54. Jahrgang Nr. 7 / Dezember 2024
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DAS HEILIGE LEICHENTUCH BEWEIS FÜR CHRISTI TOD UND AUFERSTEHUNG
 
DAS HEILIGE LEICHENTUCH
- BEWEIS FÜR CHRISTI TOD UND AUFERSTEHUNG


von
Bruder Bruno Bonnet-Eymard

(aus: LA CONTRE R…FORME CATHOLIQUE, Nr.144, August 1979;
übersetzt von H.H. Pfarrer Paul Schoonbroodt)

(Fortsetzung I)

Die Dornenhaube:

Die Stirn und der untere Nacken weisen eine ganz durchlöcherte Kopfhaut auf und zeigen ein Gebilde wie eine Haube aus Blut. Dr. Rodante zählt mindestens 13 Verletzungen auf der Stirn, 2o am Hinterkopf. Hinzuzurechnen sind die Wunden am Scheitel und an den Schläfen, ebenso die, die man auf dem Leichentuch nicht sehen kann: das mindeste sind wohl rund fünfzig Dornen, die diese Hautgegend geschunden haben. Gerade dort ist ja die Empfindsamkeit besonders schmerzlich und so fein entwickelt, an den Schläfen und auf der Stirn. (Die Dornenkrönung im Lichte des Leichentuches, Sindon Nr.24, Okt. 1976.)

Barbet war schon außer sich, als er einen der Flecken betrachtete, die durch die makroskopischen Abbildungen gezeigt werden. "Ich mache jede Wette, daß kein moderner Maler - oder er müßte selber Chirurge sein - das physiologische Bild vom Gerinnen des Blutes gründlich kennt und daß er lange nachgedacht hat über alle möglichen Wandlungen, die ein dünnes Blutbächlein durchmacht, wenn es inmitten von Hindernissen langsam zum Gerinnen kommt. Dann müßte er noch das Bild des Blutgerinsels an der Stirn erfinden und ausführen. Auch unter diesen Bedingungen würde sehr wahrscheinlich der eine oder andere Schnitzer einen Fälscher und ein Phantasiegebilde verraten." (S.13o) Die Überzeugung Barbet's blieb eigentlich noch subjektiv und war bloß von einer starken ' Wahrscheinlichkeit gezeichnet. Seitdem hat aber Dr. Rodante die Einzelheit bemerkt, die den endgültigen Beweis für die Echtheit des Leichentuches erbringt: die Blutgerinsel an der Stirn stimmen vollkommen überein mit den verschiedenen Adern, deren Stellen wir durch die Anatomie kennen. Der Bluterguß in Form einer umgekehrten 3 in der Stirnmitte hat als Ausgangspunkt die Verletzung der Stirnader hinter der Verzweigung. Links und rechts von dieser Wunde sieht man einen Stich im Vorderteil der linken oberflächig verlaufenden Schläfenvene, und einen anderen im Vorderteil der achten oberflächig verlaufenden Schläfenvene. (Abbild. 3) So ist nicht nur die Anatomie der Verletzungen von einer tadellosen Genauigkeit, sondern auch die genaue Art des Blutgerinnens (Arterien und Venen) auf dem Leichentuch vollkommen exakt wiedergegeben. So ist der Erguß in Form eines umgekehrten V an der Schläfe rechts nicht so dicht und nicht so durchgehend, da der Erguß einer Ader (Arterie) mit dem "systolischen" Herzihythmus zusammenhängt.

Während der Turiner Tagung brachten die Spalten des ESPRESSO (Nr.39 vom l.l0. 1978) die These einer Fälschung mit Schwefelsäure, die im 12. Jahrhundert hergestellt worden sei. Ein gewisser Pesce sieht sich angeblich in der Lage, es im Labor nachzubilden: "Ich richte einen Aufruf an einen Bildhauer. Er soll mir eine flach-erhabene (basrelief) Arbeit von Jesus-Christus in Holz nach meinen Anweisungen anfertigen und ich stehe dafür gerade, daß ich eine oder mehrere Nachahmungen des Leichentuches fertigstelle." Ja eben; zunächst sieht man nicht ein, wie die verwendeten Tücher der Nachahmungen der Behandlung mit Schwefelsäure das mehr als eine Stunde überstehen, und dann hätte man im 14. Jahrhundert niemals einen solchen Bildhauer finden können, und zwar aus vielen Gründen. Zunächst zeugt die ganze ikonographische Tradition vor der angeblichen Erfindung des heiligen Leichentuches für eine Krone auf dem Haupt des Erlösers, und nicht für eine Mütze bzw. Haube aus Dornen. Angenommen der Bildhauer hätte die Kühnheit besessen, gegen eine ganze Tradition anzugehen, so hätte er den Blutkreislauf entdeckt haben müssen und dessen Auswirkungen in seinem Werk wiedergeben müssen - 300 Jahre vor Harvey. Aus den gleichen Gründen ist auch die "Entdeckung", die vorgeblich vom amerikanischen Illusionisten Joe Nickeil gemacht wurde (THE HUMANIST, Dez. 1978) nichtig. Er erarbeitete tlegative Abdrücke eines Bas-Reliefs, indem er ein Tuch auflegte und mit Alvesstaub einrieb. .

