QUELLEN DER KIRCHENMUSIK
von
+ H.H. Dr.theol. Otto Katzer
S t a u n e n ,
E h r f u r c h t ,
A n b e t u n g !
Der Mensch ist erst dann im wahren Sinne des Wortes Mensch, wenn er
sich zu diesen drei Haltungen durchgerungen hat. Mit dieser
Angelegenheit werden wir uns nun beschäftigen.
Man betrachte etwas 'Wertloses', etwa einen Holzsplitter. Wertlos? Wer
von den Menschen kann ihn herstellen? Angeblich können wir so viel!
"Was früher Gott gemacht hat, schafft heute der Mensch", so lesen wir
in einer modernen Abhandlung. Ist es wirklich so?
Würden wir im Gras eine Uhr finden und behaupten, sie habe sich dort
herauskristallisiert oder sie sei vom Mond gefallen, niemand würde
daran zweifeln, daß wir den Verstand verloren hätten. Ist es doch allen
klar, daß diese nur von einem denkenden Wesen stammen kann. Der
Grashalm, auf dem die Uhr liegt, ist jedoch ein unendlich
komplizierteres Werk als die Uhr. Niemand von den Menschen ist aber
imstande, einen Grashalm ins Leben zu rufen.
Eine unbegreifliche Verkehrtheit ist es zu glauben, der Mensch sei an
Gottes Stelle getreten! - Wir haben es hier leider mit dem Modegeist
der sogenannten 'Wissenschaft' zu tun. - Die Kinder mußten früher in
der ersten Volksschulklasse auf eine entsprechende Weise mit diesem
Vergleich bekannt gemacht werden. So lernten sie das Axiom: Ein jedes
Ding in der Natur ruft zu mir: "Mich hat Einer gemacht, der mehr weiß
und mehr kann als du und alle Menschen zusammen!"
Kehren wir jedoch zu unserem Holzsplitter zurück. Was mußte alles
geschehen, bis er das wurde, was er i s t : ein Splitter Holz! - Als in
der Franz. Akademie der Wissenschaften zum ersten Mal der Phonograph
Edisons vorgeführt wurde, sprangen die gelehrten Herren auf und
beschuldigten den Abbé, der das Instrument bediente, des Betruges: er
habe sicherlich unter dem Tisch einen Bauchredner versteckt, denn es
sei unmöglich, daß eine metallene Platte die menschliche Stimme
wiedergeben könne! Was würden sie da erst sagen, wenn sie eine moderne
Schallplatte, welche eine ganze Symphonie originalgetreu enthält, oder
ein Tonband vorgespielt bekämen!
Wenn wir nun zu unserem Splitter zurückkommen, dann müssen wir sagen,
daß es mindestens 80-zigmal Frühling, Sommer, Herbst und Winter werden
mußte, bis aus dem Samenkörnlein der große Baum wurde, von dem der
Splitter stammte. Das leise Wehen des Morgenwindes, wenn der Lenz
gekommen i s t , die Blütenpracht, das Rauschen der Wälder,
Vogelgesang, das Rufen des Wildes, das Rollen des Donners, das alles
und noch viel, viel mehr, die ganze Leb ens geschiehte des Baumes ist
im Holz auf eine vollkommenere Weise enthalten als die Symphonie auf
der Schallplatte. Gibt es ein empfindliches Herz, dann ertönt das
Lebenslied dieses Baumes, nicht nur vom Samenkömchen beginnend bis zum
großen Stamm, sondern wie eine sich immer wiederholende Fuge: vom
Samenkorn zum Baum und vom Baum zum Samen bis . . . in das voller Liebe
pulsierende Herz Gottes. Dieses Lied singt aber alles Sein! "Als glitte
die gleiche Meisterhand seit undenklichen Zeiten über die Tasten des
Lebens. Eine Komposition folgte der anderen, unendlich viele, schwere
und leichte, herrliche und schreckliche." (1) - Soweit Uexküll.
