ÜBER DIE REUE
von
H.H. Pfarrer Werner Graus
Definition:
Die Reue ist ein Schmerz der Seele und der Abscheu vor den begangenen Sünden, verbunden mit dem Vorsatz nicht mehr zu sündigen.
Gegen die Protestanten ist zu sagen: sie sehen das Wesen der Reue nur
im Beginn eines neuen Lebens ("Schwamm drüber", könnte man sagen),
nehmen aber aus ihrer Mitte weg das Herzstück, nämlich den wahren
Schmerz und den Abscheu vor der Sünde. Diesen Irrtum verurteilte das
Konzil von Trient ausdrücklich: "Die Reue ist der Schmerz der Seele und
die Abscheu über die begangene Sünde, mit dem Vorsatz, fortan nicht
mehr zu sündigen. Die Reue ist nicht nur ein Aufgeben der Sünde und der
Beginn eines neuen Lebens, sondern sie schließt auch den Abscheu vor
dem vergangenen Leben ein nach dem Wort: 'Werft von euch alle Sünden,
die ihr begangen habt, und schafft euch ein neues Herz und einen neuen
Geist.' und: 'In der Bitterkeit des Herzens will ich all' meine Jahre
überdenken.' So wird man leicht einsehen, daß diese Worte aus einem
tiefen Haß vor dem vergangenen Leben und aus einer großen Abscheu vor
der Sünde stammen." - Formal besteht die Reue im Schmerz der Seele und
im Abscheu vor der begangene Sünde (Ernest Hello: Die Liebe zum Guten
zeigt ihre Echtheit im Haß gegenüber dem Bösen.)
Der Schmerz der Seele verhält sich zum Abscheu (Haß) wie die Freude zur
Liebe. Der Abscheu ist formal ein Haß und eine Abneigung (Widerwillen).
Der Schmerz kommt zum Abscheu hinzu als zu einer Traurigkeit, die aus
der Verbindung mit dem Übel folgt, das man verabscheut und von dem man
sich, bis dahin durch die Sünde verbunden, nun loslöst und losreißt,
was mit einem Schmerz verbunden ist. Wie die Vereinigung mit dem
Gegenstand der Liebe mit Freude verbunden ist, so ist die Trennung vom
Gegenstand der falschen Liebe mit Schmerz verbunden. (Man vgl. Pater
Pio: das endgültige Losreißen des Todsünders von Gott war für ihn der
furchtbarste Schmerz.)
So verabscheuen die Seligen des Himmels die Sünde, aber sie haben darin
keinen Schmerz; denn sie hängen in keiner Weise mehr der Sünde an.
Damit ein Schmerz entsteht, genügt nicht nur das hassenswerte Übel,
sondern es muß eine bestimmte Verbindung mit dem Bösen vorhanden sein,
d.h. eine gewisse Bindung und Anhänglichkeit an das Böse - und sich
loslösen von etwas, ist immer schmerzlich! Also: wie der Liebe immer
die Freude folgt, wenn das geliebte Gut, mit dem, der es liebt,
verbunden ist, so ist bei dem Abscheu auch immer der Schmerz da, wenn
das Böse, das er verabscheut, ihm zu eigen ist. Es gibt folglich nur
einen Reueschmerz über die eigenen Sünden. Der Reueschmerz ist die
Folge des Abscheus vor der begangenen Sünde. Sie, die durch den eigenen
Willen geschehen ist, ist allein Gegenstand der Reue. Die Sünden
anderer kann ich nicht bereuen.
Der Schmerz ist auch die Folge des Abscheus vor der Sünde überhaupt,
weil sie gegen Gott und sein heiliges Gesetz gerichtet ist. Sünder sind
Übertreter des heiligen Gesetzes Gottes, das in ihr Herz eingeschrieben
ist, weshalb sie, wenn sie sündigen, gegen ihr Gewissen handeln. Nur
allein dies ist das Motiv der wahren Reue, die einen Abscheu vor der
Sünde darstellt, die ihrerseits eine Beleidigung Gottes ist.
