Und Weihnachten heute, 2006:
7. Brief an die treuen Bewahrer des katholischen Glaubens
von
H.H. P. Albert Steiner
Zweimal war der Tanz der höchsten Kirchenleitung in Assisi um das
goldene Kalb des nur irdischen Friedens (1986 und 2002). Der Weg der
Gnade in das Reich, das von oben kommt, war ihnen zu beschwerlich.
Zweimal wurde damit öffentlich und allen, die an den einen und
Dreifaltigen Gott glauben, klar erkennbar, dass der Neue Bund in
Christi Blut damit gebrochen wurde, sogar in der Hauptforderung des
Alten Bundes.
"Ich bin der Herr, dein Gott, du sollst keine fremden Götter neben mir
haben. Ich will, dass die Welt zu ihrem Schöpfer zurückfindet, der
alles geschaffen hat, Himmel und Erde, die sichtbare und unsichtbare
Welt. Ich bin der Anfang und das Ende. - Du bist meine geschaffene
Seele, an der ich meine Freude habe; sieh, nun kommt der Heiden
Heiland, aus meiner Liebe gezeugt, euch zum Trost und Heil. - Ich bin
der Vater, der seine Kinder liebt, der sie aber auch züchtigt, damit
die Welt erkennt, wer sie geschaffen hat. Aus Liebe kam er zu euch, so
geschieht es noch heute, weil ich die Liebe bin. - Ich bin der Herr
euer Gott." (23.12.1988)
Am Sinai war der Tanz um das goldene Kalb nur einmal. Der von der
langen Begegnung mit Gott herabkommende Moses war deswegen derart in
heiligen Zorn geraten - den Zorn hat er von Gott auf dem Sinai gelernt
-' dass er die von Gott geschriebenen zwei Tafeln der zehn Gebote
zerbrach. Gott hat ihm aber zum zweiten Mal den Bund bestätigt und
seine Wegweisungen wieder auf zwei Steintafeln geschrieben, die dieses
Mal Moses vorbereiten musste. Vielleicht existieren sie heute noch in
Abessinien. Aber das damals auserwählte Volk besitzt sie nicht mehr.
Und das heutige Israel interessiert sich mehr für andere Wege,
Philosophien und Weisungen. Jedenfalls diejenigen aus Israel, die von
der Kirchenleitung als Gesprächspartner gesucht und besucht werden. Vor
allem Bnai Brith (1) schreibt jetzt ihre Gesetzestafeln, und ist seit
Joh. XXIII. geholt worden, in der Konzils-Kirche entscheidend
mitzuschreiben.
Für Gott gilt für ewig der Neue Bund in Christi Blut. Und da Gott nicht
doppelzüngig ist, spricht er nicht in zwei verschiedenen Bünden
zugleich. Der Alte Bund, die Vorbereitung, ist im Neuen Bund vollendet
und existiert nicht mehr weiter getrennt vom Neuen Bund. Der Neue Bund
in Christi Blut gilt ewig für Gott, auch wenn er von Menschen gebrochen
wird. Die Bundes-Brecher zuerstören sich selber, aber nicht den Bund
Gottes.
Die neuen zwei Gesetzestafeln sind unzerstörbar. In die Person Jesu
Christi, in seine Worte und Taten, in sein Leben, in seine Tugenden ist
der Wille des ewigen Vaters ewig gültig eingeschrieben. Als Wort, als
Sohn des Vaters, als sein absolutes Ebenbild ("Wer mich sieht, sieht
den Vater") - und als unser Erlöser und absolutes Vorbild. Er ist der
Weg, die Wahrheit und das Leben - in sich und für uns alle. Zwar hat
man ihn ans Kreuz geschlagen. Doch er ist auferstanden. Niemand kann
mehr an ihm etwas zerstören.
Aber, gleichsam als Antwort auf den Alten Bund, als Vollendung im Neuen
Bund, als Ausdruck seines geheimnisvollen göttlich-persönlichen Stiles,
hat Gott auch die zweite(n) Gesetzestafel(n) des Neuen Bundes
geschrieben. In seiner alles entscheidenden Erlösungstat hat Christus
selber sie der Kirche übergeben: "Sohn, siehe da deine Mutter." Der
ganze Wille des Vaters, der Weg, die Wahrheit und das Leben für die
gläubigen Menschen ist auch in dieses Meisterwerk des ewigen Vaters,
des Schöpfers, eingeschrieben.
Maria ist die zweite Gesetzestafel des Neuen Bundes in Christi Blut.
Sie hat sein Blut nicht nur als Mutter allein und vollkommen
herangebildet, sondern unter dem Kreuze stehend auch im erlösenden
Geschehen aus ihrem unbefleckten Herzen dem ewigen Vater aufgeopfert -
zur Sühne für die Sünden der Menschen. Das Schwert durchdringt auch
ihre Seele. Und keine Sünde, keine Unvollkommenheit, auch keine
ruchlosen Taten der andern Menschen oder der Höllenbewohner haben diese
zweite Gesetzestafel je beschädigt. Sie bleibt unzerstörbar.
Und wie aus der Seite Christi Blut und Wasser fliessen - der Strom der
Gnaden, die Sakramente der Kirche -, so fliessen nun aus der
unbefleckten Seele Mariens, aus ihrem Herzen, alle diese Gnaden.
"Ich bin das Zeichen des lebendigen Gottes. Ich bin die grosse
Gnadenvermittlerin, eure Gnadenkönigin. Der Vater will, dass die Welt
diese meine Stellung im Heilsplan anerkennt. Deshalb werden vielen
Seelen Kreuze aufgeladen, schwer und tief wie das Meer. Die Weihe wird
vielen zur Verantwortung, und die Weihen müssen auch gelebt werden.
Daher bitte ich euch, weiht euch meinem Unbefleckten Herzen und lebt
die Weihe, weil sie der Ehre des Dreifaltigen Gottes wohlgefällt, und
Ihm alleine dient. Ich erinnere euch an euren Auftrag, den ich euch
gegeben habe. Es geht um die Anerkennung dieses Titels, den die Kirche
mir geben muss, damit das grosse Gnadenwalten fürs dritte Jahrtausend
für die Kirche am neuen Ufer geöffnet wird. Ich bin die grosse
Gnadenvermittlerin, eure Gnadenkönigin, die euch alle Gnaden vom Throne
des Allerhöchsten vermitteln will, die Gnaden des Lichtes und der
Liebe, des Evangeliums und des Glaubens, des Wachsens in die
Geheimnisse der allerheiligsten Dreifaltigkeit. Weite Teile der Kirche
sind vom Sturm ergriffen. Er wird viele wie Schlammassen mitreissen,
sorget euch nicht, habt keine Angst, überwindet sie und seid mutig,
habt den Glaubensmut, den Opfermut, den Kreuzesmut.. ." (28.5.1990).
Im Blick auf das Kreuz ist das Fliessen der Gnaden zuerst eine
Wirklichkeit, ein unermesslicher Strom, der von Christus zu Maria und
von Maria zu Christus fliesst, ein Austausch der göttlichen Gnaden, der
eine ebenbürtige Erklärung nur findet in dem Lebens- und
Liebesaustausch, der in Gott stattfindet zwischen den drei Personen,
zwischen Vater, Sohn und Heiligem Geist. Aber gleichzeitig ist dieser
Strom der Gnaden von Christus und von Maria auf die Menschen
hinfliessend ausgerichtet. Von Maria aus als ihre königliche
Vermittlung. "Hohe Frau, Königin-Mutter, Gebira (hebr.), siehe deinen
Sohn."
Als lebendige Gesetzestafel des Neuen Bundes, als das geschaffene
zweite Wort des ewigen Vaters, vermittelt sie den Gläubigen königlich
den Willen und die göttliche Hilfe des ewigen Vaters. Und sie trägt als
Königin der Gläubigen deren Nöte und Bitten mit Christus vor das
Angesicht des ewigen Vaters. Der Strom zwischen dem ewigen Vater und
den gläubigen Menschen, den Christus wieder hergestellt hat, ist das
erschaffene göttliche, übernatürliche Leben, die Gnade. Und alle diese
Gnade, das ganze göttliche Leben für die Menschen fliesst von Gott her
und von den Menschen her durch das Unbefleckte Herz Mariens. In der
gleichen Gesetzmässigkeit wie bei der Menschwerdung des ewigen Sohnes:
So wie die erste Tafel des Neuen Bundes, das erste Wort des Vaters, in
ihrem Herzen, in ihrem Schoss Mensch geworden ist, und dann daraus
hervorgegangen ist zu seiner Erlösunstat ...
Warum durch Maria, den Menschen?
