BRIEF VON HERRN REKTOR A.D. OTTO BRAUN
AN DIE REDAKTION
Am 15. März 1983
Sehr geehrter Herr Dr. Heller!
Es ist gewiß sachdienlich, auf Ihre Stellungnahme zu meinem Schreiben
zu antworten, zumal es einiges zu verdeutlichen und zurechtzurücken
gibt. (Man vgl. EINSICHT XII(6) vom März 1983, S.220 ff.)
Die Verwirrung der überlieferungtreuen Gläubigen wurde hervorgerufen
durch die Erklärung vom 08. November 1979, in der Erzbischof Lefèbvre
die neue Messe für grundsätzlich gültig erklärt und Johannes Paul II.
als rechtmäßigen Papst anerkennt. Damit trennt er sich von vielen
seiner bisherigen z. T. unentschiedenen, z. T. verschlüsselten und z.
T. gegenteiligen Aussagen. Er verwirrt und spaltet dadurch nicht nur
seine Priesterbruderschaft, sondern auch die Schar der verbliebenen
Gläubigen in seither Ecônisten und Nichtécônisten und Pendler zwischen
diesen beiden Welten.
Für diese Verwirrung ist und bleibt Ecône verantwortlich. Sie hat gar
nichts zu tun mit Bischofweihen, weder mit den vom Erzbischof Rom
gegenüber angedeuteten noch mit später wirklich erfolgten, durch welche
die aus den ganz anderen genannten Gründen bereits vorhandene
Verwirrung lediglich gesteigert wurde. Diese Verwirrungsteigerung durch
die Bischofweihen wurde Ecône und seinen Mannen von mir nicht
angelastet, weshalb sie in diesem Punkt auch nicht freigesprochen zu
werden brauchen!
Ebensowenig wird man Erzbischof Thuc vernünftigerweise die spätere
Entartung von Palmar de Troya zurechnen. Aber er hat sie durch seine
Weihen ermöglicht. Es mag durchaus sein, daß er auch damals schon die
gefährdetgeglaubte apostolische Nachfolge sichern wollte. Ebenso
braucht nicht bestritten zu werden, daß die jetzigen Weihen erstrangig
mit diesem gleichen Ziele angestrebt wurden, und daß dieses Bestreben
von einer Gruppe als Beweger getragen wurde, kann, aber muß nicht
notwendig bedeuten,- daß sie einen Oberhirten nur für eine bestimmte
Gruppe, nämlich für sich, haben wollte.
Gerade jedoch, wenn 'die Weihen im Zusammenhang mit einer von den
Beteiligten beabsichtigten umfassenden Wiederherstellung der Kirche'
gesehen werden müssen, erhebt sich die Präge, weshalb das Bestreben der
Gruppe nicht auf die für dieses höhere Ziel ohnedies erforderliche
breiteste Grundlage, nämlich das Einbeziehen aller überlieferungtreuen
Gruppen, gestellt wurde. Dann wäre doch die große Zusammenkunft bereits
möglich gewesen, selbst wenn damit noch keine Übereinstimmung
gewährleistet gewesen wäre. Aber man hätte sich besprechen, das Für und
Wider erwägen, die vorgesehenen Personen vorstellen und anhören können,
und die dann Geweihten hätten statt ihrer Gruppe einen ausgedehnteren
Gläubigenkreis, der sie tragen würde. Zugleich wäre diese Zusammenkunft
die Möglichkeit gewesen, die abgefallenen Päpste öffentlich anzuklagen
und die Anklage durch öffentliche Bischofweihen zu bekräftigen! Auf
diese Weise wäre der 'Zusammenhang einer von den Beteiligten
angestrebten umfassenden Wiederherstellung der Kirche' mit den Weihen
verwirklicht worden!
So aber können Sie mir mit Recht entgegenhalten, daß ich ja 'keinen der
Bischöfe und der anderen Beteiligten persönlich kenne, also auch
grundsätzlich nicht über deren Beweggründe zu urteilen vermöge'. Wo,
wann und wie hätte das denn geschehen können? Es wurde doch alles unter
strengster Geheimhaltung, im engsten Personenkreis bewerkstelligt! So,
als müsse dieses Tun das Tageslicht und die Öffentlichkeit scheuen!
