MORD IM VATIKAN
von
Abbé G. de Nantes
übers. von Eugen Golla
(aus: CONTRE-REFORME CATHOLIQUE au XXe siècle, Nr.2o2, Juli 1984)
Vorbemerkung:
Im folgenden veröffentlichen wir in Übersetzung den Kommentar Abbé de
Nantes zu David A. Yallops Buch "Im Namen Gottes?" (dt.: München 1984),
das den Hintergrund über den all zu plötzlichen Tod Lucianis, der unter
dem Namen Johannes Pauls I. nur für sehr kurze Zeit die Kathedra Petri
okkupierte, aufzuklären versucht.
Obwohl diese hochbrisante Affaire nicht unmittelbar etwas mit unserem
Glaubenskampf zu tun hat, haben wir uns dennoch zu dem Abdruck
entschlossen, weil hier die skandalösen Machenschaften einer Clique
aufgedeckt werden, zu deren Handwerk nicht nur planmäßiges Morden
gehört, sondern - und das haben wir nun seit fast zwanzig Jahren
versucht nachzuweisen - die auch unzähligen katholischen Gläubigen den
Zugang zum "lebendigen Brot" abgeschnitten hat.
Vielleicht wird so manch einer doch hellhöriger, der sich bisher schwer
tat, unseren theologischen Beweisen der systematisch geplanten
Glaubenszerstörung gerade durch die Institution, die ihn von Amts wegen
bewahren sollte, zu folgen, wenn er sieht, welche Früchte schon auf den
untersten Ästen dieses Baumes reifen. Möglicherweise wird er eher
bereit sein sehen zu wollen, daß mit noch stärkerem Gift, das ebenfalls
an diesem Baum wächst, nicht nur ein paar Bankiers, Sekretärinnen oder
Kleriker, sondern Millionen von Seelen gemordet werden - nach Plan,
aktiver Mithilfe, Zustimmung und Mitwissen des sog. 'Heiligen Vaters'.
Der Autor Abbé de Nantes ist ein Traditionalist vom taktischen Schlage
eines Lefebvres, der seinen 'Heiligen Vater1 zu decken versucht, wo es
nur geht. Demzufolge ist Papst in seinen Ausführungen
selbstverständlich als 'Papst' zu lesen.
Eberhard Heller
***
Das Buch "Im Namen Gottes?" von David Yallop, einem als römischen
Katholiken geborenen Engländer, ist - wie an unzähligen Stellen
feststellbar - das umfangreiche Resultat einer guten Arbeit eines
erfahrenen Journalisten, der der gesamten Londoner Presse als ein
fesselnd erzählender, ernst zu nehmender "Untersuchungsrichter", ein
Journalist, der "sachkundigen Nachforschung" bekannt ist. Welcher
Richtung auch immer die Artikel angehören, welche seinem Buch gewidmet
sind, sie bringen zum Ausdruck, daß "diese Angelegenheit die Eröffnung
einer offiziellen Untersuchung" verdient. Das ist die reine Wahrheit.
Was zeigt er? Den Giftmord, den man erahnte, aber von dem man nichts
wußte, an Papst Johannes Paul I. in der Nacht vom 28. auf den 29.
September 1978, nachdem er 33 Tage auf Petri Stuhl regiert hatte.
Yallop nennt die sechs vermutlichen Teilnehmer und Urheber, welche
übrigens vollkommen solidarisch in ein Netz anderer finanzieller oder
lumpenmäßiger Verbrechen vorher und nachher verstrickt waren. Es
handelt'sich um eine schöne und intelligente Arbeit... Er hält die
Motive fest, dann rekonstruiert er auf die sorgfältigste Weise die
Handlungen von Kardinal Villot in den zwölf Stunden, die auf das
Verbrechen folgten, um es in einen natürlichen Tod umzufunktionieren.
Diese Tat hätte das erfolgreichste der perfekten Verbrechen werden
können, hätte die von ihm usurpierte Stelle als Chef der Kirche und des
Vatikanstaates dem unheimlichen Kardinal die Macht verliehen,
sämtlichen Bediensteten Sr. Heiligkeit, den Sekretären, Ärzten,
Schweizer Garden und jenseits der offiziellen Grenze des Vatikans den
Polizisten und Richtern des italienischen Staates, Augen, Mund und
Ohren zu verschließen.
