Eine Erklärung von Mgr. M.L. Guérard des Lauriers
(nach der Übersetzung in den SAKA-INFORMATIONEN vom Jan. u. Febr. 1984)
Vorbemerkung:
Nach der allgemeinen Situationsbeschreibung "Wo stehen wir" und der
Abhandlung von Herrn Ramirez Arandigoyen "Über den kath. Widerstand
gegen den Modernismus und die Frage der Bischofsgewalt in der Kirche"
(Februar-Heft 1984) veröffentlichen wir nun die "Erklärung" S.E. Mgr.
Guérard des Lauriers zur Problematik der Vollmachten der Bischöfe und
Priester unter den gegebenen Umständen. Auch wenn wir mit S.E. Mgr. des
Lauriers hinsichtlich der Beurteilung der Wirklichkeit nicht in allen
Punkten übereinstimmen, enthält die vorliegende bischöfliche Erklärung
die Kriterien, die zur Bewertung und zur Festlegung der Amtsvollmachten
unserer Bischöfe und Priester entscheidend sind. - Die Erklärung
erschien in franz. Sprache zuerst in BULLETIN DE L'OCCIDENT CHR…TIEN
Nr.84, dann in den LETTRES NON-CONFORMISTES des Herrn René Rouchette. -
Wir danken Herrn Eisele für die freundliche Genehmigung, seine
Übersetzung übernehmen zu dürfen.
E. Heller
***
Ich muß (...) feststellen, daß Mgr. Lefebvre seit mehreren Jahren,
ungeachtet meiner wiederholten Einsprüche, fortfährt, mich entweder mit
R.P. Barbara als "Sedisvakantisten" oder mit Palmar de Troya als
"Schismatiker" in Verbindung zu bringen. Mgr. Lefebvre schürt somit
systematisch die Verwirrung, was ihm den Schein verleiht, recht zu
haben, doch einer ehrlichen Diskussion weicht er aus. Er gibt vor, so
zu handeln, "um die Gewissen nicht zu beunruhigen". Doch gerade dadurch
verwirrt er diese derart in Fragen, die das Heil betreffen, daß es
nicht angeht, dagegen keine Stellung zu nehmen. Ich begnüge mich jetzt
damit, die hervorstechendsten Punkte einer Studie anzuführen, die ich
demnächst veröffentlichen werde.
Die Kirche ist der fortlebende Jesus Christus (Jésus-Christ
communiqué). Diese Kommunikation enthält zwei organisch verbundene
Gesichtspunkte, die aus der Offenbarung stammen: einmal die missio (den
Missionsauftrag): "Gehet, lehret, taufet, erziehet..." (Mt. 28,18-2o).
Für die streitende Kirche bedeutet dies "bis zum Ende der Zeiten"
Katechese, Sakramente, (Seelen)Führung. Zum anderen die sessio (der
Amtssitz): "Ihr, die ihr Mir nachgefolgt seid, werdet bei der
Neugestaltung ebenfalls auf zwölf Thronen sitzen und die zwölf Stämme
Israels richten." (Mt. 19,28) Damit ist - auch in der streitenden
Kirche - die Hierarchie eingesetzt, die die Katholizität manifestiert
und realisiert.
Der Unterschied und die Einheit zwischen missio und sessio sind derart
der Kirche zugehörig, daß sie auch im Kanonischen Recht bestätigt sind,
sowohl im allgemeinen wie im einzelnen:
"Auf Grund göttlicher Einsetzung besteht die heilige Hierarchie in
Bezug auf die Weihegewalt aus Bischöfen, Priestern, Diakonen; in Bezug
auf die Regierungsgewalt aus dem höchsten Pontifikat und dem
untergeordneten Episkopat" (can.Io8,n.3). Also: die heilige Hierarchie,
die eine und einzige, hat zwei Grundbezüge (rationes): die der
Weihegewalt (ratio ordinis), die aus dem Missionsauftrag hervorgeht,
und die der Jurisdiktionsgewalt (ratio iurisdictionis), die sich aus
dem Amtssitz ableitet.