Weshalb eigentlich? Man mußte sich doch von vornherein klar sein, daß
es nicht verheimlichbar bleiben würde, ja, dürfte! Die für eine
Notwendigkeit des Heimlichtuns und Geheimhaltens vorgebrachten Gründe
überzeugen keineswegs. Niemand von den Beteiligten war und ist einer
stalinschen Gewaltherrschaft mit aller Gefahr für Freiheit und Leben
ausgesetzt wie zu Zeiten Pius XII.! Und wenn Mgr. Thuc 'laufend
überwacht' wurde, dann im Schütze einer Demokratie, ohne
Ausgeliefertsein an irgendwessen Spitzel und Schergen! Wer schon hätte
ernstlich gefährden oder Gewalt antun können? Wo also und von wem her
'bestand da (und besteht noch) Gefahr für alle Beteiligten'?
Natürlich hätte die andere Seite alles getan, öffentliche Weihen zu
verhindern. Wer hätte ihr das verdenken können? Aber was hätte sie
schon tun können? Keineswegs doch etwas anderes und mehr als Ecône und
dessen untersagten Priesterweihen gegenüber! Denn ausschließen kann
eine Gemeinschaft ja nur jemanden, der ihr angehört! Und was war
letztendlich das Ergebnis des Verhinderungtuns der anderen Seite? Die
weltweite Öffentlichkeit der Econer Priesterweihen! Genau das Gegenteil
dessen also, was die Gegenseite erreichen wollte! Warum hätte das bei
ebenso öffentlichen Bischofweihen anders kommen sollen? War das
Heimlichtun also nicht eine verpaßte Gelegenheit zu einer weltweiten
Bekundung wie bei den Ecôner Priesterweihen?
Schließlich wird niemand daran zweifeln, daß die andere Seite auch das
Allerletzte aufbieten wird, wenn es, vielleicht! eines Tages ruchbar
werden sollte, daß die 'von den Beteiligten beabsichtigte umfassende
Wiederherstellung der Kirche' d. h.: 'die Absetzung der Besetzer auf
dem Stuhle Petri und die damit verbundene Neuwahl eines rechtmäßigen
Papstes' wirklich durchgeführt wird, was ja öffentlich geschehen muß!
Ein Ausweichen in geheimes Tun und in Geheimhalten ist dann unwirksam
und unmöglich! Wenn man aber den eingewendeten 'Gefahren' und dem
Gegenwirken der anderen Seite auch dann die bestimmende Bedeutung
zumessen wird wie bei den geheimen Bischofweihen, nun, dann wird eben
gar nichts getan werden!
Ohne den unbeirrbaren Mut zum erforderlichen Äußersten werden selbst
die 'sorgfältigsten theologischen und organisatorischen Überlegungen
und Maßnahmen' letztlich ergebnislos bleiben müssen und nicht zur 'ins
Auge gefaßten Wiederherstellung der Kirche mit einem rechtmäßigen
Oberhaupt' führen. Denn es wird dann die entschiedene und entscheidende
Durchsetzungkraft fehlen: der Wagemut!
Es ist immer gefährlich, eine Aussage aus ihrem Zusammenhang
herauszunehmen und in einen anderen einzusetzen. 'Ergebnis eines
Konventes könnte bestenfalls eine traditionalistische Ökumene sein,
nicht aber die katholische Kirche' ist von mir ausgesagt im
Zusammenhang damit, daß 'nur der Verzicht auf diese' 'noch so gut
gemeinten, aber dennoch falschen, weil spalterischen
Eigenwilligkeiten1, 'die Abkehr von ihnen und der gottvertrauende Mut
zum Dienen (Demut!) eine Einheit in Überlieferungstreue
wiederherstellen können1. Ohne diese Einheit kann eine Zusammenkunft
nur eine in Unterschiedlichkeit der Traditionalisten, also eine
'traditionalistische Ökumene1 sein! Wenn Sie diese Aussage für diesen
Sonderfall aber verallgemeinern, ja, sogar in Zusammenhang stellen mit
einer Zusammenkunft 'nach sorgfältigsten theologischen und
organisatorischen Überlegungen und Maßnahmen', dann verfälschen Sie den
Sinngehalt und führen irre!
Mit den Eigenbröteleien ist doch die Kernfrage und die schwierige
Hauptaufgabe für eine Traditionalistenzusammenkunft angesprochen: Wie
denn die gegnerisch Verschiedenen unter einen Hut bringen? Wie die
spalterischen Eigenwilligkeiten ausräumen, um die unerläßliche Einheit
zu erreichen?
