ich habe das Gefühl, daß der Klerikalismus nie solche Blüten getrieben hat in der ganzen Kirchengeschichte wie heute. Es ist ja auch, daß der Zelebrierende heute sehr viel mehr reden muß als früher, daß die Gemeinde ja als solche nicht zum Zuge kommt, höchstens ein bißchen singen darf, und dieser Klerus sich wie der Besitzer der Gottesdienste benimmt, d.h. völlig nach seinen Ideen nun das gestaltet, wie wenn das ein Kunstwerk wäre, das er am Sonntag jetzt aufzustellen hat. Es gibt Basler Kirchen, in denen viele Freunde von mir überhaupt nicht mehr hineingehen, weil man diese Messe nicht mehr erkennt. Man errät vielleicht, daß es so etwas wie Wandlungsworte irgendwo gibt, alles andere ist verändert. Ich bin in zwei ordentliche Kirchen eingeladen worden, um Gottesdienst zu seiern. "Ja, Epistel gibt's bei uns nicht, wir lassen das aus und machen währenddessen ein Orgelspiel." Das ist ja wohl sicher nicht der Sinn des Konzils, das ja genau einen Kanon oder vier vorschreibt und einen Gottesdienst, in dem das Volk sich erkennen kann! Die Leute werden frustriert durch diese Phantasien! Und dann wundert man sich, wenn in zwei, drei Jahren der Prozentsatz von Kirchgängern - nicht wahr! - von 25 auf 12 Prozent zurückgeht. Lt. französischer Statistik.

Es wären ja noch unendliche Dinge hier in dieser Richtung zu besprechen. Ich will Ihnen nur ein kleines Specimen geben von einem Pfarrer in der Umgebung von Zürich, der hier die Eltern der Firmlinge mit einem langen Schreiben einladet, indem sie, neben vielem anderen, folgendes hören können: "Es geht also im wesentlichen um die Annahme des eigenen Lebens in der Firmung", und "Der Tod Jesu ist der Aufschrei des Himmels, daß die Menschen Sorge tragen sollen für das Leben." - Dies alles sage ich anläßlich dieses bischöflichen Schreibens, das da auf Lefebvre losgeht, aber kein Wort von diesem. Und hier fragt man sich, ob ein Mangel an Mut vorhanden ist.

Das heißeste Eisen laß' ich fallen unter Sie, und das heißt: Wie steht es um den Nachwuchs? Wie steht es mit unseren theologischen Seminarien? Was ist zu erhoffen von einem Klerus, der aus solchen Seminarien kommt? Das müssen Sie einmal selbst überlegen? Wer erzieht in der Schweiz die kommende kirchliche Führerschicht? Gibt es ein oder zwei Persönlichkeiten? Die würden nämlich genügen, an denen sich die jungen Leute ein Beispiel nehmen könnten. (...)
 
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