54. Jahrgang Nr. 7 / Dezember 2024
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DAS HEILIGE LEICHENTUCH BEWEIS FÜR CHRISTI TOD UND AUFERSTEHUNG
 
DAS HEILIGE LEICHENTUCH
- BEWEIS FÜR CHRISTI TOD UND AUFERSTEHUNG -



von
Bruder Bruno Bonnet-Eymard
Mitglied der wissenschaftlichen Tagung in Turin am 7./8. Oktober 1978
(aus: LA CONTRE REFORME CATHOLIQUE, Nr.144, August 1979;
übersetzt von H.H. Pfarrer Paul Schoonbroodt)



"EINE STILLE REVOLUTION"

In gewissen Forschungslaboratorien wie z.B. im hochentwickelten Jet Propulsion Laboratory von Passadena in Californien oder im Kernforschungslaboratorium von Los Alamos hat eine "stille Revolution" stattgefunden, wie Ian Wilson sie nennt ("Das Schweißtuch von Turin" Albin Michel 1978). "Still, weil sie in Universitätskreisen weithin unbekannt geblieben ist, weil man dort kaum die Ansicht teilt, das Schweißtuch könne ein beachtenswertes Forschungsobjekt sein" und "weil die große Masse noch weniger Bescheid darüber weiß" (S.25).

Es handelt sich aber tatsächlich um eine Revolution, "ume eine sprunghafte Entwicklung von Interessen, Studien und Forschungen seitens der Experten in den verschiedensten Wissensbereichen." (Peter M. Rinaldi S.D.B., in LA STAMPA - Anhang: La Sindone, Aug.-Okt.1978) Wie ist es zu erklären, daß eine solche Entwicklung so wenig von sich reden macht? Wilson, der durch das heilige Leichentuch vom "agnostischen Skeptizismus" zum Glauben kam, bedauert diese Tatsache. Aus Erfahrung weiß er zu schätzen, wie sehr diese Reliquie, die "berühmteste Reliquie der Christenheit" (Rinaldi), ein von der Vorsehung geschenktes Gegenmittel gegen den Zweifel ist, der den Glauben unserer Generation seit hundert Jahren heimtückisch zersetzt.

Indessen erlebt augenblicklich das eingehende Studium dieses rätselhaften Geschichtsstückes solche Entwicklungen, daß es gewiß nicht kühn ist, wenn man behauptet, daß die "Revolution", welche von Wilson festgestellt wurde, unaufhaltsam im Gange ist; sie ist dabei, eine wunderbare "katholische Renaissance" herbeizuführen. Dazu möchten wir aus allen Kräften mithelfen, wenn wir, nach sovielen anderen, die Ergebnisse der jüngsten Forschungsarbeiten veröffentlichen, nicht ohne zuvor alle Einzelheiten sorgfältig erruiert zu haben.

Im Geiste des internationalen Kongresses vom 7. und 8. Oktober 1978 in Turin geht unser Vorhaben darauf aus - wie der Universitätsrektor von Turin, Georgio Cavallo es bei der Eröffnung des Kongresses mit Nachdruck betonte - die Ergebnisse der Wissenschaft darzulegen. Unser Standpunkt schließt bewußt jeglichen Dogmatismus aus, um für jede neue Entdeckung empfänglich zu sein. Seit Abschluß des Kongresses vom 9. bis 13. Oktober haben weitere Untersuchungen stattgefunden, insbesondere auf dem Gebiete der Mikroanalyse. Sobald wir die Ergebnisse erfahren, werden wir sie an dieser Stelle bekanntgeben. Die Forscher haben zwar versprochen, sie nicht eher als in zwei Jahren zu veröffentlichen, einiges ist aber schon durchgesickert. Wir sind in der Lage zu behaupten, daß sie eine außergewöhnliche Übereinstimmung der Wissenschaft und des Glaubens bezüglich dieser Reliquie hervorheben werden. Denn das gibt auch der anglikanische und sehr modernistische Robinson zu: "Kaum hat man den Saum dieses Tuches berührt, wird man in eine Forschung verwickelt, die durch mehrere Wissensbareiche führt." Sie alle führen zu der unglaublichen, aber massiven Schlußfolgerung: "Das Leichentuch von Turin bietet eine solche Echtheitsgewähr, daß es töricht wäre - um nicht zu sagen: unehrenhaft -, nichts davon wissen zu wollen".