Betrachtet man nun die Hierarchie in den einzelnen Graden, z.B. in der
pastoralen Aufgabe eines Pfarrers, so kann man auch darin alles
bemerken, was in der Hierarchie, allgemein gesehen, feststellbar ist:
die Zweiheit der Aspekte und die gleiche Einheit zwischen den Aspekten.
Dieser Pfarrer empfängt von Christus, durch den Bischof, der ihn
installiert, den Auftrag (munus) und das Amt (officium); vgl. Can.147,
15o, 151. Durch das Amt, das Beziehung schafft, ist dieser Pfarrer in
Christus der Herde zugeteilt, für die er (in Einheit mit Christus, dem
Papst, dem Bischof) auf Grund der Weihegewalt (ratio ordinis) als Hirte
eingesetzt ist; durch das Amt (officium) nimmt der Pfarrer in der
Kirche am Missionsauftrag (missio) teil, der ein integrierender
Bestandteil der Kirche ist.
Durch den Auftrag (munus), zur Person gehörend, wird dieser Pfarrer
zugleich (gleichzeitig gemäß einer Ordnungs-Einheit) durch 'Christus,
den Papst, den Bischof in die kirchliche Hierarchie integriert, dies
hinsichtlich der Jurisdiktion (ratio iurisdictionis); durch den Auftrag
nimmt dieser Pfarrer am Amtssitz (sessio) teil, der integrierender
Bestandteil der Kirche ist.
Das Amt ist begründet und bemessen durch den Auftrag, wie es das
Verhältnis durch die Grundlage ist. Aber eben diese Analogie (diese
Entsprechung) deckt auf, daß Auftrag und Amt in Wirklichkeit
verschieden sind, in der Form sogar, daß sie gelegentlich getrennt sein
können. Wenn jener Pfarrer z.B. eine Zivilehe eingeht, wird sein Amt
(officium) ipso facto und ohne weitere Erklärung durch stillschweigende
Resignation vakant (Can.188,n.5), d.h., die Pfarrkinder dürfen diesen
'zivil getrauten1 Priester, unabhängig von einem kanonischen Verfahren,
nicht mehr als ihren Pfarrer anerkennen. Er hat das Amt, wozu er
eingesetzt war, für sich selbst annulliert. Aber er besitzt noch
"unrechtmäßigerweise" den Auftrag (munus) - und in einem bestimmten
Sinne das Amt (can. 151) - bis ihm dieser durch einen kanonischen
Prozeß, in dem die Kirche im Namen Christi richtet, entzogen wird. Der
Auftrag (munus) ist also sehr verschieden vom Amt (officium), da er
unter Umständen von letzterem getrennt sein kann.
Der Amtssitz (sessio) und der Missionsauftrag (missio), an sich
verschieden und doch organisch verbunden, wurden Petrus allein zuerst
zugesagt (Mt. 16,18-19) und dann zugeteilt (Joh. 21,15-19). Aber alles,
was den Missionsauftrag betrifft (missio), wurde auch den andern zwölf
(oder zehn) Aposteln übertragen, gleichzeitig wie dem Petrus und in
strikter Parität mit Petrus: Eucharistie (Mk. 14,22-24),
Absolutionsgewalt (Mt. 10, 10, Jo. 20,22-23). Und das feierliche
Versprechen "Und siehe, Ich bin bei euch bis ans Ende der Welt" (Mt.
28,2o) bezieht sich ausdrücklich auf den Missionsauftrag, der den
Aposteln im gleichen Maße anvertraut wurde.
Die Geschichte beweist es, daß der erste Papst für sich nicht das
Privileg einer wiedererlangten Standhaftigkeit beanspruchen konnte: "Du
aber stärke dereinst nach deiner Umkehr deine Brüder." (Lk. 22,32) Mit
Gewißheit ist der Missionsauftrag begründet und bemessen im Amtsbesitz;
doch in der streitenden Kirche, wo "alles im Dienste für das Heil der
Seelen" sein soll (Pius XII. am 3. Juni 1956), ist der Amtssitz für den
Missionsauftrag. Der Amtssitz allein vollendet in Katholizität die
Einheit, die im Ansatz, doch im eigentlichen Sinne, schon dem
Missionsauftrag eigen ist. So ist es für die (streitende) Kirche
aufzufassen.
