Es WÄRE ZU BEDENKEN...
von
Prof. Dr. D. Wendland
Wenn man die mit viel Akribie und großem Eifer geschriebenen
"Milchprodukte" von Herrn Holzer in KYRIE ELEISON aufmerksam liest,
dann stellen sich einem nachdenklichen Leser zwangsläufig einige
Fragen, insbesondere folgende: Worauf will er eigentlich hinaus? Was
bezweckt er mit seiner Diskussion, die offensichtlich einseitig bleibt?
Sollte sein Bemühen nicht doch an die falsche Adresse gehen und auch
als Nebenwirkung, vielleicht gedacht als eine Hilfe für andere
Priester, ebenfalls fruchtlos bleiben?... Denn eines dürfte ziemlich
sicher sein, nämlich: daß ein Mann wie Pfr. Milch in bezug auf den
einzig entscheidenden Punkt, d.h. den Sedisvakanz-Sachverhalt,
unbelehrbar und dadurch eben auch "unbekehrbar" ist. Das hat mehrere
Gründe, die bereits aus seinen "Rundbriefen" ersichtlich sind. Einer
von diesen Gründen ist seine Bewußtseinslage, welche genau dem eines
emotionalen Voluntaristen entspricht und welchem bekanntlich die
nüchterne rationale Reflexion und ein systematisches Denken abgeht.
Darum greifen abstrakte Argumente auch nur sehr schwer. Gewiß trifft
Pfr. Milch hie und da, aber dann vorwiegend nur punktuell, das Richtige
und manchmal sogar etwas Bedeutsames, trotz seiner weitgehend nicht
begrifflich klaren Sprache und Wortwahl. Er ist beileibe kein
"Wissenschaftler", weder im Philosophischen noch im Theologischen,
sondern in allem, was er redet, denkt und schreibt, ein Prediger, der
sich wie ein "Rufer in der Wüste" fühlt und dann dazu neigt, wild um
sich zu schlagen und, weniger wortgewaltig als laut, mit Droh- und
Warngebärden aufzutreten, jener "großen Gebärde", die er bei den
Bischöfen vermißt. Darum verwendet auch auch so oft Superlative und
sprachliche Hyperbeln. "Heilig" ist sein großes Wort, das er bis zum
Überdruß gebraucht. Er ist das reine Gegenteil eines abgeklärten
Denkers, dem es eigentümlich ist, seine Gedanken ruhig zu entwickeln
und die Phänomene distanziert und sorgfältig zu beschreiben. Wenn es
die katholische Dogmatik oder die authentische Lehre der Kirche nicht
gäbe, dann würde ein solcher Mann in gerader Linie vom Himmel herunter
auf der Plattform von Sektenpredigern landen, losgelöst vom Haken einer
höheren Autorität, an dem er sich festhält. Damit aber erklärt sich
auch sein Bestreben als Gründer und geistig-geistlicher Führer einer
"Gebets- und Kampforganisation", von einem "rechtmäßigen Bischof"
anerkannt zu werden, und schließlich seine Freude, endlich anerkannt
worden zu sein. Schlagenster Beweis: dieser zum Trost für seine
Schäflein veröffentlichte Privatbrief vom Mgr. Lefebvre an ihn
persönlich. Nun sei es, so versichert er, endlich so weit: "Wir haben
unseren rechtmäßigen Bischof!". Es ist mir nicht bekannt, daß Pfr.
Milch kirchenrechtlich unter der Jurisdiktion des Gründers der
Priesterbruderschaft St. Pius X. steht. Sollte das nicht der Fall sein,
dann bezeichnet man so etwas schlicht als Betrug. Die Schafe seiner ihm
lauschenden Herde sollten ihn danach fragen.
Mir scheint, daß Herr Holzer diesen Priester, dessen moralische
Bewertung hier nicht zur Diskussion steht, viel zu ernst nimmt und sich
vor allem nicht auf seine heilsgeschichtliche Prognose von der "großen,
gewaltsamen und plötzlichen Wende" einlassen sollte. Denn eine solche
kann aus ganz bestimmten Gründen gar nicht eintreten. Es ist an der
Zeit, hierzu einiges zu sagen, weil auch unter Traditionalisten
strengerer Observanz diese Rede umgeht, als seien manche von allen
guten Geistern verlassen worden.
Wir befinden uns nicht mehr in der heilsgeschichtlichen Zeit des Alten
Testamentes, ein kleines Volk Gottes, umringt von machthungrigen
Völkern und nicht selten selbst tanzend um das goldene Kalb wie die
Israeliten, ganz abgesehen davon, daß das Wirken Gottes in der
Geschichte niemals so verläuft, wie wir uns das gerne wünschen. Die
Heilsgeschichte geht ihre eigenen und unerforschlichen Wege, und nur
die Unheilsgeschichte läßt sich für einen kurzen Zeitraum vorhersehen,
wenn man aus der Vergangenheit zu lernen bereit ist und die Gegenwart
nicht mutwillig mißdeutet. Zuerst aber sollte bei dem Problem einer von
nicht wenigen erhofften "Wende" deutlich erkannt werden, daß Christus
in keinerlei Hinsicht "gegebenenfalls Gewalt" will, da nur IHM "alle
Gewalt" gegeben ist im Himmel und auf Erden und unter der Erde! Es
zeugt von einer unglaublichen Verwirrung im Denken, sich als Prophet
aufzuspielen und dann wie ein Sektenprediger den ihm gläubig
lauschenden Schafen zu verkünden: "Ein (einziger) unerwarteter
GEWALTAKT seitens des obersten Hirten wird die Wende sein - sonst gar
nichts." Hier wird ein Akt und Vollzug vernunftwidriger und dadurch
"nackter" Gewalt eines Oberhirten erhofft, der sich zudem noch wie ein
Phönix aus der Asche erheben werde, unerwartet von seiten eines
gläubigen Publikums. So also wird es geschehen, verkündet der falsche
Prophet seinen Gläubigen, die ihm sicherlich geglaubt haben werden. Es
wäre nicht ganz uninteressant zu erfahren, was wohl Mgr. Lefebvre dazu
sagen würde, der doch so viel Hoffnung auf Johannes Paul II. gesetzt
hat und immer noch setzt.
