DER HL. PAPST PIUS X. AN MGR. GEREMIA BONOMELLI
(...) Ein anderer Schmerz, der mich viel mehr erregt und mich in Angst
versetzt, ist die erschreckende Verbreitung des Modernismus, besonders
bei den Welt- und Ordensgeistlichen. Bei den wenigsten handelt es sich
um theoretischen, bei den meisten aber um praktischen Modernismus, der
dieselben Folgen wie der erstere nach sich zieht: Schwächung und
schlidilich völliger Verlust des Glaubens. Oh! dies ist der
schrecklichste Gegner, welcher der Kirche und dem Papst zusetzt. Die
Gutgesinnten müssen ihn bekämpfen, um das Glaubensgut rein zu bewahren
und so viele Seelen, die in ihr Verderben rennen, zu retten. Bitten wir
den Herrn, Er möge Seiner Kirche bessere Zeiten gewähren. In großer
Liebe verbleibe ich
Ihr Pius PP. X. Im Vatikan, den 10. Juli 1913
DER HL. PAPST PIUS X. AN PATER LUCA VON PADUA, O.F.M.
Lieber Pater!
Ich danke Dir, daß Du Dich bereit erklärt hast, den hochwürdigsten
Pater General, den Apostolischen Prediger, für die Predigten der
kommenden Fastenzeit zu ersetzen. Es scheint mir gut, Dich darauf
aufmerksam zu machen, daß die Zuhörer, denen Du das Wort Gottes
verkünden sollst, weder lange Beschreibungen, noch Rednerblüten, noch
Komplimente zu hören lieben, wie es oft in vergangenen Zeiten
gebräuchlich war. Sie wünschen vielmehr, man spreche (natürlich mit
Zartgefühl) über ihre Pflichten und betrachte mit ihnen die
Glaubenswahrheiten. Daher keine langen Einführungen, um das Interesse
zu wecken, keine Apologetik, um Irrtümer zu widerlegen, wohl aber gute,
logische Vernunftbeweise, um eine Wahrheit zu beleuchten, oder eine
moralische Anwendung über das Tagesevangelium oder ein anderes
derselben Woche. Kurz, eine schöne, geordnete Betrachtung, wie man sie
zu Exerzitien hält. (...) Sollte jemand bemerken, Du entfernst Dich
allzusehr vom Üblichen, antworte ruhig, es sei dies der Wunsch dessen,
der nicht wünscht, daß die Prediger prurientes auribus
(Ohrenschmeichler) seien. (...)
Den 13. Januar 1909 Pius PP. X.
(aus Vian, Nello: "Briefe des heiligen Pius X." Freiburg 196o, S.220 f. u. S.241.) |