EINIGES ÜBER DEN BEGRIFF
UND DAS WESEN DES CHRISTLICHEN GLAUBENS
von
Prof.Dr. D. Wendland
Es ist heute bereits so weit gekommen, daß die meisten Katholiken,
Priester und Laien, darüber kein Wissen mehr besitzen. Die Hauptschuld
an dieser Degeneration trägt das II. Vatikanische Konzil, das sich
großspurig als "Pastoralkonzil" bezeichnete, um gläch von Anfang an
allen 'Gläubigen' Sand in die Augen zu streuen. Damals wurde auch durch
häretische und apostatische 'Päpste' (Roncalli, Montini) und 'Bischöfe'
eine 'Kirche', d.h. eine andere und neue Kirche gegründet, die man als
die Konzilskirche bezeichnet. Diese beruht auf einem radikalen Bruch
mit der "alten, wahren Kirche", d.h. der römischkatholischen des CREDO,
einschließlich ihrer Lehr-Überlieferung (Tradition), die noch bis zu
dem großen Papst Pius XII. unversehrt erhalten geblieben war. Darum
verschwand auch das Wissen um die Heilsnotwendigkeit des wahren
Glaubens (der "vera Fides"). Nur noch wenige sind bemüht, dieses Wissen
zu bewahren und weiterzugeben (zu tradieren). Aber auch Du gehörst zu
diesen Wenigen, die von manchen als die "kleine Herde" bezeichnet
werden.
Die Konzilskirche benutzt nur die innere und äußere Struktur und einige
Formen des Ritus der alten Kirche, indessen nur zu eigenen Zwecken und
um dadurch die Vielzahl, die dumme Masse der Katholiken, leichter
täuschen zu können, die dann auch nicht einmal bemerkt, daß ständig
eine "neue Lehre", ein "neuer Glaube" oder eine "neue Wahrheit"
verkündet wird, die allerdings nichts mehr mit der Offenbarungswahrheit
Jesu Christi und Seinen Dogmen zu tun hat. Das alles kann man bei uns
geradezu mit Händen greifen. Die Folge davon aber ist ein allgemeiner
Glaubensabfall und die überall feststellbare Tatsache, daß Katholiken
nicht einmal mehr bemerken, daß sie nicht katholisch sind. Zudem ist
die Konzilskirche in ihrem Wesen, was man leicht beweisen kann, eine
echte Gegen-Kirche, ja sogar eine solche im Sinne einer Vorläuferin der
apokalyptischen "Synagoge Satans", gegen die sich einmal der "Zorn des
Lammes" richten wird (vgl. Offenh 2,9 u. 6,17). Darauf gründet sich die
Hoffnung aller glaubenstreuen Sedisvakanten und echten
Traditionalisten, die darum auch die nötigen praktischen Konsequenzen
aus dieser Sachlage gezogen haben, z.B. durch einen rechtswirksamen
Austritt aus der Konzils-'Kirche', um dieses Monstrum nicht auch noch
finanziell zu unterstützen bei seiner Verkündigung eines unwahren
Glaubens, der ins Verderben führt.
Der Glaube (lat.: fides) ist ein spezifisch christlicher Begriff, für
den sich nichts Vergleichbares in der Welt finden läßt. Denn er ist in
seiner Wirklichkeit übernatürlichen Ursprungs. Es gibt in diesem Sinne
keinen jüdischen, buddhistischen oder islamischen Glauben, wie man
überall mit lügenhaften Lippen verbreitet; denn was dort darunter
verstanden wird, das ist nämlich nichts anderes als ein subjektives
Überzeugtsein von etwas, das bis zum Fanatismus gehen kann, oder ein
nur natürliches Fürwahr-halten von etwas, ohne eine objektiv
begründbare Wahrheitserkenntnis und Gewißheit. Das zeigt sich schon
daran, daß man dort entweder überhaupt keinen oder nur einen falschen
Gottesbegriff hat. Das gleiche aber gilt heute ebenso für die
Mitglieder und 'Gläubigen' der Konzilskirche, die sogar theoretisch und
praktisch die Gottheit Jesu Christi leugnen. (Sie reden immer nur von
"Jesus", dem lieben Bruder aller Menschen.)