Nur eines ist notwendig: selbst s t i l l zu werden, das
eigene Ich, welches sich uns so aufdrängt, schweigen zu lassen, denn
nur, wenn wir ganz s t i l l geworden sind, können wir den
Schlag des göttlichen Herzens vernehmen, welches die Ursache alles
Seins ist. Wie schön drückt dies ein indisches Gebet zum abendlichen
Schweigen aus:
Siehe, der Abend naht heran, getragen von den Flügeln des Schweigens!
Das Schweigen senkt sich über die Berge, das volle Bett des Flusses,
bis in die eigene Stille des Weltalls hinein!
Siehe, der Abend naht heran, getragen von den Flügeln des Schweigens!
Erdrückt die Stimmen des Unwillens und lauscht der Stimme des Schweigens!
Millionen von Flammen erstrahlen in den Sternen, um Ihn zu preisen:
Er ist in euch!
Holt das Schweigen aus eurem Innern,
legt es auf eure Wunden und heilt sie!
Lauschet doch dem Abendschweigen,
lauschet der Stille des Weltalls,
lauschet dem Puls des göttlichen Herzens! (2)
Nichts gibt es, wo Er nicht wäre, es mag groß oder klein sein, immer
ist Er in allem, wie Er auch alles überragt. "Eines Tages schrieb
Albert Wigand in Marburg über den Eingang seines botanischen
Institutes: In minimis Deus maximus. (Im Kleinsten ist Gott am
größten.) Er ließ auch einmal seinen Assistenten Dennert ins Mikroskop
sehen: auf dem Präparat hatte er dLeseWorte aus Di atome enp an ze
rehén zusammengesetzt." (3)' Ja, ist da nicht die ganze erschaffene
Welt ein Lobeshymnus von hinreißender Schönheit an den Schöpfer?
Dies alles erweist sich noch unermeßlich erhabener, wenn der Zuschauer und Zuhörer im Lichte der
heiligmachenden Gnade bei vollkommener Seelenruhe sich in die
Komposition vertiefen kann. Wer wird sich dann über einen Jacopone da
Todi wundern, der wie sein Meister, der hl. Franz von Assisi, sich als
Gefangener der Liebe sieht. Mit welchen Sinnen er auch die Welt
betrachtet, immer ist es die Liebe, die ihm entgegenstrahlt. Sie umgibt
ihn von allen Seiten. Wie könnte er nun nicht sein Loblied anstimmen!
Brémond erzählt von einer Kuhmagd, die ihr ganzes Leben nicht imstande
war, das "Vater unser" zu Ende zu beten. ''Denn" so sagte sie, "seit
etwa meinem fünften Lebensjahre, ein jedesmal, wenn ich das Wort Vater
ausspreche und gedenke, daß Er dort hoch oben mein Vater ist, fange ich
an zu weinen und verbleibe so den ganzen Tag, meine Kühe hütend!" (4)
Kommen wir nun zur Liturgie, der Höchstleistung des Gottmenschen, dann
müssen wir betonen, daß wir in ihr "wirklich ein göttliches Werk haben,
worin täglich das Wunder der Schöpfung, der Erlösung, der Heiligung
erneuert wird, wo die übernatürlichen Tugenden des Glaubens und der
Liebe sich vereinigen und wunderbar äußern, und wo im mystischen Leibe
Christi die Gemeinschaft der Heiligen sich in vollkommenster Weise
gestaltet. Die Liturgie ist also die intimste Verbindung des Lebens
Christi mit dem Leben der Kirche, seiner Braut, durchdrungen von der
heißesten Liebe. Infolgedessen erzwingt sich die Liturgie den Gesang,
der die göttliche Lüe anspornt und zum Ausdruck bringt; "denn der
Gesang ist der Atem des Liebenden!" (5)
Es wird nicht nur einem Musikkenner auffallen, daß die Kompositionen,
welche einem katholischen Geiste entspringen, von denen eines
Nicht-Katholiken zu unterscheiden sind. Die Ursache liegt darin, daß
die, die sich außerhalb der Kirche befinden, "des durch die Liebe sich
äußernden Glaubens entbehren und infolgedessen keine wahre (mit der
göttlichen Umwelt in Einklang stehende; Anm. 0. K.) Musik aufweisen
können! (6) Es sei in diesem Zusammenhang betont, daß die Zugehörigkeit
zur katholischen Kirche nicht im Sinne einer Mitgliedschaft in einem
Vereins gemeint i s t , und daß es vorkommt, daß so mancher, der sich
als 'Atheist' ausgibt, im tiefsten Innern rechtgläubig i s t , während
nicht selten bei jemandem, der seine Zugehörigkeit zur Kirche he raus
pos aunt, der wahre Glaube fehlt.
