KRANKHEIT UND TOD VON H.H. PFARRER ALOIS ASSMAYR
von
Dr. Kurt Hiller
"Das neue Jahr erleb' ich nimmer, doch einmal muß man sterben. Ich bin
darauf vorbereitet." Nicht umsonst heißt die Welt das Tränental. Man
muß sich freuen, daß man in die Ewigkeit gehen darf", sagte Pfarrer
Aßmayr am 27. Okt. 198o im Krankenhaus Garmisch-Partenkirchen. Er
freute sich wirklich, das Leben, das so gar nicht leicht für ihn
gewesen war, beenden zu dürfen, und doch hatte er das Tränental auf
seiner letzten Wegestrecke noch so ganz besonders beschwerlich zu
durchschreiten. Und dies in vieler Hinsicht, so daß er selber sagen
mußte: "Es ist nicht leicht, in den Himmel zu kommen, doch jetzt habe
ich den Eindruck, daß der Weg sehr viel steiler wird." (27.10.8o) Und
bisher war der Weg schon steil genug gewesen, was Äußerungen eines
Herrn Dr. Z. belegen können, der als eÒe in der Öffentlichkeit stehende
Person die Gegend und die Leute seit Jahrzehnten gut kennt: "Biberwier
ist ein Sozi-Nest, da glaubt keiner etwas. Denen ist es völlig egal, ob
sie eine alte oder neue Messe haben, Hauptsache ist, sie haben einen
Pfarrer für sich und sind nicht von Ehrwald oder von sonstwo abhängig.
Die tun alles nur aus Trotz und Prestige. Von denen würde bestimmt
niemand den Aßmayr pflegen. Der Gedanke allein schon ist
unvorstellbar." Und dieselbe, sehr einflußreiche Person
charakterisierte Herrn Pfarrer Aßmayr mir, einem völlig Fremden
gegenüber freimütig folgendermaßen: "Ein religiöser Terrorist, (wegen
seiner Strenge im Religionsunterricht); ein Heiliger, der schon mit
beiden Füßen im Himmel steht; ein Berufsquerulant; ein Spinner; ein
klerikaler Psychopath." usw.
Man kann sich unter diesen Umständen gut vorstellen, wie die
seelsorgerische Arbeit bei diesen Bedingungen aussehen mußte. Und dies
ist wohl auch der Hintergrund für die Äußerung von Pfarrer Aßmayr: "Ich
hatte in Biberwier nur die Wahl zu zerbrechen oder in die Tiefe zu
gehen. Zerbrechen wollte ich nicht, also mußte ich in die Tiefe gehen."
Die Tiefe sah für uns nach außen so aus, daß Pfarrer Aßmayr den kath.
Glauben bewahrt hatte, Widerstand gegen die Reformen leistete, unseren
Kampf nachhaltig unterstützte und unserem Meßzentrum von Anfang an
seine Hilfe gewährte, die zuletzt so weit gedieh, daß er im Herbst 1979
beschloß, ab Sommer 198o ganz nach München zu übersiedeln, wo er
bereits eine Wohnung mietete und einrichtete. Leider kam dieser Plan
nicht zur Ausführung, weil sich der Bürgermeister, ansonsten nicht
gerade ein Freund vom Herrn Pfarrer, nachhaltig dafür einsetzte, den
Pfarrer in Biberwier zu halten. Er wollte eine bevorstehende
Bürgermeisterwahl wieder gewinnen und nicht mit dem Odium belastet
werden, daß unter seiner Ägide der Pfarrer das Dorf verlassen habe. Das
Ordinariat war auch nicht untätig, schickte den bischöflichen Kanzler
Prälat Schramm nach Biberwier, der Herrn Pfarrer Aßmayr seine
Hochachtung und Sympathie bezeugte und (wen wundert's!), der ebenfalls
gegen eine Übersiedelung nach München war. Die Bevölkerung wurde
mobilisiert, und so blieb der - wie sich herausstellte bereits schwer
kranke - Pfarrer mit unserer Zustimmung in Biberwier. Nach vielen
Jahren hoffte Pfarrer Aßmayr wieder, daß doch vielleicht nicht gar
