SEELSORGE IN MEXIKO
BRIEF VON S.E. MGR. CARMONA
AN DEN MODERNISTEN-'BISCHOF' RAFAEL BELLO VON ACAPULCO
übers. von Heinrich Beckmann
Vorbemerkung:
Ende September letzten Jahres wurde Bischof Carmona auf einer
Pastoralreise in Mexiko überfallen und ausgeraubt, nachdem auf das
Auto, in dem er fuhr, geschossen worden war. Als die Räuber ihr
Handwerk an ihm und seinen Begleitern vollendet hatten, wurde ihm noch
mitgeteilt, man werde ihn umbringen, wenn er es weiterhin wagen würde,
in bestimmten Orten Seelsorge zu betreiben. Mgr. Carmona ließ (und
läßt) sich durch diese Drohung in seiner pastoralen Fürsorgepflicht
nicht einschüchtern und besuchte auch in der darauffolgenden Zeit
besagte Ortschaften. Seitdem lebt er in ständiger Todesgefahr.
Nachfolgender Brief aus der Feder von Mgr. Carmona richtet sich an den
sog. 'