DIE MUTTERGOTTES IM SERBENKLOSTER CHILANDARI
GENANNT "TRICHEROUSA", DlE DREIHÄNDIGE
Unter den hochverehrten Gnadenbildern der orthodoxen Kirche werden
lediglich vier dem Maler-Apostel Lukas direkt zugeschrieben. Es
betrifft dies die wundertätige Muttergottes von Megaspiläon in Morea
(Peloponnes), von Kykky (Zypern), vom Melasberg im einstigen
Kaiserreich Trapezunt an der Schwarzmeerküste und die wohl berühmteste
"Panajia Tricherousa" im Großkloster Chilandari auf dem Athos. Nach der
Legende hat sie der Evangelist Lukas, der als Arzt den Apostel Paulus
auf seinen Missionsreisen begleitete, eigenhändig gemalt. Im 8.
Jahrhundert gelangte sie in den Besitz des bedeutenden ostkirchlichen
Theologen Johannes Damascenus (ca. 670 - ca. 750), der sie wegen ihrer
Heilkraft besonders verehrte. Kein Wunder, wenn er sich mit allen
Mitteln gegen den Bildersturm wandte, der vom byzantinischen Kaiser Leo
III., dem Syrer (717- 741), im ganzen oströmischen Reich mit Gewalt
durchgesetzt wurde. Auf kaiserlichen Befehl ließ der Kalif von Damaskus
dem Bilderverehrer Johannes die recht Hand abhauen, damit dieselbe
keine Streitschriften wider die Ikonoklasten (Bilderstürmer) verfassen
konnte: "Solcherweise wurde die Hand, die zuvor im Kampfe wider die
Feinde des Herrn mit Tinte befleckt war, in ihrem eigenen Blute
gefärbt", berichtet der Hagiograph. In seinem körperlichen und
seelischen Schmerz eilte Johannes Damascenus zur verborgen gehaltenen
wundertätigen Muttergottes, die die abgeschlagene Theologenhand wieder
anheftete und dem Geheilten den Auftrag erteilte, diese Hand "als das
Rohr eines rasch schreibenden Schreibers zu benützen, un Hymnen an
Christus und an die Muttergottes zu verfassen". Als Zeichen der
Dankbarkeit stiftete Johannes eine Silberhand, die er an der unteren
Hälfte der Ikone anbringen ließ. Seither trägt sie den Namen
"Tricherousa", die Dreihändige. Während nahezu 4oo Jahren blieb sie im
Wüstenkloster des Heiligen Sáwa (Sabbas) bei Jerusalem. Im 12.
Jahrhundert gelangte sie an den gleichnamigen Erzbischof Sáwa nach
Serbien. Dieser gründete 1196 die Serbenabtei Chilandari, wo seither
das mit Orden geschmückte Gnadenbild thront.
(Aus: Huber, Paul "Athos, Wundertätige Ikonen", Parkland Verlag Stuttgart) |