Die einzige Analogie hinsichtlich der erhofften Wende, die seit der
Etablierung des NOM und der Abschafffung des kirchlichen Gesetzbuches
von 1917 eine Drehung um 180 Grad sein müßte, findet man nur im
gewöhnlichen und allgemeinen Wirken der Gnade, weil sich
heilsgeschichtlich ein gewaltsames "Damaskus" niemals wiederholt. Ein
solches Ereignis wäre nicht nur gegenstandslos, sondern auch
überflüssig und damit zugleich ein Widerspruch im Wesen der göttlichen
Vorsehung, die nicht dasselbe ist wie das Vorher- oder Vorauswissen
Gottes. Das schon lange währende Spiel mit einem unklaren, mehrdeutigen
und zwielichtigen Gewalt-Begriff (gleich dem des Friedens) auf
internationaler Ebene, innerkirchlich und außerkirchlich, scheint nicht
wenigen den Verstand verdunkelt zu haben, so daß es gar nicht
verwunderlich ist, wenn heute so viele Christgläubigen auch nichts mehr
mit dem Begriff der Allmacht Gottes anfangen können. Wenn man sie
darauf anspricht, dann werden sie verlegen wie ertappte schamhafte
Sünder. Gewalt ist ein Modus der Macht, nicht aber umgekehrt, und
physischer Zwang ist nur ein Modus der Gewalt. Zudem hat sich
bekanntlich schon kurz vor dem sog. "Pastoralkonzil" eine Revolution in
der Kirche von innen heraus ereignet, die nicht von außen in sie
hineingetragen wurde (wie manche meinen), und zwar eine Revolution "von
oben", von der Spitze ausgehend; ein Vorgang übrigens, den es in dieser
Art im staatlich organisierten Gesellschaftsbereich weder gibt noch
geben kann, so daß die Wende nur als eine Konterrevolution "von unten"
möglich sein und eintreten kann - christlich-religiös betrachtet -, von
den "Schwachen" ausgehend, nicht aber von den Starken und denen
Christus keine Frohbrotschaft verkündet hat, sondern eine
Drohbotschaft: "Wehe euch, ihr Natterngezücht...!" Es ist jedoch müßig
und nicht minder überheblich, jetzt nach dem Wie zu fragen oder darüber
zu spekulieren. Das kann in einer Weise geschehen, die man sich noch
gar nicht vorzustellen vermag, weil die Zeit dafür "noch nicht reif
ist" (wie sich die Revolutionsanalytiker ausdrücken). Gott wirkt in
Seiner Schöpfung nicht gegen die Natur der Dinge und schon gar nicht
gegen die von Ihm selbst erschaffene und gewollte Freiheit des
Menschen. Der trinitarische Gott ist weder ein germanischer Wodan noch
ein Allah mit der Brechstange und auch ansonsten niemand Sein Prophet,
am wenigsten ein Traditionalist wie Herr Pfarrer Milch mit seiner
verheißungsträchtigen Denkungsart. "Mit Gewalt" jedenfalls wird weder
etwas geschehen noch durchgesetzt werden können, zumal selbst der
Glaube nicht erzwingbar ist, gleichgültig, ob es sich nun bei den
Päpsten oder Bischöfen um Häretiker oder Schismatikern handelt. Bei
Apostaten ist sowieso Hopfen und Malz verloren; diese Zeitgenossen sind
bereits gerichtet; es fehlt nur noch der Strafvollzug.
Christus will keine Gewalt in der Kirche, weder die illegitime
Gewalttätigkeit, die den physischen und geistigen Terror im Gefolge
hat, noch die legitime Gewaltsamkeit, die zum Wesen des Staates gehört,
sondern nur den unbeugsamen Machtvollzug legitimer Autorität in Seiner
streng gebotenen Nachfolfe und die freie Unterwerfung unter Seinen
Willen allein. Man darf das alles nicht vermystifizieren oder in den
Sphären eines vernunftentrückten religiösen Glaubens ansiedeln. Denn
die Kirche ist zwar nicht von der Welt, aber sie lebt in der Welt und
sogar als "societas perfecta" zu einem Teil von ihr - in einem analogen
Verhältnis zum göttlichen Menschensohn. In der philosophischen
Metaphysik nennt man ein solches Verhältnis eine
Proportionalitäts-Analogie. Es ist ein Irrtum zu meinen, man könne das
alles nicht mit natürlicher Vernunft erkennen. Dazu bedürfe es einer
besonderen "Erleuchtung". Das Gegenteil ist gerade wahr! Alle, die hier
auf den Glauben verweisen, fischen im Trüben und täuschen die
einfachen, gutwilligen Gläubigen, an denen Gott sein Wohlgefallen hat.