Fünf Jahre nach dem Verbrechen versucht nun der Journalist, der als ein
Freund der Gerechtigkeit und der Wiedergutmachung von Unrecht bekannt
ist und der hierbei nicht den Versuch eines Handstreiches macht,
sondern zweifellos seinen Meisterstreich, die öffentliche Meinung und
durch sie die Justiz aufzuwecken. Aber welche? Die Italiens oder des
Vatikans? Und darüber hinaus die in erster Linie interessierte Kirche,
den Mut der noch zuständigen Zeugen, das Gewissen Johannes Pauls II.,
des unmittelbaren Nachfolgers des Ermordeten. Ist aber nicht die
gesamte Welt noch heute in der Gewalt der Mörder und so allzusehr in
das Verbrechen mitverwickelt? Man muß sehr fürchten, daß sich nichts
rühren wird - sowohl hinsichtlich der Korruption der Sitten an der
Spitze der Kirche als auch auf dem anderen Gebiet, dem wichtigsten, dem
wir uns seit genau 2o Jahren, seit dem 6.8.1964 - wie bekannt mit
totalem Mißerfolg - widmen: der Häresie und des Schismas an Haupt und
Gliedern der postkonziliaren Kirche.
"Kain, was tatest du deinem Bruder?" Auf diesen Schrei, der aus der
Tiefe der Menschheitsgeschichte emporsteigt, antwortet Johannes Paul
II. genau so wie der Vater aller Mörder: "Was habe ich zu tun mit dem
Mord am unschuldigen Abel?" - Hier schulde ich nun meinen Freunden eine
Erklärung. Viele von ihnen werden über den Glauben erstaunt sein, den
ich den Worten eines Journalisten entgegenbringe, dessen Denkweise so
weit von der unseren entfernt ist. Als Beweis das Bild, welches er
schon im ersten Kapitel von einem naiven, progeessistischen Johannes
Paul I. entwirft, einem Anhänger der Pille und sämtlicher moderner
Unterwanderungen. Vermag man einem solchen Linken mit so großen
Vorurteilen Vertrauen schenken? Darf man ferner einen Papst bedauern
und beklagen, welcher die Überzeugungen und Projekte hatte, die er ihm
zuschrieb? Nun wohl! umso besser, wenn Yallop nicht unsere Denkweise
hat; wenn Johannes Paul I. nicht der war, wie wir es glaubten, und das
besaß, was wir an ihm liebten, umso schlimmer! Unsere Ubereinstimmung
über das Wesentliche dieses Buches wird daher umso weniger dem Verdacht
der Böswilligkeit oder der Nachsicht unterliegen und die
Aufmerksamkeit, welche die Konzilskirche ihm entgegenbringen s o l l t
e , wird um so gebieterischer von einem Mann der Rechten und einem
Journalisten der Linken, die in diesem Falle übereinstimmen, gefordert.
Ich werde später auf die Zwiespältigkeit dieses Buches hinweisen, die
uns zwar anwidert, aber nicht davon abhalten sollte, es zu lesen,
darüber zu sprechen und es bekannt zu machen. Yallop sündigte durch
Eigendünkel, als er versuchte, schnell zu verstehen und in der
Ausdrucksweise eines Journalisten die Gedanken und die komplizierte
Persönlichkeit seines Heiligen zusammenzufassen. Er war nicht imstande,
dabei Erfolg zu haben. Das gehört nicht in seine Kompetenz. Er führte
Johannes Paul I. in seinen, d.i. Yallops, eines Mannes der Linken,
geistigen Rahmen ein und behandelt ihn, wie alles, für die Analyse des
Marxismus, die sein Universalschlüssel ist.
Für uns verletzend, für jeden der nicht dumm ist, lächerlich, sind
seine Abschweifungen am Anfang des Buches, die als Tatsachen behandelt
werden und den Leser entmutigen. Man wird nach hundert Seiten albernen
Geschwätzes über Pius IX. und Pius X., über die südamerikanischen
Diktaturen und die Pille fragen, inwieweit er für objektiv gehalten
werden könne. Wozu ist es gut ist, seine Zeit durch die Lektüre solcher
Hirngespinste zu vergeuden. Das Buch würde einem auf Seite 126 aus den
Händen fallen, wenn nicht das Vorwort zu fesseln vermocht hätte. Dies
ist schade, denn das, was wir zusammenfassen wollen, ist solide wie ein
Fels - und wahrhaft furchtbar.