Zur Zeit ist die streitende Kirche "besetzt" und in einem
Verlustzustand (mise en état de privation). W. (= Mgr. K. Wojtyla),
ordnungsgemäß gewählt (ich lasse es gelten bis zum sicheren
Gegenbeweis)* von einem Konklave, das etwa aus zehn authentischen
Kardinälen bestand (die gegen die Wahl nicht protestiert haben)** nimmt
also den päpstlichen Stuhl in Besitz; so ist er "materialiter" (gemäß
äußeren rechtlichen Gegebenheiten Papst.) "1") Diejenigen, die
erklären, der Stuhl Petri sei vakant, weise ich darauf hin, daß die
Kirche eine weise eingerichtete Gesellschaft ist; physische oder
moralische Personen, die zu einer Vakanz-Erklärung befähigt sind, haben
ipso facto das Recht, eine provisorische Autorität ins Leben zu rufen
(à réaliser la "provisio" de l'autorité). Mögen P. Barbara und Me de
Bois Menu ein "Konklave" einberufen; wird man sie dann noch ernst
nehmen?
Neben anderen Pflichtverletzungen vertritt W. gewohnheitsmäßig die
Häresie. Es ist offensichtlich, daß W. dem "Gemeingut" Schaden zufügt,
das in der streitenden Kirche von dieser Stelle eigentlich gefördert
werden müßte. Somit ist W., auf Grund des Naturrechts, metaphysisch und
juristisch unfähig, die Autorität auszuüben. Kraft des Naturrechtes,
das letztlich von Gott selbst stammt, hat W. nicht die faktische
Autorität. Er ist und kann nicht "formaliter" (im eigentlichen inneren
Sinne) Papst sein. Man darf ihm nicht gehorchen, denn seine
Pseudo-Anordnungen sind nichtig.+)
Der Amtsbesitz (sessio) ist also an der Spitze erschüttert, und diese
Erschütterung setzt sich fort, gleichsam von den Gewölbestützen durch
das ganze Gebäude. Ich habe Briefe aufbewahrt, die Mgr. Lefebvre 1976
geschrieben hat und in denen er damals mit gleichbedeutenden Ausdrücken
die Dinge gleich bewertete.
Die drei Positionen, gegen die wir Stellung nehmen, haben gemeinsam,
daß sie den tatsächlichen Unterschied zwischen Materie und Form in
einem akzidentellen Ganzen nicht in Betracht ziehen (wollen) - es
handelt sich hier um das oberste Pontifikat - und daß sie den analogen
Charakter der Unterscheidung "materialiter, formaliter" ignorieren.
Einige gehen soweit, zu behaupten, es gebe nie eine Materie ohne Form,
und damit verwechseln sie das substantielle mit dem akzidentellen
Ganzen und die materia prima mit der materia secunda.
Diese Unkenntnis im Metaphysischen verleitet die 'Konziliaren' dazu,
die Tatsachen derart zu übersehen, daß sie den Missionsauftrag als
erfüllt erachten; andere dazu, daß sie meinen, sie hätten das Recht,
einen Papst zu ernennen; und Mgr. Lefebvre dahin, daß er versucht, die
Unvereinbaren zu vereinen.
