IST MGR. LEFEBVRE EIN GÜLTIG GEWEIHTER BISCHOF?
von
Eberhard Heller
Seit der Rede von Mgr. Lefebvre am 27.5.1976 in Montréal/ Kanada, in
der er bestätigte, von dem Freimaurer Achille Liénart zum Priester und
zum Bischof geweiht worden zu sein, reißt die Debatte - öffentlich oder
auf privater Ebene geführt -, ob die von Liénart gespendeten Weihen
gültig gewesen seien bzw. ob er selbst überhaupt ein gültig geweihter
Bischof sei, nicht mehr ab. Außer gelegentlichen Hinweisen auf die
vorliegende Problematik haben wir bisher zu diesem Thema keine
öffentliche Stellungnahme abgegeben, da das vorliegende Material für
eine schlüssige Beweisführung der Ungültigkeit der Weihen unserer
Meinung nach nicht ausreicht. Ein Beweis läßt sich unserer Auffassung
weder positiv noch negativ führen. Für unseren Kampf gegen den
Lefebvreismus haben stichhaltigere Argumente (so z.B. die
verpflichtende Anerkennung des ungültigen 'N.O.M.' für die Angehörigen
der Bruderschaft - von Lefebvre unter Androhung des Ausschlusses
angordnet -, die verpflichtende Anerkennung der Häretiker Montini,
Luciani und Wojtyla als legitime Päpste) ausgereicht, um zu zeigen, daß
Mgr. Lefebvre und seine Organisation lediglich eine traditionalistische
Rebellengruppe innerhalb der apostatischen 'Kirchen'-Organisation ist,
die mit dem wirklichen katholischen Widerstand nicht nur nichts zu tun
hat, sondern diesen, wo sie nur kann, programmgemäß noch zerstört.
Inzwischen haben jedoch eine ganze Reihe von Priestern die
Lefebvre-Bruderschaft verlassen und wirken in den verschiedensten
Meßzentren als Seelsorger (bzw. sie versuchen es). Dieser Umstand
veranlaßt uns, auf die Problematik im Zusammenhang mit den an ihnen
gespendeten Weihen aufmerksam zu machen.
Hier zunächst Auszüge aus der Rede, die Mgr. Lefebvre am 27.5.1976 in
Montreal gehalten hat und die die weltweite Debatte ausgelöst hat:
"Der Heilige Vater (Montini) wurde in einer modernistischen Umwelt
erzogen... Es ist deshalb nicht überraschend, daß der Papst nicht
reagierte, wie der heilige Pius X. reagiert hätte, wie Papst Pius IX.
reagiert hätte oder ein Leo XIII. Als eine Folgeerscheinung herrschte
auf dem Konzil eine solche Atmosphäre, daß es keinen Widerstand gegen
den modernistischen Einfluß gab, der durch eine Gruppe von Kardinälen
ausgeübt wurde, der insbesondere durch Kardinal Liénart befohlen und zu
einem gewissen Grade durch ihn dirigiert wurde.... Nun, vor zwei
Monaten veröffentlichte in Rom die traditionalistische Zeitschrift
CHIESA VIVA - ich habe es in Rom mit meinen eigenen Augen gesehen - auf
der Rückseite des Umschlags die Photographie Kardinal Liénarts mit
allen seinen freimaurerischen Zutaten, den Tag des Datums seiner
Einweihung in die Freimaurerei, den Grad, unter dem er der Freimaurerei
angehörte, dann das Datum, an dem er zum 2o., dann zum 3o. Grad der
Freimaurerei aufstieg, sich dieser Loge, jener Loge angeschlossen hat,
in dieser Stadt, in jener Stadt. - Seitdem, ungefähr zwei oder drei
Monate, nachdem diese Veröffentlichung stattfand, hörte ich keinerlei
Rückwirkung, keinerlei Widerspruch. Unglücklicherweise muß ich Ihnen
nun sagen, daß dieser Kardinal Liénart mein Bischof ist, daß e r es
ist, der mich zum Priester geweiht hat, daß er es ist, der mich zum
Bischof konsekriert hat. Ich kann nichts dafür... Glücklicherweise sind
die Weihen gültig... Aber, trotz allem war es sehr schmerzlich für
mich, dies zu erfahren." (zitiert nach der deutschen Übersetzung von
Herrn Dr. Hugo Maria Kellner / U.S.A. in Brief Nr.72 vom Juli 1977; die
Angaben über Liénarts Zugehörigkeit zur Freimaurerei sind zu finden in
Nr.51 der Zeitschrift CHIESA VIVA vom März 1976, Anschrift: C.V.,
Editrice Civiltà, Via Galileo Galilei 121, I - 25100 Brescia)
Mgr. Lefebvre hatte, wie Herr Dr. Kellner weiter nachweisen konnte,
bereits vor Mai 1970 Kenntnis von der Zugehörigkeit Liénarts zur
Freimaurerei.
