DER FREIMAURERISCHE PLAN ZUR INNEREN KORRUMPIERUNG DER KIRCHE DURCH EINEN FREIMAURERISCHEN PAPST
(aus: Pachtler, G. M. , S.J.: "Der stille Krieg gegen Thron und Altar,
oder Das Negative der Freimaurerei. Nach Dokumenten" 2. Aufl. Amberg 1876! , S.81 - 96.)
Bei dem seit 1871 eröffneten Kulturkampfe spielt die Aktion gegen das
Papstthum eine große Rolle. Bereits hat die auswärtige Politik des
neu-deutschen Reiches eine künftige Papstwahl in's Auge gefaßt, einen
großen Antheil daran für sich zum Voraus beansprucht und einen Papst
gewünscht, der sich mit den "modernen Ideen" versöhnen wolle.
Auch in diesem Punkte kommt man einem längstgehegten Plane der
Freimaurerei, besonders der Hochgrade, entgegen. Daß die Kirche durch
Angriffe von Außen, ja selbst durch blutige Verfolgung nicht eigentlich
beschädigt, sondern innerlich gekräftigt wird, daß ihr das Martyrthum
dieselben Erfolge bringt, wie dem Antäos die Berührung mit der Erde, -
das wissen nicht nur wir christen, sondern auch der maurerische
Geheimbund.
Darum erstrebt man zunächst die innere Korrumpirung der Kirche durch
einen freimaurerischen Papst; ein Werk bei welchem selbstverständlich
die italienische Loge zuerst und zumeist arbeiten muß. Wir werden daher
ganz besonders von ihr im Folgenden unsere Beweisstücke entlehnen
müssen.
Das hauptsächliche Endziel der italienischen Freimaurer ist das
nämliche, wie überall: Vernichtung des Christentuhums bis zu
seiner letzten Idee, und ausdiesem Grunde der Sturz des Papstthums.
Diese Pläne verlauteten schon oft genug aus dem Munde italienischer
minister und Abgeordneter. In der Sitzung vom 20. Juli 1861 hatte
bereits der "ehrenwerthe" Petrucelli della Gattina erklärt: "Die
kürzeste Formel des italienischen Geistes ider der Krieg gegen das
Papstthum" Niemand widersprach ihm. Der Abgeordenet De'Boni orakelte in
der Sitzung vom 26. März 1862: "nach meiner Meinung ist die Vernichtung
der Principien der Papst-Kirche noch wichtiger, als der materielle
Besitz Rom's".
Als dann mit dem Jahre 1871 der internationale "Kulturkampf" der Loge
gegen das postive Christenthum entbrannt war, rief in der Sitzung vom
7. Januar 1874 der Abgeordnete Andreotti: Wir bedrüfen einer Revolution
im Namen aller Kulte gegen den katholischen Kultus."
Diese genannten Abgeordneten sind nun, wie überhaupt die Mehrzahl der
italienischen Deputirten, zugleich Freimaurer. Der Minister der
Auswärtigen, Br.: Bisconti-Benosta, sagte daher ganz im Sinne der Loge
in seinem diplomatischen Rundschreiben vom 18. Oktober 1870 zur
Rechtfertigung der Unthat vom 20. September desselben Jahres die Worte:
"Das Papstthum ist der ltzte Überrest der mittelalterlichen
Einrichtungen," d.h. dem Untergange durch die modernen Ideen mit
Recht geweiht, oder, wie der italienische Minister Br.: Lanza 1872 in
der Kammer erklärte, "das Papstthum ist mit allen seinen Vorrechten
unwiederbringlich verloren."
Bei solchen Planenen der Maurerei wird Nieman staunen, daß der
Unterrichtsminister Br.: Ruggero Bonghi bei den Debatten über Sicilien
1875 nicht anstand zu behaupten, die Vollendung der Wiederauferstehung
Italiens hänge vom atheistischen Unterrichte ab. Hiermit wiederholt er
nur den Satz, welcher Br.: Urbano Rattazzi durch sein Organ "Diritto"
schon früher ausgesprochen hatte: "Unsere Revolution strebt, den Bau
der katholischen Kirche niederzureißen; sie muß es thun, und sie kann
nicht anders.1)
Und welche Schläge hat der Geheimbund seit dem September 1870 gegen das
Papstthum, gegen das Priesterthum, diereligiösen Orden und die
christliche Religion geführt. Ja die Revolution hat Wort gehalten und
das Programm ausgeführt, das vom Senator Linati bereits 1864 (Atti
ufficiali, n. 319, 167, 1134) vorgezeichnet wurde in den Worten: "Was
in unseren Kräften stand, haben wir gethan, um dem kathlischen Europa
zu beweisen, daß wir, einmal Herren von Rom geworden, den Papst wie
einen Bischof Turin oder wie einen Generalvikar von Bologna oder
Mailand behandelt hätten."