Da dem nun so ist, wollen wir diese Standpunkte ganz schematisch
aufzeigen. Zuerst die Option von Mgr. Lefebvre im Jahre 1983. Sie
besteht im mindesten darin: einerseits in der Bestätigung, daß die
sessio (der Amtsbesitz) intakt ist (W. ist Papst, ganz und gar, im
wahren Sinne des Wortes, wohl ein schlechter Papst, doch Papst);
andererseits in der Anerkennung dessen, daß die missio (der
Missionsauftrag) in wesentlichen Belangen, die sich ausdrücklich auf
den Papst als solchen beziehen, etwa die Unfehlbarkeit, derart
schwerwiegend verdorben ist, daß man sich nicht danach richten darf
(Mgr. Lefebvre hält noch an der Messe fest).++)
Diese Haltung impliziert - wir hoffen, es geschehe unbewußt - eine
Blasphemie gegen die Einheit und Heiligkeit der Kirche. Die Kirche ist
zugleich missio und sessio, in organischer Einheit. Es ist unmöglich,
daß aus einer echten sessio normalerweise eine grundsätzliche
verdorbene 'missio1 hervorgeht! Dieser Irrtum nimmt in der Praxis der
Priorate eine weitere Form an: Absolutes Schweigen hinsichtlich der
Papstfrage; ein Anathem über denjenigen, der es wagen würde, diese
Frage in der Kapelle eines Priorates der Priesterbruderschaft
aufzugreifen! Nur 'verbale' Treue indes gegenüber einer Papstpuppe
verleiht die Katholizität in keiner Weise einem Werke, das mit der
Maulkorbpraxis offenlegt, daß es sich um eine Sekte handelt, die so dem
Vater der Lüge zu Diensten steht.
Die anderen Optionen haben wenigstens das Verdienst, die Inkohärenz des
Lefebvreismus zu meiden. Sie sind beide der Meinung, einer echten
sessio müsse eine gute, sogar eine heilige missio entsprechen. Die
Konziliaristen (Vatikanum II) jubeln W. zu und singen von einem neuen
Pfingsten. Sie werden bald ausgesungen haben! Die Gläubigen indes, die
in Wahrheit an der Tradition festhalten, in denen sich der Instinkt aus
dem wahren heiligen Glauben gegen die neue 'missio' wendet, gleich wie
das Gewissen dem Bösen widerspricht ("murmur et malo"), diese Gläubigen
verwerfen die Wojtyla-'sessio'! Da gibt es viele und subtile
Modalitäten. Jedermann weiß, wenigstens in Frankreich, daß man die
Radikal-Sozialisten nicht mit den Sozial-Radikalen verwechseln darf!
Die Stärke liegt demnach in der Vereinfachung!
Da sich die streitende Kirche nur von innen heraus erneuern kann,
stellt sich wegen der Erschütterung der sessio die folgende Frage: Was
bleibt von dieser sessio in der gegenwärtigen 'offiziellen Kirche'?
Unsere lieben 'treuen' Bischöfe, Mgr. Thuc, Mgr. Lefebvre, Mgr. Castro
Mayer haben allesamt (!) demissioniert, worüber einiges zu sagen wäre,
wollte man sich damit aufhalten.+++) Es ist Tatsache, hart und
unvermeidlich! Mit ihrer Demission haben sie die Autorität eines
Montini oder W. anerkannt, die beide mit einem kapitalen Schisma
behaftet sind. Geschah es aus Überdruß oder weil sie zum besten
gehalten wurden, jedenfalls haben sie jegliche Autorität verloren ++++)
und sie nehmen an der sessio nicht mehr teil als ich (Guérard des
Lauriers) und andere. Allerdings können sie Sturm läuten mit ihrem
ruhmreichen bischöflichen Widerstand! Sie sind in die bescheidene Rolle
des berühmten "Quasimodo" in der Vorhalle ihrer Kathedralen eingeengt.
Gott möge sie erhören! "Epheta, das heißt: tu dich auf." (Mk. 7,34)
Daß doch Gott in den Ohren irgendeines residierenden Bischofes - sei er
unfrei, altmodisch oder zurückgeblieben - die Melodie zu dem von P. de
BligniËres so sorgfältig vorbereiteten Text aufklingen lasse! Dieser
hat ja dem Umstand genügend Rechnung getragen, daß dieser Bischof sich
moralisch noch nicht derart verhalten hat, was allein die - wenn auch
nur stillschweigende - Zustimmung zur Wojtyla-'sessio' sündhaft werden
lassen. Es ist nicht ganz hoffnungslos! xx)
Und wegen dieses bescheidenen Lichtblickes ist es in keiner Weise
gestattet, auch nicht unter dem Titel einer bloßen Eventualität, mit
Bischöfen, die keine ordentliche Jurisdiktion besitzen, eine
Pseudo-Hierarchie zu errichten, wenn auch diese Bischöfe eine gewisse
faktische Jurisdiktion - per modum actus - auf Grund des
Missionsauftrages haben, um jedes Sakrament gültig jedem Gläubigen zu
spenden. (Red. SAKA-INFORMATIONEN: In diesem Zusammenhang spricht Mgr.
