DAS SAKRAMENT DER BUSSE
von
H.H. Pfarrer Werner Graus
(Fortsetzung aus EINSICHT XI(2).)
Die Wiedergutmachung: Natürlich müssen wir auch alles Unrecht, welches
wir den Mitmenschen angetan haben, soweit dies möglich ist, wieder
gutmachen. Wenn man z.B. das gestohlene Gut nicht zurückgeben würde,
nachdem man den Diebstahl gebeichtet hat - in dem törichten Gedanken:
Gott hat mir den Diebstahl verziehen, drum kann ich das Diebesgut
behalten -, dann wäre das so, als ob ich es zun zweiten Mal gestohlen
hätte, was eine weitere Sünde wäre. Denn in einem solchen Fall müßte
man an der Aufrichtigkeit der Reue und des guten Vorsatzes zweifeln!
Man macht sich auch schuldig, wenn man gestohlenes Gut nicht sobald als
möglich zurückgibt.
Hören wir wiederum die praktischen Ermahnungen des hl. Pfarrers von
Ars: "Nach dem ihr Gott Genugtuung geleistet habt, muß man auch noch
dem Nächsten Genugtuung leisten für das Unrecht, das man ihm angetan
hat, sei es an Leib oder an der Seele. Ich sage, daß man ihm Unrecht
getan hat an seinem Leibe, d.h. an seiner Person, indem man bald durch
beleidigende und verächtliche Worte schmähte, bald durch schlechte
Behandlung. Wenn ihr das Unglück hattet, ihn zu schmähen durch
beleidigende Worte, so müßt ihr euch bei ihm entschuldigen und euch mit
ihm versöhnen. Wenn ihr ihm Unrecht getan habt, indem ihr seine Tiere
schlüget, was vorkommen kann, wenn diese in der Ernte herumlaufen, so
müßt ihr allen dadurch entstandenen Schaden gutmachen. Wenn ihr ein
Unrecht getan habt, so müßt ihr es sofort gutmachen, sonst seid ihr
schwer schuldig. Wenn ihr vernachlässigt habt, es zu tun (d.h.
möglichst bald gutzumachen), so ist dies eine Sünde und ihr müßt euch
darüber in der Beichte anklagen. Wenn ihr eurem Nachbarn an seiner Ehre
geschadet habt, z.B. durch üble Nachrede, so seid ihr verpflichtet,
ebenso viel Gutes zu sagen, wie ihr vorher Übles geredet habt, indem
ihr alles Gute sagt, was ihr wissen könnt und indem ihr die Fehler
verbergt, die jener vielleicht hat, jene Fehler, die ihr nicht
verpflichtet seid zu enthüllen. Wenn ihr ihn verleumdet habt, so müßt
ihr zu allen jenen Personen gehen, wo ihr falsche Dinge gesagt habt
über euren Nachbarn und ihm sagen, daß alles, was ihr gesagt habt,
nicht wahr ist, daß es euch recht leid tut, und ihr müßt sie bitten, es
nicht zu glauben. Aber, wenn ihr ihm Unrecht an seiner Seele getan
habt, dann ist es noch schwieriger, es wieder gutzumachen - indessen,
man muß es tun, so gut man es kann - ohne all dies wird euch der liebe
Gott niemals verzeihen."
Kräftig sind die Mahnungen des Pfarrers von Ars an jene, die nur sooft
beichten gehen, wie sie nach dem Gesetz der Kirche verpflichtet sind.
Wir nennen sie die "Jährlinge", die dann oft noch sagen: der Herr
Pfarrer kann froh sein, daß ich überhaupt komme. Welche
Geistesverfassung offenbart sich da! Sie ist äußerst bedenklich. Seit
aber
die 'Bußandacht' eingeführt wurde, sagen viele: man geht doch heute
nicht mehr beichten, das ist doch überholt. Wer heute noch beichten
geht, der ist rückständig, Vergeblich sind dann die Mahnungen der
'Bischöfe', die die Beichte angeblich wieder einschärfen wollen,
nachdem diese durch dei sog. Bußandacht praktisch aufgehoben wurde.