Das Leichentuch hat also keine Statue, sondern einen echten Menschen umhüllt. Am Kopf hatte er eine Wunde, die zu beeindruckend und zu genau ist, als daß man sie hätte je erfinden können. Wer war dieser Mensch? Die Römer waren es nicht gewohnt, die zum Kreuzestode Verurteilten mit einer Dornenmütze zu versehen. Es gibt tausende von registrierten Fällen in einer Fülle von Schriftstücken, die uns bekannt sind. Aber es gibt zu dem Fall von Jesus Christus - so wie ihn die Evangelisten Matthäus, Markus und Johannes uns schildern - keinen Parallelfall. Rodante hat gut nachgewiesen, wie sehr diese genaue Übereinstimmung (mit der Physiologie) nichts zu wünschen übrig läßt: die gewundenen Linien der Wunde in Form einer umgekehrten 3 auf der Stirn legen unwiderruflich nahe, wie Jesus den Kopf nach rechts und links drehte, als er im Gerichtshof unter den Schlägen mit Schilfrohr schwankte (Matth. 27,3o). Dabei müssen sich die drei Stirnfurchen im Schmerz zusammengezogen haben. Anderseits können die zwei Richtungen, welche durch die zwei gleichen Winkel durch das Blutgerinsel in Form eines umgekehrten V an den Schläfen bestehen, von den beiden Haltungen Jesu auf dem Kreuze her erklärt werden. (vgl. unten)

Nun verfügen wir schon über die Gewißheit: das Tuch ist echt. Ein Mensch, der das Opfer einer Geißelung und einer Dornenkrönung gewesen, war darin eingewickelt. Und eine andere, ebenso unanfechtbare Gewißheit: die Besonderheit, daß diese Geißelung vor dem Kreuztragen stattfand, wie auch die Einmaligkeit der Dornenkrönung zeugen für die Identität dieser Person: "Jesus von Nazareth, König der Juden". (Joh. 19,19)

Diese Tatsache ist vom medizinisch-gesetzmäßigen Standpunkt aus so gewiß, daß Kurt Berna, alias Hans Naber, und W.G. Primrose sich ermächtigt fühlten, daraus einen Beweis gegen die Auferstehung abzuleiten: die Blutspuren auf dem Tuch beweisen, daß Jesus nicht tot war, als er in das Leichentuch eingewickelt und ins Grab gelegt wurde, weil das Blut ja noch lief. Darum ist er am dritten Tag lebend aus ihm hervorgegangen. (Vgl. Wilson, S.21.) Beim Turiner Treffen begnügte sich jedoch Dr. Rodante mit der Bemerkung - und mit einem überlegenen Lächeln -: diese Spuren beweisen gerade das Gegenteil: Das Blut floß nicht mehr und Jesus war wirklich tot, als man ihm die Dornenkrone abgenommen hatte. Sonst hätte das Abreißen der Dornen neues Bluten verursacht und die Wege der Blutbahnen wären verwischt worden.

So hat Jesus also diese grausame Dornenhaube während der ganzen Zeit getragen, als er am Kreuze hing. Vielleicht liegt da. der Grund dafür, daß - einer Bemerkung Barbet's zufolge - "hinten das meiste Blut angesammelt ist", weil die Dornen "an der Stelle besonders drückten und beim Heben des Hauptes jedesmal auf dem Patibulum (d.i. dem Kreuzbalken) aufstießen und sie dabei jeweils ein wenig tiefer in die Kopfhaut eindrangen." (Barbet, S.128.)

