SOG. 'CHRISTLICHE' POLITIKER ZUR GEFORDERTEN ÄNDERUNG
DES ABTREIBUNGSPARAGRAPHEN § 218
(zitiert nach SB 4/83 und 5/83 vom 3.2.83)
Dr. Heiner Geißler, z.Zt. Familienminister in der CDU/CSU -F.D.P.
Regierung: "Eine Änderung dieses Paragraphen (§ 218) ist nicht
vorgesehen." (BRIGITTE vom 3.11.1982) Prof. Dr. Hans Maier, Bayerischer
Kultusminister und sog. Präsident des Zentralkomitees deutscher
(Reform)'Katholiken' erklärte in einem Interview mit KNA im November
1982 auf die Frage nach den Aussichten auf eine "Verbesserung des
Abtreibungsparagraphen" nach den Bundestagswahlen am 6. März: "Diese
Frage muß die FDP beantworten!" - Die FDP habe eine "gewisse
Glaubwürdigskeitslücke und müsse sich zu dieser Frage recht deut lieh
äußern". Dies hat die FDP inzwischen mit dem Vorschlag für die
Fristenlösung getan. Anm.d.Red.: In Ihrem Wahlprogramm betont sie
ausdrücklich, daß sie gegen jede Revision des derzeit geltenden
'Rechtes' ist.
Dr.h.c. Franz Josef Strauß, bayerischer Ministerpräsident und
CSU-Vorsitzender erklärte 1981 in einem Brief an einen Leser (des SB):
"Meine grundsätzliche Haltung zu § 218 StGB ist bekannt. Sie hat sich
nicht geändert. Ich habe mich zu jeder Zeit und mit allem Nachdruck für
einen wirksamen Schutz des ungeborenen Lebens eingesetzt. Ich wende
mich gegen den Mißbrauch des bestehenden Rechtszustandes, wie er durch
die Gesetzesänderung geschaffen wurde, wobei ich vor allem an die
Leichtfertigkeit im Umgang mit dem Begriff der sozialen Indikation
denke. Hier gilt es in der Tat, die Augen offen zu halten und die
weitere Entwicklung aufmerksam zu verfolgen. Ein entscheidender Wandel
wird sich indessen nur herbeiführen lassen, wenn wir zu der Einsicht
zurückfinden, daß die Achtung vor dem ungeborenen Leben in Wahrheit
nichts anderes ist als die Frage nach der Würde des Menschen überhaupt.
(...) Eine kurzfristige Novellierung der vom Willen der Bonner
Koalitionsmehrheit getragenen gesetzlichen Bestimmungen des § 218
allein wäre jedenfalls bei den gegebenen Mehrheiten aussichtslos.
Außerdem muß ein bestimmter Zeitraum der Erfahrung vorliegen. Gelingt
es nicht, dem Mißbrauch der Sozialen Indikation abzuhelfen, sind
weitere Überlegungen erforderlich. Auch dem christlichen Politiker, für
den die strengen kirchlichen Normen wesentliche Orientierungspunkte
sind, bleibt aufgegeben, bei seinem Handeln die jeweilige konkrete Lage
angemessen zu berücksichtigen." (Brief vom 5.2.1981 - Unterstreichungen
von der Red.) - Die CSU und ihr Vorsitzender haben sich bis heute nicht
von Geißlers Äußerungen distanziert noch in ihrem Wahl-Programm eine
Revision des ß 218 angekündigt.
Schroiff, Chef des Bundeskanzleramtes, im Auftrag des z.Zt. noch
amtierenden Bundeskanzlers Dr. Helmut Kohl an eine kath. (?)
