"DEINE REDE IST HART, WER KANN SIE HÖREN?" (JOH. 6,60)
von
Erich Becker
"Und von da an zogen sich viele seiner Jünger zurück und gingen nicht
mehr mit ihm." (Joh. 6,66) - Was war vorgefallen? Kurz gesagt: Christus
hatte in Kapharnaum die hl. Wandlung im Meßopfer angesagt: "Wer mein
Fleisch ißt und mein Blut trinkt, hat das ewige Leben!" Allein diese
Verheißung veranlaßte viele seiner Jünger - damals wie heute -, sich
von ihm abzuwenden, obwohl jene am Tag zuvor das Wunder der
Brotvermehrung miterlebt hatten!
Weshalb und warum dieser plötzliche Sinneswandel? Nun, um es einmal in
der heutigen saloppen Sprechweise auszudrücken: sie konnten damit
nichts anfangen, es ging über ihren Horizont. Ja, das Brot und die
Fische und deren wunderbare Vermehrung, das waren handgreifliche Dinge,
die Vermehrung hatte einen konkreten Sinn: alle wurden satt. Jemand,
der so etwas fertigbrachte, war ihr Mann. Mit dem ewigen Leben aber,
das man erlangen würde, wenn man Jesu Fleisch esse und sein Blut
tränke, damit konnten sie nichts anfangen. Es fehlte ihnen der Glaube,
jener Glaube, der 'aus dem Geiste kommt, der lebendig macht" (Joh.
6,63). Vierundzwanzig Stunden nach einem unbestrittenen Wunder kehren
die Juden dem, der dieses Wunder vollbracht, den Rücken. So schnell
geht das. Heute Halleluja, und morgen einen Fußtritt.
Wenden wir uns unserer Zeit und unseren Zeitgenossen zu. Da steht seit
fast 2000 Jahren in den Evangelien das Wort von Christi Blut, das "für
viele" vergossen wird. In der sog. 'neuen Messe' der Konzils-'Kirche'
ist es in "für alle" verfälscht worden. Die Frage nach dem Warum
beschäftigt seither ohne Unterlaß die Gemüter derjenigen, die nicht
einfach jeden Wechsel blind unterschreiben. Der Grund, warum man dieses
'Kuckucksei' in das aus Dekadenz geflochtene 'Nest' gelegt hat, ist
jene "harte Rede". "Für viele" bedeutet eben die Einschränkung der
Heilszuwendung auf eine beschränkte Menge, eine Auslese. Dies ist dem
Menschen, der sich an Gottes Stelle zu setzen versucht, "zu hart". In
dem Bemühen, bei 'allen anzukommen', entschärften sie die "harte Rede".
Obwohl in der lateinischen Fassung immer noch "pro multis" steht,
weisen die landessprachlichen Übersetzungen weltweit das "für alle"
auf. Die Veränderung der Wandlungsworte stellt eine unglaubliche
Verfälschung dar: man legt Christus eine Lüge in den Mund; denn das
"für alle" soll ja - nach Maßgabe der Reformer! - von Christus selbst
gesprochen worden sein. Die ungetreuen Verwalter, die diese
Verfälschung verbrochen haben (verbrochen wird etwas von Verbrechern),
bezeugten hier eine merkwürdige Solidarität mit der Welt, mit der man
sich nach dem Willen Christi nicht gleichförmig machen soll, nicht aber
mit dem Worte Gottes. Diese Verfälschung bedeutet letzten Endes die
Leugnung der Erlösung durch Christus. Weshalb, um Gottes willen, sollte
Gottes Sohn sich entäußern, vom Himmel zur Erde niedersteigen,
Menschengestalt annehmen, dreißig Jahre unerkannt bleiben, drei knappe
ruhelose Wanderjähre hindurch im heißen Palästina seine Botschaft vom
Reiche Gottes verkünden und anschließend dafür gekreuzigt werden, wenn
alle, ob gut oder böse, ob Christi Freund oder Feind, ob Bösewicht oder
Heiliger, ob sie es wollen oder nicht, wenn also ALLE der Wirkung
seines Opfers gewiß sein können? ALLE, d.h. vom ersten bis zum letzten
Menschen. Die diese Fälschung einführten, mußten nicht nur ein
gestörtes Verhältnis zum Worte Gottes, sondern auch zum gesunden
Menschenverstand haben. Die Änderung ist völlig sinnwidrig.
