IST MAN SCHISMATIKER, WENN MAN DEN STUHL
DES HL. PETRUS IN UNSEREN TAGEN FÜR UNBESETZT,
DIE KONZILSPÄPSTE FÜR SCHEINPÄPSTE HÄLT?
von
H.H. Pater August Groß
(bereits abgedruckt in KE, März/Apr. 83)
Die Antworten auf das Konzil und die Reformen nach dem Konzil, vor
allem die Liturgiereform, sind sehr verschieden. Mit denen, die alles
begeistert angenommen haben, befasse ich mich nicht. Vielmehr geht es
nur um Diskussionen zwischen denen, die rein äußerlich daran zu
erkennen sind, daß sie an der römisch-katholischen hl. Messe festhalten
und es ablehnen, den NOM zu verwenden.
In deren Reihen wird die Legitimität der Konzils- und Reformpäpste
heftig diskutiert. Die Frage ist, sind sie in Wirklichkeit Päpste oder
sind sie es nicht. Wirkliche Schärfe hat diese Auseinandersetzung
dadurch erhalten, daß am 8. Nov. 1979 der hochwürdigste Herr Erzbischof
Lefebvre für seine Bruderschaft das Festhalten an der Legitimität
dieser Päpste verbindlich vorgeschrieben hat, und zwar um den Preis der
Zugehörigkeit zur Bruderschaft. Mehrere Priester mußten sie tatsächlich
aus diesem Grund verlassen, wie jedermann weiß.
Diese Entscheidung des Erzbischofs mußte wegen ihrer Begründung auch
alle übrigen Laien und Priester betreffen, die wie er die "Neue Messe'
und 'Das Konzil' nicht annehmen.
Die Begründung durch Msgr. Lefebvre ist nämlich, daß es schismatisch
sei, den Hl. Stuhl für unbesetzt (Sedisvakanz) zu halten. So sagt er:
"Die Gedankengänge derer, die behaupten, es gebe derzeit keinen Papst,
würden die Kirche in eine ausweglose Situation bringen." "Dieser Geist
ist ein schismatischer Geist."
Vor mir liegt die Fotokopie eines Briefes mit dem Briefkopf der
Bruderschaft in Deutschland. Vor der Unterschrift steht "i.A.:", also
handelt es sich offensichtlich um eine 'offiziöse' Stellungnahme mit
'Sprachregelung' zu einer entsprechenden Anfrage eines Laien. Ich lese
da: "Johannes Paul II. ist zweifellos von jedem Katholiken als Papst
anzuerkennen, solange kein offizielles Urteil gegen ihn vorliegt. Auf
dieser einfachen Wahrheit besteht unsere Bruderschaft nachdrücklich
gegenüber allen theologisch ungebildeten oder halbgebildeten Fanatikern
und Sektierern.
Ich bitte Sie, sich nicht von den vielen Gruppierungen, die sich in
letzter Zeit gebildet haben, aus der Ruhe bringen zu lassen. Wir halten
ganz einfach fest an unserem heiligen Glauben und der überlieferten
Liturgie und dürfen dabei sicher sein, zum Aufbau der heiligen Kirche
beizutragen." (NN, den 04.07.1982).
Dem Aufbau der heiligen Kirche zu dienen, ist auch die Absicht von
Gruppierungen, die schon vor dem Erscheinen der Bruderschaft in
Deutschland bestanden haben. Und auch sie sind sicher, daß ihre Absicht
nicht bloß die eines 'guten', aber unüberwindlich irrigen, 'Glaubens'
ist. Damit will ich sagen: die gute Absicht und subjektive Sicherheit
ist kein theologisch einsichtiges Argument.
Entsprechend dieser Meinung der Bruderschaft versucht seit mehreren
Jahren der ehemalige Küster in Herne die dortigen Meßbesucher
'abzuwerben' mit dem Argument, dort hätten sie eine Messe von
Schismatikern. Wohlbemerkt: ich behaupte nicht, daß er von der
Bruderschaft dazu beauftragt worden sei. Aber dazu muß es kommen, wenn
die Meinung von der schismatischen Gesinnung und Tatsache bei den
Sedisvakantisten auf besonders 'Eifrige' trifft. Und es ist vielleicht
nicht übertrieben zu sagen, daß es 'wenig freundlich und gütig' ist,
sie theologisch ungebildete oder halbgebildete Fanatiker und Sektierer
zu nennen.