Ebendahin gehören die giftigen Ausfälle der liberealen, d.h.
maurerischen Presse Italiens gegen das Papstthum, das man als
Archiv-Artikel bezeichnet, und gegen die erhabene Person unseres
allverehrten heiligen Vaters.
Woher dieser Ärger? Der nächtliche Bund siehtein, daß alle seine Pläne
gegen die katholische Kirche, den einzigen Grundstein des Christnthums,
nicht verfangen, so lange der Statthalter-Christi fest im Glauben
steht, und ihm die Gläubigen mit Gehorsam, Liebe und Verehrung anhängen.
Daher stmmt der Ruf nach einem Papste, wlcher den modernen,
freimaurerischen Gedanken entgegenkäme und auf einen modus vivendi mit
der allseitigen Revolution einginge; daherder finstere Plan, ein
derartiges Subjekt auf den ältesten und erhabensten Thron der Erde zu
erheben. Pius IX. ist unbeugsam; deshalb will die Loge auf das
eventuelle Konklave vermittelst der von ihr gegängelten Diplomatie
einen entscheidenden Einfluß gewinnen.
Über diese letzten Pläne der Hochgrade in Betreff eines künftigen
Konklave geben wir im Folgenden eines der wichtigsten Dokumente, das
zum großen Ärger der Geheimbünde in klerikale Hände kam und selbst um
hohe Summen nicht zurückerobert werden konnte. Es datirt aus dem Jahre
1818, also aus der Zeit einer scheinbaren Restauration nach dem Sturme
der Revolution, un trägt den Titel: "Fortlaufende Instruktion," oder
auch: "Gesetzbuch und Handweiser der Oberen in der hohen Freimaurerei."
(Istruzione permanente. Codice e guida pratic dei Preposti all' alta
massoneria.) 2) Es lautet:
"Nachdem wir uns als
Aktions-Körperschaft konstituirt haben, und neue Ordnung in die Logen
3) gebracht ist, mögen sie dem Centrum nah oder noch so fern sein, so
tritt wieder in den Vordergrund ein Gedanke, welcher alle nach der
allgemeinen Wiedergeburt Strebenden von jeherrege beschäftigt hat.
Dieser Gedanke ist die Befreiung Italiens, von welchem am bestimmten
Tage die Befreiung der ganzen Welt, die Bruder-Republik und die
Einigung der Menschheit ausgehen muß. 4) Diesen Gedanken haben unsere
Brüder in Frankreich noch nicht erfaßt. Sie meinen nämlich, das
revolutionäre Italien könne nur im Dunkel sich verschwören, hie und da
einem Polizeispion oder Verräther einen Dolchstoß geben, 5) und
indessen jene Thatsachen, die jenseits der Alpen in Betreff Italiens,
aber ohne Italien, vollbracht worden sind, geduldig als Joch hinnehmen.
Dieser Irrthum ist für uns bereits öfter unheilvoll gewesen. Man muß
ihn nicht mit Worten bekämpfen - das hieße ihn nochweiterausbreiten,
sondern durch Thaten todtschlagen. Und so ist unter den vielen
Anliegen, welchen vorzugsweise die feurigsten Geister unserer
(Hochrads-)Logen ihre Thatkraft zuwenden, bosnders eines, das wir nie
vergessen dürfen."
