Zum Tode von Schw. Emilia Vaiciulis
von
Irmgard Staude
Am 22. Juli 2006, am Fest der hl. Maria Magdalena, verstarb in
Moresnet/Belgien, Fräulein Emilia Vaiciulis im Alter von 61 Jahren. Sie
starb, versehen mit den heiligen Sterbesakramenten, nach einem
längeren, mit großer Geduld ertragenen schweren Leiden, ganz ergeben in
den Willen Gottes. Sie wußte, daß, wenn nicht ein Wunder geschähe, sie
nicht mehr genesen würde. Dennoch waren ihre Freunde von ihrem
plötzlichen Tod überrascht. Sie opferte ihr Leiden bewußt für unsere
Priester und die Wiedererstarkung der Kirche auf sowie für die
Bekehrung und Rettung eines ihr bekannten Schwerkranken.
Emilia Vaiciulis war gebürtige Litauerin. Ihre Familie war aber nach
Australien ausgewandert. In Melbourne verbrachte sie ihre Kindheit und
Jugend. Dort begann sie ihr Studium, belegte u.a. Französisch und
schloß es mit Bestnoten ab. Sie verließ die Universität als diplomierte
Bibliothekarin. Außerdem war sie sehr musikalisch - sie spielte
begeistert Orgel - und auch tänzerisch begabt. Zeit-weise nahm sie
sogar Ballettunterricht.
Trotz ihrer sprachlichen und musikalischen Begabung entschloß sich
Emilia Vaiciulis, in den Karmeliten-Orden einzutreten. Im Karmel von
Portugal hoffte sie, ein der Tradition der Kirche entsprechendes
Ordensleben führen zu können, und legte die zeitlichen Gelübde ab. Als
sie aber feststellen mußte, daß auch dort der Modernismus mit
Handkommunion, Gitarrenspiel usw. seinen Einzug hielt, was sie
ablehnte, empfahl ihr die Oberin, den Karmel zu verlassen. Sie hatte
davon gehört, daß sich in Steffeshausen/Belgien ein Kloster befinden
würde, welches ihren Glaubensvorstellungen entsprechen würde. So kam
Schw. Emilia vor 24 Jahren nach Steffeshausen, wo sie zunächst
ver-suchte, ihr Leben als Karmelitin weiterzuführen. Durch widrige
Umstände bedingt, verließ sie das Kloster nach einigen Jahren, um H.H.
Pfr. Schoonbroodt 21 Jahre - bis zu ihrem Tod - als Haushälterin zu
dienen. Ihr Aufgabenbereich umfaßte aber auch Sekretärinnendienste, die
Betreuung der Gäste, wobei ihr ihre Menschenkenntnis recht hilfreich
war. Ihr offenes Urteil brachte ihr aber nicht nur Lob, sondern auch so
manche Kränkung und Demütigung ein. Ihre Sprachbegabung - sie sprach
außer Englisch und Litauisch auch Französisch, Portugiesisch und
Deutsch - war in einer Pfarrei, die im Grenzbereich von Luxemburg,
Deutschland und den Niederlanden lag, von großem Nutzen. So konnte sie
den fremden Gläubigen, die nach Steffeshausen kamen, hilfreiche
Auskünfte erteilen. Außerdem war sie als Organistin und als
Übersetzerin für die EINSICHT tätig.
Schw. Emilia Vaiciulis starb, bekleidet mit dem hl. Skapulier, an einem
Samstag in der Oktav des Skapulierfestes. Beten wir, daß Gott ihr all
das Gute, was sie zu seiner größeren Ehre und zur Ehre der Gottesmutter
und des hl. Josef getan und gelitten hat, vergelten, und was sie
gefehlt und gesündigt hat, verzeihen möge. Beten wir, daß sie bald zur
ewigen Anschauung Gottes gelangt. R.i.p.
***
Erinnerung an Sr. Emilia Vaiciulis
Ich habe sie nie persönlich kennengelernt. Wir haben miteinander
telefoniert, uns Briefe geschrieben, gestritten um die Kleiderordnung
und andere Dinge.
Nie aber werde ich ihre einfühlsame Übersetzungsgabe vergessen. Dafür
stehen für mich die Worte „Mary Our Model“ für "Maria, unser Vorbild"
in einer ihrer Übersetzungen, die in der Einsicht veröffentlicht
wurden. Häufig hatte sie uns T.S. Eliot empfohlen als einen Dichter mit
visionärer Begabung.
Nun ist sie tot. Zu früh gestorben. Ihre vielen Begabungen, was wurde
aus ihnen? unter „den Scheffel gestellt“, zerrieben im Traditionalismus
von Traditionalisten?
Ich muß an zwei Telefongespräche zurückdenken, die letzten, die
ich vor ihrem Tod mit ihr führte. Das erstes Gespräch war geprägt von
einem unglaublichen Gottvertrauen, das zweite war Ausdruck von Trauer
und Sorge über die Priester, die nicht mehr bereit seien, ihr Kreuz auf
sich zu nehmen. Das waren die letzten Lebenszeichen für mich vor
ihrem Tod.
Möge Gott ihr den Frieden geben, den diese Welt nie geben kann, auch
ihr nicht. Das Memento sei ihr gewiß. Möge auch sie für uns ein Memento
einlegen, die wir den letzten und schwersten aller Wege noch gehen
müssen, in einer Welt, die dem Desert Valley gleicht.
Ursula Heller |