Nun aber braucht jeder Papst einer "streitenden Kirche" (die es heute
nicht mehr gibt bzw. die in den Untergrund abgedrängt wurde) immer
"gläubige" Gefolgsleute und Mitstreiter, angefangen bei den Bischöfen,
und dies auf eine ähnliche Weise wie ein Feldherr eines Königs
Offiziere und Soldaten nötig hat, alle versammelt unter einem Haupt,
welches in unserem Fall einzig und allein der göttliche Menschensohn
ist. Niemand sonst, auch nicht der Heilige Geist oder die Gottesmutter,
was man erkennen und beachten sollte. Was sich seit 3o Jahren im
Bereich der Macht abspielt, ist eine dämonische Nachahmung eines
innerkirchlichen Machtverhältnisses, aufruhend auf einem rationalen
Sachverhalt, der noch bis Pius XII., den bespuckten und verleumdeten
Papst, deutlich in Erscheinung trat. Geblieben ist nur die einheitlich
geprägte gesellschaftliche Struktur desselben mit einem Pseudo-Papst an
der Spitze, einer echten Revolutionskanaille höherer Ordnung, und einer
wogenden Masse von 'Gläubigen1, deren Glaubensakt sozusagen nur als Akt
aus früheren Zeiten stammt und sich (noch) tradiert - im Gegensatz zum
Akt-Inhalt, der sich mehr und mehr auflöst. Und in dieses Offen-werden,
in diese Leere hinein stürmt mit Macht ein "neuer Glaube", den man
heute überall leicht feststellen kann. Man braucht nur an diese
Gläubigen, Kleriker und Laien, die harte Frage zu stellen zum Zwecke
einer klaren Antwort mit Einschluß der sich daraus ergebenden
Konsequenzen: Ist Jesus von Nazareth Gott oder nicht?! Jeder, der sich
Predigten von konziliaren Bischöfen und Priestern anhört, kennt die
ständige Rede vom "Offen-werden im Glauben" oder vom vertrauensvollen
"Sich-öffnen im Glauben" oder vom hinhörenden "dialogischen Offensein"
für den Glauben anderer etc. In der Tat, man sollte hier genau zuhören
und sich nicht bloß berieseln lassen.
Dieser ganze Prozeß, der ein revolutionäres Machtphänomen ist, kann
nicht durch ein plötzliches Ereignis gewaltsam gestoppt oder durch
einen Rechtsentscheid außer Kraft gesetzt werden. Denn Macht und Recht
sind nur in Gott identisch. Beim Menschen fallen diese Entitäten
auseinander, immer und grundsätzlich; das lehrt schon die einfache
Erfahrung. Vielmehr muß dieser Prozeß wie ein inoperables Krebsgeschwür
mit seinen Metastasen aus einem Organismus von innen heraus
ausgeschieden werden. Die erhoffte große Wende oder diese Drehung um
18o Grad kann deshalb weder ein plötzlicher noch ein gewalttätiger
Vorgang sein. Und wer sich nach einem Wunder sehnt oder nach einem
Zeichen vom Himmel ruft, der dürfte die Vernunft nicht auf seiner Seite
haben. Wir leben nicht mehr in den Zeiten der alten Juden und Heiden,
sondern der neuen...!
Die angeblichen "Pilgerreisen" in jede nur mögliche Himmelsrichtung
sind ein hektischer Machtvollzug vorgetäuschter legitimer Autorität
nach innen und nach außen, ein Circus-maximus-Syndrom und eine
Ersatzhandlung, um einer zerbrochenen und leerlaufenden Sendung
entgegenzuwirken. Das zeigt sich ganz deutlich daran, daß keine sechs
Monate später die Dinge schlimmer stehen als vorher und die ganze Sache
einfach verpufft ist, "als ob der Papst überhaupt nicht dagewesen wäre"
(so jammern überall die Bischöfe und Prälaten in ihrer Kirchenpresse).
Zurück blieb kein spiritueller Aufbruch, kein gewaltiger Neubeginn,
sondern eine Verödung und Leere. Aber das kommt davon, wenn man dem
Wahn verfallen ist, man könne in der Kirche etwas ohne den HERRN tun
oder es sogar besser machen als ER selbst! Ja, mehr noch, nämlich etwas
gegen IHN ins Werk zu setzen!! Wenigstens diese Situation sollte man in
ihrer tieferen Bedeutung erkennen und in ihrer Zielrichtung
durchschauen. Die Fakten liegen auf der Hand.
Die konziliaren 'Päpste'sind einer uralten Versuchung Satans erlegen,
die sich bereits im Paradiese abspielte, nämlich Macht gewinnen zu
wollen über das Gute und das Böse, anbetend den "Geist des Konzils"
d.h. die Göttin der Selbsterlösung, an deren Brüsten auch die
Befreiungs-"Theologie" saugt. Das ist ein äußerst subtiler Sachverhalt
im Innern eines apostatischen Aktes, der sich zugleich gegen Jesus
Christus als den göttlichen Menschensohn und Welten-Richter wendet.
Darum spricht man ja auch so oft von "Jesus, unser aller Bruder", weil
ein Bruder niemals Richter seines Bruders sein kann. Jesus Christus
wird nicht gepriesen und gepredit als Gott der Sohn oder als Sohn
Gottes, sondern als ein numinos-vergöttlichter Sohn des Menschen,
geboren "von der Jungfrau Maria", eine schon fast alles demaskierende
Formulierung. (Hierzu wäre viel zu sagen in Verbindung mit der
verwirrenden und konfusen "Dogmatischen Konstitution über die göttliche
Offenbarung"; man sollte den lateinischen Text dieses Machwerkes sehr
genau lesen.) - Für einen derartigen apostatischen Macht-Akt und
-Vollzug eines Papstes (ja sogar: von jetzt nunmehr vier "Päpsten"
hintereinander) findet sich in der ganzen Kirchengeschichte keine
Parallele, ja nicht einmal ein analoger Fall. Es ist fürwahr ein
seltsames Phänomen, eine vom Haupt und Herrn der Kirche verliehen und
gewährte Macht gegen Seine Rechte behalten und ausüben zu wollen und
sie ebenso gegen Seinen kompromißlosen Sendungsauftrag harnäckig und
boshaft zu vollziehen, ohne Rücksicht auf das Wohl Seiner Kirche und
das Heil der eigenen Seele. Von daher aber erklärt sich dann auch das
ständige Buhlen mit dem Volke bis hin zur Lächerlichkeit, um den
Einfluß nicht zu verlieren, aber auch um sich einen erhofften
Machtzuwachs zu sichern. Denn was wäre wohl ein Oberhirte ohne
Unterhirten und Schafe? Es gibt jedoch nur einen einzigen, von dem
gesagt werden kann, er sei der "gute Hirt" und den im übrigen nur seine
Schafe kennen, nicht jedoch fremde. Anders ausgedrückt: ein konturloses
neues "Volk Gottes", sitzend oder tanzend um einen Tisch herum, der
kein Opfer-Altar ist, steht im logischen und realen Widerspruch zur
Kirche Jesu Christi.