alles umsonst gewesen war, was er für seine Pfarrkinder getan hatte:
seine unermüdlichen Gebete zur nächtlichen Stunde, seine Opfer, seine
Askese, seine Geduld im Zuhören, sein Mitgefühl und seine
Leidensfähigkeit. Und obwohl er nichts von den Bischöfen erwartete, so
glaubte er doch, sie als Ordnungsmacht, die dafür sorge, daß rein
äußerlich nicht alles im Chaos versinke, akzeptieren zu müssen. Dazu
gehörte natürlich dann auch noch das Kirchenrecht. Konzeptionen, die
nicht haltbar sind! Doch wer will ihm dies verdenken, einem Mann, der
sich seit über 48 Jahren in seinem Priesterleben verzehrte und der alt
und krank war. Und so freute er sich, noch ein paar Jahre, wie er
hoffte, in Biberwier bleiben zu können, wo so viele Besucher ihn
aufsuchten, nicht nur zu seiner reinen Erbauung, denn einmal sagte er
mir: "35 Jahre war ich völlig allein, ich hab's getragen, nun, jetzt
bin ich kaum mehr allein, so muß ich auch dieses Kreuz tragen." Und wie
er sich gerade über den Neubeginn zu freuen anfing, da hieß es für ihn
auch schon Abschied nehmen.
Die Krankheit meldete sich! Ende März beschloß er in Biberwier zu
bleiben, und als er drei Monate später, am Samstag, dem 22. Juni 198o
in München war, sprach er zum ersten Mal von Symptomen, die nichts
Gutes ahnen ließen. Bei der Untersuchung in Garmisch-Partenkirchen im
Krankenhaus am 23.6. und 26.6. bestätigte sich der Verdacht einer
heimtückischen, schweren Krankheit, die er, wie er auf Drängen des
untersuchenden Chefarztes zugab, schon lange mit sich herumgetragen
hatte, jedoch in seiner nicht verweichlichten Haltung nicht weiter
beachtet hatte. Ein stationärer Aufenthalt war unumgänglich, und so lag
er vom 8. Juli bis 25. Juli im Krankenhaus Garmisch-Partenkirchen. Am
Tag- vorher, am 7. Juli, verfaßte er sein Testament, auf das ich noch
zurückkommen werde. Nach Verschlechterung seines Befindens spendete ihm
am Sonntag, dem 13. Juli 198o der H.H. Pfarrer Leutenegger die
Sterbesakramente und legte ihm das Tuch des Blutwunders von Maria Rain
auf.
Es folgten Wochen der scheinbaren Erholung, doch nach heftigen
Beschwerden wurde eine erneute Aufnahme ins Krankenhaus
Garmisch-Partenkirchen notwendig. Während dieser Tage im Krankenhaus
war ich auch zufällig Zeuge eines Gesprächs zwischen dem Pfarrer von
Ehrwald, Langhans, und Herrn Pfarrer Aßmayr. Es ging um die Frage, ob
Pfarrer Langhans, wie dieser wünschte, die Vertretung in Biberwier
übernehmen solle. Pfarrer Aßmayr lehnte dankend ab, indem er ihm
nochmals klar machte, daß er den Modernismus ablehne und keine
Vertretung wünsche, solange Aussicht bestehe, daß er nochmals heim
komme. "Und sollte ich wirklich einmal fehlen", meinte Pfarrer Aßmayr,
"dann sollen die Leute halt den Rosenkranz beten." Erst, als Pfarrer
Aßmayr sah, daß er das Krankenhaus kaum mehr verlassen würde, übergab
er Pfarrer Langhans / Ehrwald den Schlüssel für das Pfarrhaus, die
Kirchen- und Verwaltungsbücher. Von diesem Zeitpunkt an las Pfarrer
Langhans in Biberwier die Messe, - und , man höre und staune - die
tridentinische Messe, nach dan alten Meßbuch, die ihm nach persönlicher
Rücksprache mit Dekan Pohler von Breitenwang und Bischof Rusch, der
