DER FALL "BARBARA"
von
Dr. Kurt Hiller
Seit mehr als 12 Jahren verfolgen wir hier in München mit
Aufmerksamkeit und Interesse das Tun von P. Barbara, öfters haben wir
uns mit ihm getroffen, lange theologische und kirchenpolitische
Gespräche geführt, mit dem Ziel einer eventuellen Zusammenarbeit im
heutigen Kirchenkampf. Leider kam ein solches gemeinsames Vorgehen
gegen die Reformer nie zu Stande! Der Grund zeigte sich bald. Während
wir immer klar und konsequent zu allen aktuellen Fragen der Kirche
Stellung nahmen, hielt sich P. Barbara immer drei Schritte zurück.
Erst, wenn die Probleme von andern bereits gelöst waren, erschien er
auf der Bildfläche, übernahm prompt die Argumente der anderen, wobei er
nicht vergaß, lauthals darauf hinzuweisen, daß gerade diejenigen, auf
die er sich stützte, rein gar nichts, oder zumindest alles falsch
gesehen hätten. Ich möchte hier nur auf ein paar Beispiele verweisen.
Während wir es bei unserem sog. "Marsch nach Rom" im Jahre 1971, nach
der von unseren Gegnern inszenierten Umfunktionierung der Demonstration
auf dem Petersplatz ablehnten, an den stundenlangen Gebeten für
"unseren hl. Vater Paul VI." teilzunehmen, und wir als Einzelgruppe vor
der Fassade des Petersdomes für das eigentliche Anliegen der
Zusammenkunft beteten, weilte P. Barbara geschäftig bei dem großen
Haufen derer, für die sich die Frage der Häresie Pauls VI. anscheinend
noch nicht einmal gestellt hatte.
Als dann die Ungültigkeit der 'neuen Messe' längst erwiesen war,
zelebrierte P. Barbara selbst noch monatelang die neue 'Messe' (NOM),
erklärte sich erst viel später für die Ambivalenz des N.O.M., um
schließlich dort zu stehen, wo er heute steht. Dieselbe Haltung nahm P.
Barbara zu Mgr. Lefebvre ein, zu dem er noch bis vor nicht allzu langer
Zeit Kontakte hatte, als es bereits allgemein offenkundig war, welche
Linie dieser Bischof vertritt.
Daß die Frage der Absetzung des 'Papstes' doch nicht so einfach ist,
wie er anfänglich dachte, hat er wiederum durch kürzliche Modifizierung
seiner Argumente gezeigt, wobei wir bisher immer noch vergeblich darauf
warten, wie er sich nun konkret die Prozedur einer "Papstabsetzung" und
Restaurierung der Kirche vorstellt.
Stattdessen hat P. Barbara ein neues Betätigungsfeld gefunden:
Unermüdlich versucht er nachzuweisen, daß Mgr. Thuc und die
neugeweihten Bischöfe und Priester schismatisch, suspendiert und
exkommuniziert seien, sakrilegische Handlungen begingen und daß man
deren Messen nicht besuchen dürfe. Dabei scheut er sich nicht, eine
ganze Reihe von Unwahrheiten zu verbreiten und andere zu beleidigen. In
den fünf mir inzwischen vorliegenden Publikationen begeht P. Barbara
dazu noch gravierende Widersprüche, die ich hier nur einmal kurz
skizzieren möchte.
I. Geheime Weihen
P. Barbara schreibt:
"Damit eine Priester- oder
Bischofsweihe erlaubt sei, müssen bestimmte Bedingungen erfüllt sein:
... daß die Priester- und die Bischofsweihen das Merkmal der
Öffentlichkeit tragen, selbst in Umständen von Verfolgungen (was in
unseren Gegenden zurzeit nicht der Fall ist); denn das Geheime,
Verfolgern gegenüber rechtmäßig, ist es niemals Gläubigen gegenüber,
die sicher sein müssen, es mit einem katholischen Bischof oder Priester
zu tun zu haben." (FORTES IN FIDE, Nr.19, Jahrg. 1982, S.47.)
Daraus leitet P. Barbara seinen Vorwurf ab, die Weihen seien geheim,
von Mgr. Thuc also unerlaubt gewesen. In der Nr.17, Jahrg. 1982, S. 121
(also kurz zuvor!) schreibt er jedoch in dem Kapitel "Unsere
Begegnungen mit Bischöfen, die noch katholisch geblieben sind":
"Um welche Bischöfe handelt es sich,
die uns angehört haben, und unsere Beweisführung angenommen haben? Sie
werden wohl ohne Mühe verstehen, daß ich sie Ihnen nicht nennen kann.