Ein durch die konziliaren Päpste und Bischöfe tiefkrank gemachter,nicht
von sich aus krank gewordener, Corpus Jesu Christi Mysticum kann nicht
plötzlich gesunden, sondern nur allmählich und nur von innen heraus
durch eine Art Selbstregeneration. Denn das eine und katholische Ganze
ist durch Akte der Gewalttätigkeit betroffen, nicht bloß Teile oder
Glieder desselben. Das religiöse und mystische Phänomen dieses Corupus
trägt in seinem geistig-sinnlichen Bilde das Zeichen der Geißelung und
Dornen-Krönung Jesu Christi an sich, ein weit- und heilsgeschichtlicher
Vorgang am Anfang eines langen Weges, auf dem der zerschlagene
göttliche Menschensohn schweigend, aber nicht ohnmächtig, duldete. Am
Ende jedoch stand der Strafvollzug eines Justiz-Mordes. Und ist es denn
nicht aufschlußreich, daß damals kein einziger seiner Jünger aus
dem"auserwählten Volke" auch nur den Versuch machte, dem blutenden,
erschöpften und hinfallenden Jesus sein Kreuz tragen zu helfen? Nicht
einmal das! Wo sind denn heute diejenigen, welche im Anblick der
konziliaren Schergen in aller Öffentlichkeit mit erhobenen Händen
schreien: "0 Jesus, Sohn des allmächtigen Gottes, Barmherzigkeit!"?
Damit aber erhebt sich die Frage, wie weit wohl noch die Päpste,
Bischöfe, Priester und Pastoralassistenten der Konzilskirche gehen
werden? Gott hat zwar eine unendliche Geduld, aber keine ewige ...!
Dennoch gibt es immer noch eine Menge kluger Theologen, die nichts
anderes zu tun zu haben scheinen, als sich mit einer pervertierten
Liturgiereform zu beschäftigen, als ob es nur darum gegangen wäre. Sie
verhalten sich wie abgemagerte Hunde, denen man einen saftigen Knochen
hingeworfen hat, damit sie sich um ihn streiten, währenddessen die
Räuber im "Haus Gottes" die Möbel, Ölgemälde, heiligen Gefäße und alte,
wertvolle Bücher ausräumen. Ihre letzte Weisheit erschöpft sich in der
Frage: darf ein Papst die Liturgie ändern und wenn ja, inwieweit? Der
Vollzug und die Mitfeier des NOM hat sie offensichtlich um den Verstand
gebracht.
Es sollte sich niemand einbilden, wissen zu können, wie und wodurch
sich eine "Wende" ereignen werde. Christus will keine Gewalt. Das steht
fest. Daraus aber folgt nicht, daß er uns dann auf den Weg einer
geistig-umnachteten und doch nur vorgeheuchelten Gewaltlosigkeit
verweisen würde im Sinne eines Machtverzichts. Denn jede Religion, auch
die irrsinnigste, ist ein Machtphänomen. Macht hinwiederum kann auch
dadurch ausgeübt werden - und dazu ist sogar jeder einzelne getreue
Katholik fähig -, daß man sich dem Gehorsamsanspruch einer illegitimen
(ständig eindeutig Unwahres verkündenden und darauf beharrenden)
Autorität wirklich, nicht bloß verbal, und total, nicht bloß teilweise,
entzieht^ und welche immer Macht gegen das Recht einer höheren
Autorität ausübt. Das liegt in ihrem Wesen, solange sie einfachhin
existiert, d.h., religiös gesprochen, von Gott im Sein erhalten wird.
Ähnliches tut auch der Teufel, der "Fürst dieses Äons" in seinem Reich
auf Erden. Nur in der Hölle herrscht der verzweifelte Zustand einer
totalen Gewalttätigkeit aller gegen alle und wo es dann immer nur
Heulen und Zähneknirsehen gibt. Es gehört in das Reich der Phantasie,
wenn der geistliche Führer der "actio spes unica" seine gläubigen
Anhänger lehrt, daß bereits der Antichrist im "offiziellen Raum der
Kirche herrsche". Welche seltsame Vorstellung muß man wohl haben von
dieser in der Apokalypse fixierten historischen Person, geboren "von"
einer christlichen Hure und gezeugt von einem "messianischen Juden"
(ein Gedanke, der viel für sich hat), einem echten Anti-"Christus",
bekleidet mit täuschend-ähnlichen Attributen Christi und die Dämonen
mit Beelzebub austreibend?! Soll das etwa Johannes Paul II. sein, wie
man von anderen Traditionalisten bereits zu hören bekommt? Man kann
diesen herumpilgernden Hirten bestenfalls für einen polnischen
Vorläufer des Antichrist halten (von Gnaden finanzkräftiger
europäischer Kardinale), vor allem wegen seiner Verfälschung des Wesens
der Erlösung und der tiefgreifenden Lästerungen des Heiligen Geistes,
eingenebelt in "marianischen" Weihrauch. Es gibt bereits Seher mit
Privatoffenbarungen, die sogar von einem "marianischen Papst" faseln.