"Das Papstthum hat immer entscheiden
auf das Schicksal Italiens eingewirkt. 6) Mit dem Arme, mit dem Worte,
mit der Feder und dem Herzen seiner unzählbaren Bischöfe, Religosen, 7)
Mönche und Gläubigen in allen Breitegaden findet das Papstthum überlall
Leute, die zum Opfer, zum Martyrthum, zur begeisterten Anhänglichkeit
bereit sind. An jedem beliebigen Orte hat es Freunde, die sich für es
dem Tode weihen, und Andere, die aus Liebe zuihm ihr Vermögen
hinopfern. Das ist eine ungeheuere Armee, deren volle Kraft nur von
einigen Päpsten verstanden worden ist; und auch sie haben sich
derselben nur mit Maß bedient. 8) Heutzutage nun handelt es sich nicht
drau, diese augenblicklich geschwächte Macht zu unserem Dienste wieder
aufzurichten; 9) unser Ziel ist vielmehr schließlich das
Voltaire's und der französischen Revolution: d.h. die vollkommene
Vernichtung des Katholicismus und selbst der christlichen Idee. Denn
bliebe letzte noch aufrecht auf den Ruinen Rom's, so entsprotßte aus
ihr später die Auferstehung und ewige Dauer des Katholicismus." 10)
"Aber um desto sicherer zu diesem Endziele zu gelangen und um uns nicht
selbst Enttäuschungen zu bereiten, welche den guten Fortgang unserer
Sache entweder unabsehbar hinausschieben oder ganz in Frage stellen, so
darf man nicht auchten auf die prahlhansigen Franzosen, die nebelhaten
Deutsche, die schwermüthigen Engländer, welche glauben, den
Katholicismus tödten zu können bald mit einem schlüpfrigen Liede, blad
meine einem Sophisma, oder einem sarkastischen Gassenhauer, der wie die
englischen Baumwollstoffe bei uns eingeschmuggelt worden.11) Die
Lebenskraft des Katholicismus widersteht noch ganz anderen Stößen. Er
hat noch unversöhnlichere un schrecklichere Gegner gesehen; er hat sich
oft die boshafte Freude gegönnt, mit seinem Weihwasser die Wüthendsten
derselben zu segenen.12) Lassen wir also unseren Brüdern in jenen
Ländern das Vergnügen, ihren antikatholischen Eifer mit ihren gewohnten
Maßlosigkeiten Luft zu machen; sie mögen sich über unsere Madonnen und
unsere Schein-Andacht lustig machen. Mit diesem Passe (der Heuchelei)
können wir nach Bequemlichkeit konspiriren und Schritt für Schritt
unserem Ziele näher kommen."13)
"Also seit tausend und siebenhundert Jahren ist das Papstthum mit der
Geschichte Italiens verwoben. Ohne Gehnehmigung des obersten Hirten
kann sich Italien weder rühren, noch athmen. Mit ihm hat es
hundert Briareus-Arme; ohne ihn verfällt es einer
bemitleidenswerthen Schwäche, den Spaltungen, Zwistigkeiten und
Feindseligkeiten, von der Alpenkette bis zum letzten Ringe der
Appenninen. Einen solchen Zustand der Dinge können wir nicht wünschen;
wir müssen eine Abhilfe für die Lage suche. Nun gut. Das Hilfsmittel
ist längst gefunden. Der Papst, wer er auch immer sei, wird nie zu den
Geheimbünden kommen; darum müssen die geheimen Verbindungen den ersten
Schritt zum Papste und zur Kirche thun, mit der Absicht, Beide in
Fesseln zu schlagen."14)
"Das Werk, an welche wir uns machen, ist nicht die Arbeit Eines Tage,
Eines Monats oder Jahres. Es kann viele Jahre, vielleicht ein
Jahrhundert dauern; aber in unseren Reihen stirbt wohl der (einzelne)
Soldat, jedoch der Krieg dauert fort. Wir beabsichtigen ja nicht, den
Papst für unsere Sache zu gewinnen, aus ihm einen Neophyten unserer
Grundsätze oder einen Aposel unserer Ideen zu machen. Das wäre ein
lächerlicher Traum. Und wie sich auch die Ereignisse gestalten mögen,
selbst wenn möglicher Weise ein Kardinal oder Prälat mit vollem Herzen
oder aus List der Eingeweihte unserer Geheimnisse würde, so dürften wir
doch darum noch nicht seine Erhebung auf den Stuhl Petri wünschen. ja
diese seine Erhebung wäre auch unser Ruin. Denn wie er aus bloßem
Ehrgeize zur Apostasie gekommen wäre, ebenso müßte ih das Bedürfnis der
Macht dazu bestimmen, uns zu opfern.."15)
Was wir suchen, und worfauf wir harren müssen, wie die Juden auf ihre
Messias, das ein Papst nach unseren Bedürfnissen. Alexander VI. mit
all' seinen (angeblichen) Lastern würde für uns nicht passen, denn in
Religions-Sachen hat er nie geirrt.16) Dagegen wäre ein Klemens XIV.