Das Geheimnis der Liebe Gottes zu den Menschen! Diese Liebe Gottes und
ihr Ausdruck ist vom Menschen nie ganz zu ergründen, muss aber geglaubt
und angenommen werden. So hat er es in seiner Liebe gewollt. Wer in
Gnade liebt, muss dies erkennen. Wer es nicht erkennt, liebt nicht in
Gnade und Wahrheit. Sie, Maria, ist von Gott so als Mittlerin aller
Gnaden bestellt, als "Hohe Frau", als Königin und Mutter, als
Gnadenkönigin. (2)
Christus ist als Sohn vom Vater ausgegangen, Gott seit Ewigkeit und in
Ewigkeit; Mensch ist er in der Zeit geworden. Allen Menschen zeigt und
öffnet er den einzigen Weg zu Gott.
Maria ist reines Geschöpf, in der Zeit geboren, doch ohne Makel, der
einzige Mensch ohne Sünde, in der Gnade zu Gott erhoben, um mit
Christus die lebendige Gesetzestafel des Neuen Bundes zu sein, als
Mutter und Königin, vollkommen im natürlichen Bereich, vollkommen im
übernatürlichen Bereich, in der Gnade. Sie ist mit Christus für alle
Glaubenden, für die Kirche, der Weg, die Wahrheit und das Leben. Kein
Christ kommt heute daran vorbei, vor dieser Glaubenswirklichkeit zu
stehen und dazu im Glauben Stellung zu nehmen. Aber auch, an der
lebendigen Gesetzestafel nicht nur die Gebote zu erkennen, sondern auch
deren Verwirklichung in den Tugenden und in den gläubigen, hoffenden,
liebenden Taten. Maria ist die vollkommene Verwirklichung der
christlichen Tugenden, der Spiritualität der Christen in der Welt und
in den Klöstern. An ihr kann man ablesen, wie man als Christ leben kann
und muss, bis man Christus selber richtig versteht: "Seid also
vollkommen, wie euer himmlischer Vater vollkommen ist" (Mt 5,48).
In Maria auf Christus hin, und in Christus als Mensch und Gott, hat nun
Gott so sehr geheimnisvoll und doch im Glauben erkennbar als Schöpfer
seine geschöpflichen Ebenbilder mit sich verbunden, in Wahrheit und in
Wirklichkeit, in Gnade und in Liebe. Die zwei Gesetzestafeln erst,
Christus und Maria, lassen uns die ganze Liebe Gottes zu den Menschen
erahnen und glaubend erkennen - in der Länge und Breite, in der Höhe
und Tiefe...
Der zweifache Bundesbruch der höchsten Kirchenleitung und ihre ständige
Fortsetzung und Nachahmung an vielen Orten der Kirche (Egidio ist
fleissig!), ist gleichsam für Gott der Anlass, den Menschen die aus den
Menschen entnommene Gesetzestafel, Maria, in dieser Zeit deutlicher vor
die Augen zu halten, und seine Barmherzigkeit von der besonderen
Annahme dieser zweiten Gesetzestafel abhängig zu machen. Denn die
zweite Gesetzestafel enthält die eigentliche Lösung für die Kirche, um
aus dieser noch nie so dagewesenen Krise herauszukommen. Das entspricht
übrigens genau der Glaubensrichtung, die im ältesten christlichen
Mariengebet (3. Jahrh.) aufscheint: Sub tuum praesidium (Unter deinen
Schutz und Schirm)..., das ursprünglich hiess: "Unter deine
Barmherzigkeit fliehen wir, o Gottesgebärerin..." (3)
In dieser Frage dürfen wir jetzt nicht auf Rom und auf die Zukunft
warten. Jetzt müssen wir den Willen Gottes, vor allem auch das "zweite
Wort" des Vaters hellhörig und aufmerksam erkennen. In dem Wirrwarr von
Wahrheit und Verfälschung der Verkündigung, von echten und falschen
Marienerscheinungen, von echter und falscher Mystik, müssen wir nach
den Regeln der Unterscheidung der Geister betend und mutig den Weg
freimachen, dass möglichst viele Gott hören und dienen können. Vor
allem die priesterlichen Hirten unter den treuen Bewahrern des
katholischen Glaubens. Auch wenn nicht alle in gleicher Weise die Gabe
der Unterscheidung der Geister besitzen, so müssen doch alle dringend
sich darum bemühen (in Gebet und Bildung und Arbeit). Niemand darf das
Sprechen Gottes, auch durch Maria, in der Gegenwart überhören; sonst
steht er nicht in der ganzen Wahrheit. Und niemand darf den falschen
Lärm der Irrenden und Getäuschten die Wahrheit übertönen lassen.'
