DER HL. PIUS X. AN DON LUIGI CICERI, ERZPRIESTER
(...) Was nun die Zeitungen anbelangt, so erfüllen Sie ihre Pflicht als
guter Pfarrer, wenn Sie gegen die schlechten predigen, die guten
verbreiten und von Abonnierung und Lektüre der Zeitungen des
sogenannten Trust abraten. Sie tun damit nicht nur, was der Papst will,
sondern was schon der gesunde katholische Menschenverstand verlangt.
Denn wie kann man in der Tat gewisse Zeitungen billigen, die Äwar eine
katholische Etikette führen, weil sie ab und zu von den päpstlichen
Audienzen berichten und Nachrichten aus dem Vatikan bringen, die dabei
aber niemals ein Wort über die Freiheit und Unabhängigkeit der Kirche
sagen, sondern vielmehr tun, als bemerkten sie den unablässigen Krieg
nicht, den man gegen sie führt. Zeitungen, die nicht nur die Irrtümer,
in welche die Gesellschaft verstrickt ist, nicht bekämpfen, sondern
vielmehr zur Verwirrung der Gedanken und zum Verlust der Zucht
beitragen? Zeitungen, die von der Rechtgläubigkeit abweichende Gedanken
und Leitsätze verbreiten, die die Götzen des Tages beweihräuchern, die
religionsfeindlichen Bücher, Unternehmungen und Leuten ihr Lob spenden?
Wir bedauern diese armen Verirrten (falls sie guten Glaubens sind)
sehr, diese armen Leute, die glauben, sie könnten die Lektüre der
schlechten Zeitungen dadurch verhindern, daß sie diese durch sogenannte
tolerante, halbkolorierte oder ungefärbte Blätter ersetzen. Diese
bekehren aber nicht nur keinen einzigen unserer Gegner (die sie schon
deshalb verachten, weil sie katholisch zu sein scheinen), sondern fügen
überdies den Gutgesinnten größten Schaden zu. Denn diese suchen das
Licht und finden die Finsternis. Sie haben Nahrung nötig, und man gibt
ihnen Gift ein. Und statt Tugend und Kraft, um dem Glauben
unerschütterlich treu zu bleiben, finden sie Beweisgründe, um in so
wichtiger Sache unbesorgt, apathisch und gleichgültig zu werden.
Oh! welchen Schaden fügen diese Zeitungen der Kirche und den Seelen zu!
Und welche Verantwortung, insbesondere für die Mitglieder des Klerus,
die solche Blätter verbreiten, sie ermutigen und empfehlen! Die
Wahrheit braucht kein Flittergold; unser Banner muß ganz entfaltet
sein; nur mit Ehrlichkeit und Freimut werden wir Gutes ausrichten
können. Unsere Gegner werden uns weiterhin bekämpfen, aber sie werden
uns zugleich achten, so daß wir ihre Bewunderung und vielleicht selbst
ihre Rückkehr zum Guten erringen werden.
Dies ist meine Ansicht. Sie können sie denen, die es nötig hätten, bei
Gelegenheit bekannt geben und ihnen versichern, daß der Papst so denkt,
der Ihnen von Herzen den Apostolischen Segen spendet.
Im Vatikan, den 20. Oktober 1912. Pius PP. X.
(aus: Vian, Nello: "Briefe des Heiligen Pius X." Freiburg 196o, S.238 f.)
***
HINWEIS:
EINZELHEITEN ÜBER DIE BEABSICHTIGTE AUSGABE VON LEON BLOYS "CELLE QUI
PLEURE" ("DIE, DIE WEINT") IN DEUTSCHER ÜBERSETZUNG ERFAHREN SIE IN DEN
"MITTEILUNGEN DER REDAKTION".
|