Das Tragen des Kreuzes

"Es steht fest, daß die Griechen den Ausdruck 'sein Kreuz tragen1 tatsächlich gebrauchten. Dionysius von Halikarnassos lehrt uns, worin diese griechisch-römische Sitte bestand: 'Der Herr führte seinen Sklaven zur Hinrichtungsstätte', so schreibt er. 'Er ließ den Elenden die Hände ausstrecken und fesselte sie an ein doppeltes Holzstück, das einerseits die Brust bedeckte und andererseits die Schultern bis hinunter auf die Unterarme.' Der Herr trieb den Sklaven in diesem trübseligen Geschirr, gänzlich entblößt, vor sich her durch die Straßen und gab ihm Peitschenhiebe". (Vignon, S.5o) Nun haben wir aber bereits gesagt, daß die Angaben des Evangeliums bezüglich des Schicksals von Jesus Christus ganz anders lauten. Sie stimmen genau überein mit den Daten des Leichentuches. Demnach wurde der Verurteilte nach der Geißelung (Abbild. 5a-d) mit dem einfachen Querbalken, dem Patibulum beladen. So weist ja auch die Schultergegend mit den Abdrücken im Rücken tiefe Wundspuren auf. Diese Einzelheit weicht wiederum von der mittelalterlichen ikonographischen Tradition ab, wonach Jesus so dargestellt wurde, daß er das ganze Kreuz quer über der Schulter trug.

Das Patibulum war ein Balken von etwa einem Meter Länge, der wohl 25 bis 30 kg wog. Die Henker befestigten ihn hinter den Schultern und den ausgestreckten Armen des zum Tode Verurteilten; den Strick befestigten sie noch am Knöchel und banden die Verurteilten - wenn es mehrere auf einmal waren - untereinander fest. Dem Leichentuch nach ist die Verletzung an der rechten Schulter tiefer als die der linken. Das scheint darauf hinzuweisen, daß das Holz auf die rechte Schulter gelegt worden war und am rechten Arm, der in die Höhe gestreckt werden mußte, festgebunden war, während das andere Ende nach links hing und am linken Fuß festgebunden war. Unser althergebrachter Kreuzweg erwähnt, wie Jesus auf der Via Dolorosa gefallen ist. Das Leichentuch verzeichnet Prellungen an den Knien und im Gesicht, welche schwerlich auf die Geißelung alleine und auf die Ohrfeige des hohenpriesterlichen Dieners zurückzuführen sind. Wohl aber kann man sie leicht erklären, wenn man den Aufstieg zum Kalvarienberg bedenkt. Wenn Jesus nämlich in diesem Geschirr stolperte, so stürzte er der Länge nach auf sein Gesicht. Er konnte sich dabei nicht mit seinen Unterarmen abfangen. Vielleicht ist das der Grund, warum die Soldaten den Cyrenäer anstellten, um ihm das Kreuz aufzuladen und "es Jesus nachzutragen", wie die Synoptiker berichten (Lk. 23,26). Diese Feststellung ließe sich dann mit der Behauptung von Johannes (19,17) "Jesus trug sein Kreuz selber" folgendermaßen in Übereinstimmung bringen: er trug es am Beginn des Kreuzweges selber.