Wie viele Charaktere es auch gibt, erklingt dennoch das Lied
einheitlich, wie der hl. Ambrosius bemerkt: **Die Zither weist
verschiedene Saiten auf, und doch erklingt nur eine Symphonie. In den
weni'gen Saiten i r r t sich oft selbst der Künstler, der Hl. Geist
nie!" (7) Kirchenmusik und Kirchengesang sind also nicht von der
'Symphonie des Weltalls' zu trennen, zu der sich der Lobgesang der
Engel und Heiligen gesellt. Wenn auch die Welt in die Macht des bösen
Geistes aufgrund der ersten Sünde geraten i s t , nie dürfen wir die
häufigen Exorzismen und Weihen vergessen, durch welche auch die Welt
aus der Macht des Bösen entrissen und Dem geweiht wird, für Den sie
erschaffen wurde. Wir haben es uns zu sehr angewöhnt, daß der
Gottesdienst als etwas vom Alltagsleben Getrenntes betrachtet wird, und
bedenken gar nicht, daß - wenn das Alltagsleben mit seiner ganzen
Umwelt nicht mit in den Gottesdienst hineingenommen wird dieser für
jene, die es versäumt haben, dies zu tun, von geringem Nutzen sein
wird. Gottesdienst und Alltagsleben hängen organisch zusammen, so daß
sie getrennt nicht einmal gedacht werden dürfen. So lebt der Mensch
nämlich nicht deshalb um zu essen, sondern er ißt, um zu leben, um Gott
dienen zu können. Das Essen muß auf die Formel zurückgeführt werden:
die im Dienste Gottes verbrauchte Energie durch die in der Nahrung
enthaltene Energie für weiteren Gottesdienst ersetzen! Der Mensch betet
so lange, so lange er sein ganzes Leben auf Gott hinordnet. Daß da die
Umwelt, in welcher er sich augenblicklich befindet, miteinbezogen
werden muß, sollte klar sein. "So singe also der Dimer Christi",
ermahnt der hl. Hieronymus, "daß nicht die Stimme des Singenden es ist,
die Gefallen erwirkt, sondern die Worte, welche gesungen werden!" In
seinen "Bekenntnissen" bemerkt der hl. Augustinus: "Wenn es zutrifft,
daß mich mehr der Gesang als das Gesungene bewegt, dann sündige ich auf
eine strafbare Weise, und dann würde ich lieber nicht zuhören!"
(Confess. X, c.33) (8) Dabei ist zu bedenken, daß die moralische
Beschaffenheit des Singenden bzw. Spielenden der Musik entsprechen
soll. Der, welcher nur mit den Lippen lobt, mit den Werken aber
entehrt, lügt! Auch müssen wir die Worte des hl. Ambrosius bedenken:
"Nicht nur am Lobgesang hat Gott Freude, sondern auch an der erbetenen
Versöhnung." (9) Das möge man sich ganz besonders in unserer Zeit zu
Herzen nehmen, da aus den Kathedralen Konzettsäle geworden sind! Der
hl. ' Caesarius Arelatensis betrachtet jene Musik als wirklich
christlich, die sich auf alle unsere Handlungen bezieht, (lo) "Denn
Gott, dem nichts von dem Unerlaubten verborgen i s t , forscht nicht
nach der angenehmen Stimme, sondern nach der Reinheit des Herzens."
