"WENN ICH NICHT AN SEINEN HÄNDEN DAS MAL DER NÄGEL SEHE UND NICHT MEINEN FINGER IN DAS MAL DER NÄGEL UND MEINE HÄNDE
IN SEINE SEITE LEGE, GLAUBE ICH NICHT." (JOH. 20,25)
von
H.H. Pfarrer Alois Aßmayr
Als Jesus nach der Auferstehung am Ostersonntag den Aposteln im
Abendmahlssaal erschien, waren die Apostel nur sehr schwer zu
überzeugen, daß es wirklich der von den Toten auferstandene Jesus ist,
der vor ihnen stand. Sie hielten Ihn für einen Geist, zumal Er bei
verschlossener Tür plötzlich unter ihnen stand. An eine wirkliche
Auferstehung dachten sie nicht einmal, geschweige denn, daß sie daran
glaubten.
Der Apostel Thomas war damals abwesend. Als ihm dann die anderen
Apostel von der wirklichen Auferstehung des Herrn und von Seinem
Erscheinen bzw. Seinen Erscheinungen erzählten, war er davon nicht zu
überzeugen. Ihr könnt mir erzählen, was ihr wollt: "wenn ich nicht . .
. , glaube ich nicht!" Man spürt aus dieser Antwort die ungeheure
Erbitterung des Apostels Thomas. Er fühlte sich von Jesus schändlich
betrogen, als Jesus Seine Macht nicht mehr zeigte und sich dem
grausamen und ehrlosen Tode am Kreuze unterzog. Hatte doch Thomas, wie
auch die anderen Apostel, fest an die Gottheit Jesu geglaubt. Der
schreckliche Tod Jesu aber hat seinen Glauben gründlich zerstört, und
er ist darüber aufs höchste verbittert. "Ich glaub' überhaupt nichts
mehr! Nur wenn ich . . . , glaube ich". Als Jesus ihn dann beim Wort
nimmt, glaubt er ganz beschämt.
Sicher haben seine Mitapostel dem Thomas erzählt, wie ihnen Jesus aus
der hl. Schrist und den Propheten ausführlich erklärt habe, wie ja das
Leiden und Sterben des Messias schon vorausgesagt worden sei und wie es
ihnen ja Jesus selber auch gesagt habe. Der Trotzkopf wollte recht
behalten, den dann Jesus mit wenigen Worten gründlich gedemütigt hat.
Zu wundern brauchen wir uns nicht, daß auch alle Apostel den Glauben an
Jesus verloren haben; uns würde es kaum anders ergangen sein. Hat doch
der Hohe Rat, die oberste religiöse Behörde des auserwählten Volkes,
Jesus zu diesem grausamen Tode verurteilt und Ihn als "Betrüger"
entlarvt. Sie alle waren überzeugt, daß sich Jesus das nicht alles
gefallen lassen würde, wenn Er Gott ist.
Wir besinden uns heute in einer ähnlichen Lage. Was wird heute aus
Jesus gemacht? Seine Gottheit wird in Zweifel gezogen oder gar
geleugnet, Seine Lehre wird zerzaust und verdreht und zwar von den
Schristgelehrten und Priestern. Das Lehramt läßt diese Leute ruhig
gewähren, wenn es nicht selber das Gleiche tut. Auf jeden Fall muß man
annehmen, daß es mit seiner Zustimmung, wenn nicht seinem Auftrag
geschieht. Ich wenigstens halte den heutigen Hohen Rat für noch
schuldiger als den zur Zeit Jesu. Haben wir doch das klare, ungerechte
und verbrecherische Verhalten der damaligen religiösen Führung vor
Augen und eine Geschichte von fast 2.ooo Jahren hinter uns.
Die Folgen sind erschreckend. Wie schaut es denn heute mit dem
katholischen Glauben aus? Wie schaut es erst recht mit der katholischen
Moral aus? Es sind ganz wenige, die das Christentum noch ernst nehmen,
da es ja auch die katholischen Priester und Bischöfe nicht mehr ernst
nehmen. Man verkündet heute eine Lehre, die der fast 2000-jährigen
Lehre der Kirche und der hl. Schrist Hohn sprechen. Die Folgen werden
so ähnlich sein, wie beim jüdischen Volke. Nur wenige konnte der Herr
von ihnen retten.
Die Folgerung, die wir daraus ziehen müssen, ist die, daß wir nicht auf
sie hören und uns noch weniger von ihnen führen lassen dürfen, wenn wir
nicht mit ihnen ins Verderben rennen wollen. Wir dürfen auch nicht
sagen: "Ich glaube überhaupt nichts mehr! sondern: ich bleibe beim
alten Glauben, in Gedanken, Worten und Werken, dann gehe ich nicht
irre." Das aber i s t durchaus keine leichte Sache, wie wir alle
wissen. Aber "das Himnelreich leidet Gewalt und nur die Gewalt
brauchen, reißen es an sich". Bekannt ist auch, daß man dabei weit und
breit allein dasteht, Hohn und Spott und noch manches andere auf sich
nehmen muß. Ich brauche Euch da kaum etwas zu erzählen. Das "neue
Christentum", das ja kein Christentum mehr ist, wäre ja so viel
leichter. Darum hat es so viele Anhänger und Verteichger. Wer aber beim
echten Christentum bleibt, ist diesen Leuten ein Ärgernis, genau so,
wie ein fleißiger Arbeiter die Wut der faulen erregt.
Werden wir daher nicht irre und lassen wir uns nicht irre machen, wenn
auch heute der Herr Seinen Feinden die Macht läßt und Er selbst selten
Seine Macht zeigt. Er hat sie schon, aber Er will unsern Glauben prüfen
- und auch unser Vertrauen zu Ihm. Wir wollen auch zu Jesus halten,
wenn Er geschmäht, verspottet, verurteilt und gekreuzigt wird. Dann
sind wir wirkliche Freunde Jesu. Wir wissen alle aus Erfahrung, daß die
wirklichen Freunde selten sind, die Schmarotzer zahlreich. Ich bin gar
nicht neugierig, wie viele bereit sind, Not, Elend, Kerker und Folter,
erst recht den Tot auf sich zu nehmen, wenn einmal die
Christenversolgung da ist. Die aber kommt sicher. Eine nicht all zu
schwere haben wir ja schon. Wie wenige aber bestehen schon diese! Der
Klerus ist dabei durchaus nicht ausgenommen. Treue ist auch eine
durchaus nicht immer leichte Tugend, ist aber so schön! Jesus hat uns
die Treue gehalten unter den schwierigsten Umständen, und das, obwohl
Er genau wußte, wie wenige Ihm die Treue halten und wie viele Ihn
verraten werden. Und wer von uns war dem Herrn immer ganz treu? Wie oft
haben auch wir versagt!
Biberwier, am 19. April 1979.
gez. Alois Aßmayer, Pfarrer |