In kritischer und gläubiger Arbeit muss dem "einfachen Volk" der Weg
gewiesen werden. Es muss ihm gesagt werden, ob eine Marienerscheinung
echt oder unecht ist. Es ist eine absolut dringende Aufgabe, für
Bischöfe und Priester vor allem, zu einem dem Glauben entsprechenden
Urteil zu kommen. Ebenso in der Mystik, wenn sie in die Öffentlichkeit
der Glaubenden tritt. (4)
Auch müsste man z.B. bei den Erscheinungsorten dafür sorgen, dass eine
"kirchlich anerkannte" Kurzbeschreibung der Ereignisse und ihrer
Bedeutung zugänglich ist und vor allem die sicheren Botschaften für die
Gläubigen mitgeteilt werden. Ich denke, dass der Stil der Evangelien
die geeignetste Weise auch dafür vorgibt. (5) Und nun wollte ich auf
die Forderungen Mariens für die heutige Zeit zu sprechen kommen, die
erfüllt werden müssen: Gebet, Opfer, Sühne; täglicher Rosenkranz,
Herz-Mariä-Sühnesamstag; die Marienweihe persönlich und in
apostolischer Verantwortung... Das ist bekannt, ich möchte dieses Mal
nur dazu aufrufen, dass es auch getan wird...
Anmerkungen:
(1) Bnai Brith, die jüdischen Freimaurer
(2) Allgemeine Gnadenvermittlung Mariens, siehe: Reginald
Garrigou-Lagrange, La Madre del Salvador y nuestra vida interior,
Desclée, Buenos Aires 1954 (Traducción de: "La Mére du Sauveur et notre
vie intérieure"). Mir scheint, dass dieser Autor und diese Mariologie
besonders wegweisend sein können in der heutigen Verwirrung, auch in
der marianischen Literatur. Was er über Maria als Mittlerin und Königin
und über die wahre Verehrung Märiens, auch die Marienweihe, schreibt,
ist wirklich der lebendige katholische Glaube. Der Anhang über Maria
und Frankreich ist eine Kostbarkeit.
(3) siehe: Gabriele Giamberardini, Ii culto mariano in egitto, I-III, Jerusalem 1975, I ,S.74.
(4) Wenn Zeitschriften wie "Maria heute, Parvis Verlag, CH -
Hauteville" voll sind von Pseudo-Mystik, müssen die Gläubigen darauf
aufmerksarn gemacht werden, sonst wird die Seuche sich derart
ausbreiten, dass die echte Mystik verdrängt, belächelt, missachtet oder
bekämpft wird.
(5) Ein gutes Beispiel in diese Richtung ist von Erzbischof Rudolf
Graber: "Marienerscheinungen", Echter 1984. Der tiefe Glaube und die
Intelligenz des Erzirschofs ist überzeugend; allerdings wagt er nicht,
den Modenismus des Vat. II und manche kirchenkriminell bekämpfte
Erscheinungsorte (z.B. Heroldsbach, D) zu nennen.
8. Brief an die treuen Bewahrer des katholischen Glaubens
Nicht alle Erneuerungswünsche mancher Kreise der Kirche etwa während
der Zeit von Papst Pius XII. waren falsch. Ecclesia semper renovanda -
die Kirche muss immer erneuert werden. Manche Ereignisse wie die
Zerstörung der kirchlichen Einheit durch die Trennung der Orthodoxen
und der Glaubensabfall der Protestanten, ihr Nominalismus und später
die Fortsetzung im Liberalismus und in der exegetischen
"formgeschichtlichen Schule", erst recht der Modernismus, den Papst
Pius X aufzuhalten suchte, und die ganzen weltlichen, das Christentum
verlassenden Philosophien und Ideologien, hatten der katholischen
Kirche derart zugesetzt, dass eine gewisse Verkrampfung und Erstarrung
(siehe 5. Brief) in der Kirche offensichtlich war, auch in
glaubenstreuen Kreisen. Aber nur die Gnade, nur Gottes Führung in
tugendhaften Menschen, und Gottes besondere Weisungen in der Mystik
vermögen diese notwendige lebendige Erneuerung der Kirche zu bewirken.
In früheren Zeiten waren es oft einzelne grosse Heilige mit
ausserordentlichen Gaben, die den Weg wiesen, um besondere
Schwierigkeiten zu überwinden. Auch religiöse Ordens-Gemeinschaften mit
einer der Notwendigkeit entsprechenden Spiritualität. Etwa die
karmelitanischen Orden. Die Gemeinschaften nach der Regel des hl.