Es kann jemand Schmerz empfinden über die Sünde, entweder dadurch, daß
er durch diese Reue auf Gott hin bewegt wird als das über alles
liebenswürdige Gut (Wesen der vollkommenen Reue) oder aus Abscheu vor
der Häßlichkeit der Sünde, welche in der Abwendung vom Gesetze Gottes
(wer sündigt, ist ein Feind seiner Seele) besteht oder schließlich,
weil er die Strafe fürchtet, die von Gott dem gerechtesten Richter,
über die Sünde verhängt ist. (Die beiden letzteren Fälle sind Beispiele
für die unvollkommene Reue.)
1. Wird die Sünde gehaßt, weil sie eine Beleidigung Gottes ist, der über alles geliebt wird = vollkommene Reue;
2. wird sie gehaßt, insofern sie einen Verlust der Ehre darstellt, für
die das göttliche Gesetz Maß und Regel ist = unvollkommene Reue;
3. zum dritten, insofern sie gehaßt wird, weil sie die Strafe nachzieht, mit der Gott sie belegt hat - unvollkommene Reue.
Der Schmerz über die Sünde muß sich auswirken im Vorsatz, diese Sünde
nicht wieder zu tun. Die Wirksamkeit des Vorsatzes läßt schließen auf
die Kraft und Tiefe der Reue.
Die Reue heißt im Lateinischen: contritio (attritio) = Zerknirschung,
Zerraalraung (Psalm 5o: "Mein Opfer, 0 Gott, ist ein zerknirschter
Geist, ... ein zerknirschtes und gedemütigtes Herz wirst Du, 0 Gott,
nicht verschmähen."). Sie wird genannt: "an die Brust schlagen" (= sich
erschüttern lassen); "ein Zerreißen des Herzens"; "ein Betrachten der
Sünde unter Mißfallen und Abscheu" (In der Bitterkeit des Herzens
überdenke ich meine Jahre", Joel: "Bekehret euch zu mir von ganzen
Herzen: in Fasten, Weinen, Wehklagen und zerreißet eure Herzen und
bekehret euch zu Gott, eurem Herrn." - Psalm 6: "Vom Seufzen bin ich
erschöpft, jede Nacht netze ich mein Bett mit Tränen.").
Immer ist eine Zurücknahme der Beleidigung erforderlich; das wird
zuerst von der Seite des Beleidigers gefordert. Bei Gott aber kann es
keine Zurücknahme der Beleidigung geben, die nicht im Schmerz des
Herzens ihren Anfang nähme. Denn die Menschen sehen auf das, was
offenbar ist, Gott aber sieht auf das Herz des Menschen. ("Du, o Gott,
siehst mich!" - "Er kennt die Gedanken des Herzens." - "Er wird das,
was im Verborgenen ist, ans Licht bringen.")
Reue und Vorsatz: Wenn Du guten
Glaubens, mit wahrem Reueschmerz gebeichtet hast, ohne ausdrücklichen
Vorsatz, brauchst du nicht mehr dia Beichte zu wiederholen. Aber ein
ausdrücklicher Vorsatz ist besser und sicherer! Unser Herz, das durch
den Stolz hart geworden ist, soll durch die Gewalt der Reue zerschlagen
und zermalmt werden. Die Zerknirschung des Herzens bedeutet die
Befreiung des Willens aus der Verbindung mit dem Bösen. Durch den so
befreiten Willen wenden wir alle anderen Kräfte mit Hilfe Seiner Gnade
wieder auf Gott hin. Die Kirchenväter nennen die Reue auch eine
Durchstechung des Herzens, wie wenn man geschwulstige Geschwüre mit
einem Messer öffnet, damit der darin eingeschlossene Eiter (die
Bosheit) herausfließen kann: so werden die Herzen gleichsam durch die
Lanze der Reue eingeschnitten, damit sie das Gift der Sünde auswerfen
können.
Reueschmerz: Die Reue muß der
heftigste Schmerz sein im Leben, weil die Liebe zu Gott über alles groß
sein muß (der Wertschätzung nach, nicht auch immer dem Gefühle nach).
