Anhang I
Beweismaterial:
Das Schriftstück, das nun folgt, geschrieben von Melanies Hand, wird
die Quelle der Verleumdungen erkennen lassen, die seit dreißig Jahren
unaufhörlich wiederholt wurden gegen das Geheimnis, die Regel der hl.
Jungfrau, die Seherin und ihre Sendung.
"...(Cusset, Allier) den 28. Februar 1904 (+)
An den
Hochwürdigen Herrn Abbé H. Rigaux,
Pfarrer von Argoeuves
bei Dreuil-les-Amiens (Somme)
Mein sehr ehrwürdiger und lieber Vater,
möge Jesus von allen Herzen geliebt werdenl Ich hatte Ihnen
versprochen,, wenn es Gott gefallen würde, über meine Reise nach Rom zu
schreiben, was ihr vorausgegangen ist, und über den im Namen des
Heiligen Vaters (sc. Leos XIII.) durch seine Eminenz Kardinal Ferrieri,
den Präfekten der Kongregation für die Bischöfe und Ordensgeistlichen,
gehaltenen Kongreß, das, was man meine Privataudienz beim Heiligen
Vater nennt, und das, was wir meinen Eintritt bei den Salesianerinnen
(Visitanderinnen) genannt hatten, dann meinen Austritt und was darauf
folgte, zu berichten.
Bis jetzt habe ich wegen Krankheit nicht schreiben können. Der gute Gott sei für alles gelobt!
I.
Im Jahre des Heils 1878, ich glaube im Oktober, hat mir eines Morgens
nach der hl. Messe der hochwürdige Pater Fusco gesagt, er habe in einer
Zeitung gelesen, Mgr. Fava, der Bischof von Grenoble habe die Ansicht,
nach Rom zu reisen, um seine Regel für die Patres und Schwestern auf
dem Berg von La Salette bestätigen zu lassen. Bei dieser Nachricht
sagte ich: 'Um mein Gewissen rein zu halten, werde ich mich beeilen,
die Regel der hochheiligen Mutter Gottes niederzuschreiben und sie dem
Heiligen Vater zusenden.' - 'Ich werde sie selbst nach Rom bringen',
sagte der Pater Fusco. Und alles ging, wie wir besprochen hatten.
Ungefähr ein Monat war vergangen, als eines Sonntags mein heiligmäßiger
Bischof, Mgr. Pétagna mich wissen ließ, daß er mich zu sprechen
wünsche. Ich begab mich zum Bischofspalais. Als ich die Treppen
emporstieg, begegnete ich den guten alten Kanonikern, die Tränen
vergossen und sagten: 'Er (se. Mgr. Fava) hätte besser daran getan, in
seiner Diözese zu bleiben und nicht unseren Bischof zu töten. Wenn
nicht seine Soutane wäre, hätte ich ihn für einen hochmütigen
kaiserlichen Gendarmen gehalten.' - Andere Geistliche sagten mir: 'Um
der Liebe willen, lassen Sie die grausamen Gesuche des Bischofs von
Grenoble an unseren Bischof zu einem Ende kommen, Mgr. Pétagna ist
schon krank genug.' - Ich fragte nach dem Grund des Ansinnens, das der
Bischof von Grenoble an meinen heiligen Bischof stellte. Man sagte mir:
'Der Bischof von Grenoble befiehlt mit dem Anschein mächtiger Autorität
unserem Bischof, Sie zu verpflichten, Sie zu zwingen, in seine Diözese
zu gehen, usw. usw.' - Ich trete ein, und zum ersten Mal sah ich Mgr.
Fava.
Der Grenobler Bischof war von einem Priester begleitet, von dem ich
später erfuhr, er sei Pater Berthier, einer der Missionare von La
Salette.
Der Monseigneur von Grenoble sagte mir unter anderen alltäglichen,
gleichgültigen Dingen, daß er gehört habe, ich sei hier, und daß er von
sehr weit her gekommen sei, um mich zu sehen. Ich dankte ihm. Mein
heiliger Bischof, bereits krank, fühlte sich erschöpft und brauchte
Ruhe, vor allem Stille des Geistes. Ein Diener kam, um ihm zu sagen,
daß sein Zimmer bereitet sei, wenn er ausruhen müsse. Also sagte mir
mein heiliger Bischof: "Der Mgr. von Grenoble und der Pater Berthier
werden ihre Mahlzeiten bei Ihnen einnehmen, weil man hier, seitdem ich
so krank bin, nichts zubereitet wird und man nicht zu Tisch geht." -
Ich sagte zu meinem heiligen Bischof, indem ich ihm mein Bedauern über
seinen leidenden Zustand ausdrückte, daß ich ihm für die Ehre danke,
den Mgr. und den würdigen Priester bei uns zu haben, und ich bat ihn,
mir zu gestatten, mich nach Hause zurückzuziehen, wo man das Nötige
zubereiten könne. - Mein heiliger Bischof, der das Schweigen von Mgr.
Fava über das, was man vereinbart hatte, bemerkte, glaubte, daß er
nicht verstanden hatte. Er wiederholte es ein zweites Mal, dann ein
drittes Mal, und ich ging nach Hause, um das Mittagessen zu bereiten.
Um 12 Uhr kommt der Mgr. von Grenoble mit dem P. Berthier an. Sein
erstes Wort: "Ich bin aus drei Gründen nach Rom gekommen: um meine
Regel für die Patres und für die Schwestern bestätigen zu lassen, um
den Titel Basilika für die Kirche auf dem Berg von La Salette zu
erlangen und um eine neue Statue unserer lieben Frau anfertigen zu
lassen, ähnlich einem Modell, das ich mitgebracht habe, weil: sehen
Sie, keine Statue stellt die heilige Jungfrau gut dar, die kein
Halstuch und keine Schürze tragen sollte. Und jedermann brummt und
mißbilligt diese Kleidung der Bauersfrau. Das Modell, das ich habe
herstellen lassen, ist viel besser. Vor allem wird sie kein Kreuz
tragen, weil, sehen Sie, das die Pilger betrübt, und die heilige
Jungfrau sollte kein Kreuz haben (++) ..." - Ich gebe auf, meine Feder
sträubt sich, im einzelnen alles wissen zu lassen, was der
Hochwürdigste gesagt hat. Ich war erschrocken; kaum habe ich ihm sagen
können: "Und am Fuße Ihrer Statue, Exzellenz, schreiben Sie in großen
Lettern: Jungfrau nach der Vison von Mgr. Favai" - Man ruft uns zu
Tisch.
Nach dem Essen öffnet der Bischof von Grenoble eine Tür zum Balkon, um
die Landschaft zu betrachten und vor allem den Vesuv, den wir vor uns
hatten. Seine Hochwürden fragte mich, wen wir als Nachbarn zu unserer
Seite hätten. Ich antwortete ihm, daß wir allein seien. - "Oh! Aber Sie
leben fürstlich!" - Und er begann, durch die Zimmer zu gehen. Er ging
auf die Terasse hianus, die, wenn es nicht regnete, meinen Schülerinnen
als Aufenthalt in den Pausen diente. Er betrachtete noch lange den
Vesuv, das Meer und die Landschaft ... Danach kam er zurück, nicht
oh'ne mein Arbeitszimmer geöffnet und geprüft zu haben; und als er so
viele Briefe auf meinem Schreibtisch sah, sagte er mir: "Aber Ihre
Korrespondenz ist umfangreicher als die meinige! Woher kommen alle
diese Briefe?" - "Von ganz Europa, Hochwürden." - "Sie wohnen in einem
zu schönen Palast! Ohne auszugehen, können Sie spazieren gehen."
Nach ungefähr dreiviertel Stunde oder einer Stunde sagte der Mgr. zu
mir, daß er gehe, Mgr. Pétagna gute Nacht zu sagen, und daß er dann den
Zug zurück nach Rom nehmen werde: "Oh, sie wird von hinreißender
Schönheit sein, meine Statue, ganz aus Marmor, mit einem schönen
Mantel, der sie umgibt; keine Schuhe, kein Kreuz, das macht zu traurig:
die heilige Jungfrau sollte nicht so ausstaffiert sein, wie Sie es
geagt haben." - "Nun, Exzellenz", habe ich ihm gesagt, "wenn der liebe
Gott mir Seinen Engel schicken würde, ließe ich eine Darstellung
machen, wo die hochheilige Jungfrau Mutter Gottes inmitten von zwei
glänzenden Lichtern steht und so gekleidet ist, wie ich sie auf dem
Berg von La Salette erschienen ist." - Und Mgr. Fava ging fort, ebenso
wie der P. Berthier. Am vorgerückten Nachmittag kam zu meinem großen
Erstaunen eine von meinem heiligen Bischof gesandte Person, um mir zu
sagen, daß er mir etwas mitzuteilen habe. Ich fragte diese Person, ob
der Mgr. von Grenoble abgereist sei. - "Glücklicherweise war er im
Begriff abzureisen", antwortete sie, "als ein Bote die Tür geöffnet hat
und Mgr. Pétagna einen Brief übergab, der von Rom kam, damit er Ihnen
mitgeteilt werde. Da ist der Bischof Carbonaro zurückgekommen, und er
wollte unbedingt dea Inhalt des Telegramms wissen. Das macht unserer
Exzellenz viel Mühe." - Ich ging mit der gleichen Person fort zum
Bischof.
An der Tür angekommen sagte ich ihr: "Ohne Zweifel wird der Grenobler
Mgr. geblieben sein; gehen Sie hinein und sagen Sie unserem Mgr.