Pfr. Milch und seine Freunde innerhalb und außerhalb der
Priesterbruderschaft Pius X. sind ein bemerksnwertes Gegenstück zu
jenem "Kreis katholischer Priester", mit dem sich Herr P. Groß in
seinem Artikel "Identitätskrise" auseinandergesetzt hat und schließlich
zur sicheren Überzeugung gelangte: "Indem die Priester versichern, daß
sie treu zum 'Heiligen Vater' und den mit ihm verbundenen 'Bischöfen'
stehen werden, meinen sie, der wahren Kirche treu zu sein. Sie irren
sich gründlich; gründlicher geht's nicht." Das ist sicherlich richtig.
Dennoch aber stellen sich hier nicht bloß eine, sondern zwei Fragen:
1. warum sie wohl irren in Anbetracht doch so einleuchtender Dinge und
2. woraus eigentlich ihre Schwierigkeiten entstehen, die sie ganz
offensichtlich "mit der Kirche" haben, was man nicht übersehen sollte.
P. Groß setzt bei diesen, doch einen Ausweg suchenden Priestern, gewiß
nicht einen bösen Willen voraus (wie bereits geäußert wurde), sondern
hinsichtlich der ersten Frage nur eine Unkenntnis wichtiger
Lehrdokumente und wohl auch einen Mangel an Denken. Beides kann
zutreffen, wie schon die Erfahrung lehrt, wenn man auf solche Priester
trifft. Indessen befürchte ich, daß es nur bei dem drigenden Rat
bleibt, Vergleiche bestimmter Lehrtexte anzustellen, um auf
Widersprüche oder sich ausschließende Positionen zu stoßen. Denn sie
werden es kaum erkennen und es noch viel weniger wissen, warum "die
'Hirten1 und der 'Oberhirt1 dieser faisehen'katholischen Kirche'" nicht
nur nicht Hirten und Oberhirt "der wahren Kirche sein können", sondern
dies auch gar nicht mehr wollen. Zudem ist keiner von den wirklichen
Trägern der Konzilskirche "bona fide"; denn alle haben ein zureichendes
Wissen darüber, was das bedeutet: "Haec Ecclesia, in hoc mundo ut
societas constituÌa et ordinata, subsistit in Ecclesia catholica" (und
worüber sie auf dem "Pastoralkonzil" von heiligem Geiste (!)
nachdrücklich belehrt wurden, wie schon damals versichert wurde); aber
nicht alle Bischöfe wissen genau, was das alles impliziert, weil ihr
theologisch-philosophisches Reflexionsvermögen mit Einschluß der
"praeambula fidei" äußerst mangelhaft ist, manchmal sogar erschütternd.
Mgr. Lefebvre macht hier keine Ausnahme, leider! Hier liegt auch die
Ursache dafür, daß er schon Paul VI. als "Papst" nicht zu durchschauen
vermochte, geschweige denn Johannes Paul II., der noch viel geschickter
in Wort und Tat operiert. Den Priestern dieses Kreises, der wie eine
Bürgerinitiative innerhalb der Kirche als einer "societas perfecta in
mundo" aussieht, wird es noch viel schlechter ergehen, weil sie
annehmen, die sie weidenden Hirten hätten keine genügende Kenntnis von
der "gegenwärtigen Situation der katholischen Kirche in Deutschland";
sie verhalten sich kein Jota anders als diejenigen, welche einmal
meinten, "der Führer kann es gar nicht wissen", was seine Getreuen im
Volke veranstalten, denn wenn er das wüßte, dann würde er sofort die
Übel beseitigen. Auf einem solchen Erkenntnisniveau bewegt sich dieser
Priester-Appell an die Bischöfe und denen es gewiß nicht unbekannt ist,
daß ihre Konzilskirche objektiv "nicht subjektidentisch" ist mit der
von Christus gegründeten katholischen Kirche, weder in Deutschland noch
anderswo. Doch ist das eben nur ein Wesensmerkmal der ganzen Sache, das
nicht ausreicht, um die Erkenntnisnot solcher Priester zu beheben. Man
muß ihnen auch andere Perspektiven eröffnen, damit sie erkennen können,
auf welchem Boden sie stehen.
Nicht wenige Schwierigkeiten dieser Priester (aber auch anderer in
einer ähnlichen Geistesverfassung und worunter es sogar
Traditionalisten gibt) gehen aus erstaunlich primitiven Wurzeln hervor,
die man bald zu entdecken vermag, wenn man hier nachbohrt und dabei die
Frage nach dem "wahren Glauben" zunächst einmal ausklammert. Denn sie
"glauben", d.h. sie meinen, ihn zu haben und sind davon felsenfest
überzeugt, so daß sie sich sogar mit einer öffentlichen Erklärung an
die Bischöfe heranwagten. Sie wunderten sich nur über ihr
undurchsichtiges Reden und anstößiges Verhalten in Ansehung ihres
sicherlich doch auch "wahren Glaubens" (denn man hatte ja mal etwas
gehört "von Amtsgnade und so"). Mehr steckt hier nicht drin, wenn man
die Sache genau betrachtet. Diese Priester sind das, was man in der
Psychologie wertfrei als autoritätsgläubig und geistig (intellektuell)
infantil bezeichnet. Hinzu kommt, daß sie schon im Bereich der
natürlichen Erkenntnis mit der Erfassung "geistiger Realitäten" ihre
Schwierigkeiten haben, weil sie diese als "überrational" mißverstehen,
und auch im Umgang mit ihnen eine nur geringe persönliche Erfahrung
besitzen. Auffällig ist ferner eine erstaunliche Ungebildetheit in
Dingen der Religion überhaupt sowie hinsichtlich bestimmter "res
