VON EINER ARIANISCHEN KIRCHE IN ROM,
DIE FÜR DEN KATHOLISCHEN GOTTESDIENST EINGEWEIHT WURDE.
vom
hl. Papst Gregor d.Gr.
Ich möchte nun auch nicht das Ereignis mit Stillschweigen übergehen,
das Gottes Güte vor zwei Jahren hier in Rom zur Verurteilung der
arianischen Irrlehre geschehen ließ. Das, was ich erzähle, hatteils das
Volk miterlebt, teils haben es die Priester und die Kirchendiener, mit
angehört und mit angesehen. Es wurde nämlich beschlossen, in die in der
Subura-Region (1) gelegene arianische Kirche, die bis vor zwei Jahren
gesperrt war, Reliquien der hl. Märtyrer Stephanus und Agatha zu
übertragen und die Kirche für den katholischen Kult wieder einzuweihen;
und so geschah es auch. Wir kamen also mit einer großen Menge Volkes
dorthin und betraten unter Lobgesängen auf den allmächtigen Gott die
Kirche. Während nun in derselben bereits das Hochamt gehalten wurde und
während wegen der Beschränktheit des Raumes die Menge sich drängte,
fühlten plötzlich einige von denen, die außerhalb des Heiligtums (2)
standen, daß zwischen ihren Füßen ein Schwein hin- und herlief. Während
jeder es fühlte und den Nachbar darauf aufmerksam machte, suchte das
Schwein die Kirchentüre zu erreichen, und setzte alle, an denen es
vorbeilief, in Verwunderung; niemand aber konnte es sehen, obwohl sie
es alle fühlten. Das hat Gottes Güte deshalb geschehen lassen, damit
alle erkannten, daß der unreine Geist seinen Wohnsitz verlassen müsse.
Nach Vollendung des Hochamtes entfernten wir uns, aber noch in
derselben Nacht entstand auf dem Dache dieser Kirche ein großes
Geräusch, als ob jemand hin und her irre. In der darauffolgenden Nacht
wurde das Geräusch immer stärker; plötzlich aber krachte es so
schrecklich, als ob die ganze Kirche von Grund aus zerstört würde.
Darauf wurde es stille und keine Beunruhigung von Seiten des Urfeindes
wurde mehr bemerkt. Aber der von ihm verursachte schreckliche Lärm
deutete an, wie er nur notgezwungen die Stätte verließ, die er so lange
im Besitz gehabt hatte. Wenige Tage darnach schwebte bei vollkommen
heiterem Wetter eine Wolke vom Himmel auf den Altar der Kirche herab,
hüllte ihn wie mit einem Schleier ein und erfüllte die ganze Kirche mit
solch ehrfürchtigem Schauer und mit so süßem Wohlgeruch, daß niemand
durch die offenstehenden Türen einzutreten wagte. Auch der Priester,
die Kirchendiener und die, welche zur Feier des Hochamts gekommen
waren, sahen das Ereignis, vermochten aber durchaus nicht hineinzugehen
und atmeten die Süßigkeit des wunderbaren Wohlgeruches ein. Als am
andern Tage die Ampeln ohne Licht waren, entzündeten sie sich an einem
von Gott gesandten Lichte. Wiederum nach einigen Tagen war es, daß der
Mesner nach dem Hochamte die Ampeln auslöschte und die Kirche verließ.
Als er aber kurz darauf dieselbe wieder betrat, fand er, daß die
Ampeln, die er doch ausgelöscht hatte, brannten. Er dachte, er müsse
sie nicht ganz ausgelöscht haben, löschte sie nun mit aller Sorgfalt
aus und schloß beim Hinausgehen auch die Kirche mit aller Sorgfalt zu.
Als er aber nach Verlauf von drei Stunden zurückkehrte, brannten die
ausgelöschten Ampeln schon wieder, so daß diesem Brennen deutlich zu
entnehmen war, der Ort sei aus der Finsternis zum Lichte gekommen.
Anmerkungen:
(1) Die Subura war ein vom niedrigen Volk sehr dicht bewohnter
Stadtteil unweit des Trajansforums. Die hier erwähnte Kirche wurde ca.
460 von Ricimer erbaut und von Gregor dem Großen aufs neue geweiht;
heute heißt sie Sant' Agata dei Goti in Suburra. (Bibl.d.KV.2. Reihe
Bd.3)
(2) d.i. außerhalb des Presbyterums, das die Laien nicht betreten durften.
(aus: DIALOGE, 3.Buch, 30.Kap.) |