gerade seine Abschiedsbesuche absolvierte, ausdrücklich in diesem Falle
erlaubt worden sei, wie er mir selbst versicherte! Zum Zwecke der
Täuschung und Beruhigung von Pfarrer Aßmayr konnte auch noch die alte
Messe gelesen werden! Jedoch nur solange, bis dieser tot war! Damit der
als unbeugsam bekannte Pfarrer Aßmayr ihnen, den lieben Amtsbrüdern,
mit denen er seit Jahren nichts mehr zu tun haben wollte, und die jetzt
so besorgt um ihn waren, nicht noch ihr letztes Vorhaben, ihn nämlich
modernistisch zu beerdigen, vereiteln würde. Denn das Testament war den
oben erwähnten drei verantwortlichen geistlichen Herren inzwischen
bekannt! Nach den Erfahrungen mit den Testamenten von S.E. Bischof
Blasius Kurz OFM und von H.H. Dr. Otto Katzer beschloß nämlich Pfarrer
Aßmayr Anfang August 198o," sein Originaltestament zur Aufbewahrung mir
zu übergeben. In seiner Schreibtischschublade lag offen eine
beglaubigte Photokopie. Und die hatten die Herren interessiert zur
Kenntnis genommen und ihre Maßnahmen, von denen unten die Rede sein
wird, bereits getroffen. Pfarrer Aßmayr machte sich jedoch über deren
'katholische' Einstellung keinerlei Illusionen. Denn als ihm die Leute
aus Biberwier berichteten, der Pfarrer von Ehrwald würde genau alles
machen wie er, hatte er nur eine sarkastische Bemerkung dafür übrig.
Am Samstag, dem 18. Okt. ging es ihm so schlecht, daß er glaubte, seine
letzte Stunde sei gekommen, und er mit bewegten Worten von uns Abschied
nahm. Am Abend kam H.H. Dr. Storck in Biberwier vorbei und spendete ihm
die Sterbesakramente. Doch am nächsten Morgen fühlte er sich wieder
besser und er konnte die Messe lesen: seine letzte Sonntagsmesse in
Biberwier! Montags, den 2o. Oktober, las er seine letzte Messe
überhaupt und mußte anschließend dringendst ins Krankenhaus gebracht
werden, das er nicht mehr lebend verlassen sollte.
Ein fast unaufhörlicher Besucherstrom setzte ein, und am 7. Nov. sagte
Pfarrer Aßmayr zu mir: "Der Pfarrer von Ehrwald und der Dekan waren da,
und der Dekan hat mir sogar einen Blumenstrauß mitgebracht, und sie
boten mir an, die Kommunion und die sog. Krankenölung zu bringen. Doch
lehnte ich ab, indem ich sie nochmals darauf aufmerksam machte, daß mir
die Sakramente von München gebracht werden, weil ich den Modernismus,
als die Summe aller Häresien, wie Pius X. in seiner Enzyklika 'Pascendi
dominici gregis' sagte, ablehne. Auch dem Krankenhausgeistlichen habe
ich meinen Standpunkt in aller Ruhe klar gemacht." So kam es, daß er am
Dienstag, dem 21. Oktober von seinem priesterlichen Freund, H.H.
Pfarrer Pniok versehen wurde, der ihm mehrmals die Kommunion von
München aus brachte. Pfarrer Aßmayr bemerkte dazu am 27.10.: "Pfarrer
Pniok hat mir die Sterbesakramente gespendet, und gestern hat er mir
die Kommunion gebracht. Das rechne ich ihm hoch an." Zum letzten Mal
kommunizierte Pfarrer Aßmayr am Sonntag, dem 9. Nov., denn von da an
war es ihm nicht mehr möglich, feste Nahrung zu sich zu nehmen. Während
der ganzen Zeit im Krankenhaus war Pfarrer Aßmayr nicht untätig. Er
verteilte seine Schriften, seine Predigten und Aufsätze an Ärzte und
Schwestern und verwickelte sie in lange Gespräche. Zuletzt wurde er von
allen respektiert und hoch verehrt.