Pétagna, daß die (gerufene) Person ihn erwartet." - So geschah es.
Mein heiliger Bischof kam mit dem Telegramm zu mir, und mit halblauter
Stimme sagte er mir ungefähr dieses: "Der Heilige Vater (se. Leo XIII.)
will Sie sprechen. Hier das Telegramm mit dem, was Sie angeht:
Wenn Melanie nicht krank ist und sie nach Rom kommen kann, möchte Seine
Heiligkeit sie sprechen. Wenn sie nicht kommen kann, soll sie alles,
was sich auf die Gründung des neuen Ordens der Apostel der letzten
Zeiten bezieht, Uns zusenden."
Ich fragte Mgr., wann er wünsche, daß ich abreisen solle. - "Heute ist
Sonntag", sagte er, "und auch zu früh wegen Ihrer Vorbereitungen. Es
gibt nichts, was drängt".
In diesem Augenblick trat der Bischof von Grenoble hinzu und sagte:
"Exzellenz, ich glaube, daß Sie Melanie die ganze Depesche mitgeteilt
haben, Sie können sie wohl auch mir mitteilen." - Und mein heiliger
Bischof sagte demütig: "Entschuldigen Sie, Mgr., sie ist für sie und
für mich, es sind in dem Telegramm Dinge für sie und für mich. Was kein
Geheimnis darstellt, ist, daß sie nach Rom gerufen wurde." Schweigen
meines heiligen Bischofs.
"Das ist sehr gut, wir werden heute Abend zusammen abreisen." - Da
sagte ich: "Ich reise nicht am Sonntag." - Der Mgr. von Grenoble: "Aber
Sie müssen dem Papst gehorchen!" - "Der Heilige Vater hat mir nicht
gesagt, bei Empfang des Télégrammes abzureisen!" - Indem er meinen
heiligen Bischof ansah, sagte er ihm: "Man muß ihr befehlen, diesen
Abend mit mir abzureisen, Exzellenz!" - "Exzellenz, sie kann nicht so
abreisen. Sie muß wohl einige Dinge vorbereiten und man muß ihr dazu
Zeit lassen." - "Gehorchen Sie, gehorchen Sie! Sie wissen, daß ich der
Bischof von Grenoble bin, und ich muß Sie so viele Dinge lehren, Ihnen
sagen und Sie fragen. Sehen Sie, heute Abend um zehn Uhr müssen wir den
Zug nach Rom nehmen. Sie werden sich einfinden, nicht wahr?" -"Ich weiß
es nicht, Mgr." - "Ach, es muß aber sein... Exzellenz", rief er,
"zwingen Sie sie, befehlen Sie ihx; daß sie mit mir abreist!"
Mein heiliger Bischof, bleich wie der Tod, antwortete ihm: "Ich habe
nicht die Macht, Personen zu befehlen, die auf das geringste Zeichen
gehorchen. Ich weiß auch nicht besser als der Heilige Vater, ob sie
einige Vorbereitungen zu treffen hat, vor ihrer Abreise."
Um zu einem Abschluß zu kommen, sagte ich, ich ziehe mich zurück. Es
war Nacht! Während der Bischof von Grenoble mir sagte: "Auf Wiedersehen
um zehn Uhr!" gng er in den Salon zurück, und ich konnte zum ersten Mal
mit meinem heiligen Bischof sprechen und seine Anweisung
entgegennehmen, der mir sagte: "Der Mgr. von Grenoble wird mich noch
unter die Erde bringen. Wenn Sie können, reisen Sie heute Abend ab, um
ihn von mir fortzuschaffen. Ich werde Ihnen den Pater Fusco und Ihre
Begleiterin mitgeben. Sie werden, wenn Sie können, heute Abend
abreisen, und der liebe Gott segne Sie!"
Zu Hause angekommen verständigten uns, in der Annahme, ich würde nur
zwei oder drei Tage in Rom bleiben, da ich die Regel der Gottesmutter
seit ungefähr einem Monat dorthin geschickt hatte. "Ich glaube", sagte
der Pater Fusco, "daß Sie bestellt wurden, um Sie über die
Angelegenheit der Gründung der Apostel der Letzten Zeiten zu hören.
Denn der Bischof von Grenoble hat uns im Bistum gesagt, bevor er zur
Heiligen Kongregation der Bischöfe und Ordensoberen ging, damit man
sich beeile, seine Regel zu bestätigen. Da habe ihn der Kardinal
Ferrieri wissen lassen, er sei im Augenblick sehr beschäftigt, und daß
Monseigneur während mindestens acht Tage seine Zeit damit verbringen
könne, die Baudenkmäler von Rom und der Umgebung zu besuchen. Deshalb
ist der Bischof von Grenoble hierher gekommen."
Wir vereinbaren also, in Castellamare den Zug um 9 Uhr abends zu
nehmen. Um zehn Uhr waren wir in Neapel. Wir mußten auf den Zug warten,
der nach Rom fuhr. Um Himmelswillen! ... Der Bischof von Grenoble kommt
ganz atemlos an: "Seit einer halben Stunde suche ich Sie ... Nun,
kommen Sie, wir wollen Platz nehmen ..." Ich dankte Mgr. und sagte ihm,
daß wir stets in der dritten Klasse reisten. "Aber", sagte er, "ist
denn jemand bei Ihnen?" - "Ein Priester und meine Begleiterin, Mgr." -
"Sie können sich in ein anderes Abteil setzen", sagte Mgr., "geben Sie
mir Ihre Fahrkarte. Ich werde einen Zuschlag für die erste Klasse lösen
lassen."
Ich sagte ihm, daß mein heiliger Bischof die Güte hatte, mir die beiden
Personen zur Begleitung zu geben und daß ich mich nicht von ihnen
trennen könne. Fast böse sagte Exzellenz: "Ich werde noch einen
Zuschlag für sie bezahlen. Aber wissen Sie, warum man Sie nach Rom
bestellt?" Ich antwortete: "Nein, und ich beunruhige mich deshalb
nicht."
Wir reisten ab. Der Bischof von Grenoble, der so viele Dinge zu sagen
hatte, sagte mir nichts. Aber ich war sehr bekümmert zu sehen, daß der
Pater Fusco und meine Begleiterin schief angeschaut wurden, und man
hätte sagen können, mit Zorn.
Der P. Berthier sah nicht zufrieden aus. Es war ihm nicht gelungen, die
Tür zu schließen, damit meine Begleiter nicht in unser Abteil steigen
konnten: sogleich ging jedoch die Tür auf und P. Fusco hatte beim
Eintreten gesagt: "Entschuldigen Sie, Mgr., wenn ich mir die Freiheit
nehme, hier einzutreten. Es ist, um unserem hochwürdigsten Herrn
Bischof zu entsprechen, der wünscht, daß ich Schwester Marie vom Kreuz
nicht verlasse." Und der Bischof von Grenoble hatte nichts erwidert.
Am Montag, dem siebten September morgens, kamen wir in Rom an, und da
trennten wir uns. Exzellenz und der P. Berthier gingen zum
Französischen Seminar, so scheint es mir, und wir gingen in unsere
Kirche, wo P. Fusco die hl. Messe las. Danach gingen wir, um in einem
Hotel zu wohnen, wo wir, wie ich glaube, mehr als acht Tage blieben.
Gleich am ersten Tag ließ ich Kardinal Ferrieri meine Ankunft melden,
um mich zu seiner Verfügung zu halten. Seine Eminenz ließ mir sagen,
daß er mir einen Tag bevor er meiner bedürfe, Nachricht werde zugehen
lassen.
Wir waren also alle Tage nach der hl. Messe frei, und wir verbrachten
die Nachmittage angenehm in Gott, indem wir die Kirchen (St. Maria)
Maggiore, St Paul vor den Mauern und die Kirche, die ein großes Bild
enthielt, das Unsere Liebe Frau von La Salette darstellt, besachten,
ebenso die Katakomben. Aber unsere ersten Besuche galten den Personen,
die uns bekannt waren als sehr gläubig, sehr ergeben Unserer Lieben
Frau von La Salette, z.B. den Kardinalen Consolini und Guidi, die mir
liebenswürdigerweise ihre Dienste in jeder Beziehung anboten. Und ich
übergab dem einen wie dem anderen eine Abschrift des Geheimnisses, das
ich mit dem Imprimatur meines heiligen Bischofs, Mgr. Pétagnas,
veröffentlichen wollte.
Der Bischof von Grenoble, in großer Güte, schickte täglich, oft zweimal
am Tage den P. Berthier, um Nachrichten von uns zu erhalten. Und dieser
unterrichtete sich beim Hotelbesitzer, ob wir häufig ausgingen, ob
unsere Abwesenheit lange daure, ob er wisse, wohin wir gingen, was wir
täten und ob wir Besuche empfingen. Eines Tages, ich glaube am dritten,
sagte uns der Hotelier: "Der Priester, der alle Tage kommt und der zum
Bischof von Grenoble gehört, ist gekommen, um mir von Seiten dieses
Bischofs zu sagen, er werde es übernehmen, mir alle Ausgaben zu
bezahlen, die Sie hier machen und dies für die ganze Zeit, in der Sie
in Rom weilen."
