"STURMWOLKEN ÜBER DER GANZEN WELT"
von
Dr. Eberhard Heller
Solche sieht Herr Walter L. Matt / U.S.A., Herausgeber der Zeitschrift
THE REMNANT ("Der Überrest"), in den von Erzbischof Ngo-dinh-Thuc und
Mgr. Cannona gespendeten Bischofsweihen und beschreibt sie seinen
Lesern in der Nr.13 vom 31.7.82 seiner Zeitschrift. Es ist klar: vor
"Surmwolken über der ganzen Welt" (wie Herr Matt seinen Artikel
betitelt hat,den Frau Gladys Resch dankenswerterweise für uns übersetzt
hat) warnt man. Wir würden das auch tun. Unsere "Sturmwolken" heißen:
Hochmut, Stolz, Hinterhältigkeit, Verschlagenheit, Dummheit, Faulheit,
Feigheit, Machtstreben, Haß. Sie haben fast die ganze Welt mit tobender
Finsternis überzogen.
Um es vorwegzunehmen: Herrn Matts Argumentation, die sich auf einen
Brief seines Parteigängers Michael Davies / Groß-Britannien stützt,
bewegt sich auf einer anderen Ebene als die von Mgr. Lefebvre, der
eigentlich die Ebenen immer wechselt. Er hat zumindest einmal gewußt,
daßes sich bei den sog. Reformen um "einen totalen Umsturz der
traditionellen Lehre der Kirche, die sich seit dem Konzil und durch das
Konzil vollzogen hat", handelt. Herr Matt weißdas bis heute nicht. Für
ihn bleibt, abgesehen von einigen beklagenswertenÄnderungen, die er
kritisiert, eigentlich alles beim Alten. Er schreibt: "Was den REMNANT
betrifft, so muß ich nochmals die Tatsache hervorheben, daß, obwohl wir
oft gegenüber unseren Bischöfen und manchmal auch dem Papst gegenüber
sehr kritisch waren und noch sind, und zwar in dem, was uns als
gefährliche Richtungen und erscheint in der Ausübung ihres hohen Amtes,
so trennen wir uns trotzdem von jenen Sedisvakanz-Anhängern". Für ihn
bleibt Mgr. Wojtyla "tatsächlich unser Heiliger Vater, ganz gleich, ob
er nach unserer privaten Einschätzung gut oder schlecht ist".(N.B.
genau diese private Einschätzung ist nie unser Problem (gewesen)! Ein
schlechter Papst ist ein Ärgernis für die Kirche, das die Gläubigen in
Demut und Geduld tragen und aushalten müssen. Uns geht es um die
Klärung, ob die Person Wojtyla, die die Cathedra Petri besetzt hält,
überhaupt Papst ist oder nicht, und wenn nicht, wie er von dort zu
deponieren ist.)
Aus dieser Grundeinstellung, daßnämlich die Kirchenstruktur intakt ist,
muß man auch Herrn Matts Warnungen vor den "Sturmwolken" verstehen, die
sich auf folgende Bedenken abstützen:
1. Die Bischöfe Guerard des Lauriers,
Carmona, Zamora, ebenso Mgr. Musey - von den anderen wußte Herr Matt
noch nichts -, werden auf eine Stufe mit den Palmar-Bischöfen gestellt,
weil sie vom gleichen Konsekrator, nämlich Erzbischof Ngo-dinh-Thuc,
geweiht worden waren, der doch angeblich seine Weihen in Palmar bereut
und sich mit Rom wieder ausgesöhnt hatte.
2. Durch die Weihen, die ohne päpstliches Mandat gespendet wurden,
haben sich die Beteiligten ins Schisma begeben. Herr Matt: "Natürlich
können solche Prälaten und Priester eine gültige Messe lesen, aber die
Lehre der Kirche ist, daß'jeder, der sich einer öffentlichen
schismatischen Handlung schuldig macht (...), ipso facto exkommuniziert
ist'".
3. Mit der Feststellung ("DECLARATIO"), daßder Stuhl Petri vakant ist,
"hat der Erzbischof (Ngo-dinh-Thuc) tatsächlich den Papst entthront und
eine Kirche oder Sekte nach seinem eigenen Ermessen gegründet."