Ich verschweige nicht nur ihren Namen, sondern auch das Land, wo sie
wohnen. Würde ich sie bekanntgeben, so können Sie sich vorstellen, wie
sehr man sie davon abbringen würde zu handeln, sowohl seitens des
modernistischen Rom wie auch seitens einiger falscher Brüder."
Und auf Seite 123 fährt er fort:
"... der hl. Athanasius mußte seine Tätigkeit im geheimen ausüben."
Und an anderer Stelle, S.123:
"... setzte er (der hl. Athanasius) seinen Kampf im geheimen fort..."
Und weiter schreibt Barbara:
"Wo es möglich war, weihte Athanasius
katholische Bischöfe, die ihrerseits die apostolische Sukzession
ebenfalls in einer halben Verborgenheit hochhielten. Dieser zweite
Punkt ist sehr wichtig."
Wie erklärt sich nun dieser Widerspruch von P. Barbara zwischen den
Nummern 17 und 19? Ganz einfach! Als P. Barbara die Nr.17 schrieb,
wußte er noch nichts von den neuen Weihen Mgr. Thucs, über die er nun
so vehement herfällt. Damals wollte er sich nämlich selbst noch zum
Bischof weihen lassen! wie er mit Nachdruck am 17. Juni 1980 in München
vor sechs Zeugen versicherte, und wie er noch in derselben Nr.17, S.
126 bekräftigt!
Nachdem nun P. Barbara in der Nr. 19 seiner Zeitschrift, gemäß seiner
bisherigen bekannten, laufend fortschreitenden Erkenntnisstufen von der
Forderung geheimer Weihen, zu der Bedingung öffentlicher Weihen gelangt
ist, kann er die Verfolgung der betreffenden neugeweihten Bischöfe und
Priester ohne jegliche Rücksicht aufnehmen. So ist es, - um nur einen
scheinbar nebensächlichen Punkt herauszugreifen - höchst interessant,
mit welcher Schnelligkeit und mit welchem Verbreitungsgrad die
Zeitungen Frankreichs und Mexikos am gleichen Tag (12. Jan. 1982) in
sensationeller Aufmachung die Nachricht von den Weihen brachten!
Die wochenlangen Belästigungen des 84-jährigen, von einer schweren
Grippe kaum genesenen Erzbischof Thuc durch Reporter, Aushorcher,
Ordinariatsgeistliche, halb-konservative Priester, mit und ohne
Tonbänder und Zeugen, die es zuletzt unmöglich machten, daß er sein
Zimmer verlassen konnte, hatte P. Barbara wohl eingeplant, nachdem Mgr.
Thuc es mehrmals entschieden abgelehnt hatte, P. Barbaras Einladungen
nach Paris Folge zu leisten!
II. Mgr. Ngô-dinh-Thuc und die Konzilskirche.
a) P. Barbara schreibt:
"Martin Ngo Dinh-Thuc, der frühere
Erzbischof von Hué, hat sich immer zu den Chefs der neuen Konzilskirche
bekannt, es möge dies Paul VI. oder Johannes-Paul II. sein." (FORTS
DANS LA FOI, Nr.9, 1982, S.46.)
Diese Behauptung Barbaras ist nicht wahr! Wahr dagegen ist, daß sich
uns gegenüber Mgr. Thuc in all den vielen Jahren, seit wir ihn kennen,
stets eindeutig, klar und mit absolut vernichtender Ablehnung zur
Konzilskirche und deren Chefs geäußert hat. Mit unzähligen Dokumenten
und Briefen, die er uns in dieser Zeit übermittelte, kann dies
eindeutig belegt werden!
b) P. Barbara schreibt:
"... daß er die Messe in Gemeinschaft
mit Johannes-Paul II. und dem Bischof von Toulon Mgr. Barthe liest..."
(FORTES IN FIDE, Nr.19, S.45.)
Diese Behauptung Barbaras ist nicht wahr! Wahr dagegen ist, daß wir bei
fast 200 (zweihundert!) Messen, in denen wir Mgr. Thuc ministriert
haben, kein einziges Mal erlebten, daß die obige Behauptung zutraf!
c) P. Barbara schreibt:
"... und daß er jedes Jahr am Gründonnerstag mit demgleichen Bischof eine Messe im neuen Ritus konzelebriert."