"DIE ERKENNTLICHKEIT DES BILDES CHRISTI AUF DEM HEILIGEN LEICHENTUCH VON TURIN."

So lautete schon die Überschrift eines Vortrages, den Yves Delage - natürlich Agnostiker -, Professor an der Sorbonne, vor der Akademie der Wissenschaften in seiner Eigenschaft als Museumsdirektor für Naturgeschichte und Mitglied dieser Akademie am 21.4. 1902 hielt. Seine Beweisführung bestand aus drei Teilen, deren zwingende Verknüpfung durch die Forschung der folgenden 75 Jahre nur noch verstärkt wird.

Auf diesem Tuch kann man zahlreiche Spuren von Wunden sehen, die sich mit tadelloser anatomischer Genauigkeit auf dem Bildnis eines menschlichen Körpers abgezeichnet haben: "Das Bild ist eine äußerst realistische Wiedergabe, fehler- und lückenlos, wobei nichts ausgelassen ist; es trägt der Tradition nur ungenügend Rechnung, fällt nicht ins Schemamäßige und nicht ins konventionelle; diese Eigenschaften liegen bei keiner ikonographischen Produktion und zu keinem Zeitalter vor."

Diese "Diagnose" war damals im Jahre 19o2 ein Novum in der bis dahin bekannten Geschichte des Leichentuchs, die sich immerhin auf mehrere Jahrhunderte erstreckte. Sie stammt von der Untersuchung eines photographischen Negatives, welches Sekundo Pia 1898 angefertigt hatte. Dieses wunderbare Photo zeigt, wie man weiß, im Negativ ein Positiv, das das unleugbare Bild eines nackten und geschundenen Menschen darstellt, wobei die Vorderseite und die Rückenseite vom Kopf her sich gegenüberstehen. (Abbild.1) Auf dem Negativ von Sekundo Pia kann man einen Mann sehen - dessen Leichentuch somit ein umgekehrtes, negatives Bild ergibt (Abbild.1,oben) -, dessen Verletzungen, die durch die körperlichen Abdrücke darin im Positiv sichtbar werden, man bis in die kleinsten Einzelheiten verfolgen kann.


Delage stellte die Schlußfolgerung auf: es ist unmöglich, daß ein solches Bildnis das Werk eines Fälschers ist, selbst wenn es ein Genie gewesen wäre: "Warum hätte dieser Fälscher sich bemühen sollen, etwas so Schönes zu verwirklichen, welches man auf seinem Werk selbst nicht erblicken konnte und dessen man erst durch eine Umkehrung ansichtig wird, was erst später möglich war? Er hätte wohl für seine Zeitgenossen gearbeitet, und nicht für das 2o. Jahrhundert und die Akademie der Wissenschaften". Außerdem findet sich auf diesem Stoff keine Spur bekannter Pigmente. Es ist also kein Gemälde, sondern eine 'Photographie1, ein 'Negativ'. Dieses 'Negativ' stellt "einen Gekreuzigten dar, der gegeißelt wurde, der an der rechten Seite durchbohrt wurde und mit Dornen gekrönt wurde" ..., dessen Identität in den Augen von Delage keinen Zweifel bestehen läßt. (Revue Scientifique, 31.5.19o2; cf. de Gail, Le visage de Jesus-Christ et son linceul, S.3o9).

Dieser Bericht rief in der laizistischen, ehrenwerten republikanischen Versammlung einen Sturm der Entrüstung hervor. Marcellin Bertholet, Akademiesekretär, weigerte sich, den Vortrag im vollen Wortlaut wiederzugeben.

In der wissenschaftlichen Zeitschrift gab Delage seiner Verwunderung Ausdruck, indem er naiverweise behauptete, daß "keine religiöse Frage" mit einem rein wissenschaftlichen Problem verwechselt werden darf (...). "Wenn es sich um jemand wie Sargon, Achilles oder um einen der Pharaone gehandelt hätte - anstatt um Christus -, so wäre niemand auf den Gedanken gekommen, irgendeinen Einwand zu erheben (...) Ich bin bei der Behandlung dieser Frage dem echt wissenschaftlichen Geist treu geblieben und habe mich lediglich an die Wahrheit gehalten." (Wilson, S.49)

"DIE AUSSERORDENTLICHE SCHÖNHEIT DES GEKREUZIGTEN."