Die durchbohrten Hände

In seiner Einleitung zur zweiten Auflage seines Buches über die Fünf Wunden Christi (Ed. Dillen, Issondum) im Jahre 1937 erzählt Barbet, wie er vorerst skeptisch blieb, als er die Photographien des Leichentuches sah, welche Pater Armailhacq auf der Laennec-Konferenz zeigte. Dann gab er sich doch daran, Versuche, Röntgenaufnahmen, Sezierungen an frischen Leichen und Untersuchungen und Aufnahmen an Lebenden zu machen. (...) Und das während anderthalb Jahren, in gänzlicher Unabhängigkeit - wie bei jeder anderen wissenschaftlichen Forschung."Und" so erzählt er weiter,"wenn die Bilder beim ersten Durchsehen in mir irgendeine vorgefaßte Meinung bestimmt hatten, so gestehe ich, daß sie durch das Prüfungsverfahren fast gänzlich vernichtet wurde. Die Wirklichkeit war einfacher und klarer, als ich es mir vorgestellt hatte." Dieses Prüfungsverfahren ist so gut durchgeführt worden, daß die Ärzte heute noch die Arbeiten und Schlußfolgerungen Barbet's übernehmen, selbst wenn sie einige Einzelheiten verbessern und vervollständigen. Hinsichtlich der Stigmata der durchbohrten Hände demonstriert das Leidhentuch die größte Unabhängigkeit gegenüber der christlichen Ikonographie, die noch größer ist als bei anderen Einzelheiten. Die Ikonographie "ist sich nämlich darin einig, daß die Wundmale der Hände des Gekreuzigten sich in der Mitte der Handfläche befinden". Nun hat aber Barbet folgenden Versuch gemacht: "Ich habe eine eben abgesetzte Hand eines Mannes mit einem viereckigen Nagel von 8 mm an jeder Seite (entsprechend den Nägeln bei der Kreuzigung Christi) in der Handfäche durchbohrt und zwar in der dritten Höhle. Dann hängte ich langsam ein Gewicht von 4o kg an den Vorderarm - das ist die Hälfte des Körpergewichts eines Mannes von etwa 1,80 m Größe. Nach l0 Minuten hatte sich die Wunde in Längsrichtung vergrößert. Der Nagel war bis auf die Höhe der Fingerwurzeln in eine neue Stellung gerutscht. Dann gab ich dem ganzen einen kleinen Stoß und der Nagel gin weiter durch und zerriß die Haut auf der ganzen Länge. Mit einem zweiten Stoß wurde noch der restliche Teil der Haut zerrissen." (...) Barbet hat den Winkel sehr genau berechnet (nach dem physikalischen Gesetz der Kräfteverteilung), der durch die Blutbahnen und mit dem Vorderarm gebildet wird. (Abbild. 6) Dieser Beweis genügt, um die These des P. de Gail auszuschalten. Übrigens wurde diese auf der Tagung von Turin nicht einmal erwähnt. Nach ihr sollen die Arme des Gekreuzigten am Querbalken des Kreuzes angebunden gewesen sein. Die auf diese Weise festgezurrten Arme hätten aber in keinem Winkel von 65˚
abgebogen sein können. Aus dem gleichen Grunde muß die These ausgeschaltet werden, wonach ein Block unter dem Gesäß angebracht gewesen sein soll, "denn dadurch hätte der Körper nicht herunterrutschen können und die Arme hätten die Stellung in einem Winkel von 90˚ beibehalten." (Les Cinq Plaies, p.16.)

"Ein Körper von 80 Kilo, der mit seinem Gewicht auf beiden Armen in einem Winkel von 65˚ zur Vertikalen herunterhängt, übt auf jeden von beiden eine Zugkraft von 80/2 cos. 65 aus, d.h. ungefähr 95 Kilo ... Ein Henker, der sein Fach kennt, mußte wissen, daß ein in die Handfläche getriebener Nagel nicht halten würde. Tatsächlich befindet sich die Wunde auf dem Leichentuch nicht in der Mittelhand, nämlich da, wo ein mutmaßlicher Fälscher des Leichentuches sie mit Sicherheit abgebildet hätte." (p. 15) Darum hat Barbet den Versuch gemacht, den gleichen 'Passionsnagel1 von 8 mm Seitenlänge in der Höhe der Handwurzelfalte bei einem frisch amputierten Arm einzuschlagen, an der Stelle also, die vom Leichentuch angegeben wird. Er "wiederholte die Kreuzigung etwa zehnmal, indem er den Einschlagpunkt jeweils um die Mitte der Beugefalte wechselte. In allen Fällen nahm die Spitze die Richtung ein und schien wie an den Wänden eines Trichters herabzugleiten und in die Spur des vorgeformten Hohlraumes wie von selbst hineinzukommen" (P.29), in den Destot-Raum also, ein anatomisch vorgeformter Weg, eine natürliche Bahn, in der der Nagel leicht durchgeht und von den Handwurzelknochen bzw. dem davor befindlichen ringförmigen Sehnenband sehr fest gehalten wird". (S.20)

Die Beschaffenheit des im Leichentuch eingezeichneten Blutgerinsels entspricht vollkommen der oben erwähnten Diagnose: es zeigt einen Blutausfluß "von mäßiger Art, fast ausschließlich venös; der Nagel berührt keine Arterie von Bedeutung wie jene der Handflächenbogen, denn ein breiter Blutflecken auf dem Handrücken, gegen das Kreuz gedrückt, hätte eine tödliche Blutung zur Folge gehabt". (Abbild. 5c) Dieses Experimentieren erbrachte für Barbet außerdem eine weitere Überraschung, die zugleich einen zusätzlichen Beweis für die Echtheit des Leichentuches liefert. Diese wurde noch durch neuere klinische Beobachtungen bestätigt und verdeutlicht, wie Messina dann auch in seiner Mitteilung auf der Turiner Tagung berichtete. Barbet also schreibt: "Von Anfang an,
und dann regelmäßig, stellte ich fest, daß im selben Augenblick, in dem der Nagel die oberen Weichpartien durchstieß, der Daumen sich plötzlich bog und sich infolge des Zusammenziehens der Ballenmuskeln dem Handteller entgegenbog, während zur gleichen Zeit die vier Finger sich ganz leicht beugten." Nun weist aber jede der über dem Unterleib gekreuzten Hände des "Uomo della Sindone" nur vier Finger auf; der Daumen liegt verborgen im Innern der Handfläche. "Hätte ein Fälscher das erfinden können?"