Guérard des Lauriers die Befürchtung aus, es könnten Bestrebungen zur
Errichtung einer Pseudo-Hierarchie vorhanden sein. Daß ihm Mgr.
Lefebvre unterstellt, damit zu tun zu haben, weist er entrüstet
zurück.)
Er (Mgr. Lefebvre) wie jene haben hinsichtlich der sessio eine
Zwangsvorstellung. Er hängt sich an den Schürzenzipfel eines
Häretikers... wenn er nur 'sitzt'; und jene wollen auf irgendeine Weise
jemanden einsetzen, um sich auf jemanden, der 'sitzt', beziehen zu
können. Es ist der gleiche Irrtum, den ein verführerisches
Sicherheitsdenken auf gefährliche Weise propagiert. Zu all dem ein
Nein! Die sessio (der Amtsbesitz) kann in der Kirche nicht durch
Personen wiederhergestellt werden, die ihrer (d.h. der sessio)
entbehren. Das ist das sichere Prinzip, das angewandt werden muß, mag
es kosten, was es will. Gott wird eingreifen. Hierin muß man warten
müssen, "in Stille und Vertrauen..." (Is 30,15), "hoffend gegen alle
Hoffnung" (Rom. 4,18). xxx)
Die Zwangsvorstellung der sessio nimmt gleicherweise all jenen den
Atem, welche die demütige Hoffnung auf Gott, der allein die sessio
wiederherstellen kann, in ein Erwarten ohne Bezug zur missio umsetzen.
Die missio ist indes das unmittelbare Instrument für das Heil der
Seelen. Die Frage nach ihr ist einfach, wenn man sie klar stellen will.
Die Zerrüttung der sessio hat natürlich zur Folge, daß die missio nicht
die Katholizität hat, die sie haben sollte. (Man denke an das
furchtbare Drama in der Liturgie: beim "Te igitur" müßte man "una cum
Wojtyla" sagen können, und es ist unmöglich, es zu sagen.) Und doch hat
die missio eine eigene Einheit: "Es ist nur ein Leib und nur ein
Geist... Es gibt nur einen Herrn, einen Glauben, eine Taufe." (Eph. 4,4
f.) Die missio ist eine, weil (im Geiste) jeder Bestandteil (lehret,
taufet, erziehet) einer ist: die Ort und Zeit angemessene
Verschiedenheit dominierend. Gewiß, diese der missio eigene Einheit ist
ohne die sessio prekär und unvollständig, in dem Sinne, daß es schwer
ist, nicht abzugleiten, wenn die Sicherheit des unfehlbaren
Magisteriums fehlt. "Schwer" bezieht sich auf den Menschen und besagt
wenig, wenn Gott es möglich macht und es in Ihm gesichert ist.
Das Dilemma hinsichtlich der missio ist also folgendes:
A) Entweder die missio fortsetzen (Katechese, Sakramentenspendung,
Erziehung), obwohl sie dann, in Wirklichkeit und objektiv gesehen eins,
hinsichtlich der Katholizität unvermeidlichin einem Verlustzustand ist.
Zur Fortsetzung der missio braucht es Bischöfe. Diese Bischöfe können
nur ohne Bezug zur Autorität, die faktisch nicht da ist, konsekriert
sein. Die Konsekration dieser Bischöfe ist gültig; sie ist nicht
unzulässig, weil die Kanones 953 usw. wie alle rein kirchlichen Gesetze
nur durch den regierenden Papst Gesetzeskraft haben, jetzt aber, zur
Zeit von W., kein regierender Papst da ist und da sein kann. Diese
Bischöfe (jedenfalls ich) unterwerfen sich übrigens zum voraus dem
Urteil des Papstes, wenn der Kirche ein solcher zu ihren (meinen)
Lebzeiten von Gott geschenkt wird.