Um nicht weiter darauf zurückzukommen, sage ich hier, daß, als ich bei
den Salesianerinnen eintreten mußte und meine Begleiter nach
Castellamare zurückkehrten, ich den Hotelier bat, die Rechnung für
unsere Ausgaben dem Bischof von Grenoble zuzustellen. Der Bischof
antwortete, daß er diese Rechnung nicht annehme. (+++) Der Hotelier
erinnerte ihn an das Versprechen, das er ihm zweimal gegeben hatte. Der
Bischof wollte nichts davon hören. Dieser arme Hotelier kam aus dem
Erstaunen nidht mehr heraus. Ich nahm also die Rechnung und bezahlte
sie, indem ich den Hotelier tröstete.
Ich muß hier noch sagen, was ich erst später aus guter Quelle erfahren
habe. Der Mgr. von Grenoble vertat seine Zeit nach unserer Ankunft
nicht. Er begab sich zu den Heiligen Kongregationen, zu den Kardinalen,
den Bischöfen, um zu erfahren, zu welchem Zweck, aus welchem Grund die
Hirtin "nach Rom bestellt wurde". Und wenn er keine Genugtuung erhielt,
ging er sich andernorts informieren. Irgendjemand sagte ihm, daß der
Kardinal Ferrieri die Regel habe, die die heilige Jungfrau Melanie
gegeben hatte, und daß "der Sekretär von Mgr. Ferrieri, Mgr. Bianchi,
wohl mehr wissen müßte über diese Angelegenheit". Als der Bischof von
Grenoble diese Aufklärung erhielt, suchte er Mgr. Bianchi auf, der ihm
ankündigte, daß es in dieser Angelegenheit einen Kongreß geben würde.
Der Bischof von Grenoble erkannte in Mgr. Bianchi den Mann, der fähig
war, ihm zu helfen, um gegen "die Regel von Melanie" zu kämpfen. Der
Bischof von Grenoble suchte (oder kaufte, hat man gesagt) andere
Prälaten.
II.
Gegen Ende der Woche ließ mir der Kard. Ferrieri den Tag und die Stunde
sagen, an dem ich erwartet würde. Wir kommen zehn Minuten früher an.
Wir blieben während dieser Zeit im Vorzimmer. Jeden Augenblick läutete
man: das waren immer Bischöfe; und die Person, die mit der Pforte
beauftragt war, sagte ihnen: "Seine Eminenz empfängt nicht: es ist ein
außerordentlicher Kongreß."
Es war dies das erstemal, wo ich erfuhr, daß ich zu einem Kongreß
gekamnen war. Es gab zwei oder drei Bischöfe, die darauf bestanden,
einzutreten, und der eine von ihnen sagte, er sei vom Bischof von
Grenoble eingeladen worden. Man ließ sie nicht hinein. Eine Stunde
verging, der Bischof von Grenoble kam nicht. Der Kard. Ferrieri ließ
mich eintreten und mich neben sich setzen, während sein Sekretär, Mgr.
Bianchi, in Papieren blätterte.
Der Kardinal sagte mir: "Ist es lange her, daß Sie nicht mehr auf den
Berg von La Salette gestiegen sind?" - "Ich bin 1871 dorthin gegangen."
-"Kennen Sie diese Mönche und ihre Art zu leben?" - "Ich kenne sie
nicht persönlich: sie haben niemals das Wort an mich gerichtet; nicht
einmal, um sich über die heilige Erscheinung zu unterrichten. Was ihre
Art zu leben angeht, privat oder öffentlich, sind sie vom Hörensagen
nur mittelmäßige Weltleute, ohne Glauben, ohne Eifer, nur damit
beschäftigt, Geld aufzuhäufen, eifersüchtig, verleumderisch und
hartherzig. Das drückt mich nieder, Eminenz, weil das viel stärker ist
als das, was ich tun und sein würde ohne die göttliche Gnade." - "Haben
Sie etwas gesehen? Sind Sie Zeugin gewesen von etwas, das gegen Gott
war?" "Ich werde erzählen, Eminenz, was mich getroffen hat, was mich
schmerzlich berührt hat. Es war, glaube ich, 1854. Während der Bischof
von Grenoble das Mittel ergriff, sich meiner durch Verbannung zu
entledigen, schickte er mich für ungefähr einen Monat auf den Berg von
La Salette. Es war im Monat Februar. Trotz Schnee und schlechten
Wetters kamen alle Tage einige Pilger auf Maultierrücken an. Eines
Tages traf eine reiche Dame ein. Da gingen alle Patres mit großem
Zeremoniell hin zu ihrem Empfang. Als der Maultiertreiber auch
eintreten wollte, weil er das Gepäck der Dame trug und außerdem es
nötig hatte, sich auszuruhen und etwas zu sich zu nehmen, nahm ihm ein
Pater das Gepäck ab und verschloß grob die Tür vor der Nase des armen
Treibers, der durchgefroren war. Er ging, um eine Messe zu hören auf
den Knien. Gegen Ende des heiligen Meßopfers fiel der Mann mit lautem
Krach hin. Ich ging, um ihm aufzuhelfen und ließ ihn sitzen. Aber weder
die Patres noch die Leute, die zu ihrem Dienst bestellt sind, rührten
sich vom Platz, noch boten sie ihm etwas zu trinken an. Oh! Wenn ich je
bedauert habe, zu arm zu sein, war es an diesem Tag, da ich keinen
Centime hatte. Ich gehe hinunter und treffe Mme. Denaz, die mir sagt:
'Gehen Sie in die Küche, dort finden Sie Ihren Kaffee!'
Ich laufe und nehme eine Tasse und bringe sie schnell dem armen Mann.
Danach bedankt er sich und sagt: 'Sie haben mich erquickt. Als ich von
Corps losging, war es zu früh. Und dann drei Stunden durch den Schnee
marschieren, das ist anstrengend. Diese Dame hatte mir wohl gesagt, sie
werde von den Patres auf ihre Kosten etwas Getränk verlangen, aber sie
haben mich nicht eintreten lassen. Und Sie werden sehen, daß sie es
sich bezahlen werden lassen dasjenige, was ich nicht eingenommen habe.
So machen es die Patres immer. Sie sind daher nicht beliebt.'
Ich trage meine Tasse zurück und Mme. Denaz (sie ist die Schwägerin von
einem der Patres) sagt mir: 'Ich bin sicher, daß Sie Ihr Frühstück
nicht eingenommen haben, daß Sie es dem Maultiertreiber überlassen
haben. Wenn Sie lange hier bleiben würden, wäre das Haus bald ohne
Einnahmen und wir wären dahin gebracht, alles zu entbehren.'
Einge Tage später befand sich unter den ankommenden Pilgern ein Armer,
der von den Fremden Almosen erbat. Zufällig befand ich mich in dem
Laden der Patres, als der arme Bettler vor Verlassen des Berges eine
einfache Medaille Unserer Lieben Frau von La Salette kaufen wollte. Die
Person, die den Laden führt, legte die Medaille auf den Ladentisch: der
Arme nimmt sie und küßt sie voll Liebe, und die Person nimmt die Münze,
bemerkt aber, daß es nur ein halber Sou ist! Schnell, schnell ruft sie
den Armen zurück, schleudert ihm den halben Sou zu und läßt sich die
Medaille zurückgeben (die Halb-Sou-Stücke waren damals allgemein im
Umlauf in den Geschäften Frankreichs!)
Der Arme konnte lange reden, er habe nur diesen halben Sou, die Person
war unbarmherzig. Um Schluß damit zu machen, gab ich den Sou und nahm
die Medaille, die ich dem Armen gab. Da oben weiß man nicht, daß man
Gott liebt, wenn man den Armen gibt.
Bei dieser Gelegenheit, wo ich mich in dem Laden der Patres befand,
wollte ich mich versichern, daß sie, wie sie gesagt hatten,
ausschließlich Andachtsgegenstände verkaufen würden. Ich fand dort
Schmuckgegenstände für Damen, Tabakdosen, usw. usw. Mir scheint,
Eminenz, daß an diesem heiligen Ort, wo die allerseligste Jungfrau so
viele Tränen vergossen hat, wo sie uns die Heiligung des Sonntags in
Erinnerung gebracht hat, mir scheint, sage ich, daß, wenn diese Patres
von der Größe ihrer Mission durchdrungen wären, sie ihren Geiz aufgäben
und die ersten wären, ein gutes Beispiel zu geben und ihre Läden an den
heiligen Ruhetagen zu schließen."
Jetzt kommt der Mgr. von Grenoble, er grüßt militärisch, mit der Hand
an der Stirn. An der Tür gibt es eine kleine Auseinandersetzung: der P.
Berthier will eintreten. Man schließt die Tür, und wir setzen uns alle.
Die Konferenz beginnt.
Der Kard. Ferrieri sagt: "Also, Exzellenz, man sagt, Sie hätten eine
Regel für Ihre Missionare gemacht." - "Ja, Eminenz." - "Und wußten Sie,
daß die heilige Jungfrau eine solche Melanie gegeben hatte?" - "Ja,
Eminenz, aber meine Regel ist sehr verschieden von der Melanies." -
"Und wie ist es Ihnen in den Kopf gekommen, eine Regel zu schaffen,
während Sie wußten, daß die allerseligste Jungfrau eine an Melanie
gegeben hatte?" - (Schweigen von Mgr. Fava.) - "Aber Sie haben doch
wenigstens Melanie befragt, um die Regel zu machen?" - (Schweigen von
Mgr. Fava.)
Der Kardinal wandte sich zu mir und sagte: "Hat sich Exzellenz nicht
mit Ihnen besprochen, als er die Regel schuf?" - "Nein, Eminenz,
niemals." - "Gut! Wir befehlen, daß Melanie auf den Berg von La Salette
geht mit der Regel, die sie von der heiligen Jungfrau erhalten hat, und
daß sie sie durch die Patres und Nonnen zur Beobachtung bringt."