fidei", die heute auf einem Schlachtfeld verhandelt werden. Man wird es
nicht für möglich halten, aber es ist leider so, daß Priester dieser
Art, obwohl sie profanem Gebiet belesen sind, z.B. keinen klaren
Begriff von der Kirche und ihrem Wesen haben. Darum können sie kaum
etwas anfangen mit Worten wie "wahre" oder "falsche Kirche" und
verstehen das nur im moralischen Sinne. Kirche ist für sie nicht viel
mehr als eine höhere Lebensweise und Organisationsform, zu der sie sich
verpflichtet haben und in der sie einen besonderen Stand (Berufsstand)
bilden, heute in brüderlicher Gemeinschaft mit den Laien, die in der
"Gemeinde" sogar als "Räte" in eine bedeutende Stellung aufgerückt
sind. ("Auch auf sie sollt ihr hören", denn sie besitzen Charismata,
besonders die Frauen! Das alles hat man diese Priester lange gelehrt
und das sitzt fest in ihrer Seele, d.h. in ihrer Erinnerung, denn eine
subsistierende Seele soll es ja auch nicht mehr geben.) Schon die von
P. Groß zitierte Formulierung ist aufschlußreich: sie und andere
Priester befänden sich "in einer echten Identitätskrise mit der
katholischen Kirche" (auch ohne den Zusatz "in Deutschland"), als seien
Priester und Kirche jemals ein und dasselbe gewesen. Noch
verräterischer aber ist ihr Zweifel, es könne sich nicht mehr um
dieselbe Kirche handeln, "auf die" sie einst "geweiht" worden sind,
eine im übrigen sinnlose Aussage. Aber man versteht schon, was hier
unterschwellig unter "Weihe" begriffen bzw. nicht begriffen wird. Es
ist nicht mehr Christus, der weiht ..., sondern ein Herr Bischof N.N.,
auf den sie sich eingeschworen haben und der ein Etwas in der Welt
vertritt, welchem sie sich "im Gehorsam verpflichtet" hatten, Kirche
genannt. Es ist jedoch gar nicht so schwierig, ihnen ihren aus dem
Denken entsprungenen Irrglauben, der noch kein Unglaube zu sein
braucht, bewußt zu machen.
Priester von der Art dieses Kreises, die man nicht vorschnell
abservieren sollte, wenn sie gültig geweiht worden sind, sind ganz
verblüfft, wenn man es ihnen deutlich macht, daß die von Christus
gestiftete, gegründete und in der Welt aufgerichtete Kirche als die
einzige Heils-Anstalt (numerische Identität!) in erster Linie ein vom
Gottmenschen und in Analogie zu ihm gewolltes Wirklichkeits- und Macht-
Phänomen ist - nicht aber eine irgendwo über Wolken schwebende nebulose
"Gemeinschaft der Heiligen" oder ein allgemeines demokratisches "Volk
Gottes" sein kann. Denn zuerst kommt bei allen von Gott erschaffenen
Realitäten das Sein des Seienden und dam in logischer Reihenfolge
untrennbar die Einheit (unitas, nicht unio), die Wahrheit und das Gute.
Die Macht jedoch erfließt dem Sein und haftet an ihm und ist da zum
Gebrauch (wie auch das Recht). Niemand kann leugnen, daß die
Konzilskirche in allen sie tragenden Gliedern von der Macht weltweit
Gebrauch macht, einer Macht - und das sollte man erkennen, ohne davor
zu erschrecken - die sich notwendigerweise vom Haupt der Kirche,
Christus, herleitet und die dann gegen das Haupt gerichtet oder
gewendet wird, um sich von ihm, dem göttlichen Menschensohn, loszulösen
und schließlich zu trennen. Die Konzilskirche will, philosophisch
ausgedrückt, aus sich selbst, nicht bloß durch sich selbst (per se),
subsistieren. Das alles läßt sich nicht unter dem bekannten Begriff vom
Schisma begreifen, auch wenn man ihn noch so sehr biegt. Hier liegt ein
einzigartiger Sachverhalt vor. Denn es wird die fundamentale Einheit
der Kirche (Credo unam ... mitnichten angegriffen, sondern im Gegenteil
ständig und geradezu beschworen und wodurch das Ganze in ein Zwielicht
getaucht wird. Dieses Zwielicht erkennen gar nicht so wenige, auch in
der Konzilskirche, aber sie verstehen das nicht. Sie wissen nicht, was
Macht ist und wie sich Macht äußern kann. Paul VI. war es, der
plötzlich und wohlüberlegt die mehrschichtige große Lüge von der
"Selbstzerstörung der Kirche" in die Welt setzte, eine schlaue
Desinformationsparole und eindeutig ein Wort satanischen Ursprungs, das
nichts destoweniger auf dem ganzen Erdkreis blind nachgebetet wurde,
auch in der Meinung, er beklage die "Mißstände" oder "GlaubensSchwund"
in der Kirche. Eine große Lüge und Heuchelei muß einzelne Wahrheiten
benutzen, um wirkmächtig zu bleiben. Die Kirche Jesu Christi kann sich
gar nicht selbst zerstören, selbst zerfleischen oder Selbstmord
begehen. Paul VI. erkannte klar die Gefahr einer Selbstzerstörung der
Konzilskirche und wurde dann selbst zunehmend schizophren, nicht bloß
geistig, sondern im Sinne eines psychopathologischen klinischen Falls.
Das kommt auch in seiner Physiognomie zum Ende seines Lebens zum
Ausdruck. Er wurde auch nicht durch Freimaurer-Kardinäle vergiftet, wie
unter mir bekannnten Ordenpriestern gemunkelt wurde. Das war gar nicht
nötig.