4. "Es ist auch keineswegs erwiesen, daß die 'neu' in Eile geweihten
Bischöfe gültig geweiht sind, weil die Kirche seit langer Zeit
verlangt, daß drei Bischöfe bei einer Weihe eines neuen Bischofs
zusammenwirken sollen." "Nur Gott allein weiß, ob es dem bejahrten
Erzbischof Thuc bei all seinen guten Absichten ohne solche
Mit-Weihenden tatsächlich gelungen ist, irgend einen dieser Priester
wirklich zur Bischofswürde zu erheben."
5. Msgr. Lefebvre hat sich niemals der Exkommunikation schuldig
gemacht. Auch hat er "niemals, so wie mir (d.i. Herrn Matt) bekannt
ist, einen seiner Priester zu einem Bischof geweiht oder versucht zu
weihen."
Die restlichen Ausführungen des umfangreichen Beitrags betreffen Persönliches, auf das ich nicht einzugehen brauche.
Als "Sedisvakantist" will ich versuchen, auf die angeführten Punkte "vernunftgemäß" einzugehen:
Zum 1. Vorwurf: Es genügt der
Hinweis, daßMgr. Guerard des Lauriers, Mgr. Carmona, Mgr. Zamora und
die anderen Bischöfe seit Jahren öffentlich im Widerstand gegen die
sog. 'Reformen' stehen, sich darin bewährt haben und sich zu den
anstehenden Problemen detailliert geäußert haben. Ich glaube, es gibt
wohl keinen Bischof, der genauer darüber wacht, daßauf unserer Seite
keine Kompetenzüberschreitungen geschehen, als Mgr. Guerard des
Lauriers! - Dieser zweite Hinweis noch für aufmerksame Leser: Als die
Weihen von Palmar de Troya bekannt wurden, begann weltweit eine
Kampagne - vom Vatikan und Econe mitgetragen -, um die Palmarianer
lächerlich zu machen, wozu zunächst nicht unmittelbar Anlaß war.
Natürlich fand dann bald jeder Reporter in dem aufblühenden Unund
Irrsinn sein gefundenes Fressen. Nach den jetztigen Weihen gibt es
keine Kampagne - außer der gehässigen von P. Barbara, der sich nicht
einmal scheut, die beschränkten materiellen Verhältnisse von Mgr.
Ngo-dinh-Thuc lächerlich zu machen! Man möchte sie seitens des
'Vatikans' einfach verschweigen, weil die Geweihten eben nicht vom
Kaliber der Palmarianer sind und weil die ganze Angelegenheit indirekt
die 'reformerische' Szenerie nicht gerade günstig beleuchten würde.
Zumindest 'Rom' verrät mit dieser veränderten Taktik, daß es die neuen
Weihen nicht mit denen der Palmarianer auf eine Stufe stellt.
Zum 2. Vorwurf: Wenn es sich
bei den Reformen des II. Vatikanums nur um schlechte, d.h. ungeeignete,
und bei Paul VI. und seinen Nachfolgern nur um schlechte Päpste
gehandelt hätte - wie Herr Matt annimmt -, dann hätten die Weihen in
der Tat nicht erfolgen dürfen (vgl. CIC, can. 953). Alle Beteiligten
wären dann zu recht von ihrem Amt suspendiert worden (vgl. CIC,
can.237o). In einem solchen Fall hätten sich aber ebensowenig Mgr.
Guerard des Lauriers und die anderen Bischöfe als Kandidaten als auch
Erzbischof Ngo-dinh-Thuc als Konsekrator zur Verfügung gehalten. Da es
sich aber bei den Reformen nachweislich um Änderungen handelt, die das
katholische Dogma verletzen, und bei Paul VI., Joh. Paul I., Joh. Paul
II. um Häretiker, die unrechtmäßig die Cathedra Petri besetzt hielten
bzw. halten, ist der Vorwurf des Schismas sinnlos. Die Problematik, die
dennoch mit den Weihen verbunden ist und die noch aufgearbeitet werden
muß, liegt ganz wo anders. Es galt, um es noch einmal zu sagen, die
apostolische Sukzession zu sichern.
Zum 3. Vorwurf: Diese
unfundierte Bemerkung wird Herr Matt bei ruhiger Überlegung nach dem
Lesen der folgenden Passage selbst zurücknehmen wollen - nehme ich an.
