DIE KOMMUNION ALS OPFERMAHL
von
E.K.
Der Genuß der eucharistischen Gestalten ist Teilnahme an einem
Opfermahl, d.h. es wird etwas genossen, was zuvor Gott geopfert worden
ist. Der Kommunizierende ißt eine geheimnisvolle Opfergabe, die in
einem geheimnisvollen Opfer zuvor Gott übergeben worden war. Die
Teilnahme an diesem Opfermahl versinnbildet ein Dreifaches: Der Genuß
der eucharistischen Gestalten versinnbildet zunächst die
Gleichförmigkeit des Kommunizierenden mit dem Hohenpriester Jesus
Christus in der vollkommenen Selbsthingabe an den Vater. Der Genuß der
eucharistischen Gestalten ist ja nicht einfachhin innigste Vereinigung
mit Christus, der unter den sakramentalen Gestalten wirklich zugegen
ist, sondern ist innigste Vereinigung mit Christus, insofern er durch
die symbolische Trennung von Leib und Blut unter den sakramentalen
Gestalten die Gesinnung vollkommenster Hingabe an den Vater kundgibt.
Der Kommunizierende bringt deshalb durch den Genuß der eucharistischen
Gestalten zum Ausdruck, daß er ganz eins ist mit Christus in dieser
Gesinnung der vollkommenen Hingabe an den Vater (1) und ganz
hineingezogen sein möchte in das von Christus dem Vater dargebrachte
Opfer. Der Genuß der sakramentalen Gestalten macht also in anderer
Weise das sichtbar, was bei der Wandlung durch Darbietung des Leibes
und des Blutes Christi dargestellt wurde, nämlich, daß die Gläubigen
ihr Selbstopfer in Vereinigung mit dem Selbstopfer Christi dem Vater
darbringen. (2)
Da die eucharistischen Opfergaben den von Jesus Christus dem Vater
dargebrachten Kult nicht bloß sichtbar machen, sondern auch in sich
tragen und ihn gewissermaßen verkörpern, so versinnbildlicht der Genuß
der eucharistischen Opfergaben außerdem in anschaulicher Weise, daß der
von Jesus Christus dem Vater erwiesene Kult dem Kommunizierenden in
seinem objektiven Wert übergeben wird, und daß der Kommunizierende
diesen Kult in seinem objektiven Wert mit freiem Willen ergreift und
sich aneignet, um ihn mit Christus dem Vater darbieten zu können. Zwar
wird dies auch schon durch das äußere Geschehen bei der Wandlung
sichtbar gemacht oder vielmehr nur angedeutet und hernach in den
Gebeten nach der Wandlung teilweise klar ausgesprochen; aber viel
eindrucksvoller wird dies durch den Genuß der eucharistischen
Opfergaben veranschaulicht. Wenn man sich bewußt ist, welches der
objektive Wert des von Christus dem Vater erwiesenen Kultes ist, der in
den eucharistischen Gestalten sichtbar dargestellt und enthalten ist;
wenn man sich bewußt ist, daß die sakramentalen Gestalten die
Verherrlichung und Danksagung in sich tragen und verkörpern, die
Christus in seiner himmlischen Glorie ohne Unterbrechung dem Vater
erweist, und die satisfaktorischen und meritorischen Werte des
Kreuzesopfers, die Christus bis zum Jüngsten Tag dem Vater für die
Menschen darbietet, dann ahnt man ein wenig die unsagbar erhabenen
Schätze, die "investigabeles divitas Christi" (Eph. 3,9), die dem
Kommunizierenden beim Genuß der eucharistischen Opfergaben übergeben
werden, durch die er befähigt wird, Gott eine würdige Huldigung, einen
würdigen Dank, eine vollgültige Sühne für alle, selbst die schwersten
Sünden, und einen vollwertigen Kaufpreis für die höchsten Gnaden,
nämlich das ewige Leben und alles dazu Erforderliche, darzubieten.
Dies führt zur dritten symbolischen Bedeutung, welche der Genuß der
eucharistischen Opfergaben und die Teilnahme am Opfermahl hat, nämlich
zur sakramentalen Bedeutung der Kommunion im Gegensatz zu ihrer
kultischen Bedeutung; diese sakramentale Bedeutung der Kommunion ist
die primäre, die kultische dagegen die sekundäre. Anders verhält es
sich bei der Konsekration. Diese hat nur kultische Bedeutung. Sie
bewirkt ja die symbolische Trennung von Christi Leib und Blut unter den
sakramentalen Gestalten von Brot und Wein und veranschaulicht deren
Übergabe an Gott und macht dadurch den von Christus dem Vater
erwiesenen Kult sichtbar. Der Genuß der eucharistischen Gestalten, des
konsekrierten Brotes und Weines, stellt dagegen zunächst etwas
Ähnliches dar, was der Genuß jeder anderen Speise darstellt: nämlich
nicht, daß der Essende einem anderem etwas gibt, sondern daß die
genossene Speise dem Essenden etwas gibt. Wie der Genuß von Brot und
Wein das natürliche Leben erhält und stärkt, so enhält der Genuß des
eucharistischen Brotes und Weines das übernatürliche Leben. Feierlich
verkündet Christus "wer mein Fleisch ißt und mein Blut trinkt, der hat
das ewige Leben und ich werde ihn auferwecken am Jüngsten Tage" (Joh.