"Eminenz", sagte Mgr. Fava, "ich werde die Regel nur annehmen, wenn die
Kirche bewiesen hat, daß sie von der heiligen Jungfrau ist."
Und Mgr. Bianchi, der Sekretär, der nach den kirchlichen Vorschrifetn
und Regeln nur hier war, um die Fragen, Einwände und Antworten
mitzuschreiben, sagte: "Eminenz, Sie wissen nicht, daß die Nonnen so
gegen Melanie stehen?" Bei diesen Worten hielt er die beiden
Zeigefinger gegeneinander, und ließ sie sich schlagen.
Da sagte ich: "Ich habe niemals mit den Schwestern oben gesprochen. Wie können wir da in Uneinigkeit sein? Ich weiß es nicht."
Seine Eminenz fragte mich, was ich von dem halte, was er dem Bischof
von Grenoble gesagt habe. - "Ich unterwerfe mich in allem den
Entscheidungen der heiligen Kirche." - Ich verstand später wohl, daß
ich hätte sagen sollen: "den Entscheidungen des Heiligen Vaters". Mein
Versehen ist groß gewesen.
Exzellenz, der wissen wollte, warum die Prälaten, die er bestochen
hatte, nicht gekommen waren, ging weg. Und da wir allein geblieben
waren, bekundete ich dem Kard. Ferrieri mein Erstaunen über die
förmliche Auflehnung Mgr. Favas gegen die Entscheidung des Heiligen
Vaters. Er sagte mir: "Was wollen Sie? Die französischen Bischöfe sind
alle Päpste! Wir müssen sie schonen, um kein Schisma hervorzurufen. Sie
sind keine römischen Papisten. Wir ertragen sie, um ein größeres Übel
zu verhindern. ... Ach, wenn Sie wüßten, wieviel wir von ihnen zu
leiden haben."
Um verständlich zu machen, was in Verbindung mit der Konferenz folgt,
muß ich sagen, daß seit einigen Monaten zwei oder drei gute Patres, die
sich dem Werk der Apostel der letzten Zeiten widmen wollten, in
Gemeinschaft im ersten Stockwerk des gleichen Palastes wie wir wohnten.
Wir wohnten im zweiten Stock und in einem anderen Flügel des Palastes.
- Es scheint mir, daß es ganz unnötig ist zu sagen, daß alles sich mit
der Zustimmung von Mgr. Pétagna glorreichen Andenkens abspielte. - Und
während zwei oder drei Jahren habe ich die Miete für dieses Stockwerk
aus den Mitteln bezahlt, die ich von der Mutter Gottes zur Gründung
dieses Werkes empfangen hatte.
Diese guten Patres lebten zurückgezogen in Buße, Gebet und frommen
Studien. Sie kamen nur zu uns herauf zu den Mahlzeiten. Einer der
Patres lebt noch: man kann ihn befragen, wenn man irgendwelche Zweifel
hat. - Von all dem hatte ich nichts gesagt, noch für den Bischof von
Grenoble, etwas durchblicken lassen, als er zu mir nach Castellamare di
Stabia kam: aber ich denke, daß der schlaue Pater Berthier die Zeit
nicht ungenutzt ließ, während ich mich mit Mgr. Fava unterhielt, und
daß er Personen des Hauses befragt haben wird, und auch andere
Personen, die im besten Glauben ihm Auskunft gegeben haben werden.
Darum sagte Mgr. Bianchi, sobald der Kard. Ferrieri geendet hatte und
sich von seinem Platz erhob: "Nicht wahr, Eminenz, man soll nicht Altar
gegen Altar aufrichten? Man sagt, daß Melanie Priester hat, während es
auf dem Berg von La Salette gute Missionare gibt: sie errichtet Altar
gegen Altar."
"O nein", sagte einfach seine Eminenz. Und ich sagte: "Ich glaube
nicht, Exzellenz, Altar gegen Altar aufzurichten. Die Patres von La
Salette sind Missionare von La Salette, während jene von Italien
Missionare der Mutter Gottes sind, und sie beobachten ihre Regel." -
"Das ist schlecht, das ist schlecht", sagte Mgr. Bianchi, "das darf man
nicht tun."
Und wir trennten uns; die Konferenz war beendet. Beim Hinausgehen traf
ich meine Begleiter im Vorzimmer. Sie erzählten mir von den lebhaften
Bemühungen P. Berthiers, der Konferenz beizuwohnen als Beistand von
Mgr. Fava, sowie von dem verärgerten Gesichtsausdruck des letzteren,
als er beim Eintreten die eingeladenen Bischöfe nicht vorfand. Zweimal
fragte er, ob dieser oder jener Bischof nicht gekommen sei. Man sagte
ihm, daß viele Bischöfe gekommen, aber nicht eingelassen worden seien.
Wie wenn er wütend geworden wäre, hatte er erwidert: "Ich bin es, der
ihnen gesagt hatte, zu kommen; sie hatten versprochen, sie waren
verpflichtet." Und indem er sich an die Person wandte, die die Tür
bewachte: "Vielleicht sind die Bischöfe gekommen. Warum hat man sie
nicht eingelassen?" - "Weil ich Anweisung hatte, niemand einzulassen,
Exzellenz."
III.
Wie immer kam der Pater Berthier zu unserem Hotel, um Neuigkeiten zu
erfahren. Am Tage danach ließ mich der Bischof von Grenoble holen durch
P. Berthier. Seine Exzellenz wollte mich ihr franzöisches Seminar oder
Kolleg - ich weiß nicht mehr genau - besuchen lassen. Dort wohnte der
Bischof von Grenoble, und niemals wurde es von Frauen betreten. Aber
Exzellenz setzte sich über alle Bestimmungen hinweg.
Der P. Berthier glaubte zweifelsohneund guten Glaubens, daß ich, als er
mich holen gekommen war, allein mit ihm gehen würde. Meine treuen
Begleiter fanden sich zum Ausgang mit mir bereit. Wir betraten das
Sprechzimmer, wo Mgr. von Grenoble wartete, und sein Mißvergnügen
darüber, daß ich nicht allein mit P. Berthier war, ließ er uns deutlich
merken.
"Also", sagte er, "da sind Sie. Warten Sie einen Augenblick, ich werde
für Sie Erlaubnis beim Oberen erbitten; dann werden wir das Seminar
besichtigen." Und er entfernte sich.
Während dieser Zeit dachte ich: Exzellenz wird die Erlaubnis nicht
erhalten. Mir scheint, hier ist der Direktor (oder Professor), der
nicht an La Salette glaubt; er schadet sogar den Seminaristen.
Ich sehe Exzellenz zurückkommen. An seinem Benehmen merke ich, daß er
nicht zufrieden ist. Er sagte halblaut einige Worte, dann kam er zu
mir, ließ mich zur Seite treten und fragte mich, was ich dem Papst
sagen werde. "Das weiß ich nicht, Exzellenz, denn das hängt davon ab,
was der Heilige Vater mir sagt oder mich fragen wird." - "Aber Sie
müssen doch wissen, was der Papst zu Ihnen sagen wird." - "Nein,
Exzellenz, ich habe noch nicht darüber nachgedacht, an das zu denken,
was der Heilige Vater mir sagen wird." - "Ach, Sie sind also nicht
unterrichtet, Sie wissen also nicht, daß der Papst nicht eine Person
wie eine andere ist: und daß man sich gedanklich darauf vorbereiten
muß, was man ihm zu sagen hat." - "Da ich nicht weiß, über welchen
Gegenstand, noch worüber der Heilige Vater mit mir zu sprechen geruhen
wird, kann ich nicht denken; ich überlasse mich ganz dem heiligen
Willen des guten Gottes."
"Also, hören Sie mir gut zu! Ich habe hier einige
Hundert-Francs-Scheine für Ihr Taschengeld. Wenn der Papst Sie etwas
tun lassen möchte; auf alles werden Sie dem Papst antworten, daß Sie
handeln werden, wie es der Bischof von Grenoble will. Und wenn der
Papst Ihnen sagen sollte, dorthin zu gehen und jenes zu tun, werden Sie
ihm sagen: 'Ich will dorthin gehen, wohin zu gehen mich der Bischof von
Grenoble zu gehen heißt, der mein wirklicher Vorgesetzter ist. ' Und
diese Banknoten gehören Ihnen als Taschengeld!"
Ich antwortete: "Exzellenz, ich werde dem Heiligen Vater nur das sagen,
was mir mein Gewissen befiehlt, im Augenblick der bedeutenden Gunst,
mit ihm zu sprechen. Ihre Überlegungen sind gut, Exzellenz, aber sie
sind nicht die jieinigen." Und der Bischof von Grenoble, der mir anbot
(denn er hielt immer noch die Banknoten auf dem Saum am Rand seiner
Brieftasche), machte sich daran, sie sorgfältig einzustecken. Und wir
trennten uns. Und er schickte nicht mehr in unser Hotel, um Neuigkeiten
zu erfragen.
Als wir in unser Hotel zurückgingen, sagten mir meine Begleiter: "Warum
hielt der Bischof von Grenoble während der ganzen Zeit, wo er mit Ihnen
sprach, seine Brieftasche offen in den Händen?" - "Exzellenz wollte
mich kaufen. Der Handel ist nicht gelungen: er hat seine Banknoten
behalten und ich mein reines Gewissen. "
Seit diesem Tag sah ich weder den Bischof von Grenoble noch den P. Berthier wieder.
