MORD IM VATIKAN
von
Abbe G. de Nantes
übers. von Eugen Golla
(aus: CONTRE-REFORME CATHOLIQUE au XXe siècle, Nr.2o2, Juli 1984 f.)
Fortsetzung:
EIN FREIMAURER-VERBRECHEN
Es kam also nun Albino Luciani, der Erwählte des Konklaves, der
"Kandidat Gottes" (Anm. d.Red.: das ist de Nantes Version!). Man mußte
ihn daran hindern in die Bankaffaire einzudringen. Als die Kardinale
Albino Luciani an einem heißen Augusttag zum Papst erwählt hatten,
brachten sie einen ehrenhaften, heiligen und vollständig
unbestechlichen Papst (der nur den 'kleinen' Makel hatte, daß er die
sog. 'neue Messe' las, Anm.d.Red.) auf den Weg der Vatikan GmbH. Der
Zusammenstoß war unvermeidlich. Die unverwüstliche Integrität Albino
Lucianis schickte sich an, der unwiderstehlichen Macht der Vatikan-Bank
und der andern Elemente des Reichtums zu trotzen, deren Verantwortliche
Kardinal Villot, Bischof Marcinkus, die Komplizen Sindona und Calvi,
alle Mitglieder der Loge P2, ihre Verbündeten und ihr Protektor, Licio
Gelli, der Großmeister, waren.
Es gab keinen brutalen Zusammenprall, und es durfte auch keinen geben,
um keinen Preis. Man bedurfte eines sanften Schocks, so unbedeutend,
daß weiterhin Vertrauen ohne die geringste Falte der Unruhe herrschen
würde und die Geschäfte ohne die geringste Unterbrechung weitergehen
würden. Das müßte einfach, sehr einfach sein, völlig diskret und still,
wie ein perfektes Verbrechen.
WENN ER SICH DAMIT BESCHÄFTIGEN WIRD, MUSS ER STERBEN
Albino Luciani, der sich an die Beraubung der Priester und Armen durch
die mailändische und vatikanische Mafia seit dem Aufkauf der Banco
Cattolico del Veneto sowie an andere Vorgänge, die ihm mit bitterer
Ironie sein Freund Kardinal Benelli erzählt hatte, erinnerte, widmete
sich während der 33 Tage seiner Regierung der Reinigung des
Augiasstalles - ich will sagen der Verwaltung des Patrimoniums des
Apostolischen Stuhles, der zentralen Finanzierungsstelle von Papst
Paul. Man kann der Meinung sein, daß er nicht die breiten Schultern des
Herkules für solch ein Unternehmen besaß. Seine Gegner schätzten ihn
aber anders ein und fürchteten ihn genügend, um ein Komplott zwecks
seiner Ermordung zu schließen, falls er sie allzusehr bedrohen sollte.
Es folgt nun, wie sie zu diesem Entschluß für den äußersten Notfall
gelangten. Yallop erzählt: Am Sonntag, dem 27. August bat Luciani
Villot, noch "eine kleine Weile, bis ich meinen Weg gefunden habe"
(S.221), Staatssekretär zu bleiben. Diese provisorische Maßnahme war
schon an und für sich eine stumme Drohung. So hält man seine Feinde an
der Hand, läßt sie nicht aus den Augen, und zugleich denkt man über den
überwältigenden Schlag nach, der sie sicher treffen wird. Kein
vorweggenommener Rückzug für Villot, bevor nicht alles klar ist. Er
befahl seinem Staatssekretär, der neu in seinem Amt bestätigt war,
sofort eine Untersuchung einzuleiten. Es sei erforderlich, alles im
Detail zu analysieren. "Kein Bezirk, keine Kongregation, keine
Abteilung dürfte ausgenommen werden", sagte Luciani zu Villot... Diese
Prüfung müsse schnell, diskret und vollständig erfolgen. Der neue Papst
vertraute seinem Staatssekretär an, er habe sich entschieden, sofort
nach dem Studium des Berichtes entsprechende Maßnahmen zu ergreifen.