Hören wir hier auch die Worte des zum kath. Glauben konvertierten
alt-lutherischen Pfarrers Schnieber: "Ein frommer Mitbruder kam zu ihm
zur Beichte und nun ging auch er bei diesem beichten. Luther selbst
hatte doch gesagt, ohne diese heimliche Beicht hätte ihn der Teufel
schon tausendmal erwürgt. Aber bei den Lutheranern wurde daraus bald
nur mehr eine allgemeine Beichte. Für das Augsburgische Bekenntnis
genügte die private Absolution; das Bekenntnis einzelner Sünden war
nicht nötig. Man begründete dies aus Psalm 18,3: 'Wer
kann merken, wie oft er fehlt. Verzeih' mir alle verborgnen Fehler.'
Niemals jedoch hat die kath. Kirche die Forderung erhoben, die Sünden
zu beichten, an die man sich nicht erinnern kann. Dadurch, daß das
Augsburgische Bekenntnis die Beichte erleichtern wollte, erschwerte es
sie, je versetzte ihr den Todesstoß (Anm.: durch die sog. 'allgemeine
Beichte'). Es ist zweifellos viel leichter, den Weg zur Beichte zu
finden, wenn alle beichten müssen. In der kath. Kirche geht der
einzelne Poenitent in der Masse unter. In der protestantischen 'Kirche'
steht derjenige, der sich zur Privatbeichte entschließt, von
vorneherein im Verdacht, eine besonders schwere Schuld auf sich geladen
zu haben. Und auch der 'andere Zwang', alle schweren Sünden sagen zu
müssen, ist im Grunde eine Hilfe für den Beichtenden; denn nur wer
diesem 'Zwang' folgt, wird durch die Absolution innerlich wirklich
frei. Der "Beichtzwang'ist bei den Protestanten größer als bei den
Katholiken. Für den Protestanten gibt es, vorausgesetzt, daß er die
Ordnung seines Bekenntnisses achtet, keine Abendmahl ohne
vorausgehenden Beichtgottesdienst. Er muß die Beichtrede über sich
ergehen lassen. Im Protestantismus ist die Meinung weit verbreitet, der
Abendmahlsgang tige an sich schwere Sünden. In der Urgemeinde war es
so: wer aus der Gnade fiel und der Gemeinschaft Ärgernis gegeben hatte,
der mußte erst durch das Bußgericht hindurch. Gerade so heute in der
kath. Kirche. Nur, daß das Ganze persönlicher geworden ist und dem
Einzelnen es mehr auf sein Gewissen gelegt ist - eine Wandlung, für die
gerade der Protestant Verständnis haben müßte." Soweit der ehemals
alt-lutherische Pfarrer Schnieber.
Hören wir nun die kräftigen Mahnungen des hl. Pfarrers von Ars an die,
die meinen, sich mit der jährlichen Beichte begnügen zu können: "Wenn
Ostern verlängert wäre bis Pfingsten, so würdet ihr erst an Pfingsten
beichten. Wenn Ostern endlich nur alle zehn Jahre wäre, so würdet ihr
nur alle lo Jahre beichten. Und wenn die Kirche es nicht zu einem
Gebote gemacht hätte, so würdet ihr erst auf dem Sterbebett beichten.