Wählergruppe am 2o.12.82: "Der Bundeskanzler hat mich gebeten, Ihnen
und den Mitunterzeichnern für Ihr Schreiben vom 27.11.82, in dem Sie
sich für einen besseren Schutz des ungeborenen Lebens einsetzen, zu
danken. Ihre Sorge wird von vielen Bürgern geteilt, die sich in diesen
Tagen ähnlich wie Sie an den Bundeskanzler wenden und ihre Überzeugung
zum Ausdruck bringen, daß die geltenden gesetzlichen Vorschriften mit
dem Gebot, Leben zu schützen, nicht vereinbar seien. (...) Sie dürfen
davon ausgehen, daß die Bundesregierung diese Einwände ernst nimmt und
daß sie der Frage, wie das ungeborene Leben am besten geschützt werden
kann, hohe Bedeutung beimißt. (...) Aus diesem Grund ist in der
Bundesregierung eine Arbeitsgruppe der betroffenen Ministerien gebildet
worden, die sich mit dem Gesamtkomplex 'Lebenshilfe / Abtreibung'
befaßt. (...) Den Überlegungen der Arbeitsgruppe sollte nicht
vorgegriffen werden." - Eine Gruppe von Katholiken (?), angeführt von
Thomas Thamm aus Twisteringen hat Kohl aufgefordert, die gesetzlichen
Vorschriften des ß 218 zu ändern und ihn gleichzeitig gebeten, sich in
eine Unterschriftenliste einzutragen, mit der für eine Änderung des
Abtreibungsgesetzes geworben wird. Der Bundeskanzler ließ diese
Petition vom Bundesjustizministerium (F.D.P. - s.o.!) negativ
beantworten.
Hans-Jochen Vogel, 'kath.' Spitzenkandidat der SPD, schrieb als
Bundesminister der Justiz am 9.4.1979 an einen Wähler: Es "bestand
zwischen den gesetzgeberischen Vorstellungen, die der Bundestag
schließlich in Kraft gesetzt hat, und dem Entwurf der Opposition
(CDU/CSU) in der Frage, unter welchen Voraussetzungen Unterbrechungen
zulässig sein sollen, kein ins Gewicht fallender Unterschied." - Jetzt
wirbt Vogel mit einem Kind an der Hand für die Abtreibung!!! (Welche
Perversion!)
***
THEOLOGEN BESTÄTIGEN:
KIRCHE IST MATERIELL AN DEN ABTREIBUNGEN BETEILIGT
(Aus der Sicht eines konserv. Reformers: "DER SCHWARZE BRIEF" 17.Jg.,Nr.48; 2.12.82)
Nachricht: Eine Reihe katholischer Theologen, von denen einige auch die
Deutsche Bischofskonferenz beraten und für sie Gutachten erstellen,
räumen ein, daß der von kirchlichen Stellen ausgestellte
BeratungEBchein für Schwangere eine "materielle Cooperation" für das
Abtreibungsverbrechen darstellt. Während glaubenstreue Theologen diese
Beteiligung als "objektiv verwerflich" bezeichnen, wird sie von
Fachberatern der Bischöfe legitimiert, da es sich angeblich nur um eine
Beratungstätigkeit handele und darüber hinaus eine Chance eröffne,
Leben zu retten.
Hintergrund: Die theologische Bedeutung der Beratun&scheine wurde
von der Kirche bisher mit einem Tabu belegt, da offensichtlich auch die
Bischöfe innerlich nicht davon überzeugt sind, daß die Ausstellung von
Ber.atu.ngsscheinen theologisch zu rechtfertigen sei. Die "Bewegung für
das Leben" hatte in einer Dokumentation (der SB berichtete ausführlich)
nachgewiesen, daß der Beraturgsxhein der katholischen Kirche die
gesetzlich geforderte Voraussetzung für die Tötung ungeborener Kinder
ist. Bei den Mitarbeitern der Caritasverbände hat inzwischen eine
Diskussion darüber begonnen, ob diese Beratungstätigkeit nicht der
Caritasarbeit langfristig Schaden zufüge.