unser Mann.17) Der Papst Borgia (Alexander VI.) war sittenlos,18) ein
wahrer Sensualist des achtzehnten Jahrhunderts, der sich in's
fünfzehnte verirrt hatte. Aber trotz seiner Laster wurde er von allen
lasterhaften Philosophen und Ungläubigen exkommunicirt wegen der
Thatkaft, womit er die Kirche vertheidigte. Dagegen übergab sich der
Papst Ganganelli mit gebundenen Händen und Tüßen in die Gewalt der der
bourbonischen Minister, die ihm Furcht einjagten, und der Ungläubigen,
die seine Toleranz lobten: und darum wurde er ein großer Papst. Wäre es
noch einmal möglich, so hätten wir einen Papst nöthig, wie er war. Nur
mit einem solchen zögen wir am sichersten aus zum Angriffe auf die
Kirche, viel sicherer, als mit den Schriftchen unserer Brüder in
Frankreich, un sogar sicherer, als mit dem Gode England. Und wollet ihr
wissen, warum? Weil nur diese Mittel verfängt. Denn um den Felsen zu
zerbröckeln, auf welchen Got seine Kirche gebaut hat, bedürfen wir
nicht mehr den Essig Hannibal's, noch Kanonenpulver oder gar unsere
Arme; wir hätten ja den kleinen Finger des Nachfolgers Petri in unser
Komplott verwickelt; und für diesen Kreuzzug wäre jener kleiner Finger
wichtiger, als ein Urban II. und als alle heiligen Bernharde der
Christenheit.19) Wir zweifeln durchaus nicht an der Möglichkeit, zu
diesem Endziele aller unserer anstregungen zu gelangen. Aber wann? Und
wie? Das unbekannte kann man noch nicht sehen. Aber weil Nichts trotz
Allem und Allem uns von dem vorgezeichneten Plane abschrecken darf,
weil vielmehr alles dahin zielen muß, als würde schon morgen der Erfolg
unser kaum entworfenes Werk krönen, so wollen wir in der vorliegenen
Instruktion, die vor den einfachen Eingeweihten geheim zu halten
ist, den Vorständen der höchsten Aktionslogen (Suprema Vendita)
einige Rathschläge geben, die man den Brüdern (der niedrigeren Grade)
in form eines Unterrichts oder Memorandums einschärfen muß.20) Es
ist von höchster Bedeutung und eine gebieterische Pflicht sogar der
elementärsten Verschwiegenheit, daß man bei Niemanden und niemals
transpiriren lasse, daß diese Ratschläge eigentlich Befehle der
höchsten Loge sind. Der Klerus ist zu nahe davon beroffen, und bei
diesem Mondscheine dürfen wir mit den Priestern nicht scherzen, wie wir
bei diesen Königlein und dummen Fürsten (con questi regoli e
principotti) thun, die man mit einem Hauche davon jagt."21)
Mit den alten Kardinälen und den Prälaten von entschiedenem Charakter
ist wenig zu beginnen. Man muß diese Unverbesserlichen aus der Schule
Consalvi's gehen lassen und statt dessen in unseren Magazinen der
Popularität und Impopularität die dienlichen Wasffen suchen, um die
Gewalt in ihrer Hand (für uns) nutzbar oder lächerlich machen zu
können. Ein treffendes Wort, da man erfunden hat, und geschickt in
gewissen guten und christlichen Familien fallen läßt (- z.B. der
Kardinal N ist geizig; oder Prälat R. lebt frei; der Beamtre R. ist
liberal, unsgläubig, Ein Freimaurer ... -): also solche ein Wort kommt
blad ins's Kaffehaus und von da auf die Straße; Ein Wort kann bisweilen
einen Mann todt machen. 22) Kommt ein Prälat als päpstlicher Beamter
aus Rom ein eine Probinz, so muß man sich alsbald über seinen
Charakter, sein Vorleben, seine Eigenschaften und Fehler, ganz
besonders über die letztgenannten vergewissern. Ist er Einer unserer
Feinde, etwa ein Albani, Pallota, Bernetti, della Genga, Rivarola, so
umstrickt ihm sogleich mit allen möglichen Netzen.Macht ihm einen Ruf,
daß Kinder und Frauen vor ihm gange werden, malt ihn al grausam und
blutdüstig, erzählt über ihn irgend ein Schauer-Geschichtchen, daß sich
leicht in's Gedächtnis des Volkes einprägt. Wenn die ausländischen
Zeitungen dann von uns jene Thatsachen (!) erfahren und sie nach
Gewohnheit verschönern und herausputzen, so zeiget dahn ihr, oder
besser lasset durch irgend einen respektablen Schwachkopf die Nummer
des Journals zeigen, wo die Namen und die thaten der betreffenden
Männer verzeichnet sind. Italien wird, ebensowenig als England und
Frankreich, je Mangel an Federn haben, welche nützliche Lügen im
Interesse der guten Sache zu verbreiten verstehen. 23) Das Volk bedarf
keiner weiteren Beweise, als ein Zeitungsblatt, wo es den Namen seines
Monsignor Delegato oder seiner Excellenz des Herrn Oberrichters gedruck
sieht. Unser hiesiges italienisches Volk ist noch in der Kindheit des
Liberalismus. Es glaubt jetzt den Liberalen, wie es später jedem
Beliebigen glauben wird."
"Verfolget also den Feind, wer er auch sein möge, und zwar, wenn er
mächtig ist, durch Aufgebot jeder Art von üblen Nachreden und
Verleumdungen. Aber vor Allem verfolget ihn, bevor er noch aus dem Ei
gekrochen ist. In der That muß die Jugend im Auge haben, die Jünglinge
verführen. Unbemerkt müssen wir die Jungen zur Fahne der Gehimbünde
heranziehen. Um ruhigen, aber sicheren Schrittes dahin zu gelangen, sin
zwei Dinge unerläßtlich. Im Äußeren müßt ihr einfältig scheinen wie
Tauben, dabei die Klugheit der Schlangen haben. Euere Eltern, Kinder,
sogar Frauen dürfen von euerem Herzensgeheimnisse keine Ahnung haben.