Was denken Sie darüber, mein lieber Freund? Ist es nicht so, mein
Freund, daß weder das Bedauern, Gott beleidigt zu haben, euch zur
Beichte veranlaßt, noch die Liebe zu Gott es ist, die euch eure Ostern
halten läßt? - Ah, werdet ihr mir sagen, da ist schon ein Grund da, wir
machen es doch nicht, ohne zu wissen warum! - Oh, ihr wißt gar nichts;
ihr tut es aus Gewohnheit, um sagen zu können, daß ihr eure Ostern
gehalten habt, oder, wenn ihr die Wahrheit sagen würdet, so müßtet ihr
sagen, daß ihr zu euren früheren Sünden eine weitere Sünde hinzugefügt
habt. Es ist also weder die Liebe zu Gott, noch das Bedauern, Ihn
beleidigt zu haben, die euch veranlassen, zu beichten und eure Ostern
zu halten, noch der Wunsch, ein christliches Leben zu führen. Und hier
ist der Beweis: wenn ihr den lieben Gott wirklich lieben würdet,
könntet ihr dann einwilligen, so leichtfertig zu sündigen und mit
soviel Freude? Wenn ihr einen Abscheu vor der S-nde hättet, könntet ihr
dann die Sünden ein Jahr lang auf eurem Gewissen ruhen lassen? Wenn ihr
wirklich den Wunsch hättet, ein christlicheres Leben zu führen, würde
man dann nicht wenigstens eine ganz kleine Änderung in eurer Art, zu
leben, sehen? Nein, meine Brüder, ich will heute nicht zu euch sprechen
von jenen Bedauernswerten, die nur die Hälfte ihrer Sünden bekennen,
aus Furcht, daß sie sonst nicht die Ostern halten könnten, weil sie
weggeschickt würden! Vielleicht wollen sie ihr schändliches Leben mit
dem Schleier der Tugend zudecken und in diesem Zustand nahen sie sich
noch dem hl. Tisch und essen ihre Verwerfung in sich hinein, die ihren
Gott dem Dämon ausliefern und ihre verfluchte Seele in die Hölle
ausspeien. Nein, ich wage zu hoffen, daß dies nicht auf euch zutrifft;
aber ich muß euch sagen, daß diese Jahresbeichten nichts an sich haben,
was euch beruhigen könnte."
Zum Schluß das Reuegebet Davids:
"Erbarme dich meiner, o Gott, nach deiner Liebe,
nach deiner reichen Güte tilge meine Missetat.
Wasche mich gänzlich rein von meiner Schuld
und reinige mich von meinen Sünden;
denn ich erkenne meine Frevel,
und meine Sünde steht vor mir immerdar.
An Dir allein habe ich gesündigt
und getan, was böse in deinen Augen.
Ein Opfer für Gott ist ein zerknirschter Geist.
Eine zerknirschtes und zerschlagenes Herz verschmähe nicht o Gott."
GOTT, SEI MIR ARMEN SÜNDER GNÄDIG! MEIN JESUS BARMHERZIGKEIT!
SPRÜCHE DER VÄTER:
Man erzählte von Abbas Sisoes: Als es mit ihm ans Sterben ging, seien
die Väter bei ihm gesessen, und sein Antlitz habe geleuchtet wie die
Sonne. Und er habe zu ihnen gesagt: "Seht, Abbas Antonios ist
gekommen!" Und nach einer kleinen Weile: "Seht, der Chor der Propheten
ist gekommen!" Und dann sei sein Antlitz noch leuchtender geworden, und
er habe gesagt: "Seht, der Chor der Apostel ist gekommen!" Darauf sei
sein Antlitz doppelt so strahlend geworden, und es habe ausgesehen, wie
wenn er mit jemandem rede. Da hätten ihn die Altväter gefragt: "Mit wem
redest du, Vater?" - "Seht, Engel sind gekommen, um mich mitzunehmen,
und ich bitte sie, mich noch ein wenig Buße tun zu lassen." "Du hast
nicht nötig, Buße zu tun, Vater." "Ich bin mir wirklich noch nicht
bewußt, daß ich angefangen habe." - Da verstanden alle, daß er
vollkommen war. Plötzlich wurde sein Antlitz wieder wie die Sonne, und
alle fürchteten sich. Er aber sprach: "Seht, der Herr ist gekommen und
sagt: 'Bringt mir das auserwählte Gefäß der Wüste!'" Und sogleich habe
er den Geist aufgegeben. Wie ein Blitz sei es geschehen, und der ganze
Ort sei von Wohlgeruch erfüllt worden.
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