(...) Der Papst hatte sich Mitte September entschieden, vorrangig sein
eigenes Haus in Ordnung zu bringen (d.h. die finanz. Angelegenheiten,
Anm.d.Red.). Die Vatikanbank wurde (mittlerweile) in der Presse und den
Fachzeitschriften der Finanzagenten heftig kritisiert. Falls Luciani
den - richtig gesagt - phantastischen Umfang der Schleichwege, der
Fehler, der Unregelmäßigkeiten, der Verbrechen und von den unter dem
Deckmantel der Vatikan GmbH schon ausgeführten Morde erfahren würde,
würde nichts ihn beugen können oder ihn zum Umdenken veranlassen
können.
Und auf dem Höhepunkt gelangten eine Menge Skandale in sein Büro, das
vorhatte, die Liste der 121 Mitglieder der Römischen Kurie aufzudecken,
welche eingeschriebene Freimaurer sind, u.a. die Kardinale Villot,
Casaroli, Baggio, Poletti, Bischof Marcinkus und seine Kumpanen, sowie
der ehemalige Sekretär Pauls VI., Pasquale Macchi. Als ihr Tarnmantel
fungierte Kardinal Villot.
Johannes Paul I. schickte sich an, dieses Wespennest zu zerstören und
auffliegen zu lassen. Roberto Calvi fühlte sich auf diese Nachricht hin
nicht sehr wohl. Schon verfolgt und gehetzt, würde er nun durch den
Sturz seines moralischen Garanten Marcinkus mitweggefegt werden. "Wenn
durch irgendeine wundersame Fügung Albino Luciani tot umfallen würde,
bevor er dazu kam, Marcinkus abzulösen, dann wäre zumindest einmal Zeit
gewonnen" (S.25o). Er besprach sich mit Gelli, der ihn beruhigte; "das
Problem konnte und würde aus der Welt geschaffen werden" (S.25o). Zwei
andere Personen befanden sich auch in einer verzweifelten Lage, worüber
Yallop alle nur erwünschbaren und übrigens vollständig kontrollierbaren
Informationen gibt. Es waren dies Sindona, knapp vor der Ausweisung aus
den USA und der Auslieferung an die italienische Justiz, falls er
seinen internationalen Bürgen Marcinkus verlieren sollte, sowie
Kardinal Cody, dem die Absetzung wegen seiner Unterschlagungen und
Skandale drohte, die in der Presse seiner Erzdiözese verbreitet wurden,
wo er von seinem Klerus und dem Volke angespien wurde. Die Tatsache,
daß er mittels der Vatikanischen Bank Hunderte von Millionen Dollar
Paul VI. (persönlich) sowie den polnischen Bischöfen zukommen ließ, war
vor dem moralischen Gewissen Joh. Pauls I. kein mildernder Umstand.
Sie ersehnten heiß, daß jemand das 'Wunder' vollbringen möge. Jeder von
ihnen wußte e i n e Sache und nicht mehr in diesem 'indischen Sommer'
voll Licht und unvergleichlicher Milde, in dem sich paradoxerweise
diese Tragödie abspielte. Wenn ein Papst stirbt, sterben mit ihm
sämtliche Entscheidungen, die noch nicht veröffentlicht worden waren,
sofern sich nicht sein Nachfolger entschließ, sie zu einem guten Ende
zu bringen.
Sindona, Calvi, Marcinkus und Kard. Cody: allen diesen Männern drohte
an diesem 28. September 1978 die Vernichtung, falls Albino Luciani eine
bestimmte Entscheidung treffen sollte. Andere Personen liefen Gefahr,
direkt hiervon berührt zu werden: Licio Gelli und Umberto Ortolani. Für
diese zwei Chefs von der P2 bedeutete der Verlust von Calvi, daß die
Freimaurerloge ihren Generalschatzmeister verlieren würde. Am 28.
September ist noch ein anderer Name auf die Liste derer, denen
bevorstand, durch Lucianis Entscheidung ernstlich bedroht zu werden,
gekommen: es handelte sich um den Namen von Kard. Villot,
Staatssekretär des Papstes.
ER BESCHÄFTIGTE SICH DAMIT, FOLGLICH STARB ER
"Nach einem leichten Frühstück mit Kaffee, einem Croissant und Brötchen
saß Albino Luciani schon vor 8 Uhr an seinem Schreibtisch. Es gab viel
zu tun." (S.283) Dies war also am 28. September. Betrachten wir nun die
weniger wichtigen Ereignisse. "Nach den Audienzen des Vormittags hatte
Luciani eine Unterredung mit Kardinal Baggio. Er hatte eine Reihe von
Entschlüssen gefaßt, von denen er dem Kardinal nun zwei mitteilen
wollte." (S.289) Der erste betraf Kard. Cody von Chikago. Luciani hatte
sich entschieden, den Kardinal abzulösen. Darauf machte der
Kardinal-Präfekt der Klerus-Kongregation keinen Einwand. "Baggio war
hocherfreut; endlich wurde diese Affaire bereinigt."
Über die zweite Entscheidung, die Luciani gefaßt hatte, freute er sich
weit weniger. Venedig hatte keinen Patriarchen. Er bot diesen Posten
Baggio an... "Der Entschluß des Papstes, Baggio von Rom nach Venedig
abzuschieben, hatte mehrere Gründe. Einer der gewichtigeren hatte mit
jener Liste zu tun, die Lucinai erhalten hatte: Freimaurer Baggio,
Logenname Seba, Logennummer 85/264o; aufgenommen am 14. August 1957."
(S.291) (Anm.d.Red.: wenn es stimmt, daß dieser Grund mitentscheidend
für das Vorhaben war, Baggio abzuschieben, dann läßt sich der Versuch
de Nantes, Luciani zum Heiligen hoch zu stilisieren, an diesem Punkt
leicht durchschauen: einen bekannten Freimaurer, der ipsp facto der
Exkommunikation verfallen ist, befördert man nicht gerade zum
Patriarchen.)
"Das Gespräch zwischen Baggio und Luciani war nach den Beschreibungen
meiner Gewährsleute 'ein sehr heftiger Streit, wobei die Heftigkeit und
Wut ganz allein auf Seiten Seiner Eminenz waren. Der Heilige Vater
blieb ruhig"1. (S.291) Die andere wichtige Unterhaltung des Tages fand
am Ende des Nachmittags statt, nach zwei Telephongesprächen mit
Kardinal Felici, der sich in Padua befand, und mit Kardinal Benelli.
Felici erzählte er seinen harten Zusammenstoß mit Baggio, dessen
Weigerung, Venedig anzunehmen ihn in Erstaunen versetzt habe; mit
Benelli unterhielt er sich über die nächste Ernennung, welche er schon
denselben Abend seinem Staatssekretär, Jean Villot, mitteilen wollte.
Kurze Zeit später trank Jean Villot mit dem Papst den traditionellen
Kamillentee. Dann nahm die Konversation einen ernsten Ton an. Der Papst
sprach von der Vatikan-Bank. Er hatte den Bericht seines
Staatssekretärs und anderer studiert. Er hatte Bischof Marcinkus
getroffen und ihn aufs Korn genommen. Die Unterhaltung war in einem
frostigen Ton und verhieß nichts Gutes. "Luciani erklärte Villot am
Nachmittag jenes 28. September, Marcinkus solle sofort abgelöst werden:
nicht in einem Monat oder einer Woche, sondern am nächsten Tag." Er
beschied Villot, daß an Marcinkus Stelle Mgr. Giovanni Angelo Abbo
treten werde, der Sekretär der Präfektur für Wirtschaftsangelegenheiten
des Heiligen Stuhles." (S.293 f.) Die Klauen des Löwen zeigten sich und
wurden mächtig vor Kard. Villot ausgestreckt. Außerdem rief er die
'uomini di fiducia', die Mafia des Marcinkus, zurück und beabsichtigte,
daß in Kürze die Brücken zur Sindonaund Calvi-Gruppe in der Banco
Ambrosiano abgebrochen werden sollten. "Kardinal Villot nahm Lucianis
Anweisungen fast kommentarlos entgegen. Er hatte im Laufe der Jahre
vieles registriert. Im Vatikan gab es viele, die Villot für wenig
qualifiziert hielten, aber das war nur bedingt richtig: er hatte es
eben für klüger gehalten, einfach wegzublicken. In der vatikanischen
Dorfgemeinschaft war das eine probate Überlebenstechnik." (S.295)
Um die Wahrheit zu sagen: man kannte seit Pius X. keinen solchen
autoritären Akt mehr. 75 Jahre zuvor setzte Pius X. den furchtbaren
Staatssekretär seines Vorgängers Leo XIII., den Freimaurer-Kardinal
Rampolla ab. "Luciani kam auf das Problem Chicago und auf seine
Diskussion mit Baggio über das Ultimatum zu sprechen, vor das Kard.