Der christliche Glaube steht nicht im Gegensatz zum Wissen, sondern zum
Unglauben - auf eine ähnliche Weise wie das Wissen zum Unwissen. Darum
hat er eine Beziehung auf das Wissen und setzt es sogar voraus, so daß
er niemals ein blinder, erkenntnisleerer Glaube ist und sein kann
(deshalb gibt es dann ja auch den Irrglauben, den Glaubensirrtum, der
immer aus dem Denken hervorgeht oder entspringt). Der Glaube ist eine
bestimmte Weise geistiger Erkenntnis (nicht jedoch: sinnlicher
Vorstellung) und bezieht sich direkt auf den menschlichen Intellekt
(Vernunft-Einsicht) und die Ratio (Verstandes-Denken). Darum spricht
man ja auch sehr sinnvoll von einer Glaubens- Erkenntnis. Ihr
wesenseigenes Objekt (objectum proprium) aber ist die, wie Thomas von
Aquin sagt, "veritas prima", d.h. die absolute, unwandelbare Wahrheit,
der transzendente Gott, und alles das, was von ihr herstammt bzw. auf
sie zurückgeführt werden kann.
Nun aber ist die "veritas prima" als erkannte zugleich auch das höchste
Gut (summum bonum) der intellektiven Glaubens-Erkenntnis selbst, so daß
diese Wahrheit wegen ihres Gut-Seins, ihrer absoluten Güte gleichzeitig
zum Motiv (Beweggrund) des freien Willens wird, nunmehr die ganze
menschliche Geist-Seele in ihr Wahr- und Gut-Sein hineinzuziehen - in
einen echten und lichtvollen Heils- und Heiligungsprozeß, der sich
niemals außerhalb der geistigen Erkenntnis ereignet, sondern sich immer
nur durch sie vermittelt (also nicht durch das Gefühl oder sinnliche
Erfahrungen oder über irgendwelche Erlebnisse!). Das alles aber
verbirgt sich in dem ur-katholischen kleinen Wörtchen vom "vernünftigen
Glauben". Und wer davon nichts mehr weiß oder dieses Fundament verdirbt
oder verdunkelt, der wird auch niemals verstehen, was das heißt, wenn
Christus von sich selbst sagt: "Ich bin der (einzige) Weg, die
(absolute) Wahrheit und das (ewige) Leben" (Joh. 14,6). Darum sagt auch
der hl. Paulus gegenüber solchen, die sich nur einbildeten, "gläubig"
zu sein oder noch gläubiger als er selbst: "Ich weiß, wem (und an wen)
ich geglaubt habe" (2 Tim. 1,12). - Der Glaube setzt die geistige
Erkenntnis voraus, um sie auf dem Wege und in der besonderen Weise
einer Glaubens-Erkenntnis in der Richtung auf die "veritas prima" zu
vollenden. Mehr kann der Mensch mit Hilfe der Gnade Gottes in diesem
Leben nicht erreichen. Aber das ist schon unendlich viel mehr, als ihm
überhaupt zusteht.
Der tiefgreifende Ernst des auf die Vernunft bezogenen christlichen
Glaubens, der wie ein zweischneidiges Schwert in die Seele schneidet,
um sie zu heilen, kommt in zwei Aussagen der göttlichen Offenbarung zum
Ausdruck: a) "Es ist unmöglich, ohne (den) Glauben Gott zu gefallen"
(Hebr. 11,6), und b) "Wer glaubt und sich taufen läßt, wird gerettet
werden; wer aber nicht glaubt, wird verdammt werden" (Mk. 16,16). Mit
anderen Worten: der unverfälschte, unversehrte und sich von der
"veritas prima" her ermöglichende Glaube ist zum Heil des Menschen
notwendig, so daß niemand zum Heil gelangt, der ihn nicht besitzt. Das
Heil indessen besteht, wie uns Christus verheißen hat, in der
Erreichung des ewigen Lebens, das eine Teilnahme am Leben des
trinitarischen Gottes bedeutet mit dem vorzüglichsten Merkmal der
"visio beatifica", der beseligenden Anschauung Gottes "von Angesicht zu
Angesicht" kraft einer gnadenhaften Erhebung der menschlichen Natur in
eine endgültige übernatürliche Existenzweise eines jeden Einzelnen,
ähnlich dem auferstandenen göttlichen Menschensohn in seiner
Verklärung. Bereits im Tode hört die Glaubenserkenntnis auf und geht
bei den Gerechtfertigten in ein intellektives Schauen über gemäß dem
Grade ihrer Heiligkeit, so daß die menschliche Geist- Seele sich dann
auch so wird erkennen können, wie sie von ihrem Schöpfer-Gott immer
schon erkannt (gewesen) ist. Die Verdammten hingegen sinken in das
Unheil der Heil-losigkeit und die Finsternis des "zweiten, ewigen
Todes", wo es nur noch "Heulen und Zähneknirschen" gibt, in eine
Existenzweise dauernder Unseligkeit, Hoffnungslosigkeit und
Verzweiflung, in das "Feuer der Hölle", das auf eine außernatürliche
Weise brennt, ohne jedoch zu verbrennen.