DER VATIKAN: MIT MAFIA, LOGE UND BANK VERHEIRATET
Unbestreitbar und auch unbestritten bis zum heutigen Tag sind die
Enthüllungen Yallops über das Kapitel Finanzen und die Finanziers des
Vatikans und die Vatikan GmbH.
IHR GOTT IST DAS GELD, DER GEWINN IHR GESETZ
Yallop geht auf Konstantin zurück. Für jeden Linksgerichteten ist der
Konstantinismus der Ursprung aller Fehler der Kirche. Das ist dumm. Die
Fortsetzung ist solider. Vernünftigerweise sieht er in dem zwischen
Pius XI. und Mussolini 1929 abgeschlossenen Lateranvertrag den Ursprung
des modernen Reichtums der Kirche. Pius XI., den man an sämtlichen
Quellen der Schmach der kirchlichen Welt von heute antrifft, verkaufte
die unverjährbaren Rechte der Kirche auf den Kirchenstaat um einen
Haufen Geld - um Geld, das Christus gerechterweise verflucht hatte. Und
hier das Getriebe des Verbrechens: um diesen unverhofften Fund zu
verwalten, schuf Pius XI. am 7. Juni 1929 eine '.'spezielle Verwaltung"
und an die Spitze dieser Abteilung stellte er einen Laien, Bernardino
Nogara. Es war dies ein konvertierter Jude, der vom Papste nur
forderte, dieses Vermögen wie ein gewöhnlicher Bankier verwalten zu
dürfen, d.h. ohne sich um die Gesetze Christi des Königs, noch um die
weltlichen Gesetze zu kümmern und ohne die quälenden Skrupel des
Gewissens. Unter diesen Bedingungen ließ er das Geld wachsen. Aber man
klage nicht den Juden an! Die Brüder und Neffen Pacelli, seine "Uomini
di fiducia", dann die Sizilianer und Mailänder, die Nachfolger, machten
es noch besser.
Der Vatikan wurde so - es sind nun 55 Jahre - ein Finanzkonsortium, ein
Element dieses "anonymen und vagabundierenden Kapitals", welches
bereits 1900 mit Nachdruck vom Herzog von Orléans angekündigt wurde,
der keine anderen gewinnbringenden Tätigkeiten kannte als
Geldspekulation, Agiotage, das schmutzige Spiel à la hausse und à la
baisse auf den internationalen Märkten mit Papieren der Industrie und
des Handels, dieses Reinwaschens des schmutzigen Geldes, die
Kapitalflucht u.s.w. - alles - einfach gesagt - illegale oder vollends
kriminelle Taktiken.
Die deutsche Kirchensteuer, die infolge des Konkordates Hitler /
Pacelli eingeführt worden war, wurde mit ihrem mächtigen und
regelmäßigen Fluß dem schon breitgewordenen kapitalistischen
Profit-Strom des italienischen Schatzes zugeführt. Eine leichte
Spekulation in Gold zur Zeit des herannahenden Krieges, den Pius XI.
als unvermeidlich erkannte, erlaubte es Nogara, die finanzielle Macht
der Vatikan-Unternehmung zu verzehnfachen. Im Juni 1942 treten infolge
der Gründung des "Instituts für die religiösen Werke" (IOR) sämtliche
Mobilien und Immobilien, welche der Kirche für ihre Werke der
Frömmigkeit, der Nächstenliebe und des Apostolats anvertraut worden
waren, in den Tanz der Börse ein. Dieses Institut war ein schönes
Mäntelchen für eine tollkühne Verwendung der Gaben der Gläubigen, die
nicht ihrem ursprünglichen Zweck entsprach. Das IOR ist kein religiöses
Institut mehr, sondern - Hehlerei und die Ausbeutung der Gaben der
Gläubigen betreibend - eine Bank, die Vatikan-Bank. Das
Vatikanunternehmen (die Vatikan GmbH) bekam einen Bastard, die IOR.