Denn allzu erfolgreich ist der Durcheinanderwerfer am Werk! Sie sagen
es ja selber, wie er traditionalistische Priester an die Leine ihrer
'Domänen und Goldminen' gelegt hat, in denen sie sich vielfach
'häuslich' eingerichtet haben und selbstherrlich machtausübend
bestimmen. Das gilt von einzelnen, aber auch von ganzen
Priestergemeinschaften. Die papstlose Zeit ist solchen Machenschaften
verführerisch günstig, und für viele ist die Stunde der Wahrheit schon
lange da, in der sie, und darin befinden sie sich mit dem
modernistischen Klerus der konziliaren Religiongemeinschaft auf der
gleichen Ebene! restlos bekundet haben: Der entscheidende schwerste
Schritt in das völlige materielle Ungesichertsein, der Sache, dem
Glauben, der Wahrheit zuliebe wird nicht gewagt! Denn Gefahr für
Freiheit und Leben droht doch keinem! Der Bekennermut fehlt oder reicht
nicht aus, sich ganz, bedingungslos und ohne jeglichen Vorbehalt Gott m
die Arme ,zu werfen! Wohl steht geschrieben: 'Niemand kann zwei Herren
dienen!' 'Seid nicht besorgt um euer Leben, was ihr essen sollet, noch
für euren Leib, was ihr anziehen werdet!' 'Euer Vater weiß ja, daß ihr
dies alles nötig habt. Suchet also zuerst das Reich Gottes und seine
Gerechtigkeit, und dies alles wird euch mit zugegeben werden!' Aber was
soll's? Safety first! Zuerst Gesichertheit!
Und dafür verfangen sie sich dann in den Schlingen mannigfacher
Ausfluchte in Sachen Zucht (Disziplin) und Glaubenswahrheit unter
erstaunlichen und sonderbarsten GehirnVerrenkungen. Da ersinnt sich
Ecône einen rechtgläubigen und daher rechtmäßigen 'Rahmenpapst', ein
Trugbild, dem es treu ergeben ist (Februar 1982). 'Wenn er uns aber
unglückseligerweise, mitgerissen von ich weiß nicht welchem Geist, von
welcher AusDildung oder von welchem Zwang, dem er infolge von
Versäumnissen unterworfen ist, auf Wegen gehen laßt und uns mitreißt,
dj.e uns den Glauben verlieren lassen, dann dürfen wir ihm eben nicht
folgen (29. 05. 1982)! Seine rechtgläubigen Lehren also werden ihm
zugerechnet als beweisender Ausdruck seiner Rechtmäßigkeit. Dafür
jedoch, daß er 'uns auf Wegen gehen laßt und uns mitreißt, die uns den
Glauben verlieren lassen1, fur seine Irrlehren also, wird er freiweg
als unzurechnungfähig erklärt; denn die sind einem 'ich weiß nicht
welchem Geist, welcher Ausbildung, welchem Zwang infolge von
Versäumnissen' zuzurechnen, nicht aber ihm! Er kann nichts dafür!
Der Lenker der 'Spes unica' im Fahrwasser Ecônes stellt das so dar:
'Der hochwürdigste Herr Erzbischof geht davon aus, daß Karol Wojtyla um
den antichristlichen Charakter der von ihm vertretenen
Beitragsideologie (!) nicht weiß. Weil Warnungen und Gegenargumente
sein Ohr kaum erreichen können und weil hohe Begabung noch lange nichts
mit Intelligenz zu tun hat, besitzt sein Nichtwissen (!) und sein
Mit-Blindheit-geschlagen-sein einen gewissen Wahrscheinlichkeitsgrad
und damit die Tatsache seines gültigen Papsttums! Man braucht also den
zum obersten Glaubenslehrer einer Weltkirche Bestellten nur als
unzurechnungsfähig zu erklaren, indem man ihm unterstellt, daß er um
die Wider^christlichkeit seiner um der Zweckmäßigkeit willen eine
'Beitragsideologie' umbenannten Glaubenslehre 'nicht weiß', daß er 'mit
Blindheit geschlagen' ist, und beidem 'einen gewissen
Wahrschemlichkeitgrad' zuzumessen, und schon hat man die 'Tatsache
seines gültigen Papsttums'! Papa ex machina! Der Retter aus der Not!