(11) Wenn wir diese Regel auf uns einmal anwenden, was bleibt da von
unserem Lobgesang wirklich übrig? Sind wir da nicht betrogene Betrüger?
"Siehe, du sagst, ich singe! Wahrlich du singst, ich höre es. Doch möge
dein Leben nicht gegen deine Stimme zeugen!" So mahnt uns der hl.
Augustinus in "Sermo" 34. Das Schlimmste aber an der Sache ist, daß
solche lügenhaften Stimmen die richtige Einstellung bei den Zuhörern
verdrehen können, und so das Gegenteil von dem erreicht wird, was Gott
gebührt und den Menschen zum Nutzen wäre! (12) Nikolaus von Kues
betont, daß "die vernünftige Seele einer lebendigen Zither
ähnlich i s t , welche sich dazu bereit s t e l l t , auf
daß der Schöpfer ihre l0 Saiten berühren kann, um eine schöne Harmonie
mit ihrer Hilfe zu verwirklichen." (13) Der hl. Maxim macht in seiner
Mystagogia darauf aufmerksam, daß die lo Saiten des Psalters unserer
Seele mit den Zehn Geboten übereinstimmen müssen, wenn unser Erlöser
Jesus Christus uns vollauf geschenkt werden soll, wie auch wir selbst
in Gott! (14) Geschieht dies, dann kann nach dem hl. Basilius dieser
Gesang und diese Musik eine göttliche und musische Harmonie genannt
werden, welche nicht den Ohren schmeichelt, sondern sie zur Ordnung
ruft und böse Geister bändigt, welche den ihnen unterworfenen Seelen
Gewalt antun. (15)
So können wir mit Abt Absalon eine dreifache Musik unterscheiden:
sinnliche, geistige und himmlische. Sinnlich ist die Musik, bei welcher
die Sinne nicht nach weiterem suchen, wenn sie mit der Vernunft nicht
in Widerspruch geraten, das Gesicht nicht nach Eitlem strebt, das Gehör
nicht auf Spott achtet oder fleischliches Urteil, der Geruch sich nicht
nach Wonnigem sehnt, der Geschmack nicht nach Üppigem, die Hand nicht
nach Unerlaubtem langt. Das sind die fünf Stränge der sinnlichen, eine
Harmonie bildenden Musik. ( . . . ) Sie besteht nämlich aus fünf
geordneten Sinnen. Die geistige Musik besteht im Fortschritt der
Tugenden, in geistiger Freude und Sanftheit der Sitten; in Gottesfurcht
und Nächstenliebe, welche zur Harmonie werden. ( . . . ) Sie wird von
vier Haupttugenden konstituiert, damit bei denen, die nach Gutem
streben, die Kraft zur Hilfe bereit i s t , die Gerechtigkeit die
Richtung angibt, die Mäßigkeit zum Tröste dient, die Klugheit Rat
bringt. Die himmlische Musik besteht aber in der Anschauung Gottes, im
Erlangen der Ewigkeit, im geistigen Jubel und in der Unsterblichkeit
des Körpers, und bildet eine Harmonie, deren Grundlage die acht
Seligkeiten bilden. Von dieser Musik sagt der hl. Ghrysostomus, daß sie
Gott und die Engel erfreut, die Bürger des Himmels erbaut, die Wut der
Dämonen bändigt, das aufgeregte Gemüt beschwichtigt. Denn dort, wo die
Liebe die Zither schlägt, schweigen alle Affekte, alles wird ruhig
und s t i l l . (16)
Wie wir schon gesagt haben, haftet dem gesprochenen, besonders aber dem
gesungenen Wort ein eigentümlicher Klang an, indem ein vernehmbarer
Unterton mehr oder minder deutlich mitklingt. Wir nennen das die
Gefühlsbetonung oder die Tonfarbe des Vortrages. Das ist es, was in den
Zuhörern Affekte auslöst; "Zärtlichkeit, Zorn, Mitleid, Staunen,
Verachtung usw. äußern sich", sagt Benedix, "in einer bestimmten
Färbung des Tones. Diese ist so bestimmt, so ausdrucksvoll, daß man
schon aus ihr - wenn sie lebhaft ist - entnehmen kann, von welcher
Empfindung ein Sprechender beseelt i s t , wenn man auch seine
Worte, etwa in einer fremden Sprache nicht versteht."
Diese Eigentümlichkeit der Stimmgebung i s t eine Kunst, die schwer zu
erlernen i s t . Sie resultiert aus dem ganzen Charakter einer
Persönlichkeit. So erzählen die Biographen von Kardinal Richelieu:
"Wenn er mit seiner tiefen angenehmen Stimme zu sprechen begann, fuhr
man erschreckt zusammen; man glaubte ihn unmittelbar vor sich zu
sehen."'Die Tonfarben, die eine große Rolle spielen, sind von einer
unübersehbaren Mannigfaltigkeit gleich den wirklichen Farben und lassen
sich schwer beschreiben." (17)
Das, was von der Musik im allgemeinen gesagt werden kann, gilt im
besonderen Maße von der heiligen Musik, nämlich, daß sie unsere Gefühle
auf Gott hin richtet und zum Ausdruck bringt. Der hl. Augustinus sagt
an einer Stelle: "Das Singen und Psalliere'n i s t
Angelegenheit der Liebenden." (18) Ein Mensch, der aus Liebe zu Gott in
Gott etwas erleben will, der singt - er spricht nicht. Denn
"zweifellos, wenn wir unsere Stimme erheben, um Gott mit unserem Gesang
zu loben, deuten wir die Gemütsbewegung unserer Seele an, indem wir die
aus den göttlichen Vollkommenheiten entsprungene Lust und Freude durch
die Bemühungen der Seele wie auch der Stimme zum Ausdruck bringen. Wir
verbleiben nicht beim Wohlgefühl, da der Gesang und die Melodie die
Seele so sehr bewegt und erhebt." Ziel der geheiligten Rede und des
geheiligten Gesangs, wie auch der Musik, muß zuletzt die Anbetung
Gottes sein, welche ihre wohltätigen Ausstrahlungen über die gesamte
Schöpfung ergießt, besonders über den Menschen!
In der Apostolischen Konstitution "Divini cultus" macht Papst Pius XI.
darauf aufmerksam, daß der wunderbare gemeinsame Kirchengesang viele
von den Barbaren zum Christentum geführt habe; selbst der hl.
Augustinus faßte, entzückt über die Schönheit des liturgischen
Gesanges, den Entschluß, Christ zu werden. Die Ursache, daß das heute
nicht mehr so i s t, sieht der Papst darin, "daß die
überaus weisen (liturgischen) Gesetze nicht eingehalten werden, so daß
die ersehnten Früchte ausbleiben." "Wir wußten es wohl und haben es
immer wieder behauptet", sagt der Papst, "daß manche sich nicht nach
den Gesetzen richten, welche so feierlich proklamiert wurden!" Wie
anders aber war es dort, wo der Klerus und das Volk den Gesetzen und
Vorschriften, welche heilig und unverletzt von der ganzen Kirche zu
halten sind, Folge leisteten. (19) Es ist nicht ohne inneren
Zusammenhang, wenn wir heute das wahre Offertorium vermissen, denn der
Opfergeist war längst schon verschwunden. Dieser päpstliche Appell wäre
ganz besonders heute zu beherzigen, wo - wie wir bereits angemerkt
haben - aus den Kirchen Konzertsäle geworden sind. Mögen wir uns die
Worte des h l . Bernhard zu Herzen nehmen: "Sie singen mehr, um dem
Volk zu gefallen denn Gott. Wenn du so singst, daß du von anderen
Beifall suchst, verkaufst du deine Stimme. ( . . . ) Ist die Stimme in
deiner Macht, dann sei es auch dein Geist. (...) Halst du den Einklang
der Töne, dann halte auch den Einklang der Sitten!" (2o)
Ein jedes Bild muß seinen entsprechenden Rahmen haben, als auch den
entsprechenden Raum. Nicht anders ist es in der Musik und allen anderen
Künsten.