IV.
Es war, wie mir scheint, der dritte Dezember, als ich die Gnade einer
Audienz bei dem Heiligen Vater Leo XIII. empfing. Meine Begleiter
hatten mich ersucht, vom Heiligen Vater die Gunst zu erbitten, ihm die
Füße zu küssen. Ach, ach! ... Die Umgebung des Heiligen Vaters war
gegen uns eingenommen! ... Der Heilige Vater kannte die Intrigen nicht,
und ich hatte davon zum Kard. Guidi gesprochen, ehe ich mich zum
Heiligen Vater in den Vatikan begab.
Der Heilige Vater empfing mich mit Güte und sprach in gutem Französisch
mit mir. "Also, Sie werden sofort zum Berg von La Salette abreisen mit
der Regel der Allerseligsten Jungfrau, und Sie werden sie durch die
Patres und Schwestern beobachten lassen." (Diese Worte des Heiligen
Vaters bestärkten meinen Gedanken, daß der Heilige Vater noch nichts
erfahren hatte von dem, was sich bei der Konferenz ereignet hatte.)
"Wer bin ich, Heiliger Vater, um zu wagen, mich aufzuzwingen?" - "Ja,
ich sage Ihnen: Sie werden mit dem Bischof von Grenoble abreisen und
Sie werden die Regel der heiligen Jungfrau durchführen lassen." -
"Heiliger Vater, erlauben Sie, daß ich Ihnen sage, diese Priester und
Nonnen führen ein mehr als weltliches Leben; und es wird ihnen sehr,
sehr schwer fallen, sich unter eine Regel der Demut und Abtötung zu
beugen. Es scheint mir leichter, diese Gründung mit weltlichen Personen
guten Willens zu beginnen als mit all jenen, die auf dem Berg sind und
die sehr weit davon weg sind, gute Christen zu sein." - "Hören Sie! Sie
werden dort oben hingehen mit der Regel der heiligen Jungfrau, die Sie
ihnen zur Kenntnis bringen. Und diejenigen, die sie nicht beobachten
wollen, wird der Bischof in irgendeine Pfarrei schicken." - "Es ist
gut, Heiliger Vater." - "Sie werden also abreisen, und dies sofort.
Aber da für gewöhnlich, wenn der liebe Gott sich würdigt, eine Regel
für das Mönchsleben zu geben, Er der gleichen Person den Geist
mitteilt, in dem die Regel beobachtet werden soll, müssen Sie, wenn Sie
in Grenoble sind, ehe Sie auf den Berg von La Salette steigen, ihn
niederschreiben und mir schicken."
"Oh, Heiliger Vater, Gnade; schicken Sie mich nicht nach Grenoble unter
Mgr. Fava, weil ich dort nicht meine Handlungsfreiheit haben werde." -
"Wie? Wie das?" - "Mgr. Fava würde mir befehlen, so zu schreiben, wie
er will, nicht wie es der Hl. Geist will." - "Aber nein, aber nein! Sie
werden sich allein in ein Zimmer setzen und werden schreiben. Wenn Sie
sehr viele Seiten geschrieben haben werden, schicken Sie sie mir!" -
"Heiliger Vater, verzeihen Sie, daß ich es wage, Ihnen meine
Schwierigkeiten mitzuteilen: wenn ich zwei Seiten geschrieben haben
werde, wird mir seine Exzellenz von Grenoble befehlen, sie ihm zu
geben. Und unter dem Vorwand, sie zu verbessern, wird er alles ändern,
indem er mir befiehlt, seine Erklärungen über die Art, die Regel der
heiligen Jungfrau anzuwenden, abzuschreiben." - "Oh, aber nein! So
werden Sie es machen: Wenn Sie alles auf ein Blatt geschrieben haben
werden, werden Sie selbst es in einen Umschlag stecken, den Sie gut
versiegeln, und Sie werden meine Adresse so aufschreiben: Seine
Heiligkeit Papst Leo XIII. das bin ich (so!)", indem er die Hand auf
seine Brust legte.
"Heiliger Vater, verzeihen Sie, wenn ich erneut wage, die Ablehnung
auszudrücken, die ich in mir empfinde, unter der Gewalt vom Mgr. von
Grenoble zu schreiben. Seine Exzellenz wird meinen Umschlag entsiegeln,
meine Niederschriften ändern und seine Umänderung durch eine andere
Person abschreiben lassen, so daß es nicht mehr meine Niederschriften
sein werden, die Eure Heiligkeit erreichen." - "Oh, aber nein! Der
Bischof von Grenoble würde das niemals tun!" - "Heiliger Vater, ich bin
durch diese Wege gegangen; die alte Schlange schläft niemals!" - "Und
was tun?" - "Schicken Sie mich Heiliger Vater, in jedes andere Land,
vorausgesetzt, daß ich nicht unter dem Bischof von Grenoble bin!"
"Was tun: ich habe Befehl erteilt, daß Sie auf den Berg von La Salette
gehen, damit Sie die Priester und Ordensfrauen zur Beobachtung der
Regel veranlassen, die die hochheilige Jungfrau Ihnen gegeben hat, und
daß Sie, bevor Sie hinaufgehen, die Bestimmungen niederschreiben und
mir schicken. Und Sie wissen, daß, wenn der Papst einen Befehl gegeben
hat, er nicht davon abgehen kann." "Heiliger Vater, unser Herr hat
Ihnen alle Macht anvertraut auf Erden, um seine Kirche zu leiten. Nun
ist die Erde weit, um zu gehen und umzukehren." - "Hören Sie! Beten Sie
gut heute Abend, und morgen werde ich Ihnen meine Entscheidung
mitteilen lassen." - "Heiliger Vater, ich habe im Vorsaal den Priester,
den mein heiliger Bischof von Castellamare mir als Begleiter für meine
Reise mitgegeben hat, und eine Begleiterin; sie bitten um die Gunst
Ihres Segens."
Sogleich sagte der bischöfliche Kammerherr mit Mißfallen dem Heiligen
Vater zwei Worte, die eine Weigerung zu sein schienen. Ich, die ich
verstanden hatte, ich erneuerte meine Bitte. Endlich sagte der Heilige
Vater, man möge sie eintreten lassen.
V.
Wir kehrten ins Hotel zurück. Es war Nacht. In wenigen Worten schrieb
ich an meinen heiligen Bischof, um ihm (zum Namenstag, Anm.d.Red.) zu
gratulieren; er hieß Xaver. Am Tag danach sind wir wieder zu seiner
Eminenz Kard. Guidi gegangen, um ihm von unserer Unterredung mit dem
Heiligen Vater zu berichten: von dem schlechten Eindruck, den die ganze
Umgebung seiner Heiligkeit Papst Leo XIII. auf mich ausgeübt hatte; von
den Schwierigkeiten, die ich erlebt hatte, damit meine Begleiter den
Segen bekämen und endlich von der Entscheidung des Heiligen Vaters,
nach der ich in Rom bleiben solle, um meine Niederschriften zu machen,
usw. usw.
Eminenz Guidi zeigte sich sehr erstaunt und bekümmert, daß der Heilige
Vater seinen Brief mit den paar Zeilen nicht erhalten hatte, die er
durch seinen Sekretär an ihn gerichtet und geschickt hatte, um ihn zu
benachrichtigen, um ihn im voraus gegen die Fallen, die die Gegner der
Wahrheit Unserer Lieben Frau von La Salette ihm stellen könnten,
abzusichern. "Es ist unglaublich", sagte seine Eminenz, "daß man mein
an den Papst gerichtetes Schreiben abgefangen hat. Und die Person, die
das getan hat, kennt sehr wohl die Strafe, die Kirchenstrafe, die sich
jede Person zuzieht, die sich erlaubt, sich eines Briefes zu
bemächtigen, der von einem Kardinal kommt und an den Papst gerichtet
ist. Das ist so wahr, daß selbst ein Kardinal in keiner Weise ein
Siegel eines Briefes oder eines Gegenstandes eines anderen Kardinals
aubrechen darf. Das, was mir passiert ist mit meiner Adresse an den
Papst, ist sehr ernst."
Meine Begleiter erzählten Eminenz, was sie vor meiner Audienz gesehen
hatten, nämlich die Banknoten, die Mgr. von Grenoble mir geben wollte,
unter der Bedingung, daß ich dem Heiligen Vater nur sagen solle, wie er
mir sagen würde, er der Bischof von Grenoble; und daß ich, nachdem ich
belehrt worden war, die Stimme protestierend erhoben und gesagt hätte,
daß ich zum Heiligen Vater nur sagen und antworten werde nach meinen
Gewissen und was der göttliche Meister mir in dem Augenblick eingeben
werde; dann die grimmige Miene des Bischofs von Grenoble.
Ich sagte u.a. seiner Eminenz, daß ich angefangen hätte, die
Konstitutionen aufzuschreiben, als ich in Castellamare di Stabia war,
und daß ich dieses Heft gerne hätte und auch etwas Wäsche, weil ich
nicht wisse, wie lange Zeit mich diese Niederschriften beschäftigen
würden. Seine Eminenz sagte in seiner väterlichen Güte zu meiner
Begleiterin: "Schicken Sie alles, was Melanie braucht. Und Sie werden
mir alles wohl versiegelt an diese meine Adresse schicken." Und wir
alle drei erhielten seine Adresse. Dan fügte Eminenz hinzu: "Melanie,
sorgen Sie dafür, wenn Sie Ihr Zimmer verlassen, in dem Sie schreiben,
daß Sie es gut verschließen, den Schlüssel in Ihre Tasche stecken,
immer, immer!"