Und wenn es zur größeren Verblendung der Späher-Augen dienlich
erscheint, oft zur Beichte zu gehen, so seid ihr ermächtigt, auch vor
dem Beichtvater das unverbrüchliche Stillschweigen über diese Dinge zu
bewahren. 24) Denn ihr wisset, daß die kleinste Enthüllung, die
leiseste Andeutung, die euch im Beichtstuhle oder sonst entschlüpft,
uns zu großem Unheile führen kann; und daß der freiwillige oder
unfreiwillige Verräther eben damit sein eigenes Todesurtheil
unterzeichnet."25)
"Um also einen Papst nach unserem Herzen zu machen, handelt es sich vor
Allem darum, diesem künftigen Papste ein Geschlecht zu erziehen,
welches des von uns gewünschen Tegimentes würdig ist. Die Greise und
die gereiften Manner muß man ganz bei Seite lassen. Statt dessen gehet
geradewegs auf die Jugend und wo möglich sogar auf die Kindheit los.
26) Sprechet nie vor den Jünglingen von schlüpfrigen oder gottlosen
Dingen. Maxima debetur puero reverentia (dem Kinde ist man das feinste
Zartgefühl schuldig) - vergesset nie diese Worte des Dichters; denn sie
dienen Euch als Geleitschein gegen die Ausgelassenheit, vor der man
sich im Interesse unserer Sache hüten muß. 27) Um unsere Sache in den
Familien zur Blüthe und Frucht zu befördern, um am häulichen Herde das
REcht auf Zuflucht und Gastlichkeit zu erhalten, müsset ihr mit dem
vollen äußeren Scheine des ernsten und sittlichen Mannes auftreten. Ist
einmal euer guter Ruf in den Kollegien, Gymnasien, Universitäten und
Seminarien fest gegründet, habet ihr einmal das Vertrauen der
Professoren und Jünglinge gewonnen, so sorget dafür, daß besonders die
Kandidaten des geistlichen Standes eueren Umgang aufsuchen. Nähret ihr
Herz mit dem alten Glanze des päpstlichen Roms. Man findet immer und in
jedem italienischen Herzen einen nach der republikansichen Form.
Mischet gewandt diese zwei Erinnerungen (Päpstlicher Hoheit und
Republik) durcheinander; begeistert und erhitzt diese
leicht-entzündbaren Charaktere an der Idee des pariotischen Stolzes.28)
Bietet ihnen Angangs, aber stes im Stillen, unschuldige Bücher und
Gedichte voll hohen nationalen Schwunges; nach und nach werdet ihr
euere Schüler zu erwünschten Grade der Gährung führen. Wenn zugleich
auf allen Punkten des Kirchenstaates infolge dieser unserer Arbeit
unsere Ideen gleich dem Lichte erfossen sind, dann erst werdet ihr die
Weisheit des Planes, dessen Initiative wir jetzt ergreifen, inne
werden."
"Die Ereignisse, die unseres Ermessens allzu rasch eintreten, 29)werden
nothwendiger Weise binnen einigen Wonaten eine bewaffnete Intervention
Österreichs hervorrufen. Es gibt Narren, die sich damit belustigen,
heiteren Sinnes die Anderen mitten in die Gefahr zu stürzen; und doch
ziehen diese Narren im gegebenen Augenblicke auch die Vernünftigen mit
sich. Die in Italien vorbereitete Revolution wir nur Unglück und
Ächtungen eintragen. Nichts ist reif, weder die Menschen, noch die
Umstände; und noch für lange Zeit wird Nichts reif sein. Aber
ungeachtet dieser drohenden Unfälle könnet ihr dennoch leicht eine neue
Saite im Herzen des jungen Klerus in Schwingung setzen. Diese Saite ist
der Haß gegen die Auslänger. Machet, daß der DEutsche auch vor seiner
voraussichtlichen Intervention lächerlich und verhaßt werde. Mit der
Idee der päpstlichen Suprematie 30) vermenget stets das Andenken an die
Kriege zwischen Priesterthund und Kaiserthum. 31) Erwecket die
nur halb eingeschläferten Leidenschaften der Guelfen und Gibellinen,
uns so werdet ihr euch allmälig auf wohlfeilstem Wege den Ruf guter
Katholiken und guter Patrioten erwerben."