Der geistige Schmerz über die Beleidigung Gottes kann nie zu große
sein! Beim sinnlichen Schmerz würe ein Übermaß möglich. Der größeren
Sünde entspricht eine größere Reue. ("Ihr werden ihre viele Sünden
vergeben, weil sie eine große Liebe hat.") Die Reue hört nicht auf,
eine wahre zu sein, wenn auch der empfindliche Schmerz über die Sünde
nicht ganz vollständig ist.(Das Sinnliche betrübt oft mehr als das
Geistige: so ist oft der Schmerz über den Tod eines Kindes größer als
der Schmerz über die Schändlichkeit der Sünde - oft ist aber ein
schmerzlicher irdischer Verlust Anstoß zur Reue. Tränen sind manchmal
eine besondere Gnade: sie weichen das harte Erdreich des Herzens auf,
daß die Wasser der Gnade eindringen können. Die Wucht der Heiligkeit
Gottes zermalmt die Härte des im Stolz versteinerten Herzens!
Die schweren Sünden sind in der Beichte einzeln zu bereuen und zu
verabscheuen; alle Sünden, die man begangen hat, sind zu hassen und zu
bereuen. Wenn man nur einige schwere Sünden bereuen würde, wäre die
Reue eine falsche, weil unvollständige, und damit nicht heilsam (Jak.:
"Wer ein Gebot übertritt, übertritt das ganze Gesetz.").
Reue und Beichte / Wiedergutmachung: Mit
der Reue muß der Wille, zu beichten und wieder gutzumachen, verbunden
sein; das gilt auch für die Liebesreue: "Auch wenn diese Reue, kraft
der Liebe vollkommen sein und den Menschen mit Gott versöhnen kann,
bevor dieses Sakrament tatsächlich empfangen wird, so ist doch der Reue
allein, ohne den in der Reue enthaltenen Vorsatz, das Sakrament zu
empfangen, die eigentliche Versöhnung nicht zuzuschreiben." Aus der
Erfahrung der Seelsorge wissen die Priester: eine echte, tiefe Reue
drängt den Sünder innerlich, möglichst bald seine Sünden zu beichten!
Das Konzil von Trient lehrt: "Dieses Sakrament der Buße ist für die
nach der Taufe Gefallenen ebenso notwendig zum Heile wie die Taufe für
die noch nicht Wiedergeborenen." Gott lieben heißt aber in erster
Linie, seinen Willen tun, und Gott will eben, daß wir unsere schweren
Sünden in der Beichte bekennen, soweit wir uns nach sorgfältiger
Gewissenserforschung an sie erinnern können. Diesen Willen nicht tun zu
wollen, hieße demnach die Liebesreue zu nichte zu machen. - Vergleichen
wir z.B. die Erweckung des Lazarus mit der Liebesreue und der Beichte:
Lazarus wird wieder lebendig - die Liebesreue kann die Kraft haben, die
heiligmachende Gnade zu erlangen. Jesus sagt zu den andern: 'Machet ihn
von seinen Binden frei' - der in Liebesreue Lebendige läßt sich in
Beichte und Lossprechung von den Fesseln der Sünde freimachen. Der
Reuige muß einen festen Entschluß fassen, sein Leben zu bessern. "Wenn
der Gottlose Buße tut für all' sein Sünden, welche er begangen hat und
alle meine Gebote hält und Recht und Gerechtigkeit übt, wird er leben
und nicht sterben."
Der Heiland sagte zur Sünderin: "Gehe hin und sündige nicht mehr" und
zum Geheilten: "Siehe du bist gesund geworden; sündige nicht mehr,
damit dir nicht Schlimmeres widerfährt!"
Wir müssen andern verzeihen, wenn wir wollen, daß uns verziehen wird.
Nebst dem Übrigen, was hauptsächlich zur Reue gehört, muß man sich
nicht minder und sorgfältig mühen, das von einem anderen etwa erlittene
Unrecht gänzlich zu vergeben und zu verzeihen.