Es ist jetzt wirklich an der Zeit, einige theologische Bemerkungen zur
Papstfrage zu machen. Das muß doch wohl erlaubt sein. Es sei denn, es
liege mit der Meinung des Erzbischofs eine Lehrentscheidung des
'Unfehlbaren Lehramtes' vor. Das kann ja wohl nicht von ihm oder der
Bruderschaft gemeint sein.
Auch die Ehrerbietung, auf die er als Bischof ein Recht hat, hindert
das nicht; irrende Bischöfe hat es in Menge gegeben. Auch sein Ruhm,
als einziger Bischof um des wahren Glaubens willen das Konzil und die
'Liturgiereform' abgelehnt zu haben, verbietet nicht, bezüglich der
heutigen Päpste eine von ihm abweichende Meinung zu haben. - Im
Gegenteil, wie sich erweisen wird. - Auch die Tatsache, daß er eine
freundliche und gütige Persönlichkeit ist, beweist nicht die
Richtigkeit seiner Papstauffassung. Wo er den wahren Glauben gefährdet
sieht, ist der Bischof ja auch von großer Härte, wie er im Grunde
gegenüber Paul VI. bewiesen hat, und jetzt gegenüber den
Sedisvakantisten beweist.
Nun, was den wahren Glauben angeht, bin ich von der gleichen Härte und
werde nicht einmal den Eindruck von Kompromißbereitschaft machen; nicht
dem Konzil und seinen Päpsten und Bischöfen gegenüber und auch sonst
keinem gegenüber.
Es geht in der Tat um den rechten Glauben, hier bezüglich des
Papstamtes. Die Quellen, aus denen ich Msgr. Lefebvre zitiere, sind:
'Mitteilungsblatt der Priesterbruderschaft' (im Text: MB) Nrn. 15 und
45; 'Satans Meisterstück1 (im Text: SM), Ed. Saint-Gabriel, Martigny
1978; Lehrdokumente der Kirche nach 'Denzinger-Schönmetzer', Herder,
Freiburg 1965 und 'Neuner-Roos', Pustet, Regensburg 1975.
Msgr. bringt selbst theologische Argumente für seine Meinung vor: wie
schon oben zitiert: "Die Gedankengänge derer, die behaupten, es gebe
derzeit keinen Papst, würden die Kirche in eine ausweglose Situation
bringen." "Das alles muß uns anspornen zu beten und die Überlieferung
standhaft zu bewahren, aber ohne uns dazu verleiten zu lassen, zugleich
zu behaupten, daß der Papst nicht Papst sei"."Dieser Geist", derer, die
behaupten, es gäbe derzeit keinen Papst, "ist ein schismatischer Geist"
(MB, 15, S.6).
Was ist 'schismatischer Geist' und wer ist 'Schismatiker'? 'Sektierer'
sind natürlich im hohem Maß Schismatiker und zeigleich Häretiker! -
Darüber sagt das Gesetzbuch der Kirche: "Wenn ein Getaufter, unter
Beibehaltung des Namens Christ, beharrlich eine von den Wahrheiten, die
göttlich und katholisch zu glauben sind, leugnet oder bezweifelt, so
ist er Häretiker; wenn er vom christlichen Glauben ((gemeint ist dies
nicht in dem modernen, indifferentistischen Sinn, wie er seit 'dem
Konzil' auch in der 'katholischen Kirche' üblich ist, übernommen von
den Häretikern. Daß dieser Sinn des Wortes einmal im Mund von Päpsten,
Bischöfen und 'allem Volk' üblich werden würde, konnte zur Zeit der
Kodifizierung des Kirchenrechtes noch niemand ahnen)) gänzlich abfällt,
Apostat; wenn er schließlich sich weigert ((das 'beharrlich' von oben
gilt immer noch)) sich dem Höchsten Pontifex zu unterwerfen oder sich
weigert, mit denen Gemeinschaft zu haben, die diesem unterwürfig sind,
Schismatiker" (CIC, Can. 1325 § 2). Ludwig Ott erklärt dies in
'Grundriß der katholischen Dogmatik' so:
1. Einheit des Glaubens.
Sie besteht darin, daß alle Glieder der Kirche die vom kirchlichen
Lehramt vorgelegten Glaubenswahrheiten innerlich festhalten, wenigstens
einschlußweise, und äußerlich bekennen. (Einheit des
Glaubensbekenntnisses ...).
2. Einheit der Gemeinschaft.
Sie besteht einerseits in der Unterwerfung der Gleider der Kirche unter
die Autorität der Bischöfe und des Papstes (Einheit der Regierung oder
hierarchische Einheit), anderseits in der Verbindung der Glieder
untereinander zu einer sozialen Einheit durch Teilnahme an demselben
Kult und an denselben Gnadenmitteln (Einheit des Kultes oder
liturgische Einheit). Die Einheit sowohl des Glaubens als auch der
Gemeinschaft wird am sichersten durch den Primat des Papstes, des
obersten Lehrers und Hirten der Kirche verbürgt. Zerstört wird die
Einheit des Glaubens durch die Häresie, die Einheit der Gemeinschaft
durch das Schisma." (A.A.O., S.35of). - Um Mißverständnis zu vermeiden,
muß hinzugefügt werden, daß Ott das so versteht: Für die Häretiker oder
Schismatiker wird ihre Einheit mit der Kirche entsprechend zerstört,
nicht die der Kirche in sich; denn dann wäre sie ja in sich und
überhaupt zerstört, was nicht möglich ist, gemäß der Zusage Christi:
"und die Pforten der Hölle werden sie nicht überwältigen."
Nun also: sind Paul VI. und Johannes Paul II. wirklich Päpste, so sind
die Sedisvakantisten natürlich Schismatiker und sogar Häretiker. Sie
hätten die Einheit des Glaubensbekenntnisses, der Regierung und des
Kultes mit der Kirche aufgegeben. Nicht weniger aber gilt das für Msgr.
Lefebvre.
Auch er weigert sich, das Konzil in seinen Lehren vom Ökumenismus,
Kollegilismus und der Glaubensfreiheit und die Liturgiereform
anzunehmen. Der wesentliche Unterschied aber besteht darin, daß die
Sedisvakantisten dann zwar 'objektiv' Schismatiker sind, nicht aber
'subjektiv'. Sie weigern sich, in Glaube, Kult oder Regierung diesen
Männern göttlich und kirchlich gebotenen Gehorsam zu leisten, weil sie
solchen gemäß dem wahren Glauben nur solchen Männern leisten können,
die wirlich Päpste sind. Oder umgekehrt: der wahre Glaube an Jesus
Christus, der seine Lehre nicht im Lauf der Zeiten ändert oder in der
Kirche ändern läßt, schließt für sie die Notwendigkeit ein, die
Legitimität der Konzilspäpste abzulehnen.
Msgr. dagegen betont seit dem 8.Nov.1979, daß Paul VI. und Johannes
Paul II. Päpste sind. Damit bricht er subjektiv die Glaubens- Kult- und
Regierungseinheit mit diesen Päpsten und der wahren Kirche. Denn, wo
der Papst, da die Kirche. Wer hat nun 'schismatischen Geist'?
Es ist hier nicht genügend Platz, darauf einzugehen, was Msgr. dazu
gebracht haben könnte, unbedingt daran festzuhalten, daß wir in unseren
Tagen legitime Päpste haben. - Davon wird in einer größeren Arbeit zu
sprechen sein, in der alle Argumente und Fragen ihre Beantwortung
finden werden. -
Der theologischen Folgerichtigkeit obigen Gedankengangs sucht Msgr.
durch eine bestimmte Theorie zu entgehen, "die zwar komplexer, aber
auch realistischer ist: die nämlich eines Paul VI., der in einem hohen
Grade Liberaler ist" (SM, S.44). - Diese Theorie nicht zu verstehen,
erweist einen auch als theologisch ungebildet oder halbgebildet und
liefert einen dem Fanatismus der Sektierer aus. -
Durch diese Theorie meint Mgr. die Ablehnung und Anerkennung von
Päpsten vereinbaren zu können. Die Ablehnung: "Petrus selbst ist es,
der als Nachfolger Petri (durch die bisherigen Päpste, Anmerkung des
Übersetzers) das verwirft, was ... durch den gegenwärtigen Papst
gefordert wird" (SM, S.8); "denn es ist unmöglich, daß die Päpste nicht
das gleiche lehren; es ist unmöglich, daß die Päpste sich gegenseitig
widerrufen, daß sie sich widersprechen", (ebd., S.11) "Man kann nicht
Jesus Christus teilen. Man kann nicht sagen, man gehorche Jesus
Christus von heute, aber nicht Jesus Christus von gestern", (ebd., S.