Benedikt. Die begnadete Klarheit der Lehre der Dominikaner, die aus
ihrem Beten erwuchs und auch das Volk beten und glauben lehrte;
schliesslich ist der Rosenkranz vom hl. Dominikus verbreitet worden,
wie er ihn von Maria erhalten hatte. Und die von der Armut geprägten
Bettelorden... Sie alle haben mitgearbeitet, um der Gnade die Wege in
die Seelen zu öffnen. Die Treue zur katholischen Wahrheit war ihnen
allen selbstverständlich. Als Roncalli am Vorabend des Konzils Vat. II
seine Wallfahrt nach Loreto demonstrierte, berührte er einen wunden,
erstarrten Punkt: Wie konnte die Kirche diese früher im Abendland so
fruchtbare Wallfahrt zum Haus Mariens fast vergessen haben? Die
wunderbare Übertragung des Hauses von Nazareth nach Loreto durch die
Engel (1) war den rationalistischen Zweiflern schon lange zuwider, die
dunkle Wolke der Zweifler bremste die Wallfahrt, die früher das ganze
Abendland und unzählige Gnadenorte geprägt hatte. Nur noch nach Rom
sehen, nur noch Rom hören, nicht mehr Maria in ihrem Haus schauen und
hören? Roncalli hörte im Hause Mariens nicht auf Maria, er wird zur
Eröffnung des Konzils ihre Worte fast blasphemisch zurückweisen (siehe
3. Brief) und dafür Türen und Fenster der Kirche zur Welt hin öffnen,
damit die Welt mit ihrer Sprache die Kirche erfülle. Ganz im Einklang
mit dem erbitterten Kampf, der in La Salette (1846) trotz der
Anerkennung der Erscheinung Mariens auf dem Berge von Beginn an bis
heute weitergeht: die grosse Botschaft Mariens zur grossen Krise der
Kirche vom Klerus her soll verschwiegen werden, und die von Maria bei
der Erscheinung diktierten Regeln für die Priester und Schwestern des
Ordens der Mutter Gottes sollen unterdrückt werden, obwohl Papst Leo
XIII sie formell anerkannt und ausdrücklich deren Anwendung auf dem
Berg verlangt hat (1878-9). Erbittert waren die Gesichter, als ich im
September 2006 auf dem Berge naiv nach diesen Regeln fragte (2), die an
Kostbarkeit keinen von Menschen geschriebenen Regeln nachstehen. Als
Montini während des Konzils zu den historischen Lebensorten Jesu als
erster "Papst" seit Petrus zurückkehrte, nach Jerusalem und Nazareth,
da berührte auch er einen wunden verkrampften Punkt: Eingeschlossen im
westlichen Materialismus war der kindlich-direkte Glaube an das
wirkliche, geschichtliche Leben des Mensch-gewordenen Gottes am
Ersticken. "Wenn ihr nicht umkehrt und werdet wie die Kinder, so werdet
ihr nicht in das Himmelreich eingehen" (Mt 18,3). Mit exegetischen
Spitzfindigkeiten und Tricks bezweifelte man fast alles, was die
Evangelien als Tatsache überlieferten, von der Kindheit Jesu bis zur
Auferstehung. Montini musste gleichsam die Wirklichkeit des Glaubens im
Heiligen Land erleben. Seine Worte in Nazareth wären durchaus
gottgefällig gewesen: "... Nazareth ist die Schule, wo man beginnt, das
Leben Jesu zu verstehen, die Schule des Evangeliums..." Montini kehrte
nach Rom zurück, bestätigte die Irrtümer und den falschen Weg des
Konzils mit seiner Unterschrift und benützte Protestanten, Anglikaner
und Freimaurer des Westens, um die wahre Ursprünglichkeit und
Gnadenhaftigkeit der Liturgie aller Sakramente zerstörend zu ändern.
Ecclesia semper renovanda - aber nur in der Wahrheit und in der Gnade,
und in ehrlicher Treue; nur auf dem Weg des demütigen und begnadeten
Glaubens!
Dennoch: Loreto, Jerusalem, Nazareth sind die besonderen Stationen der
grossen Erneuerungswallfahrt der Kirche in der kommenden Zeit. Im Haus
Mariens in Loreto, dem Haus, in dem Gott Mensch geworden ist, müssen
wir kindlich Maria zuhören. Sie wird uns daran erinnern, dass sie sehr
lebendig in der Kirche, in ihrem grossen Haus, gegenwärtig ist. Und
dass sie mütterlich und königlich spricht und unterweist. Etwa so:
"Ich bin die Unbefleckt Empfangene, ich habe dich bei deinem Namen
gerufen. Viele werde ich bei ihrem Namen rufen. Daß sie es richtig
hören und auf mich schauen, habe ich dich erwählt. Bete, opfere und
sühne.
Dem dreieinigen Gott muß die Ehre zuteil werden. Sei gewiß, daß alle,
die sich meinem wunderbaren Gnadensegen, meiner mütterlichen Sorge,
meinem unbefleckten Herzen eingeschrieben haben, gerettet werden. Jetzt
ist gekommen die Zeit der Gnade und Ernte. Der Herr will Ernte halten
und in seinen Weinberg gehen. Die Fülle der Macht sollt ihr an den
Zeichen der Zeit erkennen.
Ich bin die große Gnadenvermittlerin, seid alle gesegnet, die ihr an
den Ort meiner Gnade kommt. Die Zeit ist da, wo ich meinem göttlichen
Sohn den Arm nicht mehr zurückhalten kann.
Aber ihr könnt gerettet werden, wenn ihr betet, opfert und die Weihe lebt.
Lebt sie auch für die, die mich nicht als Mutter der Kirche verehren.
Ihre Macht wird verblassen und eure Werke der Sühne, Buße und Opfer an
diesen Platz gestellt. Betet unaufhörlich den Rosenkranz, seid stets im
Gebet mit dem Dreifaltigen Gott verbunden. Seine Weltherrschaft ist im
Aufbrechen. Sein Reich wird bald kommen und ihr werdet den Sohn zur
Rechten sehen. Dann wird Friede sein. Nur noch kurze Zeit wird es der
Schlange möglich sein zu verschlingen, was ihr gehört.
Ich bin die Königin des Friedens. Ich segne und behüte meine Kinder.
Habt Mut und Vertrauen, ängstigt euch nicht, lebt ganz in eurer Weihe
und ihr werdet die Wogen der peitschenden See, des peitschenden Sturmes
nicht fürchten. Betet, opfert, sühnt für viele, vor allem für viele
meiner Söhne und Töchter. Ich bin die Immaculata, die wunderbare
Mutter, eure Mutter. Seid gesegnet und lebt in Frieden.
Ich segne euch vom Sion (Jerusalem) aus. Meine Gnade ist immer bei
euch. Ich verheiße euch den Frieden Christi, die Liebe des Vaters und
des Heiligen Geistes. Nur noch kurze Zeit werdet ihr, meine Kinder, auf
dem Marktplatz des Lebens sein. Euere Wünsche, euer Opfer und Leiden
habe ich erhört. Schenkt euch ganz hin, lebt die Weihe, damit dem
Dreifaltigen Gott die Ehre erwiesen wird. Ich bin die Sionskönigin."
(25.5.1986)
Maria möchte uns, die Kirche, letztlich hineinführen in das Leben mit
der allerheiligsten Dreifaltigkeit. Dazu müssen wir ihr allerdings
folgen zurück nach Jerusalem, dem Ort der Erlösung, des Kreuzes, der
Auferstehung und Herabkunft des Heiligen Geistes, und nach Nazareth.
In Nazareth, dem Ort der Menschwerdung Christi, dem Ort, wo Gott, der
Mensch geworden, am längsten und innigsten zu Hause war - und er hat
unter uns gewohnt" (Joh 1,14) - da hält er uns die fruchtbarsten
Unterweisungen bereit, nicht nur in Gleichnissen, sondern in lebendiger
Darstellung, damit wir seine Offenbarung verstehen und den Weg finden,
der auch in der heutigen Zeit ins Leben mit der Allerheiligsten
Dreifaltigkeit führt.
Das ist nicht ein frommes Gefühl oder ein träumender Wunsch. Das ist
eine Wirklichkeit, die bereits erprobt ist und erste Blüten gebracht
hat. Aber die Saat konnte noch nicht öffentlich wirksam bestehen, sie
war noch nicht "auf gutes Erdreich gefallen" (Mt 13,23). Papst Leo XIII
hat über die Rosenkranz-Enzykliken hinaus diesen Gnadenweg erkannt und
die Vereine der Heiligen Familie errichten lassen. Nur, religiöse
Vereine hängen sehr vom Klerus ab, und der Klerus war noch kaum bei den
Rosenkranz-Enzykliken angelangt. Die Vereine zur Heiligen Familie
blühten kurz auf wie gelegentlich das Gras in der Wüste, aber es kam
kein Pastoral-Regen nach, und die Vereine verdorrten schnell.
Ein Jahrzehnt nach dem Konzil Vat. II gab es einen begrenzteren aber
tiefer greifenden Versuch eines Priesters in einem Gebiet, wo
germanische und romanische Auswanderer zusammenwohnten. Der Priester
empfand die Kraft des Gnadensegens wie die Kraft eines Wasserstrahls,
der sich ergiesst, wenn ein Pickel ein Loch in eine Wasserleitung
schlägt. Es war eine offensichtliche Blüte religiösen Lebens, die das
ganze Leben von Jung und Alt ergriff. Aber die andern Priester waren
mehr vom "Geist" des Konzils erfasst, und da sie in ihrer Eifersucht
(invidia clericalis) gegen diese Blüte religiösen Lebens nicht ankamen,
beseitigten sie den Priester.
Der Kommunismus, der noch viele saure Früchte in der ganzen Welt
hervorbringt, existierte zuerst auch nur in Versuchen, die nicht viel
brachten. Die Utopisten des 16. und 17. Jahrhunderts (Th. More, Th.
Campanella) machten literarische Entwürfe, erreichten aber wenig. Im
18. und 19. Jahrhundert war die industrielle Arbeitswelt schon ein
besserer Nährboden. Das kommunistische Manifest von 1848 (Marx und
Engels) tönt bis heute nach. Aber erst 1917 kam der Kommunismus durch
die Oktoberrevolution in Russland zur Herrschaft in einem Staat.
Die Frage des Verhältnisses zwischen dem einzelnen Menschen und der
Gemeinschaft und die Auswirkung auf das Leben ist bis heute der
Ansatzpunkt grosser ideologischer Kämpfe. Christus hat dieses
Verhältnis von der Religion her auf eine ganz neue Basis gestellt.
Diese Frage müssen wir vom geoffenbarten Glauben her lösen, nicht von
der erbsündlich schwer belasteten und vom Einfluss der Hölle
irregeleiteten Wollen der Welt her.
Im Alten Testament war Gott nur als der Einzige bekannt. Nun offenbart
Christus seine Beziehung zum Vater und zum Heiligen Geist. Er offenbart
das Geheimnis der Allerheiligsten Dreifaltigkeit. Er offenbart - soweit
es den Menschen im Diesseits zukommt - das gemeinschaftliche Leben in
Gott. Und da Gott der Schöpfer der Menschen ist und den Menschen nach
seinem Ebenbild geschaffen hat und in der Gnade erhebt, ist das
eigentliche Geheimnis des lebenden Menschen, seine Abbildlichkeit, im
Geheimnis der Allerheiligsten Dreifaltigkeit begründet und vorgebildet.
Der Mensch kann sich in seiner Gemeinschaftlichkeit erst aus dem
geoffenbarten Geheimnis der Allerheiligsten Dreifaltigkeit richtig
begreifen. Das gilt schon im Natürlichen, aber viel mehr noch im
Übernatürlichen, in der Gnade. Wenn Christus beim Paschamahl (letzten
Abendmahl) vor der Einsetzung des liturgischen Erlösungsopfers und der
Priesterweihe der Elf diese seine Freunde nannte (Jo 15,15) und ihnen
von seinem Eins-sein mit dem Vater offenbarte, dann hat ihr Herz, ihre
Seele manches von diesem Geheimnis der Gemeinschaft in Gott und von
Gott her und mit Gott und unter den Menschen erfasst. Der Heilige Geist
wird sie noch mehr erleuchten und auch in Gemeinschaft einen: "Die
Menge der Gläubiggewordenen war ein Herz und eine Seele" (Apg 4,32,
vgl. 2,446; 4,34-5). Die heutige Massenpastoral (etwa um den "Papst")
hat damit nichts zu tun, wie alle Formen der heutigen Massenhysterien
nichts mit der Herabkunft des Heiligen Geistes zu tun haben.
Damals begannen die Christen, und ihnen voran der hl. Evangelist Lukas,
danach zu fragen, wie das denn war bei Christus, als er durch die
Menschwerdung in Familie bei den Menschen wohnte. Wie war es in dieser
Heiligen Familie von Nazareth, wie war die natürliche und
übernatürliche Gemein-schaft von Jesus, Maria und Joseph? Viel später
ist aus dieser Frage die volkstümliche Antwort entstanden: "Die
irdische Dreifaltigkeit", "die erschaffene Dreifaltigkeit". Und diese
"irdische Dreifaltigkeit ist nun der eigentliche Spiegel, den Gott den
Christen im heutigen Sturm vor Augen hält, damit sie wieder den Weg
finden, Kraft schöpfen und zum wahren begnadeten Ebenbild Gottes
werden, einzeln und in Gemeinschaft, als ganze katholische Kirche. Und
die "irdische Dreifaltigkeit" hat von der Allerheiligsten
Dreifaltigkeit den Auftrag, für die grosse Ernte den Glaubenden mit der
ganzen Kraft der Gnade zu Hilfe zu eilen. Wer das erkennt, sieht heute
die Gnadenzeit, wer es nicht erkennt, findet kaum eine Lösung der
Kirchenkrise.
Damit die Kirche, die religiösen Gemeinschaften, die Christen, vor
allem aber angefangen bei den Familien, durch das besondere Einwirken
der "irdischen Dreifaltigkeit" in Wahrheit erneuert werden können, muss
manches geschehen.
Erstens muss der katholische Glaube, wie er geoffenbart ist und bis
heute in der Gnade lebendig überliefert worden ist, treu bewahrt werden.
Zweitens muss das Bild, das Gott uns jetzt vor Augen hält (die
"irdische Dreifaltigkeit") mit dem ganzen Glauben in der ganzen
Wirklichkeit betrachtet und in Liebe aufgenommen werden, über lange
Zeit und ins ganze Leben hinein.
Drittens muss die Gnadenwirksamkeit dieses "Bildes" erkannt und anerkannt und geglaubt werden.
Viertens muss die göttliche Gnadenführung und Erziehung durch Jesus,
Maria und Josef angenommen werden als eine besondere Verwirklichung der
göttlichen Vorsehung. Wer nicht real an die göttliche Weltregierung und
Vorsehung bis ins Einzelne des Menschenlebens glaubt, ist hier hilflos.
Fünftens müssen die religiösen Gemeinschaften, die von all dem
durchdrungen sind, einen festen, sicheren Wohnsitz und ein stabiles
Leben haben, wie die Heilige Familie in Nazareth (Ägypten ist die
Prüfungszeit, nicht die Blütezeit) und von diesem Wohnsitz und Leben
aus apostolisch ausstrahlen, etwa so, wie früher Klöster eine grosse
Pastoral-Wirkung haben konnten. Zwar sind die Familien der
eigentlichste Ort, auf den in Zukunft die Pastoral wirken muss, denn in
den Familien und aus den Familien wird die Heilige Familie von Nazareth
ihre eigentliche formende Wirkung ausüben. Aber die Familien selber
müssen, um dafür bereit zu sein und nicht von der Welt aufgesogen zu
werden, von der konzentrierten Erkenntnis und Gnade des Klosters
bereitet und geleitet werden.
Sechstens muss die Öffentlichkeit der Kirche diesen religiösen Weg
nicht nur gestatten (das tut sie jetzt nicht, siehe "erstens"), sondern
glaubend fördern.
Siebtens muss der Zustand der Welt und das Verhältnis der Kirche zur
Welt anders sein als jetzt. Weder im ewigen Eis, noch in der Wüste noch
im Sumpf, noch auf den Strassen wachsen alle Pflanzen gut. Es gibt zwar
auch jetzt einzelne Orte, auch wenn sie wegen des absolutistischen
Modernismus selten sind... Doch eine Blüte für die Kirche ist erst
möglich, wenn die apokalyptischen Pläne der göttlichen Vorsehung soweit
gediehen sind. Wir sind in der Vorbereitung. Aber wir müssen wissen,
was wir vorbereiten. Und es ist ein spannendes Abenteuer in der Gnade,
von Gott für dieses Unternehmen berufen und benützt zu werden. Und Gott
braucht dafür bereite Seelen und Gemeinschaften! (3)
Anmerkungen:
(1) 1291-5, nach den Kreuzzügen, als mit dem Fall des letzten
Stützpunktes der Christen, Akkon, das Heilige Land wieder ganz an die
Herrschaft der Türken, des Islam, verloren ging.
(2) Die Regeln siehe: Hyacinthe Guilnot, La vraie Melanie de La
Salette, Téqui Paris, 2005, p. 308-311. Übrigens ist der schwere Kampf
der in der Öffentlichkeit ziemlich machtlosen Glaubenstreuen im Leben
der heiligmässigen Melanie eindrücklich vorgezeichnet.
(3) Somit ist mit Brief 1 bis 8 an die treuen Bewahrer des kath.
Glaubens ein Weg der Gnade aufgezeigt, den sie gehen können, ohne etwas
von ihrer Treue und Liebe zur Wahrheit des katholischen Glaubens
aufzugeben, auch nichts von ihrer gültigen Originalität und von ihren
bisherigen Verdiensten. Der Weg wird sie aber untereinander auf lange
Sicht kräftig einen und fruchtbar machen. Der konkrete Ausbau des Weges
war noch nicht die Absicht der Briefe.
P. Albert Steiner
Postfach 746
CH-4102 Binningen 2
Fest der Rosenkranz-Königin, 7. Oktober 2006 |