Die Glaubens-Erkenntnis ermöglicht sich durch die erkannte "veritas
prima" und wird gnadenhaft erwirkt und auch erfüllt (bereichert) von
dem sich in der Menschheitsgeschichte offenbarenden Gott, der sich
geoffenbart hat durch die Propheten und letztlich in Jesus Christus,
dem inkarnierten LOGOS. Diese Erkenntnis steht genau in der Mitte
zwischen der (philosophischen) Evidenz auf Grund einer
intellektivrationalen Erkenntnis und dem Erkenntniswert einer Meinung
(opinio), die niemals zu einer allgemein-gültigen Wahrheitserkenntnis
führt; dazu gehört aber auch die Erfahrung, da sie immer nur
partikuläre Erkenntnisse liefert und somit bestenfalls Teilwahrheiten,
niemals aber unbedingte. Die meisten "Gläubigen"(auch Priester) bewegen
sich in ihrer großartigen Glaubenserkenntnis fast ausschließlich im
Geltungsbereich der Meinungen und sind auch nie in der Lage oder fähig,
ihren "religiösen Glauben" zu begründen bzw. zu rechtfertigen. Darum
fallen sie auch leicht auf jeden "frommen Schwindel" herein. In der Hl.
Schrift gibt es viele hübsche Beispiele dafür. Christus stellte einmal
an die Apostel die gezielte Frage, die sie ziemlich durcheinander
gebracht haben muß: "Für wen halten die Leute den Menschensohn?" (Mt.
16,13-17) Und dann ging es sofort los mit den Meinungen, so daß man
sich es leicht vorstellen kann, was da so alles gemeint wurde.
Schließlich aber antwortete nur Petrus für sich selbst, da die anderen
Apostel es ebenfalls noch nicht wußten, wer dieser Jesus von Nazareth
eigentlich ist: "Du bist der Messias, der Sohn des lebendigen Gottes."
Aber woher wußte er das und wie konnte er so etwas eigentlich wissen,
zumal man bei einem zum Apostel berufenen Manne voraussetzen muß, daß
er seinem Lehrmeister gewiß nicht schmeicheln wollte? Nun, Christus
selbst gab die Antwort auf diese Frage, die Petrus, der ein einfacher
Mann war, gar nicht hätte beantworten können, indem er ihm
"entgegnete", d.h. Christus gab eine Antwort, die einen möglichen
Irrtum von vornherein ausschloß: "Selig bist du, Simon, Barjona (= Sohn
des Jonas); denn nicht Fleisch und Blut (= die natürliche Erkenntnis
allein) hat dir das geoffenbart, sondern mein Vater, der im Himmel
ist." Das bedeutet: diese sichere Erkenntnis und Gewißheit im Hinblick
auf die Erfassung der Gottheit Jesu Christi beruht nicht auf der
eigenen natürlichen Kraft der intellektiven Einsicht des Menschen,
sondern auf einer dem menschlichen Geist erhellenden und stärkenden
Gnaden-Einwirkung Gottes, so daß dadurch eine solche Aussage (ein
Erkenntnis-Urteil) auch wirklich und absolut wahr sein kann.
Zudem darf man hier etwas nicht mißverstehen, wie es oft der Fall ist,
wenn man keinen klaren Begriff hat vom Wirken der Gnade. Gott der Vater
nämlich gab dem Barjona keineswegs diesen Gedanken ein, er suggerieite
ihm nichts, sondern er gab ihm nur eine Hilfe durch Hinzufügung eines
übernatürlichen Lichtes zum natürlichen Lichte der Erkenntnis und
stärkte ihn dadurch in seiner (beginnenden) Glaubens-Erkenntnis. Denn
vorher hielt Petrus diesen Jesus auch nur für einen "großen Propheten",
größer als Johannes den Täufer und vielleicht noch "größer als Moses".
Aber, nun ja, nichts Genaues weiß man nicht; es könnte dieser Jesus von
Nazareth möglicherweise der Messias sein' ("wegen seiner Wunder und
so"!)... aber vielleicht auch nicht? Die meisten "Gläubigen" von heute
sind jedoch noch viel tiefer in die Unwissenheit gefallen als die Juden
von damals. Die "vera fides" ist weitgehend verschwunden. An ihre
Stelle ist mehr und mehr ein wahnhafter Irrglaube getreten, der zu
neuen Sektenbildungen führte, sogar zu Priestersekten innerhalb der
Konzilskirche, verständlicherweise, denn diese ist ja selbst
nachweislich aus einer bestimmten Häresie hervorgegangen.