Moraltheologen, die die Bischöfe beraten, leugnen zwar nicht mehr, daß
hier eine "materielle Cooperation" vorliegt, billigen die Beratung
jedoch, weil es sich nur um eine Beratungstätigkeit handele, die nichts
darüberhinaus aussage. Dies soll die Haltung von Prof. Böckle sein.
Prof. Gründel verteidige die Arbeit der Beratungsstellen mit dem
Argument, ihre große Bedeutung liege in der Chance, mit ihrer Hilfe
Leben zu retten. Dagegen wird von glaubenstreuen Theologen die Frage
gestellt, ob dafür die Ausstellung eines Beratungsscheins notwendig
sei. Die Argumentation der Bischofs-Theologen beruht auf der
fragwürdigen Theorie, daß jedes sittlich bedeutsame Tun auf
Güterabwägung beruhe, es also praktisch nichts gebe, was in sich
sittlich verwerflich sei. Auf dieser Linie liegen u.a. Prof. Böckle,
Prof. Gründel, Prof. Schüller und in etwa auch Prof. Auer.
Auf der Gegenseite vertreten z.B. Prof. ür. Johannes Bökmann und Prof.
P.Dr. Anselm Günthör OSB die Meinung, daß objektiv eine direkte
materielle Beteiligung am Abtreibungsmord vorliege. Aus juristischer
Sicht stimmt dieser Auffassung auch Bundesverfassungsrichter Geiger zu.
Prof. Bökmann nennt als weiteren, theologisch bedenklichen
Hauptursachenpunkt, daß eine "Art psychologischer Beratuigsideologie
von der Auffassung ausgeht, man habe die Frau zu einer 'freien
Gewissensentscheidung' zu führen". Es sei unhaltbar, gegenüber schweren
objektiv sittlichen Forderungen von angeblich generell freien
"Gewissenentscheidungen" zu reden. Ein "freier Gewissensentscheid" zum
Mord würde einem "verabscheuungswürdigen Frevel" (so nennt das II.
Vatikanum die Abtreibung) noch mit dem "Würdetitel einer ethisch
hochwertigen und verantworteten Tat" auszeichnen. Tatsächlich lassen
Äußerungen der für die Beratungsstellen Verantwortlichen erkennen, daß
sie mit ihrer Arbeit zufrieden sind, wenn die schwangeren Frauen, die
sich in "freier Entscheidung" gegen ihr Kind stellen, dann wenigstens
wissen, warum sie es tun.
Kommentar: Die der gültigen katholischen Lehre folgenden Theologen
lassen keinen Zweifel daran, was von einer solchen Pseudomoral zu
halten ist. Sie verweisen auf die Hl. Schrift, die bei solchen
Kapitalverbrechen von "Greuel" spricht, deren Verwerflichkeit nun mit
der zynischen Lüge "veredelt" werden soll, es handele sich ja um die
freie Gewissensentscheidung eines "mündigen katholischen Laien". Die
Bischöfe müssen nun im wahrsten Sinne des Wortes "höllisch" aufpassen,
daß sie nicht wider Willen in eine totale Pervertierung aller
Sittlichkeit verstrickt werden, die sie nie und nimmer mitvollziehen
können. (...)
aus DER SCHWARZE BRIEF: Ordinariat Essen: Kein Geld für "Aktion Lebenschance" - Beratungs-Konzept entspricht nicht dem der katholischen Beratungsstellen. (SB, Nr.7/83)
Nachricht: Der Generalvikariat
des Bistums Essen hat am 12. Januar erklärt, die Kölner "Aktion
Lebenschance" - Studienkreis für Fragen unerwünschter Schwangerschaft"
e.V. habe seit 1981 von den Bistümern in Nordrhein-Westfalen keine
finanziellen Mittel mehr erhalten, da sich die Beraterin der Aktion
nicht an das Beratunskonzept der katholischen Caritas-Beratunsstellen
halte. Bis 1981 hatte die "Aktion Lebenschance" pro Jahr DM 5oooo von
den Bischöfen erhalten.