Einen Papst um jeden Preis!
Schließlich haben auch Bischof Castro de Mayer von Campos m Brasilien
und seine Priester schlicht und einfach ihre Treue und Anhänglichkeit
an den Heiligen Stuhl und den Papst bekundet, zugleich aber auch ihre
Entschiedenheit, die Reform von Vatikanum II und besonders die neue
Messe zu verweigern. Als ob man einer Behörde glaubwürdig bescheinigen
konnte, daß sie zuständig ist und von ihr Unfehlbares ausgehe, und ihr
zugleich mitteilen, daß man ihren Weisungen aus Gewissensgründen nicht
folgen könne! Verständlicherweise hat Rom diesem unmöglichen Ansinnen
die gebührende Abfuhr erteilt!
Immerhin, diese drei großen Gruppen von Traditionalisten haben ihren
'rechtmäßigen' Papst, jede einen nach ihrer Art. Sie bleiben daher
außerhalb) einer Zusammenkunft fur eine beabsichtigte 'umfassende
Wiederherstellung der Kirche'. Die dafür verbleibende kleine Herde von
Traditionalisten jedoch ist wiederum gespalten durch die jüngsten
Bischofsweihen, so daß die Frage bleibt: Welche von diesen
allerklemsten Herden vermochte es überhaupt, eine so gewaltige Aufgabe
anzupacken und erst recht sie durchzuführen?
So wird auch weiterhin ein 'wilder' Klerus der verschiedensten
traditionalistischen Schattierungen führungslos ungebunden durch die
Lande geistern: Priester, Abte, Bischöfe, ja, sogar Kardinale! Wer weiß
und beweist, ob echte oder angebliche? Wer könnte jemanden
verpflichten? Es fehlt die wahrhaft machtbefugte Persönlichkeit, die
nur eine traditionalistische Kircheversammlung ermitteln und gültig
verbindlich beauftragen konnte.
Hierfür vermag ich bei den aufgezeigten Gegebenheiten jedoch keinerlei
Möglichkeit zu ergründen, es sei denn, wie gesagt, daß die
Traditionalisten ihre Eigenbröteleien aufgeben, um sich, allein vom
Glauben geleitet, für die Hauptaufgabe zusammenzufinden.
Sonst kann es nur noch den Betern gelingen, daß Gott persönlich
eingreift und das nötige Wunder bewirkt! Oremuns sine intermissione!
Beten wir ohne Unterlaß darum!
Mit freundlichem Gruß:
(sig.:) O. Braun
***
ANTWORT AUF VORSTEHENDEN BRIEF
München, 26.4.83
Sehr geehrter Herr Braun,
für Ihren klärenden Brief vom 15. März 1983, worin sich die Möglichkeit
einer Übereinstimmung in den grundsätzlichen Problemen abzeichnet,
meinen herzlichen Dank, besonders auch dafür, daß Sie den Vorwurf der
Unerlaubtheit der Bischofsweihen nicht wiederholt haben. In dieser
Frage gibt es meines Erachtens letztlich nur zwei konsequente
Positionen: entweder man stellt sich auf den Standpunkt, daß die
derzeitige kirchliche Situation auf Grund rein kirchenrechtlicher
Bestimmungen prinzipiell nicht mehr zu retten ist und erhebt gegen S.E.
Mgr. Ngo-dinh-Thuc und die neuen Bischöfe den Vorwurf des Schismas,
oder man erkennt an, daß die vorhandene außergewöhnliche Situation auch
Maßnahmen rechtfertigt, die über die im Kirchenrecht fixierten
Bestimmungen hinausgehen, die aber im Normalfall unerlaubt wären.
Es bestehen aber andererseits noch Differenzen zwischen Ihrer und der von uns vertretenen Auffassung hinsichtlich
- des Zustandekommens und
- der Geheimhaltung der ersten Bischofsweihen.
Gestatten Sie, daß ich zur weiteren Information und Klärung auf diese
beiden Punkte mit einigen kurzen Bemerkungen noch einmal eingehe.