Die Auszeugung einer "neuen" (nicht: sicher erneuernden) Kirche, einer
echten (weil seins- und wirkmächtigen) Gegen-Kirche aus dem Schöße der
"alten" wahren Kirche - das Wort "echt" ist nicht gleichbedeutend mit
"wahr", worauf schon Thomas von Aquin in einer anderen Sache
hingewiesen hat - kann sich nur über die Macht vermitteln auf dem Wege
und aufgrund einer Usurpation der Macht des göttlichen Herrn der
Kirche. Religiös betrachtet: ein nur dem Sosein nach apostolischer
Nachfolger Petri begehrt auf gegen die Stellvertretung Christi auf
Erden, und zwar "aus Eigenem" im wahnhaften Rausche einer nur
verliehenen Machtvollkommenheit. Eine genaue Analyse dieses
Machtphänomens läßt daran nicht den mindesten Zweifel aufkommen. Das
hat es in der ganzen Kirchengeschichte noch niemals gegeben. Das ist
wirklich neu. Indessen erklärt sich dann noch etwas anderes, was sonst
gänzlich unverstehbar bleiben muß, nämlich die einmalige Vielzahl
"amtlich verkündeter" Häresien und die geradezu in die Augen springende
Immunität aller konziliaren Bischöfe gegen den von vielen Seiten
erhobenen Häresievorwurf, eine Anklage, die nicht schlimmer sein kann.
Dennoch prallt sie ab wie von einer Gummiwand und greift nicht mehr.
Fällt das denn niemandem auf? Warum stellt man sich nicht die doch so
nahe liegende Frage nach den Ursachen eines solchen Zustandes? Man
stelle sich einmal vor, jemand würde einem Richter in aller
Öffentlichkeit Rechtsbeugung in vielen Fällen vorwerfen! Es käme zu
einem Aufruhr und die Mühlen der Justiz würden sich in Bewegung setzen.
Denn Macht und Recht sind aufeinander bezogen. Im staatlichen Bereich
weiß man das noch; im kirchlichen dagegen offenbar nicht mehr.
Ein "Papst" allein wäre zu einem derartigen Gewaltakt der Gründung
einer "Gegen-Kirche, die niemals geheim bleiben konnte, gar nicht in
der Lage gewesen. Darum brauchte man dazu unbedingt ein
"Pastoralkonzil" (Karl Rahner hatte vorgegeben, er wisse nicht genau,
was darunter gemeint sei und könne sein Wesen nicht bestimmen), also
eine Hirten-Versammlung der gesamten Weltkirche bis hin zunletzten
"armen Hund" aus den Entwicklungsländern, dem es gewiß Freude gemacht
haben wird, nicht nur gewisse Geschenke erhalten zu haben, sondern
jetzt auch einmal so richtig mit-regieren zu können, auch wenn er nicht
verstand, was da beabsichtigt wurde und vor sich ging. Zudem benötigte
man eine durch das Fernsehen (ein Dr. Joseph Goebbels hätte gejubelt ob
solcher Möglichkeiten) ins richtige Licht gesetzte Heerschau von
höheren Offizieren und einen noch besser ausgesuchten Generalstab von
Kardinalen, wozu der Tod RoncaUis die beste Gelegenheit bot, um der
Welt nachdrücklich vorzulügen, die Waffen niedergelegt zu haben. Hatte
denn nicht schon Jesus, der so menschliche und menschenfreundliche
Bruder aller Menschen, geboten: "stecke das (!) Schwert in die Scheide"
und "liebet einander"?! Schaut uns doch an, so sind wir heute und dazu
aufrichtig entschlossen, damit allseitig Friede sei! Gleichzeitig aber
wurde dem neu entdeckten "Volk Gottes" auf der ganzen Welt "horizontal"
und dem Klerus, insbesondere von den Gemeinde-Pastoren "vertikal"
abwärts heuchlerisch versichert, eine nur verschüttete uralte Tradition
wieder aufzunehmen (wir sind die echten Traditionalisten!) - nicht
gegen die Tradition, o nein, sondern aus ihr heraus oder neben ihr sich
findenden - durch einen "rückgreifenden Vorgriff" auf ein uns neu
verheißenes Land, auf ein (frei nach Heidegger) "sich schon zeigendes"
Land der Hoffnung und der Liebe, wo noch etwas mehr als Milch und Honig
fließen wird. Dort werden dann alle-alle leicht und unbeschwert, zumal
dort die "spaltende" Wahrheitsfrage nicht mehr aufzukommen braucht,
"eins sein" können in gottgewollter seliger Freiheit, weil doch alle
schon durch Jesus, unseren außergewöhnlichen Bruder (was jeder
anständige Freimaurer ebenfalls bejaht), im Prinzip und ohne jede
Bedingung "erlöst" sind. Den Rest im Hinblick darauf, was da noch an
vollkommener Erlösung fehlt, werden wir alle besorgen, d.h. letztlich
der sich ständig auf ein Höheres hin entwickelnde Mensch aufgrund und
kraft eines in ihm liegenden "transzendentalen ictus (Stoß, Impuls)
cordis", wovon angeblich schon der hl. Augustinus gesprochen haben
soll, der Mann des "Gottesstaates". Das alles, so versichert uns auch
Johannes Paul II., haben wir bereits "auf dem Konzil gehört", angeregt
durch den pfingstlerischen großen Papst Roncalli mit seinem besonderen
Charisma. Damals schon wurde das "taktische Losungswort", d.h. eine
revolutionstypische Desinformationsparole, ausgegeben vom "guten", ja
sogar vom "charismatischen Papst".
Auf alles das fielen erschreckend viele Priester glatt herein und
machten dann widerstandslos und manchmal sogar auf eine groteske Weise
"in Liturgiereform", als ob es nur darum gegangen wäre und was sie dem
Kirchenvolk ständig einzureden suchten, zugegebenermaßen mit Erfolg.
Dieses Volk wurde zum Objekt einer weltweiten Manipulation gemacht und
brutal in die Konzilskirche eingegliedert. Denn ohne Volk, ohne
knetbare Masse von "Glaubenden", läßt sich das Vorhaben einer Gründung
einer Gegen-Kirche auf Dauer nicht durchhalten. Das lehrt jede echte
Revolution, die nicht dasselbe ist wie eine Rebellion oder der Putsch
einer Kaste. Das hat auch Mgr. Lefebvre bis heute nicht begriffen, wie
aus seinen Schriften und Predigten hervorgeht, und den man zu Unrecht
einen Rebellen nennt, denn er hat ja den Akt der Unterwerfung unter das
"sichtbare Oberhaupt der Kirche" sogar mehrmals geleistet. Dadurch
befindet sich aber auch seine Priesterbruderschaft in der
Konzilskirche, ob sie das wahr haben will oder nicht. Der o.g. Kreis
katholischer Priester hingegen ist fest und voll in ihr integriert,
ohne zu wissen, was das bedeutet. Das ist fürwahr eine Tragödie.
Der göttliche Menschensohn, um den es heute in der Hauptsache geht
("Jesus Superstar" plärren sogar die Jugendlichen in ihren
babylonischen Rhythmen unter dem wohlwollenden Grinsen konziliarer
Bischöfe und Kulturprälaten), hat niemals gesagt: Ich bin der Weg, die
Hoffnung und die Liebe. Ist das nicht merkwürdig und erstaunlich genug?
Hätte er nämlich dies von sich gesagt, dann würde daraus folgen, daß ER
auf "alle Gewalt" verzichtet und sie an jemand Anderen oder an Andere,
vielleicht an ein "Kollegium"?, abgetreten habe. Aber warum und wozu ER
dann einmal wiederkommen wollte ..., ja, nun das kann wohl nur ein
ausgemachter Gnostiker vom Format eines Marcion mit Berufung auf eine
"Geheimoffenbarung" und "Geheimsendung" Christi verstehen. Schon der
paradiesische Sündenfall stand unter dem Zeichen der Macht mit Bezug
auf das ganze Menschengeschlecht, worauf Theodor Haecker hinzuweisen
nicht müde wurde, und was die Liebe betrifft, die man ständig im Munde
führt, wenn man nichts "aufzulichten" vermag, so ist sie ganz gewiß
nicht eine "Himmelsmacht", sondern eindeutig eine stille, geduldige,
duldende und schmerzensreiche MAGD des HERRN. Sie ist auch nicht
stärker als der Tod, wie überall gepredigt wird, sondern nur "stark wie
der Tod". Die Macht kommt nicht vom Teufel und ist auch nicht böse, wie
manche meinen; wohl aber kann sie faszinierend und dämonisch werden und
unter vielerlei Gestalten erscheinen, z.B. in Gestalt einer falschen,
unbegründeten und unerfüllbarer Hoffnung oder einer geheuchelten Liebe,
verbunden mit dem "Trost Satans", wie es im Exerzitienbuch des hl.
Ignatius von Loyola heißt, eine Sache, über die man gerade heute
nachdenken sollte - lange und betend. Die Konzilskirche tröstet
ständig, da es in ihr nur noch "Frohbotschaft" gibt; gleichzeitig aber
ist es ihr in dreißig Jahren gelungen, daß bei unglaublich vielen
Christen das Bewußtsein der Erlösungsbedürftigkeit des Menschen einfach
verschwunden ist. So wirkt Macht, obwohl sie mißbraucht wird.
Wer sich der Konzilskirche freiwillig ausliefert, kann nicht mehr
umkehren, weil sich in ihr durch "ihr Wort" noch vor dem Zerbrechen der
übernatürlichen Tugend des Glaubens der menschliche Geist in seinem
Erkennen und Denken verwirrt und dadurch wiederum eine Lähmung eines
sinnvollen, wahren Tuns in bezug auf sich selbst und den Nächsten
eintritt. Die aktiven Mitglieder dieser Kirche, Kleriker und Laien
(alle fühlen sich als "Geistliche"), bemerken es nicht einmal, daß sie
in Knechtschaft geführt werden, nachdem, man sie vom Joche Christi
befreit hat. Sie halten sich für die "mündigen Christen" und fühlen
sich frei, nicht selten sogar frei von Sünde. Wer sich mit den
Phänomenen, Strukturen und Bewegungen der Macht beschäftigt, der
analysiert die Konzilskirche und ihre Methodik aus einer anderen
Perspektive (als z.B. nur unter einem dogmatischen Gesichtspunkt) und
entdeckt dann leichter die Wesensmerkmale einer konkreten echten
Gegen-Kirche mit ihren Päpsten und Bischöfen. Hier beruhigt man sich
nicht in Ansehung des Tatbestandes einer ungewöhnlichen,
außerordentlichen Sedisvakanz und regt sich auch nicht mehr sonderlich
auf über die vielen Häresien. Vielmehr zieht man bei diesen geistigen
Realitäten nur ganz bestimmte in die Reflexion, gleichgültig ob nun
eine Aussage formell oder materiell häretisch ist-oder bloß nach
Häresie schmeckt. Denn manchmal ist sogar ein nur häresieverdächtiger
Satz, wenn er dauernd und von vielen wiederholt wird, weitaus
gefährlicher für den wahren Glauben und das religiöse Leben als eine
blanke Häresie. Solange die Konzilskirche nicht als eine existierende
Gegen-Kirche erkannt wird, die außerdem noch alle Eigenschaften einer
Kirche als "societas(nicht: communitas) perfecta" besitzt, kann weder
ihre Macht verständlich gemacht noch die eigentliche Gefahr, die von
ihr ausgeht, erkannt werden. Der oben genannte Kreis katholischer
Priester mit ihrem Appell an die (ihre) Bischöfe ist dafür ein gutes
Beispiel. Leider gibt es auch Traditionalisten, die im Grunde keine
sind, sondern nur meinen, es zu sein, indessen in einem ähnlichen
Dilemma stecken. |