Hintergrund: Mit dieser
Erklärung widerspricht das Essener Ordinariat der Auffassung von
Generalvikar Feldhoff, Köln, der die Sperrung des Zuschusses mit dem
Hinweis begründet hatte (SB Nr. 5/83), die Ordensleitung der
Salvatorianerinnen in Kerpen-Horrem hätte seit Monaten nicht mehr die
Verantwortung für die Kontrolle der Mittel übernehmen wollen. Schon
lange ist die Leiterin der Aktion, Schwester Carmen - sie tritt in der
Beratung der Schwangeren als Frau Leber in Erscheinung -, den
kirchlichen Behörden ein Dorn im Auge, weil ihre Beratung nicht in die
offiziellen Methoden paßt. Schwester Carmen kämpft - im wahrsten Sinne
des Wortes - um jedes ungeborene Leben - und sie tut das nun schon zehn
Jahre lang. Dabei setzt sie, wenn es sein muß, auch Mittel ein, die in
den Caritas-Beratunsstellen verpönt sind, z.B. als letztes Mittel das
Zeigen von Fotos getöteter Embryos. Aber das kommt nur ganz selten vor.
In den meisten Fällen gelingt es Schwester Carmen, die schwangeren
Frauen durch ihren persönlichen Einsatz zu überzeugen. Eine nicht
unwichtige Rolle spielt auch das Anbieten von Hilfen
unterschiedlichster Art.
Bemerkenswert: Inzwischen
scheint auch die Ordensleitung in Horrem die Arbeit von Schwester
Carmen eher negativ zu beurteilen. Dazu schreibt Domkapitular Franz
Grave im Auftrag von Bischof Hengsbach am 12.1.83 an Dr. Alfred
Messing, Geschäftsführer der Sozialen Beratungs-und
Forschungsgesellschaft "Insel fürs Leben": "Es dürfte Ihnen bekannt
sein, daß selbst die Führung des Ordens der Salvatorianerinnen dem
Beratunskonzept von Sr. Carmen kritisch bis negativ gegenübersteht. Die
Leitung des Ordens der Deutschen Provinz der Salvatorianerinnen teilte
am 1. März 1982 dem Erzbischof von Köln, Herrn Kardinal Joseph Höffner
mit, 'Daß sie sich mit der Arbeit von Sr. Carmen nicht identifiziert'
und auch 'inhaltlich nicht verantworten könne1. Der Orden wies darauf
hin, daß er Sr. Carmen auf Veranlassung der Generalleitung zwar für
diese Tätigkeit als Beraterin freistelle, 'weil Sr. Carmen sich dazu
persönlich berufen glaubt', die Verantwortung für die Arbeit in der
'Aktion Lebenschance' aber von den Diözesen übernommen werden müsse.
Nach eingehender Beratung - gestützt auf ausführliche Informationen des
Belegenheitsbistums Köln - sah sich die Konferenz der Bischöfe und
Generalvikare am 18. März 1982 nicht mehr in der Lage, durch
Bereitstellung "überdiözesaner Haushaltsmittel das Beratungskonzept von
Sr. Carmen zu fördern und zu verantworten."
Dr. Messing hatte dem Bischof angekündigt, er werde wegen der
"Zwiespältigkeit der Haltung der Bischöfe" in dieser Sache seinen
Mandaten raten, die Kirchensteuer zu kürzen, wenn der "Aktion
Lebenshilfe11 nicht mehr geholfen würde. Domkapitular Grave fand diese
Drohung "im Kern für erpresserisch". Gleichzeitig zeigte sich der
Domkapitular "froh" darüber, daß die kirchliche Aktion "Für das Leben"
in ihrer Öffentlichkeitsarbeit "bewußt auf Methoden wie die der
sogenannten Schocktherapie verzichtet". Damit würde "Betroffenen der
Weg zur Beratungsstelle eher versperrt und auf die seelische Not der
Ratsuchenden zu wenig Rücksicht genommen". |