Als wir seine Eminenz verließen, wandten wir uns zu einem Papierladen,
um Papier, Federn, Tinte und verschiedene Dinge zu kaufen, die ich in
einen Seidenschal steckte.
Wir zogen uns in unser Hotel zurück, als wir den Kardinal Ferrieri
trafen, der von seinem Sekretär, Mgr. Bianchi, begleitet war. Er kam,
um mich zu den Salesianerinnen zu bringen auf dem Monte Palatino. Wir
kehrten ins Hotel zurück. Und dort mit dem guten Kard. Ferrieri allein,
wiederholte er mir von seiten des Heiligen Vaters, daß "Seine
Heiligkeit wünscht, daß ich niemand empfangen dürfe, da die Neugier der
Römer groß sei; ihre unaufhörlichen Besuche im Sprechzimmer würden mich
vom Schreiben abhalten. Ich solle völlig frei sein, so viele Briefe zu
schreiben und sie selbst zu versiegeln, wie auch solche zu empfangen,
ohne daß sie entsiegelt seien, von wem auch immer". Danach gingen wir
fort.
(Ich muß sagen, daß ich meine Begleiterin benachrichtigt hatte, daß,
falls ich neue Niederträchtigkeiten sehen würde, ich es sie mit nur
zwei Worten in griechischer Sprache würde wissen lassen, und dies
ereignete sich.) Während der ganzen Fahrt ermahnte mich Mgr. Bianchi,
mich durch niemanden beeinflussen zu lassen: "daß man in Rom nicht
glaube, .daß ich in meinen Handlungen frei sei; und daß man immer die
zwei Personen bei mir sähe, die mir Befehle erteilten. Daß sie zuviel
Einfluß auf mich hätten, usw. usw." - "Exzellenz", antwortete ich ihm,
"der Bischof von Grenoble hat den Beweis erhalten, daß ich mich nicht
beeinflussen lasse. Er hat den Beweis erhalten, daß ich mich noch
weniger kaufen lasse, d.h. meine Gewissensfreiheit, und ohne sein
heiliges Amt zu verachten, habe ich seine Geldscheine verachtet, die er
mir anbot, damit ich dem Heiligen Vater die Lektion wiederholen solle,
die er mir erteilt hatte. Ich hoffe, daß Gott ihn erleuchtet, damit er
r den Weg der Gerechtigkeit betritt, andernfalls wird er von den Herrn
geschlagen werden, denen er gedient hat."
Das Gespräch wechselnd sagte mir Mgr. Bianchi: "Was tragen Sie da in
dem Paket?" "Dinge, die ich benötige." Exzellenz verließ mich. Wir
waren im Kloster angekommen. Seine Eminenz, der Kard. Ferrieri sagte
mir: "Ich habe einen Brief vom Papst an die Kommunität: um Sie
vorzustellen und den guten Schwestern zu empfehlen. Unter anderen
Empfehlungen sagt ihnen Seine Heiligkeit, daß Sie volle Freiheit und
Freiheit Ihrer Zeit haben sollen."
Das Sprechzimmer öffnet sich, ich danke herzlich seiner Eminenz und
trete ein. Mein erster Besuch galt dem Allerhöchsten in Seinem
Sakrament der Liebe. Dann wurde ich in meine Zelle geführt, eine
richtige Nonnenzelle, wo die Türen keine Schlösser haben. Innen drin
ein kleiner Schreibtisch, zwei Stühle und ein Bett. Also konnte ich
meine Schriften nicht mit einem Schlüssel einschließen, da die
Schwester, die mir meine Zelle gezeigt hatte, sich zurückgezogen hatte,
um die Verlesung des Briefes des Heiligen Vaters zu hören.
VI.
Nach drei oder vier Tagen erhielt ich einen Brief des P. Bernard,
Missionar in La Salette. Ohne mich angehört zu haben (sagte ich mir),
kann das nur ein Brief voll Vorwürfe sein: wegen meines Ungehorsams
gegenüber den Anordnungen des Papstes usw. usw. Ich merkte die
Aktivität des Grenobler Monsignore und von Mgr. Bianchi.
Ich sagte Gott Dank, daß Er mich aus ihren Händen gerettet hatte. - Und
vor allem, als ich die Art und Weise verstand, wie sich der Bischof von
Grenoble meiner entledigen wollte, wofür er in Grenoble den P. Berthier
als Helfeshelfer hatte.
Nach ungefähr sieben oder acht Tagen erhielt ich von meiner Begleiterin
das Heft, die Papiere, den Siegellack und einen Schleier. Diese
verschiedenen Dinge waren sorgfältig in einen Holzkasten eingeschlossen
worden, adressiert an seine Eminenz den Kardinal Guidi, der erneut den
Kasten mit starken roten Bändern versah und das ganze an mehreren
Stellen mit seinem Siegel versiegelt hatte. Die Oberin brachte mir am
hellen Tag den Kasten. Aber er war offen und durchwühlt, die Bänder
zerschnitten, die Siegel entfernt. Ich machte eine Bemerkung darüber
gegenüber der Oberin, die mir demütig antwortete, daß er so angekommen
sei, wie ich ihn sähe.
Ich habe bereits bemerkt, daß die Briefe, die ich erhielt, geöffnet
worden waren; und von Castellamare di Stabia hatte man mir in fremder
Sprache zu verstehen gegeben, daß meine von Rom gesandten Briefe im
dunklen Arbeitszimmer von Mgr. Bianchi geöffnet worden waren. Ich muß
sagen, um nicht glauben zu lassen, wer unschuldig guten Glaubens ist,
daß die Oberin nichts mit dem Komplott Mgr. Bianchis und des Bischofs
von Grenoble zu schaffen hatte. Sie war ein unwissendes Werkzeug,
dessen sich Mgr. Bianchi bediente.
Ich schreib nach Castellamare, und von dort schrieb man an Kardinal
Guidi, der die Oberin fragen ließ, ob sie einen höheren Befehl erhalten
habe, so zu handeln, wie sie es tat. Sie antwortete verneinend. Er
forderte sie auf, "sich an die Weisungen des Papstes zu halten".
Währenddessen schrieb ich bei Tag und einem guten Teil der Nacht. Ich
wünschte, in zwei Monaten damit fertig zu werden. Bald kam die Oberin,
um mir zu sagen, ich möchte einige Spaziergänge in dem großen Garten
machen; bald sagte sie mir, ich solle einer Kranken Gesellschaft
leisten, bald, die Keller und die unterirdischen Gewölbe des
Cäsarenpalastes besuchen, und bald, zur Rekreation kommen. Mgr.
Bianchi, der mich zweifellos heiligen wollte, gab der Oberin neue
Anweisungen. Es ist nutzlos, diese Erzählung fortzusetzen. Einige Tage
vor meiner Abreise nach Castellamare kam die Oberin, die mir schon
gesagt hatte, daß Mgr. Bianchi häufig kam, um Nachrichten über mich zu
erfragen, um sich fast zu entschuldigen, "wenn sie manchmal die
Rücksicht mir gegenüber überschritten hätte". Ich umarmte sie liebevoll
und versicherte ihr, daß sie mich stets mit zuviel Güte behandelt
hätte. Da öffnete sie mir ihr Herz; unter anderem sagte sie mir: "Der
Heilige Vater hat ungefähr dreimal den Kardinal Ferrier gesandt, um
sich zu vergewissern, daß Sie schreiben; ob niemand komme, um Sie zu
besuchen, und ob Ihnen die Zeit nicht zu lange werde, so
eingeschlossen. Seine Eminenz scheint Sie sehr zu schätzen. Er hat sich
nach Ihrer Gesundheit erkundigt, er hat mir empfohlen, Sie gut zu
pflegen. - Mgr. Bianchi ist sehr oft gekommen, um mich viele Dinge zu
fragen über Ihr Betragen in der Gemeinschaft. Er schien mir ganz
ärgerlich, wenn ich ihm Gutes sagte; und er warf mir vor, ich ließe Sie
nicht genug die Tugenden üben: er hatte mir befohlen, ihm alle Ihre
Briefe zurückzuhalten, auch solche, die an Sie gerichtet waren; und
damit Sie nicht sehen sollten, daß sie vorher geöffnet worden waren,
sie Ihnen erst abends zu geben, wenn Sie bei Tisch seien. Er hat mir
befohlen, Sie zu demütigen, besonders in der Öffentlichkeit, und Ihnen
zuwiderzuhandeln, Ihnen in allem zu widersprechen: 'Lassen Sie sie zu
ihren Gottesdiensten gehen1. Und kürzlich sagte er mir: 'Versuchen Sie,
daß sie niemandem, der ins Kloster kommt, eine Mitteilung machen kann.
Wenn sie sich zu den Schwestern begibt, weisen Sie sie zurück, sagen
Sie ihr, sie solle dort hergehen, wo die Weltleute hergehen. Lassen Sie
ihre Lampe abends nur für eine Stunde versorgen'."
Nachdem ich meine Niederschrift beendet hatte, ließ ich sie für den
Heiligen Vater zu Kardinal Ferrier bringen, wie auch meinen an den
Papst adressierten Brief, worin ich ihm sagte, daß ich zur Verfügung
Seiner Heiligkeit stehe, um zu gehen, wohin immer er mich sende würde.