Diese Behauptung ist so nicht wahr! Wahr dagegen ist, daß Mgr. Thuc nur
ein einziges Mal (1981) konzelebriert hat. Die kuriosen Umstände hat
uns Mgr. Thuc genauestens geschildert. Er hat darüber sein Bedauern
ausgedrückt und sich mündlich und schriftlich gegenüber den
neugeweihten Bischöfen in kirchenrechtlich eindeutiger und akzeptabler
Form geäußert.
Eine grundsätzliche Anmerkung dazu sei jedoch gestattet. Mgr. Thuc hat
die vatikanische Diplomatenschule besucht, er stammt aus einer
adeligen, einer der ersten Familien Vietnams, er war jahrelang Direktor
des internationalen Priesterseminars mit ca. 85o Kandidaten in Rom.
Neugierige Besucher, die er nicht kennt, die ihn ausfragen möchten,
erhalten oft die Antwort, die sie verdient haben: eine diplomatische!
Ich gestehe, daß ich selbst nicht so antworten würde, doch muß man die
Haltung von Mgr. Thuc auch verstehen, der sich nach seinen leidvollen
Erfahrungen Ärger vom Leibe halten möchte.
d) P. Barbara schreibt:
"... Täglich, nachdem er (Thuc) die
alte Messe in seinem Zimmer gelesen hat, begibt er sich in die
Kathedrale, um allen Gottesdiensten beizuwohnen." (LETTRE AUX
PR TRES FIDELES, S.2)
Diese Behauptung Barbaras ist nicht wahr! Wahr dagegen ist, daß Mgr.
Thuc, allein aus dem Grund, seinem engen dunklen Zimmer zu entfliehen,
sich in die nahegelegene Kathedrale begibt, sich ins Halbdunkel im
hinteren Teil der Kirche setzt, um dort abgeschieden sein Brevier zu
beten!
III. Palmar de Troya
P. Barbara schreibt:
"Ich schulde es der Wahrheit und der
Nächstenliebe, zu sagen, daß Mgr. Ngo-Dinh Thuc Weihebischof der
Kirchenspalter von Palmar de Troya ist." (FORTES IN FIDE, Nr.19, S.45)
Dazu ist zu sagen, daß Mgr. Thuc die fünf ersten Bischöfe nach
reiflicher Prüfung geweiht hat, um den Fortbestand der kath. Kirche zu
sichern. Mgr. Thuc hat sich schon damals und auch heute eindeutig
erklärt. Die Zeitschrift EINSICHT hat damals bereits diese Weihen
lebhaft begrüßt! Die Haltung von Mgr. Thuc verdient nicht nur keinen
Tadel, sondern ist höchst lobenswert! Irgendwelche Sanktionen, wie
Suspension oder Exkommunikation, auch von einer sog. "Mutter Kirche",
wie sie P. Barbara anführt, sind null und geradezu widersinnig, weil
Mgr. Thuc gerade im Sinne der wahren Kirche höchst verantwortungsvoll
gehandelt hat!
Daß die Palmar-Bischöfe später auf Mgr. Thuc nicht mehr hören wollten
und sich Clemente sogar selbst zum Papst machte, kann Mgr. Thuc nicht
zur Last gelegt werden, genau so wenig, wie all die andern mißratenen
Bischöfe und Priester, die von Mgr. Thuc später noch geweiht wurden und
die ihm P. Barbara als Skandal anlasten möchte. Ganz im Gegenteil muß
man P. Barbara die Hauptfrage zurückgeben: "Weshalb sind denn 99.99 %
aller Bischöfe der Konzilskirche in Häresie und Apostasie verfallen?
Ist dies nicht noch tausendmal schlimmer als moralische Verfehlungen?"
Man kann Mgr. Thuc nur die absolute Hochachtung und Bewunderung
aussprechen, daß er trotz des Fiaskos mit Palmar, trotz sonstiger
Schwierigkeiten mit anderen Neugeweihten, trotz aller negativen
Erfahrungen, die er in seinem Leben machen mußte (8 Angehörige seiner
Familie wurden ermordet!), trotz seines hohen Alters und trotz der
Verfolgungen und Diffamierungen durch P. Barbara immer noch seinen
tiefen Glauben ungebrochen bewahrt hat und auch seinen Humor nicht
verloren hat!