Zu den betroffenen Personen:
Achille Liénart
1907 Priesterweihe
1912 Eintritt in die Freimaurerloge von Cambrai
(dann Assoziation mit Logen in Lille, Valenciennes und Paris)
1919 Ernennung zum "Visiteur" (18. Grad)
1924 Beförderung in den 3o. Grad
1928 Bischofsweihe
Außerdem wohnte Liénart schwarzen Messen bei.
Marcel Lefebvre
geb. am 29.11.19o5 in Tourcoing / Diözese Lille,
Student im Seminar von Lille, an dem Liénart vor seiner Bischofsweihe als Professor lehrte,
Priesterweihe am 21.9.1929 durch den inzwischen konsekrierten Liénart,
Bischofsweihe am 18.9.1947 durch Liénart.
Quelle für die Zugehörigkeit Liénarts zur Freimaurerei:
André Henri Jean Marquis de la Franquerie: "L'infaillibilté
pontificale" 2. 1970, S.80 f. Das Buch kann bezogen werden bei: Jean
Auguy, Editeur "Diffusion de la Pensée Française, Chiré-en-Nontreuil, F
- 8619o - Vouillé.
Der Autor belegt auch, daß Liénart Satanist war. Der Marquis war
päpstlicher Geheimkämmerer und ein guter Kenner der
Freimaurerinfiltration des Vatikans, besonders der Aktivitäten von
Rampolla, unter Leo XIII. Staatssekretär, Kardinal und Freimaurer.
Bald nach Bekanntwerden dieser Tatsachen wurden Zweifel an der
Gültigkeit der Weihen von Liénart und Mgr. Lefebvre laut. Sie haben
sich rasch auf die Frage konzentriert, ob der Hochgradfreimaurer und
Satanist Liénart im Jahre 1928 intentional disponiert war, die
Bischofsweihe gültig zu empfangen. Müßte man die Frage negativ
beantworten, ergäben sich folgende Schlußfolgerungen: Hätte Liénart die
Bischofsweihe nicht gültig empfangen, wären die an Lefebvre vollzogenen
Weihen selbstverständlich auch ungültig, ebenso wie die von Msgr.
Lefebvre gespendeten Ordinationen.
In diesem Zusammenhang ist noch wie folgt argumentiert worden: Auch
wenn die von dem Priester Liénart gespendete 'Bischofsweihe1 an Marcel
Lefebvre ungültig gewesen sein sollte, dann haben doch zumindest die
beiden Co-Konsekratoren die Bischofsweihe gültig gespendet. Dieses
Argument würde zutreffen, wenn feststände, daß Lefebvre zuvor gültig
zum Priester geweiht worden wäre. Da aber die Priesterweihe ebenfalls
von dem Freimaurer Liénart gespendet wurde, dessen Bischofsweihe gerade
ja bezweifelt wird, andererseits zum Empfang der Bischofsweihe die
Spendung der gültigen Priesteweihe vorausgesetzt wird, kann man diesen
Einwand nicht bestehen lassen.
Die Beantwortung der Frage, ob Liénart 1928 intentional so disponiert
war, daß er die Bischofsweihe gültig empfing, wurde in den Kreisen des
katholischen Widerstandes recht unterschiedlich beantwortet:
- Herr Dr. Hugo Maria Kellner / U.S.A.
versuchte den Nachweis der Ungültigkeit unter Hinweis auf mögliche
Fälschungen im Kirchenrecht von 1917. (Briefe Nr.72 und Nr.75 aus dem
Jahr 1979.)
- Dieser Argumentation schloß sich 1979 Abbe E. Robin / Frankreich - inzwischen verstorben - an.