lo) "man kann unmöglich außerhalb der Wahrheit sein, wenn man
weiterführt, was während 2000 Jahren getan wurde, wenn man nicht
aufhört zu glauben, was während 2000 Jahren geglaubt wurde. Das ist
völlig unmöglich", (ebd., S.16 f.) ..." dem die liberale und
modernistische Kirche, die die wahre, mundtot gemachte Kirche besetzt
hält, hat keinerlei Recht, Gehorsam zu verlangen, vielmehr müssen wir
ihr widerstehen, da ihre Anordnungen und Tendenzen nicht die der
katholischen Kirche sind. Sie zerstören die Kirche. Wir können nicht
mitarbeiten an der Zerstörung der Kirche; wir wollen nicht
protestantisch werden." (ebd., S.28) "Die Bewahrung des Glaubens und
der Einrichtungen, die seit zweitausend Jahren die Kirche und die
Seelen geheiligt haben... ist ein Kriterium der Verbundenheit mit der
Kirche.... Im übrigen ist es eben dieses Kriterium, das auch über die
Legitimität der Nachfolge auf dem Stuhl Petri und den Bischofssitzen
entscheidet", (ebd., S.29)
Wer von den wirklichen Katholiken wird dem allem nicht zustimmen?!
Deswegen waren sie so erleichtert und froh, als endlich auch ein
Bischof dem zustimmte, was sie auch schon wußten, oder - andere - durch
ihn erkannten. Auch die Sedisvakantisten stimmen dem zu. Und ist nicht
die denknotwendige Folgerung daraus, daß Paul VI. eben nicht wirklich
Papst war?! Oft genug sagt doch Mgr. "es ist unmöglich, daß..."
Aber es ist für Mgr. eben anders. Schon am 27. Febr. 1977 legt er eine
andere Deutung vor: "Welche Haltung sollen wir gegenüber Papst Paul VI.
einnehmen? Diese Haltung wird verschieden sein je nachdem, wie man
Papst Paul VI. definiert; denn unsere Haltung gegenüber dem Papst als
Papst und Nachfolger Petri kann sich nicht ändern. Die eigentliche
Frage lautet daher: War Papst Paul VI. je oder ist er noch der
Nachfolger Petri? Fällt die Antwort negativ aus - Paul VI. war niemals
Papst, oder ist es nicht mehrso müssen wir uns wie in einer Periode der
Sedisvakanz verhalten, was das Problem vereinfachen würde. Gewisse
Theologen behaupten das, indem sie sich auf von der Kirche gebilligte
Aussagen früherer Theologen berufen, die sich mit dem Problem eines
häretischaa oder schismatischen Papstes... auseinandergesetzt haben. Es
ist nicht auszuschließen, daß diese Hypothese eines Tages von der
Kirche bestätigt wird; denn sie hat gewisse Argumente auf ihrer Seite".
(SM, S.43) - Inzwischen ist Mgr. davon überzeugt, daß dies nicht mehr
stimmen kann, sondern schismatischen Geist verrät. -
Mgr. (Lefebvre) erwähnt als zweite Hypothese noch die vom 'gefangen
gehaltenen und unter Drogen gesetzten1 Paul VI., welche Hypothese er
als unannehmbar ablehnt.