Alle waren zutiefst beeindruckt über die Geduld, die Freude und
Haltung, mit denen er seine in den letzten Wochen oft rasenden
Schmerzen ertrug, die oft so schlimm waren, daß er sagte: "Ich kann
schon verstehen, wenn die Menschen auf die Idee kommen, sich das Leben
durch eine Spritze abkürzen oder gar beenden zu lassen. Doch die wollen
keinen Sinn im Leiden erkennen, und man muß doch unserm Herrn, der
schon weiß warum, nachfolgen." Er sagte oft: "Jetzt liege ich im Bett
und bin krank. Nun kann ich ja beweisen und selber leben, was ich den
Leuten immer gepredigt habe,und zeigen, daß ich es ernst meinte. Sonst
sagt der Herr: Du hast ja geheuchelt und gelogen." Und als es mit den
Schmerzen gar nicht mehr anders ging, meinte er: "Der Herr wird es
hoffentlich verzeihen, daß ich mir ab und zu Schmerzmittel geben lasse,
denn so kann ich mit klarer Überlegung aufopfern, was mir noch
verbleibt. Ansonsten verliert man ja fast den Verstand, und wem soll
dies nützen?" Und ein anderes Mal: "Beten kann ich nicht mehr, dazu bin
ich nimmer fähig, doch ich opfere die Schmerzen auf und denk', dies
wird dem Herrgott auch gefallen." Jedoch setzte er gleich hinzu: "Das
tut mir noch am meisten weh, daß ich nachts nicht mehr in die Kirche
zum Beten kann. Dies waren die schönsten Stunden meines Lebens: in der
Dunkelheit - mit dem Herrn - nur beim Flackern des Ewigen Lichtes."
Überhaupt war ich immer wieder erstaunt, wie tief und gründlich Pfarrer
Aßmayr die Hl. Schrift kannte und durchdacht hatte. Wie herrlich
zuzuhören, wenn er stundenlang die einzelnen Stellen auslegte und
zeigte, wie es vom Griechischen oder Lateinischen her eigentlich
verstanden werden müsse! Ebenso ergreifend, wie er auf jeden der vielen
Besucher von überall her einzugehen verstand und für jeden eine
Aufmunterung, einen Dank oder Zuspruch fand, er, der selbst so krank
und leidend darnieder lag! Selbst noch ein paar Stunden vor seinem Tode
gratulierte er spontan einer Besucherin aus Biberwier zu ihrem
Namenstag.
Über die menschliche Haltung einiger Personen aus Biberwier, die ihn
regelmäßig besuchten, war er besonders gerührt, obwohl er sich über
deren Glaubenshaltung keine Illusionen machte, und ich frage mich
selbst, ob Pfarrer Aßmayr wohl ein einziges Pfarrkind hatte, das
wirklich wußte, wer der Pfarrer war und wofür er kämpfte. Er selbst
drückte seine Skepsis so aus: "Wenigstens schauen die Biberwierer jetzt
herwärts und werfen mir keine Prügel mehr zwischen die Fuß!"
Die letzte Woche konnte Pfarrer Aßmayr nur noch Flüssigkeit zu sich
nehmen. Er war abgemagert und eingefallen, so daß man ihn kaum noch
erkannte. Nur seine Augen leuchteten nach wie vor munter und lebhaft.
Und doch blieb er bis zuletzt bei vollem Bewußtsein. Er atmete die
letzten Stunden äußerst heftig - es war fast ein Röcheln -, und
trotzdem ließ er sich noch einen Rosenkranz reichen, um mit den
Anwesenden mitzubeten. Sprechen konnte er nicht mehr richtig, nahm aber
an allem Anteil, was um ihn herum geschah. So erregte er sich sehr, als
der besagte Krankenhausgeistliche auftauchte (im weißen Kittel!!) und
an sein Bett trat. Pfarrer Aßmayr bekam richtig Angst, daß dieser
womöglich irgendwelche modernistische Zeremonien vornehmen könnte,
winkte heftig mit der Hand ab und beruhigte sich erst, als ich ihm
versicherte, daß er sich auf mich verlassen könne, indem ich dies zu
verhindern wüßte. So wollte er bis zuletzt keinen der abgefallenen
Geistlichen bei sich haben. Er wußte genau, daß seine Zeit abgelaufen
war, denn schon am frühen Nachmittag sagte er: "Heut' werd' ich umme
gehn."