"Dieser Ruf eines guten Katholiken und guten Psatrioten wird unseren
Lehren das Herz des jungen Klerus und selbst der Ordens-Konvente
öffnen. In etlichen Jahren wird dieser junge Klerus durch die Macht der
Umstände alle Ämter bekleiden. Er wird regieren, verwalten, richten,
den Raht des Souveräns (Papstes) bilden, und berufen sein, den
künftigen Papst zu wählen. Dieser Papst wird, wie der größte
Theil seiner Zeitgenossen, nothwendig mehr oder weniger auch
seinerseits mit den italienischen (Nationalitäts-) und
Humanitäts-Principien etränkt sein, die wir jetzt nachgerade in Umlauf
setzen. Es ist ein kleines Senfkorn, das wir der Erde anvertrauen; aber
die Sonne der Gerechtigkeit (!) wird es zur höchsten Größe entwickeln,
und eines Tages werde ihr sehen, welch' reiche Ärnte aus diesem kleinen
Samenkorn ersprossen wird."32)
"Auf dem Wege, den wir unseren Brüdern vorzeichnen, sind große
Hindernisse zu bewältigen und mehrfache Schwierigkeiten zu überwinden.
Mit der Erfahrung und Schlauheit werden wir darüber triumphiren. Das
ziel ist so schön, daß man alle Segel zu seiner Erreichung einsetzen
muß. Ihr wollet Italien revolutioniren? Suchet einen Papst, wie wir ihn
gezeichnet haben. Ihr wollet der Herrschaft der Erwählten 33) auf dem
Throne der babylonischen Dirne befestigen? Machet, daß die
Geistlichkeit unter euerer Fahne einherziehe, und dennoch meine,sie
wandle unter der Fahne der Heiligen Schlüssel. Ihr wollet die letze
Spur der Tyrannen und Unterdrücker austilgen? Spannet euere Netze aus,
wie Simon Barjona, im Inneren der Sakristeien, der Seminar und
Konvente, nicht in der Meerestiefe. Und wenn ihr Nichts stürzet, so
versprechen wir euch einen noch wunderbareren Fischzug, als jenen des
hl. Petrus. Der Fischer wurde Menschenfischer, und ihr werdet sogar zu
den Füßen des apostolischen Stuhles Freunde fislchen. So habet ihr dann
im Netze eine Revolution in Tiara und Mantesl, n deren Spitze das Kreuz
und die große päpstliche Fahne getragen wird; eine Revolution, die nur
kleiner Hilfe bedarf, um das Feuer in allen vier Weltgegenden
anzustecken."
"Somit ziele jeder Akt unseres Lebens auf Entdeckung dieses Steines der
Weisen. Die mittelalterlichen Gelehrten verloren über seiner Aufsuchung
Zeit und Geld. Der Traum der geheimen Gesellschaft (ein
freimaurerischer Papst) wird dagegen aus dem höchst einfachen Grunde in
Erfüllung gehen, weil er auf den Leidenschaften des Menschen beruht.
Lassen wir uns also nicht entmuthigen, weder durch einen einzelnen
Fehlschlag, noch durch einen Umsturz oder eine völlige Niederlage;
schmieden wir unsere Waffen in der Stille der Logen, richten wir unsere
Batterien, hetzen wir alle Leidenschaften auf, die schlechtesten wie
die besten: und Alles berechtigt uns zur Erwartung, daß dieser Plan
einmal, noch über unsere Hoffnungen hinaus, gelingen wird."
Hiermit schließt die geheime Instruktion, welche nur für sehr wenige
Häupter des Geheimbundes bestimmt war, aber zum Glücke den Klerikalen
in die Hände fiel, vielleicht bevor nochder berüchtigte "Nubio" sie
erhielt. Hätte der päpstliche Stuhl nicht mit Regierungen und
übermächtigen regulären Heeren, sondern nur mit dem unterirdischen
Gewürme der Freimaurerei und ihrer Hochgrade zu thun gehabt, so wäre er
auch kein Woche lang im Besitze des Kirchenstaates der freien,
religiösen Regierung gestört worden. Denn kein Kabinet war mit dem
Treiben der Gehimbündler vertrauter, keines hiegegen besser gewappnet,
als das päpstliche. In keinem Volke hatte sodann die Liebe zum Souverän
so tiefe Wurzeln geschlagen, als im Herzen der päpstlichen Uterthanen;
und in diesem Punkte besß die päpstliche Tiara eine Superiorität über
sämmtliche Throne der Erde. Zwei Ursachen trugen dazuwesentlich bei;
einmal die väterlichste Verwaltung und gerechteste Vertheilung der
Lasten, eine natürliche Folge der leitenden christlichen Grundsätze,
und der eigentlichen Grund, warum das Volk am Papse hing und sein Ohr
den freimaurerischen Lügen verschloß; sodann die genaueste Kenntniß der
geheimen Pläne und ihrer letzten Konsequenzen, daher auch der Mittel zu
ihrer Bekämpfung.