Sehen wir einmal von der Fälscherarbeit ab, beschränken wir uns auf die
Tatsache, daß Christus den Kreuzestod erlitten hat. Wofür aber und für
wen? War dieses Opfer in seiner Hingabe, Zueignung ausreichend für alle
als Angebot, so bewirkte es dennoch nicht gleichzeitig seine Annahme
von allen. Ein Beispiel: ein Heilwasser auf dem Tisch steht da zur
Heilung für alle. Nützen aber und heilen wird es nur diejenigen, die
danach greifen und davon trinken. Wenn das Heil auf jeden Fall allen
zugesichert wäre, also keiner der Erlösung mehr bedürfte, wäre Christi
Opfertod ein unnötiges, grausames Spektakel gewesen. Das würde auch
bedeuten, daß wir keine Erbsündenlast mit uns herumschleppen würden,
daß wir auch nicht wiedergeboren werden müßten durch die Taufe. Christi
Kommen in die Welt, seine Offenbarung, sein Kreuz wäre absolut sinnlos
gewesen, wenn der Himmel allen gewiß wäre, wenn der Vater
unterschiedslos allen den Eintritt in Sein Reich gewährt.
Ein 'Messias', dessen Wirken absolut sinnlos gewesen wäre, hätte
bestimmt nicht jene "harte Rede" gehalten, sondern etwa folgendes
gesagt: "Schaut her, was ich tue: ich gebe euch hier kein Beispiel,
sondern ein Schauspiel. Nur um euch zu ergötzen. 'Viele' unter euch
werden zwar noch die nächsten 2ooo Jahre hindurch behaupten, daß dies
kein Schauspiel, sondern blutiger Ernst gewesen wäre. Aber nachher
werden endlich die wirklich Weisen auftreten und mich wirklich
verstehen. Sie werden die fällige Aufklärungsarbeit leisten, sie werden
euch die Augen und Ohren öffnen. Wenn diese Propheten auftreten, so
wißt, daß alle eure Sorgen grundlos waren und ihr dann endlich in die
Freiheit des Universalmenschentums entlassen seid. - Habe ich nicht für
die Armen des Volkes fünf Brote gleich in 5ooo verwandelt. Das ist das
wahre Wunder!!! Und so wird dann in jener Zeit endlich mit der falschen
Lehre von der Transsubstantion aufgeräumt werden. Ein neuer Geist wird
wehen, wo, wann und wie er will, der euch in immer neue Wahrheiten
einführen wird, und der euch eine neue 'Liturgie' schafft. Für alle
natürlich! Und keiner soll fortan mehr fragen: 'Wollt auch ihr gehen?'
(Joh. 6,67) Keiner soll mehr an mir Anstoß nehmen. Meine Rede ist nie
'hart' gewesen, sondern sanft und milde. Habe ich nicht auch gesagt,
daß meine Bürde leicht sei?"
In dieser Art etwa hätte Christus nach Auffassung der Reformer des 2o.
Jahrhunderts sprechen müssen. Dann wäre auch dieses verflixte 6. Kap.
des hl. Johannes mit seinen harten, jeden Ausweg versperrenden Worten
nicht geschrieben worden: "Wer mich nicht ißt und trinkt, der hat kein
Leben", "Keiner kann zu mir kommen, wenn ihn der Vater nicht zieht",
"Unter euch sind welche, die nicht glauben", "Einer unter euch ist ein
Teufel".
Was sich in der Zeit nach der Verfälschung der Wandlungsworte alles an
Gotteslästerungen, Verunehrungen, Veruntreuungen und Verrat angesammelt
hat, läßt sich fast nicht mehr beschreiben. Der konziliare
Heilsoptimismus, der in dem "für alle" zum Ausdruck kommt und der
weltweit Anklang und Aufnahme gefunden hat, läßt wenig Hoffnung zu auf
eine Wende, hin zur "harten Rede". Wie könnte es auch bei einer zur
Leicht-Fertigkeit und Leicht-Lebigkeit hinneigenden Menschheit anders
sein?
Wer imstande ist, dem trügerischen Debakel zu entfliehen und ihm seine
Kenntnis aus dem Katechismus entgegen zu setzen, wird sich um die
Erhaltung derjenigen Zentren bemühen, die in harter Arbeit, wenn's sein
muß, mit harter Rede die harte Wahrheit der alleinseligmachenden Lehre
verbreiten - noch.
"Die sich selbst zum Maß gemacht hatten, waren dem Wahn verfallen, daß
der Schöpfer des Alls ihrer und ihrer Untaten bedürfe. In ihrem Hochmut
und in ihrer Herzenshärte kannten sie nur sich, vertrauend auf ihr
eitles Denken." (Philberth, Bernhard: "Christliche Prophétie und
Nuklearenergie", S.255.) |