Kurz vor seinem Tod las er noch für sich, geistigerweise die hl. Messe,
und an den Bewegungen der Hände konnte man seine Konzentration und
Andacht ablesen. Immer und immer wieder segnete er die Anwesenden, so
auch den H.H. Dr. Storck, den Sr. Gertrud gerufen hatte, und der die
Sterbegebete verrichtete. Innerlich völlig ruhig, gefaßt und
ausgeglichen, klar und voll bewußt, seine Hände entspannt in den unsern
ruhend, trat unser verehrter Pfarrer um 21 Uhr ins Jenseits ein.
Anwesend waren: Ordensschwester Gertrud, zwei Stationsschwestern, meine
Frau und ich. Der Stationsarzt kam gleich darauf noch dazu. Und ich muß
sagen, trotz aller Erschütterung und Wehmut über den großen Verlust
waren wir fast alle gefaßt und keineswegs verzweifelt. Wie oft hatte
Pfarrer Aßmayr in den letzten Wochen vom Jenseits gesprochen, von der
Hölle, wie schrecklich sie sei, vom Fegefeuer und, mit welcher
Sehnsucht! vom Himmel und von der unendlichen Liebe, die dort herrsche.
Und nun hatte er sein Leiden beendet. Endlich durfte er vor den Herrn
treten, für den er gelebt und gelitten hatte. Und so freuten wir uns im
Innersten für ihn.
Testament:
Im Falle meines Todes bestimme ich, Alois Aßmayr, Pfarrer: Ein
Begräbnis nach altem Ritus wie es hier in Biberwier brauch ist u. ein
Requiem ebenfalls nach altem Ritus. Vielleicht kann das Requiem ein
befreundeter Priester, der noch den alten kath. Glauben hat,
celebrieren. Modernes Requiem u. Concelebration jedenfalls nicht.
Lieber ein Rosenkranz, da ich an die "Neue Messe" nicht glaube. (...)
Biberwier, am 7. Juli 198o
Alois Aßmayr, Pfarrer.
H.H. Pfarrer Aßmayr hatte mir das Testament übergeben in der Hoffnung,
daß damit die Erfüllung seines letzten Willens gewährleistet sei. Um
keine Zeit zu versäumen, rief ich bereits um 22 Uhr im Pfarramt Ehrwald
an, erhielt jedoch keine Verbindung. In Ehrwald, wohin ich sodann fuhr,
öffnete im Pfarrhaus auch niemand auf mein Klingeln. Eine
vorbeikommende Gendarmeriestreife konnte den Pfarrer Langhans
verständigen. Sie benachrichtigte ihn im Gasthaus, wo er sich beim
Kartenspiel aufhielt. Meine dringlich vorgetragene Bitte, den letzten
Willen von Pfarrer Aßmayr zu erfüllen, wurde ausweichend beantwortet.
Die Entscheidung liege bei Dekan Pohler / Breitenwang und bei Bischof
Rusch in Innsbruck. Ich hinterlegte die Adresse und Telephonnummer von
H.H. Pfarrer Pniok / München, mit dem Pfarrer Aßmayr die Beerdigung
besprochen hatte und den er als seinen Freund damit beauftragt hatte.
Für den nächsten Morgen, 2o. Nov. 9 Uhr meldete ich mich wieder an, um
den Bescheid abzuholen. Pfarrer Langhans ließ es sich jedoch nicht
nehmen, zum Schluß noch spöttisch über die altmodische, überholte und
skurrile Ansicht des soeben verstorbenen Pfarrers Alois Aßmayr
herzuziehen, der gemeint habe, daß die neue Messe nicht gültig sei! Mir
fielen die Worte Pfr. Aßmayrs ein: "Ich bin der Ansicht, daß Gott uns
jetzt unserer eigenen Armseligkeit überläßt, damit die Welt erkennt, so
schmerzlich dies auch sein mag, wer der Herr ist, und wo Wahrheit und
Falschheit ist, und wer hier der Narr und der Lapp ist: der, der
katholisch geblieben ist, oder die angeblich so Gescheiten andern."