Nun sind schon 75 Jahre vergangen, aber das Verfahren der Ärzte ist noch stets dasselbe geblieben, ihre Schlußfolgerungen sind indessen noch aussagekräftiger geworden und noch einhelliger - in dem Maße, in dem auf dem Gebiet der Photographie technische Fortschritte gemacht wurden: angefangen bei den Negativen von Enrie (1931) bis zu denen von Judica-Cordiglia (1969) und bis hin zu dem Ergebnis von Prof. Aurelio Ghio, Experte beim Gerichtshof in Turin, dessen empfohlene wissenschaftliche Photographie des Tuches herauskommen soll. Es wird noch das Ergebnis der telemetrischen Photographie erwartet, welches im Studienzentrum für das Fernsehen ausgearbeitet wird. John Jackson und Eric Jumper, die jungen Ausbildungsoffiziere bei der Akademie der Luftwaffe der USA haben auf den Negativen von Enrie unter Zuhilfenahme des VP8-Bilduntersuchungsverfahrens festgestellt: die drei Dimensionen eines volumetrischen Leichnams waren haargenau auf dem Leichentuch abgezeichnet. - Die dritte Dimension ergab sich aus der genauen Messung mit dem Densimeter des Bräunungsgrades an jedem einzelnen der mikrometrischen Punkte des Tuches. Die Bearbeitung dieser Messungen durch den Computer setzte das Bild in seinem natürlichen Volumen zusammen - entweder auf dem Bildschirm eines Fernsehgerätes oder auch in einem handgemachten Muster - und enthüllte "die außergewöhnliche Schönheit des Gekreuzigten" wie Jackson es nennt.

Seine beeindruckende Körpergröße läßt sich leicht messen: 1,81 m. Der Leichnam ist robust und gut ausgewogen. Was am meisten fasziniert, ist das Antlitz. Unter der Leitung von Prof. Tamburelli und durch dieselbe informatorische Methode vermochten die Italiener das Relief dadurch zusammenzusetzen, daß alle Möglichkeiten des Computers noch besser ausgeschöpft wurden. (Vgl. die gute Darlegung dieser Methode durch den Professor selbst in: ARCHEOLOGIA, Nr.l3o, Mai 1979: "Les images de l'ordinateur".) Der Computer ist nämlich in der Lage, eine ganze Reihe von Arbeitsgängen zur mecanographischen Zusammensetzung eines Bildes auszuführen, da die Maße durch "ein Zählerlesegerät angegeben werden, welches die verschiedenen Punkte eines Diapositives des Bildes des heiligen Leichentuches mittels Lichtstrahl abtastet und die Leuchtstärke des Strahls, der wegen der Durchsichtigkeit durchbricht, verschlüsselt. Unter den Arbeitsgängen sind zu erwähnen: Ausmerzung von Mängeln (Striche, Flecken, zahlreiche 'Unglücksfälle' des Tuches . . . ) , Verbesserung von undeutlichen und unvollständigen Stellen, Hervorhebung gewisser Detailstellen. Dieses Verfahren ermöglichte beispielsweise die Beobachtung eines charakteristischen kreisförmigen Scheines auf den Augenlidern. Wahrscheinlich rührt dieser Schein daher, daß man ein Geldstück darauf gelegt hat. Nun wissen wir durch die Archäologie, daß man in alt-jüdischen Kreisen diese Sitte kannte, um die Augen der Toten geschlossen zu halten." (Wilson, S.275.) So lassen sich auch die Blutzüge durch dieses Verfahren feststellen. Die Italiener konnten auf diese Art eine echte Blutkarte vom menschlichen Antlitz auf dem Leichentuch zeichnen.

Wenn man jetzt "durch ein Behandlungsverfahren, das den Unterschied zwischen den statistischen Eigenschaften der Wundabbildungen oder der Blutspuren oder der Gesichtszüge" ausläßt, so erscheinen die eigentlichen Gesichtszüge ganz klar und sauber: eine Adlernase, eine fast glatte Stirn, gut geführte Augenlieder und Augenbrauen mit fast losem Haarwuchs (Abbild.2). Unterstreicht man mit einem dunklen Strich dazu noch den Bart und den Schnurrbart, dann erscheint das Antlitz äußerst jugendlich und von einer unvergleichlichen Schönheit.

Diese Technik ermöglichte es also, zahlreiche Zeichen erkennbar zu machen, die bislang der Diagnose der Ärzte der ersten Generation entgangen waten. Jetzt schon kann man mit Dr. Bollone mehr als 600 (!) Verletzungen festhalten, die im Fleisch des "Uomo della Sindone" abgezeichnet sind.

GERICHTSMEDIZINISCHE UNTERSUCHUNG

Die Tatsache, daß dieses gemartete Fleisch in seiner ganzen Blöße dargestellt wird, liefert von vorneherein die Vermutung der Echtheit. Denn "niemals hat ein Künstler den Gekreuzigten ganz nackt darstellen wollen." (Barbet: "Das Leiden Christi vom Chirurgen her gesehen".) So sind auch viele Geißelstreiche auf dem Hinterteil erkennbar, ebenso auf dem Rücken, auf den Beinen, auf den Armen und am oberen Brustkasten. "Nur allein eine echte Reliquie kann solche Kühnheiten aufweisen." (Vignon: "Le Saint Suaire de Turin" Masson 1939, S.194.)

Die Geißelung:

Diese Wunden sind von einer waagrechten Linie in Höhe der Lenden fächerförmig verteilt und fast immer in Gruppen von zwei Pralellwuriden angeordnet (oder drei, wenn man Mgr. Ricci folgt) (Abbild.4) Vignon hat Haltung und Bewegung der Henker beschrieben wie auch das Werkzeug, das furchtbare römische Flagrum, das sie in der Hand hatten: am Ende der Riemen waren zwei Bleikügelchen oder kleine Schafwirbel angebracht (S.55-60). Die Schläge lassen sich gut zählen: "im ganzen hundert, vielleicht hundertzwanzig. Wenn also zwei Riemen am Flagrum waren, so sind etwa sechzig Streiche verpaßt worden, ohne die andern zu zählen, die nicht abgezeichnet sind, weil nur eine 'Ecchymosis' entstand, die auf dem Leichentuch keine Spur hinterlassen hat." (Barbet, S. 125.) Mgr. Ricci besteht darauf, sie mit drei und drei zu gruppieren, vielleicht, um dann auf die bei den Juden vorgeschriebene Zahl von vierzig Streichen zu kommen. Aber wenn die Henker Römer waren, brauchten sie sich nicht an das jüdische Gesetz zu halten. (Deuteronomion 25,3) "Die Maler begnügen sich im Höchsfalle mit undeutlich, schlecht umrissenen Abschürfungen. Hätte denn überhaupt einer alle die kleinen Einzelheiten ersinnen und verwirklichen können?" so rief schon Barbet aus. Nun ist aber die bedeutsamste Einzelheit von Lorn und Lynn vom Jet Propulsion Laboratory in Pasadena im Laufe des Sononers 1976 entdeckt worden. Im Unterschied zu allen andern Abdrücken auf dem Leichentuch (ihrem Aussehen nach) haben sie beobachtet, daß die durch die Peitschenhiebe zurückgelassenen Spuren bei näherem Hinsehen "ein direktionelles Bild" ergeben. Eine gewisse Anzahl aus ihnen erscheinen stärker, wenn man sie in einem Winkel von 45 betrachtet, als ob sie durch ein von der linken Hand geführtes Flagrum verursacht wären. Andere erscheinen wiederum stärker vom entgegengesetzten Winkel aus gesehen, so daß diese wahrscheinlich durch ein von der rechten Hand geführtes Flagrum verursacht sind. (Wilson, S.276.) Allein diese Dynamik bei der Geißelung, welche durch ein rein mathematisches Verfahren ans Licht gebracht wird, genügte schon, um die Hypothese eines Fälschers endgültig auszuschließen.

Aber das ist noch lange nicht alles. Wie wissen nämlich, daß solch eine Geißelung das normale Vorspiel vor der Kreuzigung im römischen Altertum war. Nun bestand die übliche Prozedur darin, den Verurteilten auf dem Weg zur Hinrichtung zu schlagen (Vignon, S.5o.), während er mit ausgebreiteten und am Querbalken (Patibulum) gebundenen Armen beladen sich dahinschleppte. Hier lassen sich aber die durch Peitschenhiebe zurückgelassenen Wundmale unter der Stelle in der Schultergegend, wo der Querbalken hätte drücken müssen, zählen. Der Mann des Leichentuches wurde also gegeißelt, bevor er mit dem Kreuz beladen wurde. Diese Einzelheit hat schon den Wert einer Beglaubigung, denn er stimmt mit den Angaben des Evangeliums überein. Die Geißelung Jesu wird dort vorgestellt als ein Versuch seitens Pilatus, den Angeklagten vor der Todesstrafe zu retten (Joh.19.).

(Fortsetzung folgt.)
 
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