John Cody gestellt werden sollte. Villot gab murmelnd seine
Zustimmung... Luciani berichtete sodann, daß Baggio das Patriarchat von
Venedig ausgeschlagen habe. Er sei aber nach wie vor entschlossen, den
Kardinal dorthin zu entsenden... Luciani setzte Villot schließlich noch
von anderen Umbesetzungen in Kenntnis, die er vorzunehmen gedachte".
Und zuletzt: "Benelli solle Staatssekretär des Vatikan werden - als
Nachfolger Villots" (S.295 f.)
Villot verstellte sich, als ob er tief über diesen Schlag des Königs
nachdenke, diesen unvermuteten Degenstoß, der ihn vollständig aus der
Fassung brachte. Dann, während der Papst ihm etwas Tee einschenkte:
"Ich hatte gedacht, Sie würden als meinen Nachfolger Casaroli in
Erwägung ziehen". (S.296) Mit Casaroli verließe man nicht die Mafia.
"Das habe ich auch getan, eine ganze Weile lang. Ich glaube, er leistet
teilweise glänzende Arbeit. Was allerdings die in den letzten Jahren
gestarteten politischen Initiativen gegenüber Ost-Europa betrifft, so
teile ich die Vorbehalte Benellis gegen einige davon". (S.296)
Villot blieb wie Eis. Aber wir werden ihn zwei Tage später - im
Fernsehen - ungeniert haben lachen sehen. David Yallop schreibt: "Nie,
seit Luciani und Villot sich kannten, hatte dieser seine steife
Förmlichkeit abgelegt." (S.296) Aufgestachelt durch den Papst warf er
schließlich ein, daß diese Ernennungen den Wünschen des verstorbenen
Papstes entgegen seien und als eine Art Verleugnung seines Pontifikates
werde angesehen werden. Man werde sagen, er habe Paul VI. verraten. Die
Diskussion dauerte fast zwei Stunden. Als er wegging, war es Nacht.
(...)
Luciani wünschte nach diesen wichtigen Entscheidungen sofort mit
Kardinal Colombo von Mailand zu telephonieren. Aber Diego Lorenzi, sein
Sekretär, erwiderte, man könne ihn nicht vor 8 Uhr 45 erreichen. Das
Gespräch fand also statt und betraf die Veränderungen, welche
durchzuführen Luciani sich entschlossen hatte. Nur David Yallop
vertraute der kluge Kardinal an: "Er sprach zu mir längere Zeit in
einem vollkommen normalen Ton, aus dem kein Anzeichen für eine
körperliche Erkrankung herauszuhören war. Er war vollkommen gelassen
und zuversichtlich. Sein Abschiedswort war: 'Beten Sie"." (S.299)
Um 21 Uhr 3o wünschte Albino Luciani seinen Sekretären: "Buona notte. A
domani. Se Dio vuole." ("Gute Nacht. Bis morgen, so Gott will.") (...)
SIE TÖTETEN IHN UND BALSAMIERTEN IHN EIN
Zweifelsohne telephonierte auch Kard. Villot an diesem Abend. Gerne
möchte man wissen, mit wem. Mit Marcinkus? Sicherlich. Sofern man
Gefängnis, einen gewaltsamen Tod oder einen erzwungenen Selbstmord
vermeiden wollte, war es für die Mafia entschieden, gegenüber Johannes
Paul I. die 'italienische Lösung' unmittelbar anzuwenden. Aber man
mußte so vorgehen, daß sich das Verbrechen lohnen würde.
Also:
1. Der Mord mußte geheim vollzogen
werden. Um diesen Zustand der Korruption, der vor der Wahl Lucianis
bestand, fortzusetzen, war es erforderlich, den Mörder geheimzuhalten.