Der auf den Intellekt bezogene Glaube (fides) und sein geistiger
Akt-Vollzug (das Glauben., credere) hat in der Glaubens-Erkenntnis
nichts zu tun mit:
1. einer Meinung: diese ist eine nicht
objektiv begründete Erkenntnis und beruht meistenteils auch nur auf
einer subjektiven Behauptung ohne Gewißheit: "meiner Meinung nach...".
Die Folge davon zeigt sich im Gerede und Geschwätz geistig unreifer
Leute.
2. einer Überzeugung: diese führt, auch wenn sie begründet ist, nur zu
einer subjektiven Gewißheit. In der Regel aber handelt es sich dabei
nur um ein gewolltes Für-wahr-Halten von etwas. Solche Leute sind sogar
vom größten Blödsinn überzeugt und dann nur sehr schwer belehrbar. Man
findet sie haufenweise in "religiösen" Bereichen, wenn das "Herz" und
die "erhabenen Gefühle" die Vernunft, den Verstand und alles Denken aus
dem Tempel vertrieben haben. (Anm.d.Red.: der Terminus "Überzeugung"
wurde in der EINSICHT meist in einer anderen Begriffsbedeutung
verwendet.)
3. einer Vermutung: diese beruht auf einem Wahrscheinlichkeitsurteil oder auf einer Annahme, für die es objektiv Gründe gibt.
4. einem Wissen auf Grund von Erfahrungen: dieses baut sich auf aus
ständigen Beobachtungen und induktiven Schlußfolgerungen, z.B. ich
weiß, daß es bald regnen wird; denn die Wolken hängen tief; oder: wenn
du faul bist, wirst du keinen vernünftigen Beruf ausüben können und
dein Leben verfuschen.
5. einem natürlichen Glauben: d.h. im Sinne von: jemandem glauben, weil
man das für wahr hält, was er einem berichtet, wie z.B. bei einem
Zeugenbeweis vor Gericht. Eine solche Glaubens-Erkenntnis bezeichnet
man auch als Zeugnis-Glauben, weil dieser auf der Erkenntnis und dem
Wissen eines anderen beruht. Dies aber setzt voraus, daß der andere
zuvor als glaubwürdig erkannt wird. Glaubwürdig aber ist ein Mensch nur
dann, wenn er nicht lügt und auch nicht lügen will, wenn er über etwas
Auskunft gibt. Einem passionierten Lügner oder einem Menschen, von dem
man weiß, daß er moralisch nichts taugt, glaubt man nicht und kann ihm
auch nicht glauben, es sei denn, man ist selbst nicht moralisch
integer.
Nun aber kann ein Mensch begründetermaßen als glaubwürdig beurteilt
werden und durchaus wahrhaftig sein (also in einer Aussage oder
Mitteilung weder lügen noch lügen wollen)... was jedoch nutzt das
alles, wenn er sich irrt oder geirrt hat? Denn irren ist menschlich, da
es einen irrtumslosen Menschen nicht gibt. Damit aber bricht der
natürliche Glaube, dem man jemandem entgegengebracht hat, in sich
zusammen und es löst sich diese Glaubens-Erkenntnis in nichts auf.
Jetzt sollte man sich doch einmal die harte Frage stellen, wie es denn
nun mit dem christlichen Glauben, also der Glaubens-Erkenntnis bestellt
ist in Bezug auf Jesus Christus, den göttlichen Menschensohn? Dieser
Glaube nämlich setzt voraus eine Erkenntnis bzw. ein Wissen um Seine
unbedingte Glaubwürdigkeit und absolute Irrtumslosigkeit, die
schlechthinnige Unmöglichkeit im Denken zu irren oder etwas Falsches zu
tun, so daß dann auch alles, was Er sagt, getan und geboten hat,
widerspruchslos im schuldigen Gehorsam angenommen werden muß. ("Ich
aber sagte dir - euch -... Wahrlich, wahrlich, Ich sage dir -
euch-...") Nun aber verlangt Christus nicht nur, daß man Ihm
bedingungslos glaubt, sondern an Ihn glaubt. "An jemanden" glauben aber
bedeutet, sich von ihm und nur von ihm das Heil, die Erlösung zu
erwarten und zu erhoffen. Darum steht der übernatürliche Glaube auch in
einem inneren Zusammenhang mit der Hoffnung. Und weil die
Glaubens-Erkenntnis ein menschlicher Akt (actus humanus) ist, d.h. ein
freier Akt und Vollzug, da Gott niemanden zum Glauben zwingt, darum
nennt man ihn auch eine übernatürliche (gnadenhaft erwirkte) Tugend
(virtus). Das Wort "Tugend" kommt dem Begriff nach von Tauglich-sein
für etwas und das Befähigt-werden zu etwas. Auch dieser Begriff ist
heute aus dem Bewußtsein verschwunden.