IV. Schisma
P. Barbara spricht von:
"... notorischem Schisma" (FORTS DANS LA FOI, Nr.9, 1982, S.48)
Und an anderer Stelle:
"Andere, von Verzweiflung ergriffen,
gehen den Schritt des Schismas. Sie glauben nicht mehr an die
Apostolizität der Kirche, die durch die Worte unseres Herrn garantiert
ist, und sie wollen um jeden Preis die Sakramente haben, sei es auch um
den Preis des Sakrilegs." (LETTRE AUX PRETRES FIDELES, 1982, S.3)
Die Kirche definiert Schisma nach can. 1325§2:
"Ein Schismatiker kann jemand auf
doppelte Weise werden: a) zunächst dadurch, daß er den Papst nicht als
Oberhaupt anerkennt; b) dann außerdem auch noch dadurch, daß er sich
weigert, mit den Gliedern der Kirche, die den Papst als ihr Oberhaupt
anerkennen, eine Gemeinschaft zu haben."
Sollte dieser Fall auf Mgr. Thuc zutreffen? Sollte er ein Schismatiker
sein? Dieser Hauptvorwurf P. Barbaras ist nach seinen eigenen
Voraussetzungen geradezu lächerlich.
Sie lauten folgendermaßen:
"... daß der Bischof regelrecht sei,
d.h. daß er von keiner kirchlichen Rüge oder anderer Untersagung,
selbstverständlich vom katholischen Standpunkt her belegt ist; - daß
dieser Bischof ausdrücklich für die Verteidigung der Kirche handelt,
was für ihn einschließt den Bruch der Gemeinschaft mit der neuen
Kirche, zumindest stillschweigend". (FORTES IN FIDE, Nr.19, S.47)
Genau diese Bedingungen hat Mgr. Thuc erfüllt! In keiner Weise kann er
durch die Weihen von Palmar gemaßregelt sein. Auch nicht durch die
Bestimmungen Pius XII., die die Weihe der chinesischen Bischöfe
betrafen, und die P. Barbara so gerne anführt. Inzwischen sieht es seit
den Zeiten von Pius XII. leider anders aus in der Kirche, nachdem fast
alle Bischöfe abgefallen sind! Und den Bruch mit der Konzilskirche hat
Mgr. Thuc längst vollzogen; aus kluger Vorsicht, wie einst der hl.
Athanasius: stillschweigend und geheim, und dann, nach den Verfolgungen
von P. Barbara, auch öffentlich: in seiner Deklaration vom 25. Februar
1982 (von der von seiner Hand fünf Fassungen vorliegen!), die er
anläßlich eines feierlichen, levitierten Hochamtes am 21.3.1982 in St.
Michael, München, Baaderstr. 56, selbst verlas und die auf seinen
ausdrücklichen Wunsch in der März-Nr. 1982 der Zeitschrift EINSICHT
veröffentlicht wurde.
Was macht nun P. Barbara in dieser Zeit? Vor allem macht er Reisen und
unentwegt Konferenzen mit Priestern in allen möglichen Ländern.
Herausgekommen ist bei all diesen Konferenzen rein gar nichts. Es soll
wohl auch nichts dabei herauskommen. Die eingeladenen Priester fühlen
sich geschmeichelt und sie sind vor allem beschäftigt und gebunden. In
dieser Zeit können sie schon sonst nichts Vernünftiges anstellen! Und
damit ist der Sinn aller dieser jahrelangen Aktivitäten zur Genüge
gekennzeichnet!
Als weitere Hauptbeschäftigung bemüht sich P. Barbara zu diskutieren
mit "... Bischöfen, die den Glauben im Grunde ihres Herzens bewahrt
haben, aber die seit 16 Jahren schweigen und die die Schafe ohne Hirten
lassen." (LETTRE AUX PRETRES FILDELES, S.5)
So kann man dann auch verstehen, daß es für P. Barbara keine
Schwierigkeit hat, seine Informationen, die er für seine Kampagnen
gegen Mgr. Thuc braucht, beim Bischof von Toulon zu holen:
"Der Bischof Barthe sagt indessen, daß er die besten Beziehungen mit ihm (Thuc) hatte." (LETTRE AUX PRETRES FIDELES, 1982, S.2)
Wie soll man nun den Fall "Barbara" beurteilen? Jeder logisch denkende Katholik mag sich selbst darauf die Antwort geben!
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