2. Als wirksamste Mordwaffe zeigt sich Gift. Ein Gift, das nach seiner
Anwendung nach außen keine Spur hinterläßt. Es gibt mehr als 2oo
Essenzen dieser Art, eine davon ist Digitalis.
3. Wer auch immer diejenigen sind, welche den Papst auf diese Weise
töten wollen: sie müssen genaue Kenntnisse über die Vorgänge und die
Gewohnheiten im Vatikan verfügen.
4. Sie müssen wissen, daß es keine Autopsie geben wird, wie auch immer
die Spuren beschaffen sein sollten, welche vielleicht nach ihrer Tat
zurückbleiben würden.
Hier gestatte ich mir eine Abschweifung. Man weiß, daß es kein
perfektes Verbrechen gibt. Aber es gibt das bolschewistische
Verbrechen, zynisch und ohne Vorsichtsmaßregeln; dessen Hintergrund ist
der Terror. Es gibt aber auch - obwohl man davon nicht spricht - das
freimaurerische Verbrechen. Es ist dies ein durch Selbstmord, Zufall
oder natürlichen Tod vertuschter Mord. Zugleich ist ein Alibi, ein
Schema für die Erklärung im voraus bereitet, falls der Zufall oder die
Ungeschicklichkeit eine verbrecherische Hand zum Vorschein kommen
lassen sollte. Ein unwahrscheinliches Schema, ohne Beweise und Zeugen,
das in der Notlage der Täter den Zweifel erregen und die Spuren
verwischen soll. Die Macht der Logen legt diese Suggestion den
Journalisten, der Polizei und den Behörden vor, die Wahrheit ist für
einen Augenblick verdunkelt und erstickt, für gerade die Zeit, die
nötig ist, damit das Leben weitergeht und die öffentliche Meinung sich
einem aktuellen Gegenstand zuwendet. Später vermag ein Yallop Punkt für
Punkt des Verbrechens zu rekonstruieren und die Urheber zu nennen... es
ist und bleibt eine alte Geschichte, und im Zweifelsfall bleibt jeder
bei seiner Meinung.
Die Ermordung Johannes Pauls I. weist sämtliche Zeichen eines
Freimaurermordes auf. Das ist so klar, daß wir es schon am selben Tage
empfunden haben und sofort schrieben: "Was ihn tötete, war die Öffnung
der Geheimakten Pauls VI." Schließlich sagten wir auf auf unserem lo.
Kongreß 1979 - auf diese Angelegenheit zurückkommend - es stimmt (in
einem Ton weiser Vorsicht), was wir wußten, und was folglich auch die
römischen Autoritäten wissen sollten, daß Johannes Paul I. an einer
tötlichen Dosis Digitalis, die er fälschlich als Arznei genommen hatte,
starb. In Rom wußte es jeder, der es wissen wollte. Wer seine Ruhe
vorzog, hatte die vorbereitete Version zur Hand, also das
Freimaureralibi, welches Kard. Villot sofort vorlas und das man uns in
den Journalen von gestern, beglaubigt von P. Giovanni Gennari, um die
Kurie gegen die Enthüllungen des David Yallop zu verteidigen, wieder
auftischte. Gennari: "Der Vorgänger von Johannes Paul II. nahm
irrtümlich eine übermäßige Dosis Beruhigungsmittel... Es war dies nach
seinem Gespräch mit Kard. Villot, als der Papst sich bezüglich der
Dosis seiner Medikamente geirrt hatte..." (OEST-FRANCE, nicht datierte
Kürzung, Juli 1984)
Villot: "Was sich ereignet habe, sei ein tragischer Unfall gewesen. Der
Papst habe versehentlich eine Überdosis seiner Arznei genommen. Wenn
eine Autopsie durchgeführt würde, würde diese zweifelsohne die
verhängnisvolle Überdosis belegen. Niemarid aber würde glauben, daß
Seine Heiligkeit einem eigenen Versehen zum Opfer gefallen sei. Manche
würden Selbstmord vermuten, andere Mord. So kam man überein, keine
Autopsie macheu zu lassen." (S.J12) Diese Erklärung ist sinnlos. Wie
vermag man zu wissen, was der arme Tote tat, allein und ohne sich
selbst Rechenschaft zu geben? Sie ist unwahrscheinlich: die Arznei
Lucianis, das Effortil, bewirkt selbst bei doppelter und dreifacher
Dosierung keinen plötzlichen Tod. Sie ist ehrenrührig: man läßt die
Meinung, der arme niedergedrückte Papst habe Selbstmord verübt, langsam
durchsickern... Sie ist unhaltbar: Glaubt man an sie, hätte man im
Gegenteil alle Vorsichtsmaßnahmen ergreifen müssen, damit sich die
These von der Ermordung nicht verbreiten und man sich ernsthaft vor den
Tribunalen nicht zu entlasten haben würde. Nach der Art, wie Kard.