Zur vereinbarten Stunde erfuhr ich dann im Pfarramt Ehrwald, daß die
Beerdigung nach neuem Ritus stattfände und daß der Pfarrer Pniok
konzelebrieren könne, wenn er wolle. Auf meinen Einwand, daß im
Testament genau das Gegenteil stehe, meinte Pfr. Langhans, es könne
natürlich keine Rede davon sein, daß ein einzelner der Kirche
vorschreibe, welche Zeremonien zu verwenden seien. Auch bei meiner
anschließenden Vorsprache im Nachlaßgericht in Reutte, wo ich das
Testament ablieferte, bekam ich die lapidare Auskunft, das seien
inner-kirchliche Angelegenheiten.
So schickte sich die 'Kirche' an, den letzten Willen eines Priesters zu
erfüllen, der über 48 Jahre bewiesen hatte, daß er sein Priestertum
ernst nahm, den noch am 12. März 198o der bischöfliche Kanzler Prälat
Joachim Schramm in Biberwier besuchte, ihn umarmte und versicherte, er
denke wie er, dem man sogar, wie es Pfr. Langhans tat, die
tridentinische Messe vorheuchelte und dem Dekan Pohler Blumen ins
Krankenhaus brachte! Derselbe Dekan Pohler, der sich früher nicht
scheute, bei Pfarrer Aßmayr in Biberwier die EINSICHT abzuholen, um ihn
damit im Ordinariat in Innsbruck zu denunzieren, und den Pfarrer Aßmayr
bei dieser Gelegenheit mit der Bemerkung verabschiedet hatte, er sei
wie ein 2oo% iger Nazi.
Das waren also die Leute, die sich den Triumph nicht entgehen ließen,
sich wenigstens der Leiche zu bemächtigen, nachdem sie am Lebenden
schon keinen Anteil hatten". Die Beerdigung fand am Samstag, 22. Nov.
lo Uhr in Biberwier statt. Den 'Sterbegottesdienst' hielt der
bischöfliche Kanzler Prälat Schramm. Hofrat Direktor Klocker und
Pfarrer Langhans assistierten dabei. Der Kanzler Schramm ließ es sich
auch nicht nehmen, die Predigt zu halten und die Beerdigung
vorzunehmen. Zu ihrer ewigen Schande sollen ihre Namen, mit Bischof
Rusch, dem Hauptverantwortlichen, festgehalten sein, als solche, denen
der letzte Wille eines Priesters gleich null ist! Doch wundern wir uns
nicht! Wer vor der Fälschung des Testaments Unseres Herrn (alle -
statt: viele) nicht zurückschreckt, für den gibt es auch sonst keine
Grenzen.
"Beim Grabsteinsetzen werden die Leute dann katholisch, wenn sie es
vorher auch nicht waren", sagte Pfarrer Aßmayr einmal, und so fand die
'feierliche' Beerdigung statt unter Teilnahme von Gemeindevorstand,
Feuerwehr, Schützen, Kirchenchor, Musik, Bergwacht, Skiclub,
Trachtenverein, Gendarmerie, Verkehrsverband und Schule. Zur gleichen
Zeit, am 22. Nov. 198o, Samstag um 10 Uhr fand in St. Michael, München,
Baaderstr. 56 ein feierliches Requiem für H.H. Pfarrer Aßmayr statt,
zelebriert von H.H. Pfarrer Pniok, gesungen von unserer Schola, unter
zahlreicher Teilnahme der Gläubigen, die noch informiert werden
konnten und die es nicht ertragen konnten, einer so himmelschreienden
Verhöhnung des letzten Willens von Pfarrer Aßmayr in Biberwier bei
zuwohnen.
Pfarrer Aßmayr hat uns allen so viel Liebe geschenkt, hat uns ein so
ergreifendes, asketisches, von so tiefem Glauben getragenes
Priesterleben vorgelebt, so daß wir seine in den letzten Tagen
geäußerte Hoffnung beherzigen sollten: "Wenn ich ins Fegfeuer komme, so
wird es schon jemand geben, der an mich denkt und mir heraus hilft."
Vergelten wir ihm alles, was er für uns getan hat, durch unsere
Gebete und unsere Opfer! Sollte er bereits im Himmel sein, so mag er
uns helfen, seinen oft gegebenen Rat zu befolgen: "Liebe, Vertrauen,
Geduld haben und dem Herrgott ein gutes Kind sein, dann wird's schon
oedt werden."
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