Mgr. (Lefebvre) fährt fort: "Gibt es zwischen den zwei Hypothesen eines
häretischen Papstes, der als solcher nicht mehr Papst ist, und eines
Papstes, der keine Verantwortung trägt, weil er durch die Tyrannei
seiner Umgebung an der Ausübung seines Amtes gehindert wird, nicht eine
Antwort, die zwar komplexer, aber auch realistischer ist: die nämlich
eines Pauls VI., der in hohem Grade Liberaler ist? Die Wurzeln seines
Liberalismus führen zu Luther, Jean-Jaques Rousseau, Lamenais; aber
auch zu den Personen, die er selbst gekannt hat: Marc Sangnier,
Fogazzaro, dem 'schlechten Maritain', Teilhard de Chardin, La Pira
usw." (SM, S.44)
"Unsere Schlußfolgerung in diesem Fall ist folgende: Wir sind mit Papst
Paul VI. als Nachfolger Petri, wenn er diese seine Rolle erfüllt, aber
wir weigern uns, Papst Paul VI. als Nachfolger Luthers, Rousseaus,
Lamenais, usw. zu folgen. Das offizielle und fortdauernde Lehramt der
Kirche erlaubt uns zu sehen, wenn Papst Paul VI.nach der einen oder
anderen Weise handelt. Wir erachten daher alle seine Bemühungen, Akte
und Strafen als nichtig, die uns verpflichten sollen, Paul VI. als
Liberalem und Zerstörer unseres Glaubens zu folgen; wir nehmen
umgekehrt alle Akte an, die geeignet sind, unseren katholischen Glauben
zu stützen. Sollte es sich ... als ein Widerspruch zu den Versprechen
unseres Herrn Jesus Christus erweisen, daß ein Papst von Grund auf
liberal ist, so müßte man sich der ersten Hypothese anschließen. Aber
das erscheint nicht einleuchtend" (ebd. S. 45f).
Dies alles war zunächst als 'Antwort auf verschiedene aktuelle Fragen'
für die Seminaristen bestimmt und wurde dann zur Veröffentlichung in SM
freigeben. Etwas mehr als ein halbes Jahr später sagt er in einer
Predigt in Poitiers: "Wir gehorchen den Päpsten von gestern,
infolgedessen gehorchen wir auch jenen von heute". "Da wir aber allen
Päpsten von gestern, allen Konzilien von gestern treu sind, sind wir
überzeugt, ebenso dem Papst von heute, dem Konzil von heute, ... treu
zu sein. Denn nochmals: "Jesus Christus heri, hodie et in saecula"
(SM.S.11). Aus der Hypothese vom liberalen Papst werden diese
merkwürdigen Sätze verständlich. So wird verständlich, daß er sagen
kann: "Aber sind wir verpflichtet, die Irrtümer anzunehmen, weil sie
auf dem Weg der Autorität über uns kommen? Nicht mehr, als wir Eltern
gehorchen müssen, die schändlich sind und von uns Schändliches
verlangen" (MB~^ 45,S.lo). Das 'leuchtet' den meisten Zuhörern sofort
ein. So haben doch auch die Apostel gesprochen vor dem Hohen Rat, der
ihnen verbieten wollte, Jesus als den Messias und Sohn Gottes zu
verkündigen (Apg 5,29).
Nur ist dies alles schrecklich falsch. Die Apostel sprachen gegen einen
Hohen Rat, der keine religiöse Autorität mehr hatte: der Alte Bund und
seine Autoritäten waren nicht mehr. Der Vorhang des Allerheiligsten war
beim Tode Jesu zerrissen. Die Autorität der Eltern, Erzieher, der
staatlichen Obrigkeit kommt auch von Gott, "von dem jede Autorität
(paternitas, Vaterschaft) ihren Namen (der für das 'Wesen#, die 'Natur'
steht) hat" (Eph 3,15). Aber sie sind in der Ausübung ihrer Autorität
nicht von Gott mit Unfehlbarkeit ausgestattet.
Hier zeigt sich, daß Msgr. Lefebvre die falsche Frage gestellt hat.
Anstatt nach der 'Definition' Pauls VI. zu fragen (s.o.), hätte er nach
der Definition des Papstamtes fragen müssen. Dann hätte er auch
eingesehen, daß mit "den Versprechen unseres Herrn Jesus Christus" ein
'liberaler Papst' unvereinbar ist. Jesus Christus hat nämlich dem
Simon, dem Sohn des Jonas folgendes versprochen: " W a s a u c
h i m m e r du auf Erden binden wirst, das wird auch im H i
m m e l gebunden sein; (Et quodcumque ligaveris) " W a s a u c
h i m m e r du auf Erden lösen wirst, das wird auch im H i m m e
l gelöst sein. (Et quodcumque solveris ...) Das ist die Definition
Christi vom Papst. Solcherart ist die Verwaltungsvollmacht dessen, der
die "Schlüssel des Himmelreiches" hat. Dadurch ist er "Fels" auf dem
die Kirche sicher und unüberwindlich steht (vgl. Mt 7,24-27).