Erst durch den Bund mit der Monarchie gelang den finsteren Mächten die
Niederwerfung der weltlichen Herrschaft des Papstes und der Einzug in
Rom. Stolz geworden und auf den internationalen Angriff gegen den
Statthalter Christi pochend, versucht die Freimaurerei jetzt den
koncentrischen Sturm der Gewalt und Papst und Kirche, ist aber auch
damit um Sonnenfernen hin die "Instruktion" von 1818 zurückgeworfen
worden. Was der satanischen List nicht gelang, gelingt der brutalen
Faust erst recht nicht.
Anmerkungen:
1) "Civiltà cattol.," quad. 605, vom 4. Sept. 1875, p.608
2) Im Originaltexte in der "Civiltà cattol" 4 sett.quad.605,
p.598 e segg. - An der Ausarbeitung der "Instruktion" war
höchstwahrscheinlich der thätige Hochgradsmeurer Philipp Bunonarroti,
geb. zu Pisa 1761, Freund Robespierre's, betheiligt.
3) Vendita (Kneipe, apan. Venta)heißt die einzelne Aktionsloge
der italienischen und spanischen Carbonari, d.h. Hochgrads-Maurer.
4) Man beachte, daßdieser Gedanke der politischen Befreiung
Italien und der Welt alsbald in der "Instruktion" verlassen wir, und
einzig die Vernichtung des Papstthums und der christlichen Religions
bis zur letzten Idee als eigentliches Endziel gepredigt wird. Demnach
ist "Unità italiana" nur ein Vorwand zur Beraubung des Papstes gewesen
und der schließliche Plan der Geheimen der unterweltliche Antitheismus,
der allerdings auch politische Folgen hat.
5) Demnach ist der maurerische Dolch als Rächer in bester Form geingestanden.
6) Die vermeintliche Sache Italiens dient also nur als Brücke zur Bekämpfung des Papstthums
7) "Frati" - in Italien Bezeichnung für die Mendikanten-Orden
8) Man beachte die Anerkennung der unzerstörbaren Lebenskraft unserer heiligen Kirche aus solchem Munde.
9) D.h. das kurz vorher wieder in Rom restaurirte Papstthum etwas
mit einem maurerisch gesinnten Oberhirten zu erniedrigen.
10) Sie sehen doch wenigstens ein, daß der Katholicismus allein das konsequent entwickelte Christenthum ist.
11) Die direkten Angriffe des aufrichtigeren Unglaubens in Frankreich,
Deutschland und England haben der Kirche mehr genützt, als geschadet.
Die raffinirteren Hochgrädler Italiens ziehen daher die Heuchelei als
bestes Mittel zur inneren Inficierung des Katholizismus vor. Bei wem
heiligt also der Zweck die Mittel?
12) D.h. im entscheidenden Augenblicke, besonders auf dem Todbette,
bekehrte sich Mancher der Ärgsten. - Man übersehe nicht das hohe Lob
unverrückbarer Festikeit, welches der Gehimbund dem Felsen Petri zu
erkennen muß.
13) Noch bis heute treibt die piemontesische Regierung dieses
heuchlerische Spiel und beweißt hiermit mehr Feinheit, als nordische
Gewaltherrrn miz ihren drastischen Tatzenschlägen.
14) Daher das Schmeicheln gegenüber dem Papste in den Jahren 1848 und
1870, die von Piemont ausgeworfene Cifiliste, das Rufen nach Versöhnung
und einem mattherzigen modus vivendi, welcher zwischen zwei extremen
Mächten ewig unmöglich ist.
15) Ein schönes Geständnis im unbewachten Augenblicke! Also ist doch
ein Eintritt in die Freimaurerei eine Apostasie von Christus. Nun,
gerade das sagten die Päpste seit 1738. Und dennoch wollen unsere
"liberalen" Katholiken immer noch nicht einsehen.
16) Also ein lasterhafter Papst wäre der Loge schon willkommen, vorausgesetzt, daß er zugleich im Glauben irrte.
17) Eine maurerische Insolenz. Wenn Klemens XIV. auch dem Drucke der
bourbonischen Höfe die Jesuiten opferte, so beging er eben nur einen
Akt der Schwäche und falscher Verwaltung, aber keinen Abfall vom
geoffenbarten Glauben.
18) Bei Weitem weniger, als die Freimaurer meinen, denen übrigens diese
"Sittenlosigkeit" hocherwünscht gewesen wäre, wenn sich Un oder
Schwachglaube beigesellt hätte.
19) Welch' ein Zugeständniß für die ungeheure päpstliche Gewalt!
Zugleich denke man die die Huldigungen und Schreckmittel, womit die
Loge von 1846 an unseren allverehrten Pius IX. zum Werkzeuge ihrer
Pläne machen wollte.