Die Erklärung dieses Vorgangs zeigt, daß es sich dabei um "eine der schrecklichsten Qualen handelt, die man sich vorsteilen kann, so grausam, daß ihre Fortdauer mit dem physischen Leben unvereinbar wäre, würde sich nicht eine hemmende Wirkung zeigen - .z.B. durch Ohnmacht. "Die Sektionen haben gezeigt, daß der Stamm des Mittelnervs durch den Nagel immer schwer verletzt war, durchgeschnitten, zerrieben, auf Drittellänge und auf Halblänge oder auf Zweidrittellänge, je nachdem." Auf Grund seiner klinischen Beobachtungen korrigiert Messina: die Durchtrennung des Mittelnervs lasse den Daumen angezogen, gleichlaufend zu den anderen Fingern. Also war der Mittelnerv des Mannes im Leichentuch nicht durchgetrennt, sondern durch Verletzung gereizt. Dadurch wird die Ifesfcstellung Barbet's bestätigt, nach welcher die Stelle des Nagels in der Handwurzel, und nicht im Unterarm gewesen ist; denn dort hätte er den Mittelnerv durchgeschnitten.

Auf der linken Handwurzel, die die andere verdeckt, lief der Blutfleck in Richtung des Schwerpunktes, während der Leichnam am Kreuz hing; er floß dabei in zwei verschiedene Richtungen (Abbild. 6), als ob der Mann des Leichentuches in dieser Lage zwei wechselnde Haltungen angenommen hätte: in der einen ließ er sich hängen, in der anderen stützte er sich mit den Füßen. P. de Gail weist allerdings diese Auslegung ganz und gar zurück (AMIS DE LA SAINTE FACE, Juni 1979;; denn er meint hinsichtlich des zweiten Blutstreifens: "Der breitere Blutstrom ist eine Ergießung im Grab". Diese Meinung vertritt er jedoch allein: "Jeder, der ein bißchen Erfahrung besitzt, weiß, daß'ein Blutfleck auf einem Tuch keine festen Umrisse bewahrt", sondern daß er sich sehr schnell in unregelmäßigen Konturen in Richtung der Stoffäden verläuft. Auf dem Handwurzelabdruck jedoch "findet sich keinerlei Verfließen, keinerlei farbige Verdikkung zwischen den Fäden des Musters" (Barbet, La Passion ..., S.54 f.) Barbet wird des Wiederholens nicht überdrüssig, wenn er sagt: Mit Ausnahme des Blutstromes an der Ferse des rechten Fußes - vielleicht! - "ist auf dem gesamten Leichentuch sonst kein Blutstrom vorhanden. Es sind lediglich Abbildungen von Blutgerinseln" und "dies erweckt einen ergreifenden realistischen Eindruck". Ein Fälscher "liätte niemals Flecken mit solch sauberen Rändern zustandegebracht, die mit solch einer naturgetreuen Wiedergabe die natürlich gebildeten Blutkrusten einer Haut aufweisen." (ebd.)

Darum wenden sich heute die Ärzte allgemein gegen die "Immobilitätsthese" von P. de Gail hinsichtlich des Gekreuzigten (ebd., Juni u. Sept. 1978). Alle übernehmen die Diagnose, welche Barbet (La Passion ..., S.143; im Anschluß an Le Bec und Hyneck aufgestellt hat, so etwa Baima Bollone: "Ausgehend von der Tatsache, daß ein Aufhängen an den oheren Gliedern nach kurzer Zeit durch die Bewegungslosigkeit des Brustkorbes eine tödliche Erstickung hervorruft, kann die verschiedene Richtung der Blutströme als Anzeichen für einen Todeskampf durch Ersticken genommen werden; das Opfer muß vergeblich versucht haben, dem zu entkommen, indem es sich zu wiederholten Malen auf den durchbohrten Füßen aufrichtete." (Gerichtsmedizinische Forschungen, Archeologia, Mai 1979.)
 
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