Der Erzbischof sagt mit Recht: "Man kann Jesus Christus nicht teilen"
(SM, S.10). Das soll heißen in einen, der in seinem eigenen irdischen
Leben und in allen Jahrhunderten der Kirche durch die Päpste und die
Konzilien dieses und dann in unseren Zeiten durch Päpste und ein Konzil
etwas gegenteiliges lehrt. Kann er vielleicht im selben Papst sich
widersprechen? Aber man kann auch nicht einen Papst als Einzelnen
'teilen', in einen, dessen Amtsakte teils verpflichtend sind und teils
nicht sind. Unser Herr hat nicht gesagt: Einiges, was du bindest, wir
auch im Himmel gebunden sein - welches werden die Menschen durch das
"offizielle und fortdauernde Lehramt der Kirche" (s.o.) - unter der
Führung eines Bischofs, den Ich bereitstellen werde - selbst
entscheiden können. - Was in Wirklichkeit dauert, ist die Kraft der
früheren Lehrentscheidungen. Auch jeder einfache Gläubige sollte sie
soweit kennen, daß ihm die Widersprüche der alten wahren Lehre zu den
neuen Lehren auffallen. Ferner hat unser Herr nicht gesagt: einiges,
was du bindes, wird im Himmel nicht gebunden sein. Es braucht ja wohl
nicht gesagt zu werden, daß die Lehre der Kirche über das Papstamt
nicht anders lautet:
"Wir lehren und erklären demnach: die römische Kirche besitzt nach
Anordnung des Herrn den Vorrang der ordentlichen Gewalt über alle
anderen Kirchen ((auch hier ist zu bemerken, daß wieder nicht der
leider heute übliche 'ökumenische' Sprachgebrauch gemeint ist. Es sind
mit 'Kirchen' gemeint, was man als Kirchenprovinzen bezeichnen
könnte)). Diese Macht der Rechtsbefugnis des römischen Bischofs, die
wirklich bischöflichen Charakter hat, ist unmittelbar. Ihr gegenüber
sind Hirten und Gläubige jeglichen Ritus und Ranges, einzeln sowohl wie
in ihrer Gesmtheit, zur Pflicht hierarchischer Unterordnung und wahren
Gehorsams gehalten, nicht allein in Sachen des Glaubens und der Moral,
sondern auch der Ordnung und Regierung der über den ganzen Erdkreis
verbreiteten Kirche. Durch Bewahrung dieser Einheit mit dem römischen
Bischof in der Gemeinschaft und im Bekenntnis desselben Glaubens ist so
die Kirche Christi eine Herde unter einem
obersten Hirten. Das ist die Lehre der katholischen Wahrheit, von der
niemand abweichen kann, ohne Schaden zu leiden an seinem Glauben und an
seinem Heil. (Vatikanisches Konzi von 1869/70 (!), 4.Sitzung, 3.
Kapitel. D-S, 3060,N-R,445). Wer also sagt, der römische Bischof habe
nur das Amt einer Aufsicht oder Leitung und nicht die volle und oberste
Gewalt der Rechtsbefugnis über die ganze Kirche - und zwar nicht nur in
Sachen des Glaubens und der Moral, sondern auch in dem, was zur Ordnung
und Regierung der über den ganzen Erdkreis verbreiteten Kirche gehört
-; oder wer sagt, er habe nur einen größeren Anteil, nicht aba: die
ganze Fülle dieser Höchsten Gewalt, oder diese seine Gewalt sei nicht
ordentlich und unmittelbar, ebenso über die gesamten und die einzelnen
Kirchen wie über die gesamten und einzelnen Hirten und Gläubigen, der
sei ausgeschlossen."(Vat. Konzil, DS 3o64)
Mgr. Lefebvre muß man Glauben schenken, wenn er sagt, daß es ihm allein
um den wahren Glauben und das Heil der Seelen geht, daß er nicht in
schismatischer Gesinnung handelt. Er ist offensichtlich 'guten
Glaubens', wenn er sagt: "Da wir aber allen Päpsten von gestern, allen
Konzilien von gestern treu sind,.." Leider täuscht er sich - und seine
Anhänger. Alle Päpste und Konzilien, die sich über das Papstamt
geäußert haben, lehren einmütig: Dem Papst ist unbedingter Gehorsam zu
leisten.