Villot sein Alibi formulierte und vorlegte, kann man erkennen, daß er
ein Meister, ja ein Großmeister des Freimaurergeheimnisses war. Er
spielte übrigens seine Rolle ohne Verwirrung, mit einer vollendeten
Selbstbeherrschung, gegenüber der Kirche und dem Ablauf der Ereignisse.
ER STARB LAUTLOS
Schwester Vincenza betrat das Zimmer um 4 Uhr 45 und sah - entsprechend
ihrem Bericht an Yallop - den Papst in seinem Bett "mit einem Ausdruck
des Leidens". Sie fühlte ihm den Puls. Dies genügte, um festzustellen,
daß er soeben gestorben sei, wenn nicht gar vor ihren Augen. Gemäß
ihrer, vor einer Gruppe französischer Priester keuchend ausgestoßenen
Worten am selben Abend, hatte sie ihn in seinem Ankleidezimmer tot
aufgefunden (gemäß meinen eigenen Erkundigungen am 6. November 1978).
Es erschien sicher, daß der Tod am Morgen erfolgt ist, aber niemand
wollte oder konnte dem Papst die Letzte Ölung bedingungsweise spenden.
Um 5 Uhr stellte Kard. Villot den Tod fest und begann als der Herr auf
illegale, ausschließlich methodische Weise zu handeln. Das setzt kaltes
Blut voraus, einen im voraus gefaßten Plan und den festen Willen, die
Angelegenheit zwischen tausend Klippen dorthin zu manövrieren, wohin es
nötig war. Er steckte das Fläschchen Effortil, das auf dem
Nachttischchen stand, in die Tasche, entnahm den verkrampften Händen
des Papstes die Notizen über die am Abend vorher beschlossenen
Ernennungen und Umbesetzungen, nahm auch die Brille und die Hausschuhe
des Papstes, die wahrscheinlich mit Spuren von Erbrochenem besudelt
waren. Er wird auch das Testament des Papstes verschwinden haben
lassen. Keiner dieser Gegenstände ist in der Folgezeit wieder gesehen
worden.
Er (oder ein Handlanger) telephonierte zur selben Stunde mit den
Einbalsamierern, und ein Wagen des Vatikan fuhr ab, um sie zu holen.
Ein unglaublicher Fall, genau um 5 Uhr stand dieser vor ihrer Tür.
Der angebliche Camerlengo - ich sage angebliche, denn Villots Amtsmacht
war mit dem Tod des Papstes erloschen - handelte seitdem gleichsam
freibeuterisch. Der Kardinal verpflichtete also die Schwester Vincenza
über die Vorgänge zu schweigen und verbot den Sekretären, jemand zu
benachrichtigen, bevor er sie hierzu bevollmächtigt habe.
Was ereignete sich nun in den folgenden Stunden? Es bleibt ein
Geheimnis. Versuchten die Einbalsamierer das noch warme Antlitz des
Toten herzurichten und es zu schminken? Erst um 6 Uhr kam Dr. Buzzonati
- und nicht Dr. Fontana, der Oberarzt- und stellte den Tod fest, ohne
ein Zertifikat über die Todesursache auszustellen, den er auf einen
Myokardinfarkt, der ihn um 23 Uhr des Vortages befallen habe,
zurückführte. Eine erfundene Erklärung ohne jeden medizinischen Wert.
Villot begann ab 6 Uhr 3o die Kardinäle zu benachrichtigen. Die
Einbalsamierer gingen den Sakramenten, den Kardinalen und dem Oberarzt
vor. Sie waren die Herren des Tages...
Außerhalb des Programmes telephonierte der getreue Sekretär des
Papstes, Don Lorenzi, mit seinem persönlichen Arzt, der seine Unruhe
teilte und sich entschloß, sich sofort nach Rom zu begeben und die
Leiche zu untersuchen. Luciani erfreute sich einer guten Gesundheit. Es
ging ihm zu dieser Zeit gut und die Hypothese eines plötzlichen Todes
erschien dem Dr. Da Ros unhaltbar.
Außerhalb des Programmes: Der Feldwebel Roggan, der Diensthabende in
dieser Nacht, stieß um 6 Uhr 45 im Innenhof mit Marcinkus zusammen - zu
einer Stunde und an einem Ort, wo es keinen Grund für seine Anwesenheit
gab. Der Gorilla starrte den Schweizer Gardisten an, der ihm den Tod
des Papstes gemeldet hatte, im Glauben, ihn mit einer wichtigen
Angelegenheit bekannt zu machen.
Der Leichnam wurde - wie es Brauch ist - in den Clementina-Saal
gebracht, wohin eine ungeheure Menschenmenge zusammenströmte. Die
Besucher am Morgen behielten in ihrem Gedächtnis die verkrampften Züge,
das gequälte und schmerzverzerrte Antlitz des Papstes. Nach den mir
vorliegenden Quellen kamen um 11 Uhr die Herren des Tages. Man schloß
die Türen und sie versuchten - nunmehr schon kalt - den
Gesichtsausdruck zu ändern, und zweifelsohne trugen sie Schminke auf.
Nun konnte Villot sich mit ihnen - trotz großen Widerstandes ihrerseits
- wegen einer überstürzten, illegalen und wirklich ganz speziellen
Einbalsamierung, schon an diesem Abend, einigen.
...UND SIE BALSAMIERTEN IHN EIN
Während sich die Gläubigen unter Tränen in der Kapelle zusammendrängten
und Töne laut wurden von Männern und Frauen, die an dem Leichnam
vorbeigingen, wie diese: "Wer hat das getan? Wer hat ihn ermordet?",
wurde man im dritten Geschoß des päpstlichen Palastes mit Fiebereifer
unter dem Kommando des sog. Interims-Chef aktiv. Die Schwestern wuschen
und putzten. Wozu dieser Eifer, diese Hast? Um die Spuren, die
Fingerabdrücke zu verwischen? Um das Erbrochene aufzuwischen? Die
Sekretäre packten die Kleidungsstücke des armen Papstes zusammen und
trugen sie hinaus mit samt den Briefen, seinen Notizen, seinen Büchern
und der Handvoll seiner persönlichen Erinnerungsstücke. Was für ein
Dämon legte sich so eifrig auf die Reste des ersten Märtyrerpapstes der
Neuzeit? (Anm.d. Red.: Luciani starb - auch nach der Voraussetzung von
de Nantes -, weil er einen Finanzskandal aufdecken wollte, und nicht,
weil er den Glauben verteidigte.) Um 18 Uhr waren sämtliche päpstlichen
Gemächer (19) vollständig leer, ohne jegliche Einrichtung oder im
entferntesten mit etwas, was mit dem Pontifikat Laucianis in Verbindung
gebracht werden konnte.
Zugleich traf der Interims-Chef der Kirche und des Vatikan-Staates
wieder mit den Herren des Tages zusammen, den Brüdern Signoracci, um
ihre Arbeit zu leiten und zu überwachen. Sie forderten ohne Zweifel den
Mindestaufschub von 12 Stunden, um nicht allzusehr gegen das
italienische Gesetz zu verstoßen. Aber was für eine einzigartige,
ekelhafte Einbalsamierung ließ er sie machen! Niemals in ihrem Leben
und niemals in der langen Tradition der Papsteinbalsamierungen hat man
jemals so etwas Schreckliches befohlen oder durchgeführt.