6,54). Der Genuß der eucharistischen Opfergaben stellt nicht bloß dar,
daß das übernatürliche Leben des Kommunizierenden gestärkt und
gefestigt wird, sondern bewirkt auch die Stärkung und Vermehrung dieses
übernatürlichen Lebens in geheimnisvoller Wirksamkeit, ex opere
operato. So wird der Genuß der eucharistischen Opfergaben zum
Gnadenmittel, zum Sakrament. Bei der Konsekration ist die Eucharistie
Opfer, bei der Kommunion oder Opfermahl ist sie Sakrament. In
geheimnisvoller Wirksamkeit wendet die Kommunion dem Kommunizierenden
die Früchte des Kreuzesopfers zu. Bei der Wandlung zeigt Jesus Christus
den Gläubigen, daß er dem Vater den satisfaktorischen und meritorischen
Wert des Kreuzesopfers darbietet, um den Menschen Sündenvergebung und
Gnade zu erflehen, bei der Kommunion teilt er den Gläubigen die am
Kreuze verdiente Sündenvergebung und Gnade mit.
Näherhin kann die Wirkung der heiligen Kommunion folgendermaßen
bestimmt werden. Nach dem Grundsatz: sacramenta efficiunt, quod
significant (die Sakramente bewirken, was sie darstellen), besteht die
durch den Genuß der heiligen Eucharistie bewirkte Stärkung und
Förderung des übernatürlichen Lebens in der Stärkung des Spiritus
religionis, der Gesinnung völliger Hingabe an Gott, wie sie Jesus
Christus durch das Kreuzesopfer und das eucharistische Opfer
kundgegeben hat und kundgibt. Der Christ soll durch die heilige
Kommunion immer mehr umgestaltet werden in Christus, insofern er hostia
ist, und soll selbst hostia werden (3). Der Christ soll durch die
heilige Kommunion befähigt werden, sein ganzes Erdenleben zu einer
beständigen Gottesverherrlichung zu gestalten, indem er die Sünde
meidet und in seinem ganzen Tun, in jedem Wort und Werk Gottes heiligen
Willen erfüllt, wie es Christus während seines Erdenlebens getan hat.
Dadurch soll er des ewigen Lebens würdig werden.
Gewöhnlich wird die Kommunion nur unter dem Gesichtspunkt betrachtet,
daß sie Seelenspeise, Sakrament ist, durch das der Christ reiche Gnaden
bekommt. Gewöhnlich wird deshalb die Eigenart des Kommunicnteiles und
seine Verschiedenheit von der vorausgehenden Opfermesse darin gesehen,
daß bei der Opfermesse der Gottmensch Jesus Christus mit den Gliedern
seines mystischen Leibes dem Vater die erhabenste Huldigung darbietet,
daß also das Geschöpf dem Schöpfer etwas gibt, während bei der
Kommunion der Schöpfer das Geschöpf mit unfaßbar großen Gaben
beschenkt: Gott gibt den Christen seinen menschgewordenen Sohn und mit
ihm Sündenvergebung und Gnade und die Bürgschaft des ewigen Lebens. In
Wirklichkeit ist aber noch dem soeben über die erste und zweite
symbolische Bedeutung der Kommunion Gesagten bei der Kommunion auch ein
kultisches Moment enthalten'. Aber dieses kultische Moment ist bei der
Kommunion nicht das Primäre, sondern das Sekundäre. Das primäre Moment,
das in die Augen Springende, ist bei der Kommunion das Beschenktwerden
des Kommunizierenden mit den erwähnten großen Gnaden. Bei der
Eucharistie als Opfer (Konsekration) bietet das Geschöpf dem Schöpfer
den ihm gebührenden Kult dar, bei der Eucharistie als Sakrament
(Kommunion) überhäuft der Schöpfer das Geschöpf mit den erhabensten
Gnaden.
Anmerkungen:
1. Deshalb heuchelt, wer im Zustande der nicht bereuten schweren Sünde
die hl. Kommunion empfängt: nach außen hin tut er, als ob er wie
Christus Gott als seinen Herrn anerkenne und ihm ganz hingegeben sei;
durch die nicht bereute schwere Sünde aber ist er ein Rebell gegen
Gott, der Gott als seinen Herrn und Schöpfer ablehnt, dessen hl. Gebot
nicht befolgt, sondern den Wünschen seines eigenen bösen Willen
nachgibt, als sei er sein eigener Herr, der tun kann, was er will.
2.Der Genuß der eucharistischen Opfergabe veranschaulicht noch viel
deutlicher als das Untertauchen beim früher üblichen Taufritus das
Hineinverpflanzt werden in den Tod Christi, das Zusammenwachsen mit
seinem Kreuzesopfer, das geistige commori cum Christo (vgl. Rom. 6,3
ff.).
3. Pius XII., Rundschreiben über die hl. Liturgie. AAS XXXIX, 1947, S.558 f. |