Zuvor möchte ich jedoch eine Anmerkung zum Problem des Lefebvreismus
machen, das inzwischen für viele zu einer Art Vergangenheitsbewältigung
geworden ist. Das Problem "Lefebvre" gibt es nicht erst seit 1979 - da
wurde nur ein endgültiger Schlußpunkt einer Reihe von Inkonsequenzen
gesetzt -, sondern bereits seit 1972, auf das damals Herr Dr. Hugo
Maria Kellner in Rundbriefen aufmerksam machte. Wie aus seiner
Darstellung klar hervorging, war das von Mgr. Lefebvre vorgelegte
Programm moralisch defizient und hinsichtlich seiner Durchführung
illusionär. Der frühere Redakteur dieser Zeitschrift; Herr Dr. Erich
Fuchs, hat bereits Anfang 1974 auf unerträgliche Fatalitäten im Konzept
von Econe hingewiesen (vgl. EINSICHT III (10)28 f., Brief vom
17.1.1974) und daraufhin Econe unsere bis dahin gewährte Unterstützung
entzogen. Der entscheidende Verrat von Mgr. Lefebvre geschah bereits
1976, als er an de Saventhem (alias Friedenau, alias...) schrieb: "Ich
wünsche wie Sie die friedliche Ko-Existenz der vor- und nachkonziliaren
Riten." (Nicht nur in der EINSICHT, sondern auch in KE wurde dieser
Brief damals veröffentlicht.) Und seit 1978 bekämpft unsere Zeitschrift
konsequent die Ziele von Econe und diejenigen, die hinter Econe stehen.
Daß sich diese pseudo-religiöse Richtung von Econe dennoch so erfolgreich hält bzw. halten kann, hat mancherlei Ursachen:
a) das Wunschdenken und die Unwissenheit vieler Gläubiger;
b) der Opportunismus, besonders des sog. konservativen Klerus (im Windschatten von Econe konnte man 'im Trüben gut fischen');
c) Karrieredenken (!) und Feigheit der Kleriker (im vollen Wissen um
die Inkonsequenzen und die offenkundigen Fehleinstellungen, vornehmlich
auf theologischem, aber auch auf moralischem Gebiet, haben sich lange
Zeit eine Reihe von Kleriker an den Rockzipfel von Econe geklammert,
weil sie zu feig waren, dagegen aufzutreten, und weil sie hofften, dort
als Theologen Karriere zu machen - ihre eigentliche Verfehlung liegt
aber darin, daß sie dadurch viele unbedarfte Gläubigen in die Arme
dessen getrieben haben - und immer noch treiben (!), dessen Aufgabe es
ist, den legitimen Widerstand gegen die Reform- 'Kirche' auf ein totes
Gleis zu fahren);
d) Absicherung der Sakramentenspendung (hier spielt der Heilsegoismus
eine verhängnisvolle Rolle: um sich den Sakramentenempfang zu sichern,
läßt man sich erpressen und kolaboriert auch weiterhin mit Personen,
von denen einen auf Grund von Einsichten ganze Welten trennen sollten -
unnötig, diesen Heilsegoisten erklären zu wollen, daß solcher
Sakramentenempfang unerlaubt und von der Kirche verboten worden ist).
Lassen Sie mich aber nun auf Ihre Einwände eingehen, daß die Erörterung
der Bischofsweihen und deren Durchführung nicht auf breitester Basis
geschah.
Die Thematik der Sukzessionssicherung als solche war vorher lange
erörtert worden, nicht nur in der EINSICHT, sondern auch in anderen
Zeitschriften. Nur träumte man damals von einem Konsekrator Lefebvre.
Für den sog. 'Alleingang' bei den Weihen gibt es zwei Gründe, einen
unwesentlichen und einen wirklichen. Der unwesentliche besteht darin,
daß es die von Ihnen gewünschte breiteste Basis de facto nicht gab (und
noch nicht gibt). Als wir in der EINSICHT nachwiesen, daß der sog.
'N.O.M.' in sich dogmatisch ungültig ist, wurden wir besonders von den
sog. Traditionalisten angegriffen; als wir behaupteten, Paul VI. sei
nicht legitimer Papst - als häretischer Okkupant müsse er angeklagt und
deponiert werden, gründete Pfarrer Milch seinen Verein für "Papst und
Kirche" - als wenn wir jemals dagegen gewesen wären! -; als wir den
Lefebvreismus angriffen, wurden wir noch mehr gemieden und verschrien.
Und wenn Sie die gehässigen Reaktionen auf die DECLARATIO von Mgr.
Ngo-dinh-Thuc und die Bischofsweihen nun neuerlich betrachten, die
gerade von Frankreich ausgehen (P. Barbara: Schisma; Mgr. Lefebvre:
Verrücktheit), haben Sie die gleiche Ablehnung von der sog. breitesten
Basis.
Viele Versuche von unserer Seite zu einer Einheit zu gelangen,
scheiterten einfach deswegen, weil den anderen unsere Position zu
radikal erschien - inzwischen wurde sie von den meisten dann doch
bezogen (Meß-, Papst-, Lefebvre- und Weihenfrage). Zunächst ließ man
uns gleichsam in der Arena verbluten. Selbst saß man auf den Rangen und
freute sich, wenn wir Schläge bekamen. Wie gesagt, ich rede von den
sog. Gleichgesinnten unter den Gläubigen.
Dieses Verhalten führte ungwoliterweise dazu, sich auch gegen 'gute
Freunde' abzusichern. Wo immer sich aber die Möglichkeit zu einer
ernsthaften Zusammenarbeit bot, haben wir sie genutzt.
Der viel entscheidendere, wesentliche Grund für den Alleingang ist
einfach der, daß es der Entschluß von S.E. Erzbischof Ngo-dinh-Thuc
war, die Weihen zu spenden. Das war seine Entscheidung, worin er nicht
von einer noch so großen Mehrheit abhängig sein konnte.
Die Geheimhaltung war - wie gesagt - notwendig, um die Weihen überhaupt
durchzuführen! Zum einen wurde S.E. Mgr. Ngo-dinh-Thuc ständig von der
Reform'Kirche' überwacht, u.a. auch von einem sog. 'guten Freund', der
für die Reformer arbeitete. Wir haben diese Bespitzelung nach den
Bischofsweihen von Mgr. Cannona und Mgr. Zamora auf eine sehr seltsame
Weise zu spüren bekommen. Nach dem Verrat der Weihen wollte man Mgr.
Thuc nach Rom schleppen, um ihm den Prozeß zu machen. Deshalb mußte er
u.a. von Toulon nach München fliehen, um in Sicherheit zu sein. Als er
mit Mgr. Vezelis nach Amerika flog, wurde er von Unbekannten in Toulon
photographiert und auf dem Flughafen von Paris gefilmt.
Zum anderen mußten wir uns auch vor falschen Freunden in Acht nehmen.
Wie berechtigt diese Vorsichtsmaßnahme war, zeigt nur überdeutlich der
Verrat der Bischofsweihen durch P. Barbara. Was auch immer seine Motive
für diese Verräterei, die mit einer ganzen Reihe von sich
widersprechenden Theologismen verkleistert wurden, gewesen sein mögen,
aus sog. Sakristeihaß oder aus beleidigtem Ehrgeiz und Stolz heraus
lassen sich seine Aktionen allein nicht erklären, besonders nicht die
Weitergabe an die Presse, so daß die Nachricht von den Weihen zugleich
in mehreren französischen Zeitungen und in den mexikanischen Blättern
erscheinen konnte. N.b. es war nicht geplant, die Weihen länger geheim
zu halten.
Daß Sie bisher noch keinen Kontakt mit einem der Bischöfe gehabt haben,
wird sich doch bald ändern lassen. Wir haben mehrere ihrer Adressen
öffentlich angegeben, und es liegt an jedem selbst, die gewünschte
Verbindung (religiös oder / und persönlich) herzustellen. Was
schließlich die von Ihnen angeschnittene Eigenbrötelei angeht, so
bedaure ich diese Disziplinlosigkeit genauso wie Sie.
Aber gerade darum meine ich: man muß in der Angelegenheit der
Bischofsweihen und der Absicht von S.E. Mgr. Ngo-dinh-Thuc und der
anderen Bischöfe, alles in ihren Kräften Stehende zu tun, was zum Heil
der Seelen und zum Wohl der Kirche dient, dieses Problem von der Sache
her beurteilen. Kann man ihr überzeugt zustimmen, sollte man seine
Mitarbeit nicht aus persönlichen Gründen verweigern. Die
Wiedergewinnung der kirchlichen Einheit als sichtbarer
Glaubensgemeinschaft erfordert unser aller Anstrengungen.
Mit sehr ergebenen Grüßen
(sig.:) E. Heller
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