B) Oder zugeben, daß die missio, wenigstens vorübergehend, aufhören
muß, weil es natürlicherweise unmöglich ist, daß sie so ist, wie sie
sein sollte. In dieser Perspektive kann man höchstens die Katechese
praktizieren, die übrgigens durch einfließende Irrtümer immer ärmer
wird.
Ich habe mich für meine Person für die Alternative A) entschieden. Ich
besitze keine Autorität, um diese Wahl jemandem aufzuerlegen, und ich
respektiere zutiefst und ehrlich diejenigen, die sich für B)
entscheiden..., wenn es solche gibt. Doch ich prangere den schweren
Skandal an, der durch eine Handlung von Unverbindlichkeit und
Inkonsequenz entsteht.
Mgr. Lefebvre, Sie haben begonnen, die missio (den Missionsauftrag)
fortzusetzen. Ich habe Ihnen dabei geholfen, soweit ich es konnte. Und
jetzt 'sichern' Sie sich 'ab' und wollen auch die armen, betrogenen
Gläubigen 'absichern', um sich mit diesen zusammen an eine Puppe zu
klammern. Und genau das hindert Sie, Bischöfe zu weihen; das verurteilt
Sie, die missio aufzugeben, um schließlich, ob Sie es wollen oder
nicht, all jene zu verraten, die von Ihnen verführt wurden. Nach Ihnen
keine missio mehr, nach Ihnen die Sintflut! Sie tun Ihr Werk, aber
nicht das Werk Gottes.
Und Sie, P. de Bligniers und andere, die Sie aus einem kirchlichen
Purismus heraus meine und andere Weihen ablehnen, Sie sollten die
Alternative B) wählen. Schließen Sie Ihre Kapelle; dann kann man Ihre
Befürchtungen ernst nehmen. Wenn Sie dort, wo Sie sind, mit der missio
fortfahren, solange Sie können, und es zurückweisen, daß andere sich um
das bemühen, was außerhalb Ihres Kreises geschehen kann, bedeutet dies
auch wieder, daß Ihr eigenes Werk vor dem Werke Gottes den Vorrang hat.
gez.: + M.L. Guérard des Lauriers
Anmerkungen:
*) Anm.d.Red. EINSICHT: Man
vgl. dazu die diesbezüglichen Artikel in EINSICHT VIII(3) vom Okt.
1978, S.89-91 und EINSICHT VIII(4) vom Nov. 1978, S.139: weder Mgr.
Wojtyla war wählbar (wegen häretischer Auffassungen, vertreten in
seiner bisherigen 'Amtszeit') noch waren die 'Kardinale' (oder auch:
Kardinale) wahlberechtigt ( weil sie entweder unrechtmäßig ernannt
worden waren durch Pseudo-Päpste oder / und vom Glauben abgefallen
waren. Mgr. Wojtyla ist also auch 'materialiter' nicht Papst.
**) Anm.d.Red. EINSICHT: Mgr.
Guérard des Lauriers meint mit diesen authentischen Kardinalen die von
Pius XII. ernannten, z.Zt. des Konklaves noch lebenden Kardinale}ZJB,
Siri (Genua); doch auch diese waren wegen ihrer Häresien nicht als
Wähler legitimiert.
+) Anm.d.Autors: Weder Kanon
118 und noch weniger die Bestimmungen des Strafgesetzes beziehen sich
als kirchliche Gesetze auf den Papst, da sie ja von ihm ihre
Vollstreckungskraft erhalten. (Anm.d.Red.EINSICHT: Es ist in der Tat
noch zu prüfen, ob der can 118 des CIC lediglich kirchliches Recht
verkörpert oder ob die Grundtendenz, daß Häretiker etc. stillschweigend
auf ein Amt resignieren, nicht göttliches Recht zum Ausdruck bringt.
Man vgl. dazu auch die Bulle Pauls IV. "Cum ex apostolatus officio".)