- Die vorgebrachten Argumente versuchte der damalige Pater Guérard des Lauriers zu widerlegen. (Brief vom 14.6.1979)
- Für gültig wurde die Weihe auch von Gloria Riestra in TRENTO gehalten.
- Zweifel wiederum äußerte Herr A. Eisele, Herausgeber der SAKA-Informationen Anfang 1980
- Starke Zweifel an der Gültigkeit haben Bischof Vezelis (THE SERAPH von 1983) und auch die mexikanischen Bischöfe.
- Für deren Gültigkeit setzte sich dann wieder Prof. B. F. Dryden / U.S.A. ein (Rundschreiben vom 27.4.1983).
- Für die Gültigkeit der Weihen wird auch angeführt, Liénart hätte die
Weihen bestimmt in der entsprechenden Intention gültig empfangen,
gerade weil er als Bischof der Kirche schaden wollte. (Ähnlich wie bei
'Schwarzen Messen', zu denen ja gleichfalls von abgefallenen Priestern
Hostien gültig konsekriert werden, um den Leib Christi auch wirklich
schänden zu können.)
Wir haben in München dieses Problem zusammen mit (+) H.H. Dr. Otto
Katzer mehrfach und sehr ausführlich (über acht Stunden) diskutiert:
die bloße Zugehörigkeit zur Freimaurerei reicht als solche nicht aus,
um den ungültigen Empfang zu beweisen. Sie macht ihn bloß irregulär.
Das CIC verbietet in diesem Fall aber die Ausübung der unerlaubt
empfangenen Vollmachten. Der Besuch von 'Schwarzen Messen1 allein ist
auch kein ausreichendes Indiz. Liénarts Häresie und die Zerstörung des
Glaubens auf dem II. Vatikanum, die ja auch von Mgr. Lefebvre
angesprochen wird, lassen keinen direkten Schluß zu auf seinen
Mentalzustand bzw. intentionale Einstellung im Jahre 1928, zum
Zeitpunkt seiner Konsekration (bzw. 'Konsekration'). Nimmt man aber
alle gravierenden Momente zusammen und berücksichtigt Liénarts
exponierte Stellung in der Freimaurerei, so lassen sie Zweifel an der
für den gültigen Empfang notwendigen Intention begründet zu. H.H. Dr.
Katzer, der sich erst vehement sträubte, sich mit diesem Thema zu
befassen, kam kurz vor seinem Tode zu der Auffassung, "daß es schlecht
um Lefebvre stehe" - gemeint war die Gültigkeit seiner Weihe;
bezweifelbar wegen der ungesicherten Intention von Liénart.
Es könnte aber auch sein, daß - wie oben angeführt - Liénart eine
ausreichende Intention gerade deswegen aufbrachte, weil er der Kirche
schaden wollte. Diese Möglichkeit wird durchaus zugestanden - nur:
nachprüfen läßt sie sich nicht mehr. Ein positiver Beweis sowohl für
die Gültigkeit wie auch für die Ungültigkeit läßt sich unserer Meinung
nach nicht führen. Ein solches Unterfangen muß notwendigerweise in
moraltheologischen bzw. moralpsychologischen Spekulationen enden, da
man eben Kard. Liénart über seine damalige Einstellung nicht mehr
befragen kann - er ist tot -, und wenn er noch hätte Antwort geben
können, wäre es sehr unsicher, ob er sich an seine damalige Intention
noch erinneren könnte, und wenn ja, ob er uns die Wahrheit sagen würde.
Für die Spendung der Sakramente gilt das Prinzip "tutior", d.h. es muß
die sichere Spendung gewählt werden. Im Falle einer nachweislich
dubiosen Spendung schreibt die Kirche vor, dieses Sakrament sub
conditione zu wiederholen.
Im vorliegenden Fall schließen wir uns den Empfehlungen an, die Mgr.
Guérard des Lauriers - damals noch nicht zum Bischof konsekriert -
seinen Schülern gab, die von Mgr. Lefebvre geweiht (oder: 'geweiht')
worden waren und wegen dogmatischer Gegensätze seine Organisation
verlassen hatten, sich unter den gegebenen Umständen, unter denen die
Weihen von Lefebvre stehen, sub conditione nachweihen zu lassen. |