Mgr. Ngo-dinh-Thucs "Declaratio" über die Sedisvakanz und den Abfall
des Großteils des Klerus, über die Ungültigkeit des sog. 'N.O.M.' und
die anderen Verletzungen des Glaubens und der Sakramente, über die
Pflichtverletzungen hat glaubensverbindlichen Charakter. Mgr. Thuc hat
sie geschrieben als Bischof der wahren Kirche!!! Die rechtlich
verbindliche Deposition Wojtylas vom Hl. Stuhl mußdurch einen Conventus
geschehen, der feststellt, daßder Inhaber der Cathedra Petri vom
Glauben abgefallen bzw. Häretiker ist. Dieser Conventus hätte dann die
Pflicht, einen neuen Papst zu wählen. Aber nehmen wir einmal mit Herrn
Matt an, daßdie "Declaratio" von Erzbischof Ngo-dinh-Thuc die
Feststellung des Conventus über die Sedisvakanz überflüssig machen
würde und Joh. Paul II. als abgesetzt zu betrachten wäre, was ergäbe
sich daraus für den zweiten Teil von Herrn Matts Behauptung, daßdamit
zugleich eine neue Kirche oder Sekte gegründet würde? Wenn er sich
einmal fragen würde, ob all die Versammlungen (Convente), die im
Mittelalter nicht wenige Päpste (oder: 'Päpste') als für abgesetzt
erklären mußten, jeweils dadurch eine neue Kirche oder Sekte gegründet
hätten, würde er bald einsehen, daß er dann ja selbst nur Mitglied
einer dieser neuen Kirchen geworden wäre, weil die, die Herr Matt im
Auge haben könnte, die Kirche Christi, bereits längst erloschen sein
müßte.
Zum 4. Vorwurf: Die Bedingung,
daßbei einer Bischofsweihe drei Konsekratoren mitwirken müssen, ist
meines Wissens eine Anordnung aus dem 3./4.Jahrhundert und ist
disziplinärer Natur. Sie betrifft nicht die Gültigkeit der Weihe als
solcher - auch drei Konsekratoren können nicht gültiger weihen als
einer! -, sondern deren Sicherheit hinsichtlich der Intention der
Weihespender, der Konsekratoren. Und daßMgr. Ngo-dinh-Thuc die
Bischofsweihen in der rechten Intention spenden wollte, d.h. tun, was
die Kirche, die wahre Kirche tut bei der Bischofsweihe, steht außer
Zweifel. Es ist geradezu irrsinnig anzunehmen, daßes in einer solchen
Situation, in der es um Sein oder Nicht-Sein der apostolischen
Sukzession ging, gerade an der rechten Intention des Spenders mangeln
sollte.
Zum 5. Punkt : Hier hat Herr
Matt eigentlich keinen Vorwurf ausgesprochen, sondern versucht, seinen
Parteigänger Lefebvre - wenn er gerade einmal auf dessen Ebene
niedergestiegen ist -, rein zu waschen. Ich werde auf der Ebene des
Herr Matt weiter argumentieren, um zu zeigen, wie selbst von diesem
Gesichtspunkt sich seine Behauptungen als unhaltbar erweisen.
Durch die Verletzung der Weihebestimmungen nach CIC, can.953 hätte sich
Mgr. Ngo-dinh-Thuc unter normalen Umständen 'nur' eine Suspension nach
can.237o zugezogen, genau wie Mgr. Lefebvre, der durch das Hinwegsetzen
über das von Paul VI. nach can. 2372-2374 (alle dort aufgeführten Fälle
träfen auf Lefebvres Praxis zu) verhängte Weiheverbot sich
normalerweise zu recht die Suspension "a divinis" zugezogen hätte (vgl.
can. 2279 § 2,n.2), durch die ihm - immer noch auf der
Argumentationsebene von Herin Matt - jegliche Ausübung seiner
Weihegewalt untersagt würde. Daßsich Mgr. Lefebvre nicht an seine
Suspension hält, dürfte auch Herrn Matt bekannt sein, wodurch er sich
in dessen Augen als schismatischer Rebell entpuppt haben müßte. Ein
solch schismatisches Treiben ist schwerst sündhaft! Daßsich aber
Lefebvre dadurch, daßer seinen Priestern die Erlaubnis zur Firmung
erteilt, ein Privileg, das normalerweise nur durch ein besonderes
Indult des Apostolischen Stuhles erteilt wird (vgl. CIC, can.782 § 2),
Lefebvre sich also sogar päpstliche Vorrechte anmaßt - ohne auf die
Sedisvakanz, ohne auf einen einmaligen Notstand hinzuweisen -, müßte
den Prälaten von Econe nach Matts Auffassung genau so zur
schismatischen "Sturmwolke" werden lassen wie Mgr. Ngo-dinh-Thuc. Und
damit hätte sich Mgr. Lefebvre dann auch ipso facto die Exkommunikation
zugezogen.