Einige Tage vergingen, und ich bekam keine Nachricht. Aber Mgr. Bianchi
ist diese letzten Tage gekommen. Ich habe es an dem Eifer der Oberin
erkannt. Dieses Mal will man mich zu einer Nonne machen, man will mich
ins Kloster stecken. Ich hatte diese Nachricht schon von einem
französischen Priester erhalten, dem Mgr. Fava geschrieben hatte:
"Endlich ist sie eingesperrt in einem Kloster, von wo sie niemals mehr
herauskommen soll." - Man hatte ohne den Allerhöchsten kalkuliert. Es
ist wahr, daß man alles mögliche und unmögliche angewandt hat. - Ich
schrieb erneut an den Heiligen Vater, der meine Briefe wahrscheinlich
niemals erhalten hat.
Ich werde krank: ich hüte nur einige Tage das Bett, aber die Kämpfe
gehen heftig weiter. Die Oberin war jung, die betagteren Nonnen hatten
es leicht mit ihr. Als deshalb die Oberin mit mir in die Rekreation
eintrat, sagte eine Schwester: "Meine Mutter, Melanie ist zu schwach,
um hierher zu kommen. Sehen Sie, sie sieht aus wie eine Leiche." Und
als sie sah, daß die Oberin sich nicht darum kümmerte, sagte sie:
"Meine Mutter, man hat uns Melanie in guter Gesundheit anvertraut, und
sehen Sie sie jetzt!" An einem anderen Tag sagte ihr die gleiche
Schwester: "Ich möchte gern, daß Melanie lange bei uns bleibt, und
sogar für immer; aber nicht um den Preis ihres Lebens. Und Sie wissen,
wie sehr sie uns anempfohlen wurde. Es ist eine Gewissenspflidt, den
Heiligen Vater zu benachrichtigen wegen der Gefahr, in der sie sich
befindet."
Inzwischen spitzte sich der Kampf zu. Außerdem gelangten Briefe aus der
Stadt an mich, in denen man mich als Ungehorsame, Starrköpfige,
Widerspenstige gegen den Willen des Oberhauptes der Kirche behandelte,
ja fast als Verdammte.
Dazwischen kam die Oberin und sagte mir, daß es nicht schicklich sei,
daß ich ohne Schleier im Haus sei, während die Schwestern ihn tragen
würden. Sogleich legte ich einen Schleier auf meinen Kopf, den ich
nicht mehr ablegte. - Dann setzte sie mir zu, ich solle Salesianerin
werden. Ich sagte ihr, daß der Heilige Vater Pius IX. zu meinem
heiligmäßigen Bischof gesagt hatte: "um meinen Auftrag auszuführen,
könnte ich nicht ins Kloster gehen". Ein andermal sagte die Schwester
Placide zur Oberin: "Meine Mutter, um der Ruhe meines Gewissens willen,
lehne ich vor Gott die Verantwortung ab, die die Gemeinschaft für die
Sorge un Melanie übernommen hat, um Sie Ihnen ganz allein zu
überlassen: weil es uns nicht zukommt, Melanie Weisungen zu geben; das
kommt Personen zu, die sie uns anvertraut haben. - "Ich habe
geschrieben", sagte die Oberin, "ich habe zweimal geschrieben."
Endlich kam der Kardinal Ferrieri; unter anderem sagte er mir, der
Heilige Vater habe entschieden, daß ich nach Castellamare zurückkehren
solle, und daß ich schreiben solle, damit jemand käme, um mich
abzuholen, was getan wurde.
VII.
Nachdem ich außerhalb des Klosters unterwegs war, fragte ich meine
Begleiterin, ob es in Castellamare noch jemand gäbe, der an die
göttliche Botschaft glaube würde. "Ja", antwortete sie nur, "aber in
Rom haben Mgr. Fava, Mgr. Bianchi und der Pater Berthier nicht
aufgehört und nichts unterlassen, überall verbrecherische und
irrtümliche Verleumdungen zu säen. - Was man gegen mich sagt, erwiderte
ich so verdienen es meine Sünden, und es ist eine Übung in der Geduld,
um mich richtig in meine Nichtigkeit eindringen zu lassen. Was die
göttliche Botschaft betrifft, sie wird die Feinde des Allerhöchsten
vernichten. Sagt nicht Gott durch den Mund des Jeremias, daß Sein Wort
ein brennendes Feuer sei und der Hammer, der die Felsen spalte. Darum,
wer sich gegen das Wort Gottes erhebt, tut nichts anderes, als Ursache
zu sein, daß es sich weiter verbreitet. In diesem Augenblick kam der
gute Pater Trevis bei uns an, der uns treffen wollte. Unter anderem
sagte ich ihm: "Bevor ich Rom verlasse, möchte ich die neue Statue
Unserer lieben Frau von La Salette sehen, die Mgr. Fava bestellt hat.
Wir gingen hin.
Ins Atelier eingetreten sahen wir viele Statuen im Entwurf. Eine
einzige war vollendet. Aber keine schien irgendeine Jungfrau
darzustellen. Ich sagte zu Pater Trevis: "Aber wo ist denn die Statue
nach dem Entwurf vom Grenobler Monsignore?" - "Da ist sie", sagte mir
der Herr, der uns sein Atelier besuchen ließ. "Aber nein! Aber nein!
Mein Herr, das kann nicht Unsere liebe Frau von La Salette sein. Sie
hat nichts, was ihr ähnelt!" - "Indessen", sagte der Herr, sie ist
genau nach dem Vorbild gearbeitet, das Sie dahinten sehen, welches mir
der Bischof von Grenoble gegeben hat. Übrigens muß er gut unterrichtet
sein als Bischof der Diözese, in der die Erscheinung stattgefunden
hat!" - "Ja, wenn Hochwürden Mgr. Fava belehrt sein müßte. Aber
Tatsache ist, daß er nie eines der beiden Hirtenkinder befragt hat.
Sein Entwurf ist also reine Fantasie. Und mit Recht können Sie auf den
Sockel der Statue schreiben: 'Statue nach der Privatvision von Mgr.
Fava!' Sie wird niemals die Statue Unserer lieben Frau von La Salette
sein, von der man die Haare nicht sah und die ein großes Kreuz auf der
Brust trug. Die Madonna der Liebe, des Mitleids ist gekommen, um uns
durch Wort und Beispiel zu belehren. Und Gott wird die Verachtung
strafen, die man Seiner himmlischen Mutter gezeigt hat." Wir zogen uns
zurück. Der Herr fragte halblaut M. Trevis: "Wer war diese Dame, die
den Anschein erweckt, als wenn sie über die Kleidung Unserer lieben
Frau von La Salette so genau unterrichtet ist?" - Da ich dabei war, Rom
zu verlassen, antwortete ihm M. Trevis: "Sie ist die Hirtin von La
Salette."
Wir wandten uns zum Hotel und von da zum Bahnhof nach Neapel. Jetzt
teilten mir M. Trevis und meine Begleiterin die Intrigen, die
Verleumdungen mit, die die Exzellenzen Bianchi, Fava und der Pater
Berthier in Rom und Frankreich durch Schriften verbreitet hatten. All
das berührte mich nicht: das war alles zu meinem Gewinn. Was mich
aufregte, war die falsche Statue aus Marmor, die vom Bischof von
Grenoble bestellt worden war und die im gleichen Jahr 1879 auf dem Berg
von La Salette gekrönt werden sollte.
"Mein Gott, laß nicht zu, daß die Fälschung des Bischofs von Grenoble
und des Paters Berthier triumphiert. Halte Du, dem nichts unmöglich
ist, die eitlen Verschwörungen der Feinde der Wahrheit auf! Hab Mitleid
mit Deinem Volk, hab Mitleid mit der Verblendung vieler Deiner
Gesalbten! Bekehre uns alle zu Dir, Herr Jesus!" Am Abend nahmen wir
den Zug nach Neapel-Castellamare di Stabia, und während der Reise
unterrichteten mich meine Begleiter über den neuen Krieg, den die
schwarzen Zeitungen der Erscheinung erklärten, die berichteten: "Daß
ich unter heftigen Tränen, als ich beim Heiligen Vater war, ihm erklärt
habe, ich hätte nichts auf dem Berg gesehen"; die berichteten: "Daß der
Papst nicht ah die Erscheinung glaube, und daß der Papst aus diesem
Grund eine Statue machen läßt, die nicht Unsere liebe Frau von La
Salette darstellen wird"; die sagten: "Melanie hat dem Papst nicht
gehorchen wollen: sie ist exkommuniziert"; die sagten: "Der Papst hat
Melanie in Rom eingesperrt. Sie macht Spektakel. Sie will heraus, und
der Papst will nicht, daß sie ausgeht", usw, usw.
VIII.
Nun, da wir in Castellamare angekommen waren, bedrückte eine tiefe
Traurigkeit mein Herz: ich werde Exzellenz Petagna nicht mehr
vorfinden, meinen heilgmäßigen Bischof. Er hatte die Erde der
Verbannung seit einigen Monaten verlassen; er war gegangen, um die edle
und erhabene Belohnung zu empfangen, die Gott Seinen würdigsten Dienern
bereitet hat, die den guten Kampf für Gerechtigkeit gekämpft haben.