Es gibt keinen wahren Glauben (fides) und auch kein wahres_ Glauben
(credere) ohne Erkenntnis und Wissen. Ein solcher Glaube hätte
überhaupt kein Fundament; er wäre ein Hirngespinst oder ein
Phantasieprodukt. Der christliche Glaube ist nur als vernünftiger, als
ein auf die Vernunft bezogener Glaube möglich. Daraus aber folgt, daß
die Glaubens-Erkenntnis bei den verschiedenen Menschen weder gleich
noch gleich klar ist. Das jedoch bedeutet nichts im Hinblick auf die
Wahrheit des Glaubens. Denn der Grad der Klarheit verändert nicht die
Wahrheit des im Glauben Erkannten. Daraus indessen darf man nicht den
falschen Schluß ziehen, es sei gleichgültig, ob man einen klaren oder
unklaren Glauben besitzt; irgendwie werde man schon noch in den Himmel
kommen. Denn ein konfuser Glaube führt, auch wenn man noch so viel
betet, direkt in Glaubensirrtümer hinein. Außerdem ist jeder moralisch
verpflichtet, sich um die "vera fides" zu bemühen. Nur klinisch
Schwachsinnige und unheilbar Senile sind von dieser Pflicht befreit.
Nun aber lehrt die göttliche Offenbarung, daß Gott keinem Menschen die
Glaubens-Gnade, d.h. Seine helfende Gnade zu glauben, vorenthält, wenn
er in die Lage versetzt ist, Sein Wort zu hören oder zu lesen, wie es
aus der Hl. Schrift und aus der apostolischen Lehre der
römisch-katholischen Kirche (bis Papst Pius XII.) an alle ergeht. Bei
Betrachtung dieser Wahrheit kann es einem unheimlich werden, wenn man
bedenkt, wie es heute in der Welt aussieht und zugeht. Gott zwingt
niemanden zum Glauben, sondern läßt jedem die Freiheit, zu denken und
zu tun, was er will. Es ist somit auch jedem freigestellt, die Hl.
Schrift zu lesen oder auch nicht. Doch liegt hier ein Problem, das von
vielen nicht beachtet wird. Denn wer die Hl. Schrift liest wie
irgendein anderes Buch, der wird niemals zur göttlichen Offenbarung
einen Zugang finden, dem wird sie sich nicht erschließen; denn eine
solche Haltung bedeutet eine Mißachtung des Hl. Geistes wegen der
Inspiration der Hl. Schrift, durch die Gott zu uns spricht. Darum ist
sie im Grunde auch kein Lesebuch, sondern eine Art "Hörbuch", da der
Glaube, wie einmal der hl. Paulus sagt, "vom Hören kommt", vom
gesprochenen Wort. Darum hat Christus nichts geschrieben. Die
Kirchenväter haben die Hl. Schrift "betend gelesen"; gleiches gilt für
die Heiligen in ihren Betrachtungen und Kontemplationen, und manchmal
geschah es, daß ihnen ein Engel die Tiefen der göttlichen Offenbarung
in ihren ewigen Wahrheiten erschloß.
Ohne die göttliche Offenbarung aus der Höhe der "veritas prima" und die
Glaubens-Erkenntnis wüßte der Mensch nichts vom trinitarischen Gott und
vom göttlichen Menschensohn, der heute weltweit gehaßt wird und gegen
den ein unheimlicher Kampf entbrannt ist. Gegen die Gottheit Jesu
Christi wird alles aufgebracht, zumal Er von sich gesagt hat: "Ich und
der Vater sind Eins", sowie: "Der Vater liebt den Sohn und hat alles in
seine Hand gegeben. Wer an den Sohn glaubt, hat ewiges Leben; wer aber
auf den Sohn nicht hört, wird das Leben nicht schauen, sondern Gottes
Zorn bleibt auf ihm." (Joh. lo,3o; 3,35f.)
Vom Zorne Gottes und dem prophezeiten Strafgericht des göttlichen
Menschensohnes aber will heute niemand etwas hören. Dabei stehen die
Zeichen auf Sturm. |