Der Weg zur Reue: Konzil von
Trient: "Durch Erforschen des Gewissens, Abwägen der Schwere der
Schuld, Verabscheuen der Sünde ... in der Bitterkeit des Herzens die
Jahre überdenken, die Schwere, die Menge und die Häßlichkeit seiner
Sünden erwägen und den Verlust der ewigen Seligkeit und den Erwerb der
ewigen Verdammnis, verbunden mit dem Vorsatz einer besseren
Lebensführung und in der Hoffnung auf Verzeihung ... so erweckt man
Reue und das heißt auch: Gott suchen und finden." ("Ihr werdet mich
suchen und finden, wenn ihr mich mit eurem ganzen Herzen sucht und ich
werde mich von euch finden lassen." Jeremias.)
Reue erwecken: Dies tut man
indem man sich selbst anklagt und den Herrn fußfällig um Verzeihung
bittet und ihn anfleht, daß Gott einem sowohl Zeit zum Beichten sowie
auch zur Genugtuung gibt. Vor allem soll man darum beten, der Beistand
der göttlichen Gnade möge uns unterstützen, daß wir künftig jene Sünden
nicht mehr begehen, die uns so schmerzlich sind. Wir müssen in uns
einen Haß gegen die Sünde wecken teils, weil ihre Häßlichkeit und
Schändlichkeit so überaus groß ist, teils, weil sie uns die schwersten
Schäden und das größte Unheil zufügt. Sie beraubt uns des Wohlgefallens
Gottes, von welchem wir die größten Wohltaten empfangen haben und noch
weit größere erwarten und erlangen können, und sie überliefert uns dem
ewigen Tode. Papter Leopold sagte: "Ich verwundere mich alle
Augenblicke, wie der Mensch das Heil seiner Seele aus ganz
geringfügigen und unsicheren Gründen aufs Spiel setzen kann." Wer die
Sünde nicht mehr ernst nimmt, nimmt damit auch Gott nicht mehr ernst.
Die Heiligen wollten lieber sterben, als Gott durch eine freiwillige
läßliche Sünde zu beleidigen ... und viele Menschen heute schlürfen die
schwere Sünde in sich wie Wasser! Zur guten Reue gehört die Demut, eine
größere Selbsterkenntnis im Lichte Gottes ..." in meinem Inneren lehrst
du mich Einsicht". Auch David war so verblendet, daß er seine Sünde gar
nicht mehr sah und erst der Prophet Natan mußte ihn darauf stoßen,
indem er ihm seine Niedertracht an einem Beispiel vor Augen führte und
den König über sich selber das Urteil sprechen ließ ... und diese
Erkenntnis, die ihn erschütterte führte ihn zu großer Reue!
Dauer der Reue: ein ganzes
Leben lang. "Sie dauert bis zum Tode", sagt Thomas von Aquin. "Immer
soll der Mensch das abweisen, was die Erreichung des ewigen Zieles
verunmöglicht oder doch dabei hinderlich ist. Die Reue des Willens muß
darum habituell immer vorhanden sein und soll auch recht oft aktuell
betätigt werden. Man hat nie zu viel Reue, auch über vergebene Sünden,
indem eine tiefere Reue eine tiefere Reinigung des Herzens bewirkt,
zumal, wenn frühere Reuen etwas oberflächlicher waren: solche
wiederholte Reue bewirkt dann auch Reinigung von Überresten der
früheren Sünden. Die Heiligen des Himmels haben keinen Reueschmerz, da
sie die Fülle der Freude genießen, obwohl sie die Sünde verabscheuen.
Den Verworfenen kommt der Schmerz zu, aber nicht die Reue als Tugend,
da sie endgültig im Bösen verhärtet sind. - Die Seelen im Fegfeuer
können die Tugend der Reue üben, aber nicht verdienstlich. Thomas v.