"Auf ausdrückliche Anordnung des Vatikan wurden dem Leichnam weder Blut
noch die Eingeweide entnommen. Formalin und andere Konservierungsstoffe
wurden durch die Gefäßsysteme (Arterien und Venen) in den toten Körper
injiziert. Der Hauptgrund dafür, daß der Vorgang drei Stunden in
Anspruch nahm, war die kategorische Forderung der Vatikanvertreter, daß
dem Toten kein Blut abgezapft werden dürfe. Üblicherweise wird das Blut
abgelassen oder mittels einer durch den Körper gepumpten Kochsalzlösung
herausgespült." (S.316) Der Grund, warum man im Körper Blut und
Eingeweide zurückbehalten hatte, ist ganz offenkundig. Die Brüder
Signoracci sind - leider - Leute, die gegen jeden Skrupel und jede
Erregung gepanzert sind. Für uns und noch mehr für andere: hier liegt
der formelle und hinreichende Beweis vor für die bewußte, freie und
aktive Teilhabe des Kardinal-Staatssekretärs Villot an der Ermordung
des Papstes Johannes Pauls I. "Ein einziger Tropfen Blut des Toten
hätte freilich einem Pathologen genügt, um das Vorhandensein von
Giftstoffen festzustellen." (S.316)
DAS WAR BEREITS DIE NACHT
"Et erat nox". Es war Nacht, als dies beendet war - um 21 Uhr. Er war
die Nacht... Kard. Villot zog sich schließlich kurze Zeit vor
Mitternacht zurück, um schlafen zu gehen. Er hatte gut gearbeitet. 16
Stunden nach seinem sonderbaren Tod war Johannes Paul I. nicht mehr als
nur eine Erinnerung... dort, wo er am Vorabend noch regiert hatte
(...). Der Leichnam ist einbalsamiert, eine Autopsie ausgeschlossen.
Seine Zimmer gewaschen, gereinigt, versiegelt, keine Untersuchung,
keine Kommission kann zu etwas führen. Seine Habe, seine Papiere
verschwunden, man wird weder Beweise noch Indizien bekommen. So wütet
die Freimaurerei.
Am folgenden Tag begann die letzte Phase dieses Mordes. Nachdem man den
Körper vergiftet hatte, um ihn ohne Aufsehen zu töten, begann man die
Erinnerung an ihn zu beschmutzen, (...) um so die Erinnerung
auszulöschen. "Die Römische Kurie wollte und will die Welt glauben
machen, Albino Luciani sei ein Mann von schlichtem, ja einfältigem
Verstand gewesen, ein schwer kranker Mann zudem, dessen Wahl ein
bedauerlicher 'Betriebsunfall' gewesen sei und über dessen Tod die
Kirche im Grunde froh sein könne. Hinter diesem blauen Dunst hoffen
sie, die Wahrheit verborgen halten zu können." (S.342) Übrigens näherte
sich das nächste Konklave sehr schnell. "Dafür hatte eine kleine Gruppe
von Kardinalen gesorgt... Das Denken der Kardinale begann sich auf die
Frage zu richten, wer Nachfolger von Johannes Paul I. werden sollte,
und auf die damit zusammenhängenden Intrigen und Absprachen." (S.335)
Der Kardinal Benelli vertraute David Yallop an, daß die Kurie sofort
das nächste Konklave vorbereite und man einen kurialen Papst wolle.
Dies könnte eine andere Geschichte sein. In Wirklichkeit war es aber
der gleiche Kampf der 'Kurie', d.h. der uns bekannten Mafia, gegen das
Schicksal, und das war der gleiche Kampf 'wider Gott und Seinen
Gesalbten' (Ps. 2 ) , der weiterging. Was hätte es ihnen genützt,
Johannes Paul I. zu töten, wenn nun ein Benelli gewählt werden würde?
Die Mafia, die Vatikan GmbH., die Banco Ambrosiano, die Loge P2 mußten
sich im Einvernehmen mit der Via Archimede - wie anläßlich der
Organisation der Wahl von Gianbattista Montini 1963 - damit
beschäftigen, möglichst schnell einen annehmbaren Kandidaten zu
ernennen. Es müßte um jeden Preis darum gehen, einen 'guten' Papst zu
kreiren.
(Fortsetzung folgt) |