RELIGIÖSER GLAUBE UND GEISTIGE GESUNDHEIT
Predigt von H.H. Pfarrer O. Baker
vom 2. Sonntag nach Ostern 1980 in der Presbytery Chapel in Downham Market, England
übers. von Elisabeth Weiler
"Jesus kam und stand in ihrer Mitte und sagte zu ihnen: 'Friede sei mit
euch'." Unser Herr benutzte das Wort "Friede" nicht in dem modernen,
propagandistischen Sinn als 'Abwesenheit von Konflikt'. Denn für die
Guten ist das Leben immerwährender Kampf mit dem Bösen. Der Kampf
dauert das ganze Leben, erst gegen die Sünde und daraus folgend gegen
das Böse in al]/en seinen Formen. Da die letzte Sanktion jeden Gesetzes
die physische Gewalt ist, muß der Krieg immer eine furchtbare
Möglichkeit bleiben, gleichgültig, welche Waffen entwickelt sind. Der
kommunistische Feind in seinem Vorhaben, die Welt zu versklaven,
propagiet 'Frieden', um durch diese List seine künftigen Opfer in Ruhe
und Trägheit einzulullen, und viel zu viele lassen sich täuschen.
Der Friede, den unser Herr seinen Jüngern verheißt, ist der Friede des
Geistes, unabhängig von den äußeren Umständen und Ereignissen. "Frieden
hinterlasse ich euch: nicht wie die Welt ihn gibt, gebe ich ihn euch.
Euer Herz beunruhige sich nicht". Wirlicher Friede des Geistes ist
selten. Die Kunst der wahren Entspannung ist verloren gegangen. Wir
merken nicht mehr, wie sich der Lauf unseres Lebens beschleunigt hat.
Ständige Übererregung vergiftet den Körper, verursacht Ermüdung und
Gemütskrankheit. Unordnungen im Gefühlsleben sind überall um uns und in
Gradunterschieden auch in uns. Ein gewisses Maß an Sotge ist normal und
unvermeidlich. Auch für denjenigen, der eine glühende und heroische
Liebe zu Christus hat, sind unfreiwillige Gefühle von Angst oder
Entmutigung natürlich und unvermeidbar. Aber sie können in Grenzen
gehalten werden. Vertrauen in Gott und Hoffnung auf den Himmel sind die
einzigen wahren Quellen der Heiterkeit, Ausgeglichenheit, Geduld und
Beharrlichkeit. Wenn Glaube und Religion fehlen, werden die Menschen
unfähig die Mühen des Lebens zu ertragen.
Religiöser Glaube hat einen wesentlichen Einfluß auf die geistige
Gesundheit. Die Religion befähigt uns, die Prioritäten richtig zu
setzen. Eine religiöse Einstellung befähigt uns, aus unseren Fehlern zu
lernen und deren Kritik zu akzeptieren. Kritik einsichtig anzunehmen,
ist ein Zeichen von Reife und von Demut. Wir sind zu schnell bei der
Hand, unser eigenes Verhalten zu entschuldigen und bei weitem nicht so
schnell bereit, das Verhalten anderer zu entschuldigen. Die
Bereitschaft, andere zu entschuldigen, ist ein Zeichen von Liebe und
Demut und daher von echter geistiger Gesundheit. Selbstgefälligkeit
dagegen ist oft die Ursache geistiger Unausgeglichenheit und Krankheit.
Die Nachfolge Christi sagt uns: "Nichts von uns selbst zu denken und
immer gut und hoch über andere zu urteilten, ist große Weisheit und
Vollkommenheit."
Eine gültige Probe für das Stadium unserer geistigen Gesundheit ist
unsere Haltung gegenüber anderen. Behandeln wir in wirklicher Liebe
jeden anderen als eine Person, die Wert und Bedeutung vor Gott hat. So
zu handeln war ein allgemeines Merkmal der Heiligen. Wenn wir zu
beschäftigt sind mit uns selbst und unserem eigenen Ansehen, werden wir
anderen nur oberflächliche Beachtung schenken und unfähig sein, uns in
die Gefühle der anderen zu versetzen, wir werden nicht in der Lage
sein, höflich und aufmerksam zuzuhören, ohne zu unterbrechen. Wenn wir
selbst geistig gesund sind, werden wir wirklich und aufrichtig uns der
Gefühle anderer annehmen.
Viele Faktoren tragen bei zum Stand unserer geistigen Gesundheit.
Veranlagung, Umweltbedingungen in der Kindheit, Führung in der Jugend,
das Maß der Freiheit, das man hatte - aber der wichtigste Faktor für
unsere geistige Gesundheit ist das Gewissen. Die wirksamste Hilfe,
geistige Gesundheit zu erlangen, ist ein gutes, wohlgeformtes Gewissen,
nicht nur rein, sondern auch richtig. Genau wie unser Verstand lange
und sorgfältige Übung braucht, bevor er befähigt ist zu seinen
besonderen Funktionen, die Wahrheit zu erkennen und richtig zu urteilen
- und auch dann muß er sich vor Irrtum hüten und oft die Hilfe anderer
in Anspruch nehmen - so muß auch unser Gewissen an Richtlinien geformt
und in Genauigkeit und Feinfühligkeit geübt werden.
Eine Verletzung des Gewissens verursacht Schuldgefühle, und solange
diese andauern, inneren Schaden. So haben Lügen einen schädigenden
Einfluß auf unsere allgemeine Gesundheit. Wenn man eine Unwahrheit sagt
- wir kennen das Gefühl des Bewußtseins zu lügen, zusammen mit der
Hoffnung, daß es nicht entdeckt werden kann und der besonderen
Anstrengung dabei glaubwürdig zu wirken - ist unser ganzes Nervensystem
betroffen, Spannungen entstehen, welche die Funktionen unserer
lebenswichtigen Organe beeinflussen können und innere Konflikte werden
hervorgerufen mit unmittelbarer Wirkung auf unsere geistige Gesundheit.
Wir können uns selbst täuschen. Das Reich des Gewissens ist leider auch
anfällig für das Eindringen von Schwindel, Doppeldeutigkeit, Betrug,
Verneinung und berechnender Heuchelei. Denn die menschliche
Verderbtheit wird versuchen, sich selbst zu rechtfertigen, indem sie
ihre Vorurteile, Launen oder sinnlichen Wünsche als Forderungen des
Gewissens ausgibt. Wir tragen in uns einen irreführenden Einfluß in
Form unserer ungeordneten Leidenschaften, welche dazu neigen, unser
höheres Streben zu beherrschen und unser Gewissen zu täuschen.
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