Aquin: "Die Reue kann so mächtig sein, daß auch die ganze Strafe
getilgt wird, entweder, weil die Betätigung der Liebe, aus der die Reue
hervorgeht, so groß ist (vgl. Maria Magdalena) oder weil der Wille
einen so fühlbaren starken Schmerz weckt, daß dieser als Sühne jede
andere Strafe aufwiegt und aufhebt. Zur Tilgung der Sünde als Schuld
ist nicht notwendig die vollkommenste Reue erfordert."
Die unvollkommene Reue: Diese
rechtfertigt den Sünder noch nicht; sie schafft aber die Disposition,
daß er im Bußsakrament die Gnade der Rechtfertigung empfangen kann, da
durch die unvollkommene Reue, wenn sie den Sünder wirksam von der Sünde
trennt, das Hindernis für die Gnade beseitigt ist. Definition: Die
unvollkommene Reue ist der nicht von der Liebe durchlebte Reueschmerz
über die begangenen Sünden aus einem Motiv, das nicht Gott selbst ist
als der über alles Geliebte. Das Motiv der unvollkommenen Reue ist:
a) Betrachtung der Häßlichkeit der Sünde;
b) Furcht vor der Hölle und ihren Strafen.
Gegen die Reformatoren, die diese Reue als schlecht ablehnen, sagt das
Konzil von Trient: "Da sie meist aus der Erwägung über die Häßlichkeit
der Sünde oder aus der Furcht vor der Höllenstrafe und anderer Strafen
hervorgeht, so macht sie den Menschen, falls sie den Willen zur Sünde
ausschließt und mit der Hoffnung auf Verzeihung verbunden ist, den
Menschen nicht zum Heuchler und noch weniger zum Sünder, (Anm.: wie die
Reformatoren behaupten), sondern sie ist sogar ein Geschenk Gottes und
ein Antrieb des Heiligen Geistes. Er wohnt zwar noch nicht in der
Seele, sondern bewegt sie nur; aber mit seiner Hilfe bereitet sich der
Büßer den Weg zur Gerechtigkeit. Sie bereitet ihn vor, im Sakrament die
Gnade zu erlangen. Denn heilsam erschüttert von dieser Furcht, taten
die Niniviten auf die schreckenvelle Botschaft des Jonas hin Buße und
erlangten vom Herrn Barmherzigkeit. Deshalb ist es fälschliche
Verleumdung, die katholischen Schriftsteller lehrten, daß Bußsakrament
bringe ohne jede gute Regung des Empfängers Gnade, was doch die Kirche
Gottes niemals lehrte und dachte. Falsch ist aber auch die Behauptung,
daß die Reue erpreßt und erzwungen sei und nicht frei und willentlich."
- In der hl. Schrift selbst wird die Furcht vor der Strafe und der
Abscheu vor der Sünde teilweise gelobt als zur Rechtfertigung führend
und als ein gewisser notwendiger Anfang zur Bekehrung. "Die Furcht des
Herrn ist der Weisheit Anfang." (Ps. Ilo,lo) "Fürchtet den, der Leib
und Seele in die Hölle stürzen kann." (Mt. lo,28) Johannes der Täufer
mahnt: "So bringt also würdige Früchte der Buße."
Auch die Kirchenväter kennen das Motiv der Gottesfurcht als Beginn
fruchtbarer Buße. Wie das Konzil von Trient sagt, ist diese heilsame
Furcht eine Gabe Gottes und ein Impuls des Hl. Geistes, der die Sünder
zur Rechtfertigung führt, sie für die Rechtfertigung innerlich bereit
macht. Sie ist der Anfang der Bekehrung! Timor filialis.
Niemand wird sofort ganz gut. Er steigt allmählich auf zur
Vollkommenheit. So hat der Teufel eine neue Art der Verderbnis in
Luther und Kalvin (und den Jansenisten) gefunden, daß er den Anfang zu
hoch ansetzt und so der ganze Mensch wie in Sünde eingehüllt bleibt.