1942 erließ Mussolini - sicherlich abgelenkt durch andere Ereignisse
(ganz einfach: den Krieg) - dem Heiligen Stuhl die Zahlung der Steuer
auf die Dividenden, d.h. auf alle sichtbaren Formen des
kapitalistischen Produktes, die Nogara und seine Nachfolger erfanden
und ausnutzten. Die Vatikan GmbH und die IOR bildeten seitdem eine
Steueroase mitten im Herzen von Rom. Im Jargon des Kapitalismus: die
Aktivitäten Nogaras im Dienste der Römisch-Katholischen Kirche hatten
sich durch einen unglaublichen Erfolg bezahlt gemacht, als sich Nogara
offiziell aus dem Geschäftsleben zurückzog - dann endgültig durch
seinen Tod im Jahre 1958. Vorher aber hatte er die Fortdauer seines
Kultes, dessen Gott das Geld und dessen Gesetz der Profit war,
gesichert.
IHR VATER IST DER LÜGNER UND MÖRDER VON ANFANG AN
Es erschien 1967 / 1968 den Leitern der Vatikan GmbH unmöglich, die
steuerliche Sonderstellung, der Mussolini zugestimmt hatte, aufzuheben
und den größten Finanzkönig der Halbinsel ebenfalls wie die andern
besteuern zu lassen. Der Vatikan wollte auf dem Markt spielen, aber es
vermeiden, für dieses Privileg zu zahlen. Er bäumte sich also auf,
drohte, durch eine abscheuliche Erpressung, wenn man darauf bestünde,
den Zusammenbruch der italienischen Wirtschaft zu provozieren, indem er
brutal seine sämtlichen Besitztümer auf den Markt werfen werde.
Schließlich entschloß sich Italien, der Herausforderung des Vatikans
Widerstand zu leisten. Dieser beugte sich also und bat um Aufschub.
Dies geschah, um einen Fluchtweg zu finden für das gewaltige Kapital
der sog. 'Kirche der Armen'.
Würde der Vatikan seine gewaltigen Investitionen in Italien
beibehalten, drohten sie von hohen Steuern betroffen zu werden. Papst
Paul VI. hatte also ein Problem. Zu seiner Lösung wandte er sich an
Mäner, die man den 'Gorilla' und den 'Hai' nannte. Der Gorilla war Paul
Marcinkus, geboren in Ccero (Chicago), dem Gebiet des Al Capone, als
dessen würdiger Nachahmer er sich erweist. Er war seit Mailand ein
intimer Freund von Pascale Macchi, dem Geheimsekretär Pauls VI. Um zu
bewirken, daß das große illegale und daher delikate Manöver übersehen
werde, also den Transfer des vatikanischen Vermögens in die Fremde und
sein diskretes Durchsickern in die saftigsten Gebiete der
Weltspekulation, machte Paul VI. Marcinkus zu seinem Geschäftsträger.
Da er über keine Sachkenntnisse - außer einem totalen Mangel an
Gewissenhaftigkeit - verfügte, stellte er ihm den 'Hai', Michele
Sindona, an die Seite, ein Mitglied der Mailänder Mafia, in
Wirklichkeit sogar ein sizilianischer Mafioso reinsten Wassers, total
bestechlich und schon bestochen, unbarmherzig, wie eine Religion die
"omertà", das Gesetz des Schweigens genannt, praktizierend wie auch die
sizilianische 'Lösung', d.i. den Mord als Garantie für den sicheren
Ablauf der Angelegenheiten.
Bereits in Mailand hatte Sindona seine Fähigkeit bewiesen, das Geld in
Italien zirkulieren zu lassen ohne die Ruhe der Zollbeamten und des
Fiskus zu stören. Er war Direktor einer großen Anzahl ineinander
verschachtelter Gesellschaften - nach den goldenen Regeln der Gauner.