Einige Monate danach regnete es Zeitungen und Drucksachen von allen
Seiten, die forziert ankündigten: "Die Krönung der Statue aus schönem
weißen Marmor, vollzogen unter den Augen des Höchsten Hirten, nach dem
Entwurf, der von Exzellenz Fava gemacht wurde. "
Inzwischen erhielt ich aus Rom einen Brief, und am folgenden Tag noch
etliche von verschiedenen Personen, gleichfalls aus Rom, die alle
ungefähr folgendes berichteten: "Ich weiß nicht, liebe Schwester, ob
Sie von dem Gerücht gehört haben, das in Rom umläuft. Man sagt, daß
seit dem letzten Mai nicht mehr an der neuen Statue gearbeitet worden
sei, weil der Bildhauer eine Erkrankung des Armes erlitten hat." Ein
anderer Brief: "Wissen Sie, meine vielliebe Schwester, daß der
Bildhauer, der im Auftrag von Mgr. Fava die Jungfrau anfertigen sollte,
von einer Lähmung des Armes befallen wurde?" Ein anderer: "Man teilt
uns gerade mit, daß die Krönung Unserer Herrin von La Salette dieses
Jahr nicht stattfinden wird: dem Meisterbildhauer ist ein Unfall
zugestoßen, sein Arm ist gelähmt. Er hat seine Arbeit nicht rechtzeitig
beenden können." Oder: "Wenn die Krönung stattfindet, wird man das
Modell in Gips krönen, bis die Marmorstatue vollendet sei ...".
Tatsache ist, daß man im September 1879 unter großem Aufwand den
Entwurf in Gips von Mgr. Fava gekrönt hat, weil die Darstellung in
Marmor nicht beendet werden konnte. Den wahren Grund dafür sagte man
nicht.
Von mehreren Seiten erhielt ich Informationen, man teilte mir die
Nachrichten mit, die in Frankreich umliefen und von Mgr. Fava und dem
P. Berthier kamen: Bald war es so, daß "der Bildhauer hatte verreisen
müssen"; bald war es so, daß "er zu sehr ermüdet gewesen war. Man habe
ihm eine gewisse Zeit der Ruhe verordnet" usw. usw.
Aber in meinem geliebten Bergland, wo die Zeitungen nicht hindringen,
da die nächsten Eisenbahnen mehr als vier Fahrstunden entfernt sind,
wußte man nur das, was die Patres von La Salette sagten, nämlich: "Die
Statue in weißem Marmor wird sehr ähnlich sein, ein Meisterwerk der
Kunst.*) Der Entwurf ist von seiner Exzellenz Mgr. Fava, dem Grenobler
Bischof geschaffen worden, und nach diesem herrlichen Entwurf wird die
Statue in Rom unter den Augen des großen Papstes Leo XIII. gearbeitet
werden. Die Hirten haben das Kleid der Jungfrau nicht wiedergeben
können. Unser großer Bischof Fava aber hat es besser verstanden, und er
hat die Genauigkeit dieses himmlichen Kleides in seinem Entwurf
wiedergeben können, das von hinreißender Schönheit ist."**)
Am Tag der Krönung waren die Massen herbeigeeilt. Ich überlasse das
Wort einem Augenzeugen, der mir den Vorgang berichtete: "Die Basilika
war geschmückt. Die neue aus Rom eingetroffene Statue war auf dem
Hochaltar, aber verhüllt durch einen Vorhang. Jedermann bebte vor
Verlangen, die wahre Jungfrau von La Salette zu sehen. Die Leute, die
im Hintergrund der Basilika standen, stiegen auf die Stühle, um sie als
erste zu sehen. Man fand den Gottesdienst zu lang. Endlich hört man
einen dumpfen Lärm. Es war die Menge, die sagte, man habe gesehen, wie
sich der Vorhang bewegte. Endlich senkt sich langsam der Vorhang. Noch
sieht man nur den Kopf, als schon die Bewohner unserer Gegenden rufen:
'Das ist sie nicht! Das ist sie nicht! Sie hat ihre Haare auf den
Schultern liegen!' Der Vorhang senkt sich weiter. Und immerzu und in
dem Maße, wie man immer genauer betrachten kann, sagten die Leute
erstaunt: 'Oh, das ist nicht Unsere liebe Frau von La Salette: sie hat
kein Kreuz!' 'Oh, man sieht ihre Hände, und sie hat einen Mantel wie
die Pariser Fräulein: das ist sie nicht, das ist sie nicht!' Es war
eine allgemeine Mißbilligung, bis der Gesang das Gemurmel all dieser
braven Leute zudeckte."***)
Ich antworte hier auf zwei Fragen, die mir häufig gestellt wurden:
1. Warum sind die Medaillin und Abbildungen, die Unsere Herrin von La
Salette darstellen, nicht in allen Ländern verbreitet, wie es
gewöhnlich die wunderwirkenden Medaillien und Abbildungen sind?
2. Warun findet man die Medaillien und Abbildungen Unserer Herrin von La Salette in keinem Devotionalienladen zu kaufen?
Diese Frage hatte ich mir selbst gestellt, und ich litt unter diesem
Mangel. Ich hätte deren kaufen wollen, um die Verehrung dieser süßen
Mutter überall zu verbreiten, wohin ich ging. Erst 1871 entdeckte ich
die List der alten Schlange. Ich war nach Frankreich gekommen, um meine
bedauernswerte Mutter zu sehen, dann nach Lyon, um eine meiner
Schwestern zu besuchen. Nachdem wir nach Fourvières gegangen waren,
gingen wir in fast alle Devotionalienläden ohne eine einzige Medaillie
oder Abbildung von La Salette finden zu können. Also sagte ich zu
meiner Schwester: "Weißt du, wo man diese Medaillien prägt?" - "Ja",
sagte sie mir. "Führe mich hin!" Wir kommen hin, und ich verlange fünf
oder sechs Gros. Die Inhaberin antwortet mir, daß sie keine mehr habe.
"Wie", sagte ich ihr. "Hier prägt man doch die Medaillien, die man auf
dem Berg von La Salette verkauft." - "Ja", sagte mir diese Dame, "aber
die Missionare haben uns ihr Vertrauen bewiesen, indem sie die
Bedingung stellten, daß alle anderen Devotionalienhändler (von der
Belieferung) ausgeschlossen seien. Sie können solche Medaillien bei den
Patres von La Salette finden."
So habe ich erfahren - das Herz von Schmerz erfüllt -, warum sich die
Medaillien Unserer lieben Frau von La Salette nicht in anderen
Geschäften finden.
Müssen diese armen, elenden Patres den Allerhöchsten, ihre Seele, die
Ewigkeit der Strafen aus den Augen verloren haben, daß sie es wagen,
ihren Ruhm, ihr materielles Interesse der Ehre dieses Gottes
vorzuziehen, der sie einst richten soll? ... Oh ... wohin sind wir
gekommen ... Und diese Wesen wagten es, sich Missionare von La Salette
zu nennen, während ihre ganze Besorgnis darin bestand, Schätze über
Schätze aufzuhäufen, während sie die Armen haßten. Sie haben den guten
selbstlosen tugendhaften Maximin Hunger leiden lassen, der die Steine
vor Mitleid hätte weinen machen können.
Schwester Marie vom Kreuz,
Hirtin von La Salette.
(Für die richtige Abschrift am 18. Mai 1904:
H. Rigaud, Pfarrer von Argoeves.)
***
Anmerkungen:
(+) Melanie ist am 14. Sept. desselben Jahres gestorben. Dieser
kostbare Brief kann also als eine Art Testament betrachtet werden. Es
ist selbstverständlich, daß der Stil der Hirtin genauestens beibehalten
wurde.
(++) Diese Stelle ist wie die vorausgehende von Melanie nicht unterstrichen.
(+++) Ich unterstreiche diese letzten Zeilen nicht, da Melanie sie nicht unterstrichen hat. Man möge sie nur bitte beachten!
*) Dieses 'Meisterwerk der Kunst' ist eine solche Eselei und von
solcher Häßlichkeit, die nur für den unbegreiflich ist, der die
künstlerische Verständnislosigkeit moderner Christen nicht kennt.
**) Man muß Missionar von La Salette oder Redakteur von LA CROIX sein,
um eine solche Reklame zu schreiben, in der alle Worte lächerlich sind.
***) Da der Kardinal Guilbert, Delegierter Leos XIII., wegen seines
hohen Alters die Stufen zu dem Aufbau nicht hinaufsteiegn wollte, nahm
ein Missionar das Diadem und setzte es auf das Haupt der Gipsstatue:
Man tat sie zum Abfall, als die Marmorstatue endlich vollendet war.
Welche von den beiden gekrönt wurde? Weder die eine noch die andere.
1. Der Heilige Vater krönt keine Statue aus Gips.
2. Es ist wesentlich, daß die Krone durch den Delegierten aufgesetzt
wird; er kann sich helfen lassen, aber er muß körperlich mitwirken.
3. Die Statue muß diejenige sein, die verehrt werden soll.
Das Krönungsdekret Unserer lieben Frau von La Salette ist also nicht
ausgeführt worden. Wenn man es erfüllen wird, wird man die echte Statue
der Erscheinung krönen. Das Gebet Melanies: "Mein Gott, laß nicht zu,
daß die Fälschung des Bischofs von Grenoble und des P. Berthiers
triumphiert" konnte nicht vollständiger erhört werden. Alles fehlte
dabei, sogar die Predigt Mgr. Paulihiers, der sie halten sollte, war zu
müde. Mgr. Fava las Tiraden gegen die Freimaurer vor. Sogar die
Prozession konnte man nicht machen. Keine Ordnung in dieser
unzufriedenen Menge. - Kein Wunder ist den Gebeten gewährt worden, die
vor dieser Statue gesprochen wurden. Melanie hatte gesagt: "Die Statue
der falschen Krönung wird niemals Wunder wirken." |