Wenn man die Sünde nur meidet wegen der Strafe und sich innerlich nicht
von ihr lösen will, dann ist das eine knechtische Furcht, die den
Menschen zum Heuchler macht = timor servilis. Beispiele dafür sind
u.a.: Pharao, der nur vorrübergehend in die Kniee ging und dann
endgültig in seiner Verderben rannte, oder Voltaire, der auch in
schrecklicher Angst weich wurde, dann aber später, als es ihm wieder
gut ging, sich öffentlich über die Sakramente lustig machte - beim
wirklichen Sterben entzog ihm Gott diese Hilfe. Wenn die Furcht vor der
Strafe Gottes aus dem Glauben kommt, dann ist sie frei und nicht
gezwungen und führt zum Heil. Wenn ein Gangster nur 'bereut' und heult,
weil er nun so Lange 'brummen' muß, dann ist das gar keine echte Reue.
Unvollkommene Reue und Beichte: Die
unvollkommene Reue, die den Willen zum Sündigen ausschließt, ist
zusammen mit der Hoffnung auf Verzeihung eine genügende Disposition zur
Rechtfertigung des Sünders im Sakrament, eine andere Reue ist nicht
notwendig. Dies gilt auch für den Empfang der Sakramente der Taufe und
der letzten Ölung. Das Konzil von Trient verlangt von denen, die die
Taufe begehren "daß sie auf Gott vertrauen, daß er ihnen wegen Christus
gnädig sein werde und sie ihn gleichsam als Quelle aller Gerechtigkeit
zu lieben beginnen und so bewegt werden gegen die Sünde. Eine solche
Reue kann aus sich den Sünder noch nicht zur Rechtfertigung führen; sie
disponiert ihn aber dazu, die Gnade Gottes im Sakrament zu erlangen.
Das Sakrament wirkt ex opere operator und schenkt die Gnade, wenn kein
Hindernis entgegensteht. Die Liebesreue aber wirkt ex opere operantis.-
Ein Sonderfall tritt ein, wenn die unvollkommene Reue zu schwach ist,
eine wirksame Trennung von der Sünde zu bewirken, aber einer ehrlich
seine Sünden bekennt!
Ornatus imprimitur, sed gratia non datur. (Er empfängt das Sakrament,
aber nicht die Gnade.) So etwas kann geschehen, wenn die Reue zu
oberflächlich war, das Bekenntnis zwar ehrlich gemeint aber der
Poenitent es durch eine schuldhafte Nachlässigkeit unterließ, eine
tiefere Reue zu erwecken und so die Beichte nicht die Gnadenwirkung
hervorbringen konnte. Das Bekenntnis muß dann nicht wiederholt werden,
wohl aber diese schuldhafte Nachlässigkeit. Wenn sie mehr unbewußt war,
muß sie in der nächsten Beichte bekannt gemacht werden (sacramentum -
non res sacramenti). Wenn einer seine Sünden zum Scherz bekennt oder
mit bewußter, gewollter Nachlässigkeit, dann muß er das Bekenntnis
wiederholen: nee sacramentum - nee res sacramenti. Beim späteren echten
Bekenntnis muß auch diese Sünde der sakrilegischen Beichte bereut und
bekannt werden! Ebenso empfängt der das Sakrament nicht, der gar keine
Reue hätte: z.B. jemand beichtet gezwungen, damit er seine Ruhe hat und
nicht daran denkt, sein Leben zu bessern. Das beste Mittel, eine gute
Reue zu erwecken, ist das Gebet zur Aufopferung der Wunden und des
Blutes Jesu Christi; die hl. Brigitta empfiehlt sieben "Vater unser".
Gottes Gnade pocht an die Herzenstüre der Menschen und Gott bittet, sie
nicht verschlossen zu halten: "Heute, wenn ihr seine Stimme hört,
verhärtet eure Herzen nicht!" Überhört auch sein leises Pochen nicht
bei den Gewissensbissen - bekehret euch zu Ihm von ganzem Herzen und
ihr werdet euch in Ihm freuen.
(Fortsetzung folgt.)
Verwendete Literatur:
Kard. Billot S.J.: "de sacramentis ecclesiae" Rom 1844.
Catechismus Romanus (nach dem Konzil von Trient),
hl. Thomas (hsg. Erni): "Kurzgefaßte Summe".
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