Die beste Weise, eine Bank auszurauben ist die, sie zu kaufen, offenbar
mit dem Gelde dritter. Um sich mit dem Mailänder Erzbischof zu
befreunden, zögerte er nicht, dem Kardinal Montini zwei Millionen
Dollar für seine Werke zu leihen. Daher dachte dieser - inzwischen
Papst geworden - an ihn, um das Kapital des Vatikan jenseits der Alpen
wandern zu lassen. "Ihre Stärke ist die Mafia und ihre Macht die
Freimaurerei", sagte ihm ein Statist. Und das stimmte... Die Loge hieß
Propaganda II, oder auch P2, und ihr Großmeister Licio Gelli. Es war
dies also eine "geheime und illegale" Loge, die einzige, die wirklich
handelte und kontrollierte, so wie sie heute noch immer die Regierung,
die Armee und die Justiz des italienischen Staates kontrolliert. Schon
in Mailand förderte Licio Gelli diskret die Karriere des Michele
Sindona. Dieser wiederum installierte in seiner Bank sog. 'Saugheber',
die bestimmt waren, die immer gieriger werdenden Kassen der P2 zu
füllen.
Durch den esoterischen Kardinal Bertoli erhielt Gelli eine große Anzahl
von Audienzen bei Paul VI. Er aß und trank mit Marcinkus und knüpfte
andere intime Freundschaften z.B. mit Bggio, Casaroli u.s.w. bei seinem
römischen Berater, dem Rechtsann wait Umberto Ortolani, in dessen Villa
in der Via Archimedes die großen Angelegenheiten der Kirche behandelt
wurden.
Indem sich so die Mafia in der Bank und die Bank sich so in der Loge
befand, schleuste die Vatikan GmbH recht fremde Herrschaften in die
heilige Kirche ein. Die enorme Kapitalflucht, welche von Paul VI.
abgesegnet worden war, fand somit unter zufriedenstellenden Bedingungen
statt, bis derselbe Papst derlei Aktionen bei den anderen in "Populorum
progressio" brandmarkte. Der größte Immobilienbesitzer der Welt (Paul
VI. ist gemeint, Anm.d.Red) machte einen bedeutenden Teil seiner Aktiva
in Italien flüssig, um sie in anderen Ländern wieder zu investieren. So
vermied man die hohen Steuern, und der Ertrag der Investitionen wurde
noch besser. Diese aus Trotz zum italienischen Staate durchgeführte
Transaktion versetzte ihn in eine schwere wirtschaftliche Krise, die
sich 1970 besonders beim armen Volk auswirkte.
Die Vatikan GmbH besaß eine große Reichweite und führte einen neuen
'Hai' ein: Roberto Calvi, emporgekommen durch die gleichen
Verfahrensweisen und die gleiche Gönnerschaft, stellvertretender
Direktor der sehr ehrenwerten und klerikalen Banco Ambrosiano in
Mailand, wurde durch Sindona 1971 dem Bischof Marcinkus vorgestellt -
ich vergaß: Paul VI. hatte diesen inzwischen zum Bischof geweiht. Seit
dieser Zeit wurde diese Bank eine mächtige Zentrale für das Weißwaschen
schmutzigen Geldes, des Divisentransits und der internationalen
Agiotage unter dem moralischen Deckmantel und der aktiven Mitarbeit der
Vatikan GmbH. Der Beitrag Calvis bestand in der Ausbreitung des Krebses
der Kriminalität über die ganze Welt. Und wie es nun unglücklicherweise
geschieht, diese aus internationalen Gaunern zusammengeschmiedete
Gruppe begann immer reichlicher aus den Kassen der Vatikan GmbH
herauszupumpen, um sich selbst, ihre Freunde und Förderer zu
bereichern. Die Probleme beginnen, wenn man enorme Kapitalbeträge an
Dritte weitergibt. Ein Loch beginnt sich zu zeigen...
Und was nicht minder peinlich war: die CIA, Interpol, die Zollbehörden
und der Fiskus weckten sich gegenseitig auf, die P2 hatte immer mehr
und mehr Arbeit... und einen größeren finanziellen Bedarf, um die an
der Vatikan GmbH und der Banco Ambrosiano Beteiligten zu beruhigen. Es
kommt der Tag, an dem ein Kunde, ein Bankdirektor oder ein Aktionär das
große Loch entdecken und das Vertrauen verlieren. Das ist ein
Bankkrach, der die gesamte Organisation überall in der Welt zu
zerstören droht. Schon damals sah jemand klar. Das war unser lieber und
sauberer Albino Luciani. Nach der Bemächtigung über die Kontrolle der
Banco Ambrosiano und ihrer Umgestaltung in ein Unternehmen der
Spekulation und des Weißwaschens des Geldes, der Drogen und anderer
krummer Dinger unternahmen unsere Mafiosi denselben kriminellen Raubzug
mit denselben perversen Zielen an der sehr ehrenhaften und sehr
klerikalen Banca Cattolica del Veneto. Von sänfclichen Bischöfen
Venetiens wagte es allein unser Luciani Widerstand zu leisten. Er
informierte sich und entdeckte, daß im Einvernehmen mit Paul VI. seine
ihm so teure Bank die man die Priesterbank nannte, von Marcinkus an
Calvi ohne Wissen der Bischöfe der Provinz, d.h. ihrer wahren
Protektoren und Garanten, verkauft worden war. Tief empört begab sich
unser Heiliger (d.i. in den Augen de Nantes Luciani, der Häretiker,
Anm.d.Red.) nach Rom, um dort seiner Empörung Ausdruck zu verleihen.