20) Immer das alte Spiel. Das mot d'ordre wird den blauen Brüdern als
erleuchtete Privat-Meinung eines ausgezeichneten "Bruders", als
Forderung der Humanität vorgelegt, und der ganze thut dienstbeflissen
mit. Eine Schafheerde unter einem schwarzen Treiber!
21) Welch' schauerlicher Blitzstrahl mitten in der Nacht! Die Loge
fürchtet nur den Klerus, nie und nirgends die Fürsten, die blos
Handlangerdienste im Kampfe gegen die Kirche leisten dürfen. Wir man
endlich den "Kulturkampf" verstehen?
22) Unter dieser systematischen Diskreditierung leiden alle guten
Priester, jeder getreue Beamte. Besonders in Rom, und vollends in den
Jahren 1869 und 1870, war ein Netz von Lügen über jeden treuen Diener
des Papstes ausgespannt, und gerade gute Katholiken wurden mitunter an
den edelsten Prälaten und Offizieren des Papstes irre gemacht.
Ebendaher kommt die in Deutschland häufige Meinung von Korruption der
römischen Kreise.
23) Also die Lüge, ein Hauptmittel der Freimaurerei.Zu ihrem Ziele sind ihnen alle Mittel gut.
24) Die fortgesetzt sakrilegische Entweihung des Sakramentes der Buße
und der Eucharistie war Jahre lang ein Hauptmittel der italienischen,
besonders römischen Geheimen, um die "Späher-Augen" zu bethören. Man
erinnere sich nur an die Tausende, die sich 1847 nach reichlichem
Frühstücke und ohne vorhergegangene Beichte in St. Peter in vincoli Zur
Kommunionbank drängten, um aus der Hand Pius' IX. das Brod der Engel zu
empfangen, d.h. zuentweihen.
25) Also der Dolch für den Ausplauderer! So versteht man die
"politischen Morde" sogar an tiefeingeweihten Geheimbündlern. - Man
beacht übrigends den Ausdruck: "im Beichtstuhle und sonst", wobei
offenbar der Nachdruck auf dem letzten Worte liegt. Denn daß das
Beichtgeheimniß von Seiten des Priesters wohlgesichert ist, wußten die
italienischen Maurer.
26) Daher das Streben nach Laisierung der Unterrichts, nach Schulzwang
und Lehrmonopol des Staates, sobald derselbe liberalisirt, d.h. in den
Händen der Loge ist. - Selbst die Kindheit soll im maurerischen Netze
eingefangen werden. Daher die vielen maurerischen Kinder-Asyle in
Italien bereits vor 1848, und unsere deutschen gleichnamigen Anstalten
die Fröbel'schen Kindergärten...
27) Wohlgemerkt: nicht aus höherr Sittlichkeit, sondern aus purer Politik, "im Interesse der maurerischen Sache".
28) In der That hatten z.B. Gioberti und andere "Brüder" eine große
Zahl von Klerikern in den Seminarien auf diese Weise bethört; die
"Unità italiana" fand auch unter ihnen feurige Anhänger; jetzt
allerdins sind sie Alle ernüchtert und belehrt.
29) Gemeint sind die revolutionären Gewegungen in der Romagna von 1820
und 1821, die vom ungestümeren Theile der Aktions-Loge aus gingen.
30) Dieser Idee diente Gioberti's berüchtigtes Werk "Del primato fisco e morale del Papa in Italia."
31) Daher wollte Karl Albert den Degen gegen den Tedesco ziehen zur
Vertheidiung der weltlichen Herrschaft des Papstes Der Senator Plezza
wollte ein Waffen-Angebot der Lombarden gegen den Tedesco, welcher "den
päpstlichen Staat nicht respektire". Aus Liebe zum Papst haßte
dergiobertisch gesinnte Klerus die Österreicher, ohne zu bedenken, daß
der Krieg Ortes dem Papste galt, und rieth in seiner Verblendung,
allerdings vergeblich, dem Papstezur Theilnahme am "heiligen Kriege." -
Wer denkt hierbei nicht an den Germanismus und Romanismus seit 1870? An
die Nationalisierung des Christenthums in Deutschland? An den
staatskirchlichen und patriotischen Wechselbalg der deutschen
Nationalliberalen?
32) Auf Pius VII. folgten Leo XII., Pius VIII., Gregor XVI. und Pius
IX.; Alle zusammen treue Oberhirten und ein Beweis, daß der gute Maurer
zu rosig in die Zukunft blickte. Christus verläßt Seine Kirche nicht.
33) Der freimaurerische Bundeshäupter. Der dreißigste schottische Grad,
in welchem sich die ganze Freimaurerei koncentrirt, ist der des
Grand-Inspecteur-Grand-Élu, auch Chevalie Kadosch genannt. |