Es ist wirklich tragisch. Nur um auch heute einen Papst zu haben,
'erfindet' er eine 'Art' Papst, die es in der Offenbarung gar nicht
gibt. Er zerstört den wahren Glaubensbegriff vom Papstamt: es stimmt
nicht, daß dies das Felsenamt ist, denn ein als legitimer Papst
anzuerkennender Mann "führt seit fünfzehn Jahren den Vorsitz bei der
Zerstörung der Kirche"; folgerichtig stimmt auch nicht, daß dessen
'Binden' und "Lösen' ein "Biir den" und "Lösen" durch Gott ist, denn es
ist selbstverständlich, daß man einen Befehl des Oberhauptes, die
Kirche "aufzulösen" und zu zerstören, nicht befolgen darf. So wird das
Papstamt vernichtet, auf das Paul VI. (und Johannes Paul II.)
"legitimer Papst" sei. Was aber bleibt, ist nur eine Galionsfigur. Für
die unfehlbar wahre Glaubensverkündigung und die kirchliche Disziplin
sollen wir dann einen 'stellvertretenden Papst1 anerkennen. Dazu aber
sind wir nicht bereit.
Jesus Christus hat gesagt, daß die Autorität des Himmels für alle
Amtsakte des Petrus und seiner Nachfolger bürgt. Da er aber nicht lügt
und auch die Allmacht hat, sein Versprechen zu halten, ist einer, der
unter Beanspruchung päpstlicher Autorität "die Kirche zerstören will"
und eine "modernistische Kirche" an die Macht bringt, "die die wahre,
mundtot gemachte, Kirche besetzt hält", unweigerlich kein wirklicher
Papst. Ob er nun eine neue Lehre, die der alten widerspricht, angeblich
'nur' mittels 'des ordentlichen Lehramtes' verkündet - Mgr. weiß aber
aus Erfahrung, daß man trotzdem auf vollständiger Unterwerfung besteht
-, ob er sie auch 'definiert' hätte oder sie nur sonstwie
'durchhaltend' (pertinaciter, CIC a.a.O.) als seine feste
'Glaubens'Überzeugung bekundet hätte und dabei den Namen Christ - sogar
den Namen 'Vater' aller Christen - beibehält: ein solcher Mann in
Papstkleidern ist Häretiker und als solcher sowieso amtsunfähig. In
Wirklichkeit geht im Papstamt die Vater-unser-Bitte in Erfüllung: "Dein
Wille geschehe, wie im Himmel, also auch auf Erden." Das Papstamt ist
die 'Nabelschnur', durch welche die sichtbare Kirche auf Erden mit Gott
verbunden ist und von ihm die Lebenskraft erhält, heranzureifen zum
"Vollalter Christi" in der "Herrlichkeit des Vaters". Die
Sedisvakantisten sind also weit davon entfernt, "schismatischen Geist"
zu haben, 'theologisch ungebildete oder halbgebildete Fanatiker und
Sektierer".
- Wenn Paul VI. wirklicher Papst
gewesen wäre, so könnten alle Beschwerden, die man gegen sein Konzil
und gegen seine Reformen hat, nur auf Einbildungen beruhen.
- Hält man Paul VI. und Johannes Paul II. für wirkliche Päpste, so muß man ihnen gehorchen, wie man Gott gehorchen muß .
Aus der wahren kath. Glaubenslehre über das Papstamt folgt: nur dann
ist der Widerstand gegen einen Mann, der päpstliche Autorität zu
beanspruchen, das Recht zu haben scheint, kein wirklicher, sondern nur
scheinbarer Ungehorsam, wenn auch dieser Mann nicht wirklich, sondern
nur scheinbar Papst ist. Wer eine so lange Sedisvakanz für unmöglich
hält, weil das nach seiner Meinung die Kirche in eine ausweglose
Situation bringen würde" (MB, 15. 6), der möge bedenken, in welcher
Situation Jesus zu Petrus sprach:
"Kleingläubiger, warum hast du gezweifelt?" (Mt. 14,31)
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