Dort traf er mit Benelli zusammen, um ihm seinen Kummer mitzuteilen und
seinen Zorn zu besänftigen, dann auch mit Marcinkus.
Man hielt sich für allmächtig, man übertrieb... 1973 entdeckte die
Abteilung für Verbrechen und Schiebung im Justizministerium der USA
einen Kaufvertrag mit dem Vatikan, abgesegnet mit der eigenhändigen
Unterschrift Pauls VI., an den Zwischenhändler Mario Foligni über eine
Menge gefälschter Wertpapiere in Höhe von nominal 1 Millarde Dollar.
Der Anstifter einer der größten Gaunereien der Welt waren Marcinkus und
Sindona. Als man sich danach erkundigte, wurden sie vom Vatikan genau
so herauskomplimentiert wie den kleinen Abbé de Nantes, der im selben
Jahrekam, um Paul VI. der Häresie, des Schismas und der Skandale
anzuklagen! (Anm.d.Red.: Abbé de Nantes wollte Paul VI. über sich
selbst zu Gericht sitzen lassen; der Häretiker sollte sich selbst als
Häretiker entlarven. Man hat gesehen, was bei dieser perversen Art von
Anklage herauskam.) Man trieb das Spiel immer weiter fort, es wurde
immer bunter.
1974 konnte eine Hilfe von 2 Milliarden Dollar den Zusammenbruch der
Franklin- Bank nicht verhindern. Es war dies der schönste Bankenkrach
in der Geschichte Amerikas. Die Reservefonds der US-Staatsbank verloren
Milliarden Spargelder und die Dezernenten für Betrug wickelten die
ganzen Fäden auf, was sie davon überzeugte, daß das Reich des Sindona
aus ungeheuren Gaunereien besteht, worin auch die Vatikan-Bank
verwickelt ist. Marcinkus und sein Komplize Calvi halfen beim Sturze
Sindonas, wobei sie glaubten, die Vatikan GmbH und die Banco Ambrosiano
trotz der Vertrauenskrise, die auf den Sindona-Krach folgte, noch
retten zu können. Sie liehen deshalb fabelhafte Summen bei großen
internationalen Banken mit moralischer Garantie des Vatikans, im Namen
von Phantombanken wie Suprafin AG, welche mit diesem frischen Geld
Ambrosiano wieder flottmachen und ihre Kreditwürdigkeit auf den
internationalen Märkten retten sollten. Für seine wertvolle Garantie
erhielt Marcinkus beträchtliche Dividenden.
In Wirklichkeit aber schritt Calvi im Verlauf im Verlauf des Jahres
1978 gleichsam auf der Schneide eines Rasiermessers dahin. Von allen
Seiten bedrängt, sah er im August sein Reich voller Risse, beargwöhnt
und bedroht. Er hielt es für nötig, nach Südamerika zu fliegen, wo
Lucio Gelli selbst ein wenig Ruhe suchte, während ihr Freund Sindona im
Gefängnis von New York zitterte, bald der italienischen Justiz
ausgeliefert zu werden. Ein gewisser Punkt verband sie: solange Bischof
Marcinkus bei der Vatikan-GmbH blieb, konnten sie atmen; sollte er
weggehen, gab es für sie nur unter dieser oder jener Maske die harte
Rückkehr in die Wirklichkeit. Der Zusammenbruch, das Gefängnis oder der
Selbstmord - oder dieses dreifache Unglück gleichzeitig.
(Fortsetzung folgt) |