Fehlt es dem Herausgeber des REMNANT, der von sich sagt, 45 Jahre lang
als katholischer Journalist tätig gewesen zu sein, an Wissen? Oder mißt
dieser Herr wie seine übrigen Kollegen je nach Opportunität einfach mit
zweierlei Maß?
Aber es mußwohl so sein: auf der einen Seite der Sturmwolken erzeugende
Erzbischof Ngo-dinh-Thuc, auf der anderen der um Versöhnung bemühte
Monsignore aus Econe bzw. neuerdings aus Rickenbach. Klar, man kann es
dem vietnamesischen Erzbischof nicht verzeihen, daßer Lefebvres
Monopol-Anspruch auf den wahren Glauben (oder 'Glauben') gebrochen hat.
Was nun noch die Weihe von Bischöfen angeht, so hat Lefebvre zumindest
damit aus taktischen Gründen mehrfach gedroht. Die Sicherung der
apostolischen Sukzession als Druckmittel! Mehr nicht! Bitte keine
Aufregung! Auch für Econe gilt: Geschäft ist Geschäft! Religion stört
da nur, die ist was für Leute aus dem Busch (oder für Reisbauern).
Jedoch direkt harmlos erscheinen solche Parteinahmen, solches
'Nicht-Wissen' im Vergleich zu Mgr. Lefebvres eigenen demagogischen
Tricks, mit denen er die sog. Sedisvakantisten auf seine Weise
desavouieren möchte. Im "Mitteilungsblatt" Nr.45, S.9, dem deutschen
Organ seiner pia unio schreibt er: "Warum nehmen wir alsoÄrgernis und
sagen (nicht - müßte es sinngemäßheißen; Anm.d.Red.) wie gewisse Leute
nach dem Vorbild des Arius: 'Er ist nicht Papst!', so wie Arius sagte:
'Er ist nicht Gott, das ist nicht wahr, Unser Herr kann nicht Gott
sein!"' Die Erklärung, daßein Papst in Häresie gefallen und damit ipso
facto sein Amt verloren hat, setzt Lefebvre mit der Häresie des Arius
gleich! Also nach Lefebvre: eine solche Feststellung ist ipso facto
häretisch. Arme Convente des Mittelalters, ihr wart alle häretisch! Was
Lefebvre hier seinen Lesern suggerieren will, ist eine Vergöttlichung
der Person des Papstes! Gott ist schlechthin Gott, die Person auf der
Kathedra Petri ist eben nicht schlechthin Papst! Man verzeihe mir den
Sarkasmus: Lefebvre will wohl seine, ohnehin sehr befangenen Mitläufer
dazu überreden, im Papst nur einen Mann in weißer Soutane zu sehen, der
tun und lassen kann, was er will, der allmächtiger ist als Gott. Da
kann man wirklich froh sein, wenn von dieser Sorte nur einer
herumwandelt, sonst gäbe es böse Kompetenzschwierigkeiten.
Wie sieht nun Herrn Matts Lösung der Probleme aus? Diese hat ihm ein
alter Priesterfreund geschrieben, und auch Herr Matt hält sie für
möglich:'Es ist nicht ausgeschlossen, daß die Vermehrung von
illegitimen Bischöfen (...), den Vatikan aufrütteln, daß er schließlich
(...) allen zur Tradition gehörenden Katholiken Vorschläge anbietet,
die sie im guten Glauben voll annehmen können." Nun gut, Geschäft
bleibt Geschäft. Wir machen keines!
Wie bereits anfangs vorweggenommen, die Debatten verlaufen auf
verschiedenen Ebenen und unter verschiedenen Voraussetzungen, die ich
an einem alltäglichen Beispiel illustrieren möchte: Wenn man die
Auffassung, der offensichtlich W.Matt anhängt, hat, daß in die
kirchlich-religiöse Suppe nur ein Haar gefallen ist, holt man es
einfach heraus und löffelt weiter. Wir haben nachgewiesen, daßdie Suppe
vergiftet ist, und haben sie ausgeschüttet. Herr Matt wirft uns
Verschwendung von Lebensmittel vor. Der Mann der Mitte, der 'gute'
Hausvater Lefebvre dagegen weiß, oder wußte, daß diese Suppe vergiftet
ist, befiehlt aber seinen Mannen, sie unbedingt auszulöffeln. Sonst
setzt's was! Der Erfolg dieser 'Suppenkur' ist inzwischen für jedermann
sichtbar!
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