Erst wenn wir uns zum Wissen durchgearbeitet haben, daß das gesamte
Weltall mit all dem, was es beinhaltet, eine Kathedrale des
Dreieinigen i s t , welche - und das nur relativ - allein der
Teufel und der Mensch entehren kann, ist die Grundlage für eine
wirklich christlich-katholische Kirchenmusik gegeben.
Wie ich schon früher ausgeführt habe, endet die Mensa des Altares nicht
mit den zwei Metern, sondern breitet sich über unseren Arbeitsplatz, ja
über den ganzen Lebensraum aus, in dem wir uns befinden. Da werden im
Kreuzesopfer alle hl. Messen zu einer einzigen heiligen Messe und unser
ganzes Leben zu einer einzigen Opfergabe. In jedem Augenblick
vergegenwärtigen sich die drei wesentlichen Teile des hochheiligen
Opfers: die Darbringung der Opfergaben, d.i. die Darbringung unseres
eigenen Ichs; ihre Verwandlung in Christus bei der hl. Wandlung; die
Verbindung mit Ihm bei einer jeden heiligen Kommunion - sei es auch nur
eine geistige! Dadurch wird jedoch unser ganzes Leben zu einem
unaufhörlichen Lobgesang Gottes!
Mögen doch unsere Herzen wieder im Akkord der ewigen Liebe erklingen, dann kommt das, wonach wir uns so sehr sehnen:
Frieden und Freude.
Anmerkungen:
(1) Bedeutungslehre, J. v. Uexküll, Bios, Barth Leipzig 194o, S.52.
(2) Zpêv indické duse, Janicek, Prag, Symposion, S.64.
(3) D. Arthur Neuberg, Das Weltbild der Biologie, Göttingen 1942, S.31.
(4) H. Brémond, Hist, l i t t é r a i r e , torn. II, pag. 66 (zitiert
nach: Tanquerey, Précis de Theologie Ascétique et Mystique, S.842, n.
1.)
(5) Fiorenzo Romita, Jus musicae liturgicae, Torino 1936, S. 175.
(6) Bona, De divina Psalmodia, CoIoniae 1683, Pag. 596.
(7) Gerbert, op. c i t . De Cantu et Musica sacra, S.67.
(8) P.L. 74, Muratorii Dissertatio de Rebus liturgicis, col. Io35.
(9) Gerbert, op.cit.
(10) ebd. I. 236 sqq.
(11) ebd. II . 88.
(12) Vgl. P.L. 141, 431, Tractatus Guidonis correctorius multorum errorum, qui fiunt in cantu Gregoriano in multis locis.
(13) Nicalaus de Cusa, Excitationum liber II .
(14) P.G. 9 1, S. Maximi Mystagogia, S. 6 75.
(15) Gerbert, op.cit. I, S.226; In Psalm 125.
(16) Bona, De Divina Psalmodia, S.629 f.
(17) Stimme und Sprache, ihre Entstehung, Ausbildung und Behandlung für
Sänger und Redner, von Seb. Killermann, (Pustet) 19 lo, S.175 f.;
(18) Gerbert, op.cit. I., 9.229.
(19) AAS 1929, Nr.2. S.33sq.
(20) Bona, op.cit. S.622.
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