Daß die rein kirchlichen Gesetze (also die nicht göttlichen) nicht den
Papst betreffen, wird durch Kanon 1556 bestätigt: "Prima sedes a nemine
judicatur." ("Der päpstliche Stuhl - d.h. diese sessio, die in der
streitenden Kirche das Prinzip jeder sessio ist - kann von niemandem
gerichtet werden.") (Anm. d.Red. EINSICHT: Mgr. des Lauriers hätte die
Pflicht zu zeigen, daß es sich hier um ein göttliches Recht handelt. Es
geht nicht darum zu bestreiten, daß es sich um ein solches handelt,
sondern vielmehr darum aufzuzeigen, nach welchen Kriterien er ein
Gesetz als göttlich oder kirchlich einstuft.) Den göttlichen Gesetzen
aber muß der Papst bis zum kleinsten Jota zustimmen. Im
entgegengesetzten Falle kann der etwaige Okkupant des Apostolischen
Stuhles "formaliter" nicht Papst sein. Der Satz "Prima sedes a nemine
judicatur" ist in dieser logischen Gliederung zu verstehen:
1. Obersatz: Niemand kann sich selbst
untergeben sein, in dem Sinne, daß er von "außen" von sich selbst
gerichtet werden könnte.
2. Untersatz: Von dem z.Zt. regierenden Papst erhält jedes rein kirchliche Gesetz seine Rechtskraft.
3. Schlußfolgerung: Also, wenn der Papst diesen Gesetzen unterstehen
würde, würde er sich selbst richten. Und das ist unmöglich.
Zum Untersatz - von dem jeweils regierenden Papst erhält jedes rein
kirchliche Gesetz (sei es übrigens "ferendae sententiae" oder sogar
"latae sententiae") seine Rechtskraft - ist folgendes zu sagen: Wenn
das Kanonische Recht in bezug auf rein kirchliche Gesetze aus sich
selbst, in Abwesenheit des Papstes oder ohne Willen eines zweifelhaften
Papstes, verpflichten würde, hieße das, daß dieses Kanonische Recht
seine aktuelle Legitimität und Rechtskraft nicht mehr in der Autorität
dessen findet, der es promulgiert und anwenden muß, sondern in der
Kirche. Petrus wird so ein einfacher Diener, der von der Kirche
beauftragt ist, das Gesetz anzuwenden. Eine derartige Auffassung ist
aber häretisch und ausdrücklich und wörtlich im I. Vatikanischen Konzil
in der Konstitution "Pastor aeternus" verworfen worden (Cap. I; DS
3054): "Dieser augenblicklich in der Heiligen Schrift enthaltenen Lehre
widerspricht offen die verderbliche Meinung jener, die behaupten, daß
der Primat des Petrus nicht unmittelbar und direkt dem hl. Petrus,
sondern der Kirche und durch sie ihm als dem Diener der Kirche
übertragen worden sei." Der Götze eines Kanonischen Rechtes seit
'immer' ist abzulehnen. Man kann doch nicht rein kirchliche
Vorschriften zu göttlichen Gesetzen erheben und diejenigen verurteilen,
die anderer Auffassung sind. Erinnern wir uns an das, was Pius XII.
gesagt hat: "Das Kirchenrecht hat das Ziel nicht in sich selber. Es ist
auf ein höheres Ziel hingeordnet. Wie alles in der Kirche, dient es dem
Heil der Seelen und dem Apostolat. Es dient dazu, in den Herzen der
Menschen den Weg zu öffnen und zu ebnen, der zur Wahrheit und zur Gnade
Jesu Christi führt." (Pius XII. am 3.6.1956 an Professoren und
Studenten der Wiener Universität.) Wenn der Buchstabe eines kanonischen
Gesetzes, im übrigen ohne Rechtskraft, scheinbar den Missionsauftrag
(missio) fortzusetzen verbietet, der die entscheidend grundlegende
Komponente des Gutes ist, das der streitenden Kirche von ihrem
Oberhaupt übergeben wurde, "verpflichtet der Buchstabe des Gesetzes
nicht im Gewissen." (Unde tales leges - iniustae per contrarietatum ad
bonum humanum - non obligant in foro conscientiae. hl. Thomas, summa
theol. I-II, q.95 a.4.) "Unter solchen Umständen dem Buchstaben des
Gesetzes zu vernachlässigen und sich an das zu halten, was die
Gerechtigkeit und der gemeinsame Nutzen erfordern." ("In his ergo et
similibus casibus malum est sequi legem positam; bonum autem est,
praetermissis verbis legis, sequi id quod poscit justitiae ratio et
communis utilitas". hi. Thorns, summa theol. II-II, q.l2o, a.l: Ist
Epikie eine Tugend?) Diese Prinzipien zeigen klar auf, daß die
Bischofsweihen von P. Guérard des Lauriers und der anderen, die mit der
ausdrücklichen Absicht erteilt und empfangen wurden, den
Missionsauftrag (missio und besonders die oblatio pura, das reine
Opfer) fortbestehen zu lassen, nicht unzulässig sind, wenn sie auch dem
Buchstaben des Gesetzes widersprechen. Man kann aber sagen, mit Bezug
auf Kanon 118, daß Wojtyla durch eigenes Verhalten "ipso facto, sine
ulla declaratione" das officium (Amt) entzogen ist. Ihm ist jenes
officium entzogen, das normalerweise dem Bischof von Rom zusteht,
obwohl er auf illegitime Art noch den Auftrag (munus) besitzt. (Anm.
d.Red. EINSICHT: einen solchen hat er legaliter nie erhalten.)
++) Anm.d.Red. EINSICHT: Lefebvre
hält nur noch bedingt an der Messe fest. Ich verweise in diesem
Zusammenhang auf die Veröffentlichung von Prof. Siebel, in der er ein
Gespräch mit Fr. Schmidberger, Mgr. Lefebvres rechter Hand, referiert.
Danach wollen die Econer nicht nur die Messe - die von Papst Pius V.
kodifizierte - verändern, sondern selbst die Konsekrationsworte (je
nach taktischen Überlegungen) fälschen. Tatsache ist indes, daß nicht
nur in den U.S.A., sondern auch schon in Zaitskofen die von Johannes
XXIII. veränderte Form der Messe - bekanntlich eine von mehreren
Vorformen des sog. 'N.O.M.' (um die Verfälschungen zu kaschieren) -
verbindlich vorgschrieben ist. Es ist also nicht wahr, wenn immer noch
behauptet wird, Econe lese die alte Messe.
+++) Anm.d.Red. EINSICHT: Der
"liebe 'treue' Bischof Mgr. Thud'ist der Konsecrator von Mgr. M.L.
Guérard des Lauriers. Zu der Demissionierung wäre wirklich einiges zu
sagen.
x) Anm.d.Red. EINSICHT: Man muß
Mgr. Guérard des Lauriers fragen, wen er hier grundsätzlich noch im
Auge haben kann; denn alle Bischöfe der sog. 'Amtskirche' haben die
Reformen und Verfälschungen der Sakramente mitgemacht. Von legitimen
residierenden Bischöfen kann also nicht mehr die Rede sein. Außerdem
wird nicht gesagt, welcher Vorteil durch die Existenz eines
residierenden Bischofs hinsichtlich der Wiederherstellung der
universellen sessio gegenüber den nicht residierenden Bischöfen gegeben
sein soll.
xx) Anm.d.Red. EINSICHT: Hinsichtlich
der Beurteilung der Hoffnungslosigkeit, einen residierenden Bischof zu
finden oder nicht, müßte auch ins Auge gefaßt werden, wie die Haltung
der Bischöfe der unierten (Teil)Kirchen zu beurteilen ist (Maroniten,
Melkiten, Orthodoxe).
xxx) Anm.d.Red. EINSICHT: Das
ist reines Wunsch- bzw. Wunderdenken von Mgr. Guérard des Lauriers.
Gott hat seine Stiftung (die Kirche) Menschen zur Verwaltung
anvertraut, die durch den Heiligen Geist dabei unterstützt werden. ER
wird wiederkommen, "Gericht zu halten" am Ende der Zeiten, aber nicht,
um zwischendurch einmal kurz 'durchzusäubern'. Entweder läßt sich die
Kirche in ihrer Hoheit und Sichtbarkeit grundsätzlich wiederherstellen
- auch unter den gegebenen Umständen -, oder wir leben in den letzten
Zeiten. Da nützt das Warten in "Stille und Vertrauen" nichts!! !
(Der Artikel wurde übersetzt von Gladys Resch) |