ZUM PROBLEM DER BISCHOFSWEIHEN UND DER DECLARATIO
VON S.E. ERZBISCHOF NGÔ-DINH-THUC
(aus MYSTERIUM FIDEI Nr.58 vom Juni 1982; hrsg. von A. Denoyelle, übers. v. E. Golla)
Kurznachrichten - Deutschland:
Obwohl Urheber mehrerer irregulärer Weihen erließ kürzlich Mgr.
Pierre-Martin Ngo-dinh- Thuc, der frühere Erzbischof von Hue (Vietnam)
interessante Erklärungen, die in der deutschen Zeitschrift EINSICHT
veröffentlicht wurden und die mit "München, den 25. Februar 1982"
unterzeichnet waren.
Gewisse Freunde von uns waren darüber erfreut, indem sie von der in
diesen Erklärungen enthaltenen Feststellung der Vakanz des Hl. Stuhles
sagten: "Besser spät als niemals". Wir verstehen sie sehr gut, denn
diese Feststellung ist ausdrücklicher gehalten als die von Erzbischof
Lefebvre am 2. August 1976 abgegebene.
Wenn indessen morgen der schismatische orthodoxe Patriarch von
Konstantinopel (Istambul) eine ähnliche Erklärung abgäbe, genügte dies,
um ihn ganz und gar empfehlenswert zu machen? Wäre nicht auch eine
wirkliche Konversion erforderlich mit Abschwören oder genügt es jetzt,
das Verhalten und das Fehlen der legitimen hierarchischen Autorität in
der Römischen Kirche anzuzeigen, um das Schisma zu verlassen? Was nun
Mgr. Pierre Martin Ngo-dinh-Thuc betrifft: Können seine an sich
schätzenswerten Erklärungen eine rückwirkende Kraft haben, oder post
factum die irregulären Ordinationen und Konsekrationen erlaubt machen?
Anders ausgedrückt: Ist nun alles in Ordnung?
Um mit vollkommen sicherem Gewissen bejahend antworten zu können, wäre
beim vorliegenden Geschehnis eine Erklärung ante factum, alse zu
Lebzeiten Pauls VI. erforderlich gewesen, denn die Annahme einer solch
rückwirkenden Kraft ist rechtlich nicht haltbar.
Jetzt wäre außerdem noch der Hinweis auf einen kanonischen Bußakt
erforderlich, der die vorgenannten Erklärungen begleiten müßte und aus
dem klar und deutlich hervorginge, daß dieser Bischof im Bereich des
Forum internum (des Gewissens) sehr wohl eine klare Einstellung besaß
in Erwartung einer zukünftigen Regelung auf dem Gebiet des Forum
externum.
Darauf glauben gewisse Leute Mgr. Marcel Lefebvre vorwerfen zu müssen,
er habe sich immer in einer ähnlichen Lage befunden, wobei man aber
davon absah, ihn zu kritisieren, ihn! Dies ist nicht exakt.
Anmerkungen:
1. Es wäre hinsichtlich der Darstellung der eindeutigen Intention und
der kirchlichen Position von Erzbischof Ngo-dinh-Thuc zweifelsohne
besser gewesen, wenn er sich noch unter Paul VI. vor den Bischofsweihen
durch eine förmliche Erklärung von dem abgefallenen Rom distanziert
hätte (explizit).
2. Die DECLARATIO schließt aber implizit eine solche Distanzierung mit
ein. Außerdem liegen den Bischöfen Mgr. Carmona und Mgr. Guerard des
Lauriers 0P entsprechende explizite Erklärungen in schriftlicher Form
vor.
3. Zur Klarstellung der die Bischofsweihen betreffenden Intention ließe
sich noch eine ergänzende Klarstellung in der Form treffen, daß aus ihr
hervorginge, daß die Weihen im Zusammenhang mit der von Mgr.
Ngo-dinh-Thuc geäußerten Absicht stehen, alles für den Weiterbestand
der Kirche und zum Heil der Seelen nötige zu tun.
4. Allen Schwierigkeiten, allem Druck zum Trotz bleibt Mgr.
Ngo-dinh-Thuc bei seiner DECLARATIO und den mit den Weihen
beabsichtigten Zielen.
5. Es ist ein Unterschied, ob jemand, der sich von der Kirche gelöst
hat, zu ihr zurückkehren will, oder ob jemand wie Erzbischof
Ngo-dinh-Thuc, der nach dem "Konzil'weitgehend isoliert und verfolgt
wurde (wegen des Krieges und der Machenschaften Montinis mit den
Kommunisten war es ihm unmöglich, in seine Diözese zurückzukehren; er
wurde als Kaplan ins Gebirge abgeschoben etc.), den Abfall der
Kirchenorganisation nachher in allen Punkten distinkt und mit allen
Konsequenzen nicht sofort durchschaut hat. (Sektierer oder Apostat, wie
ihm vorgeworfen wird von Prof. Dryden oder Dr. Kellner war er nie
gewesen. Auf den Vorwurf des Sektierertum von Prof. Dryden / U.S.A.
werden wir noch einzugehen haben.)
Eberhard Heller |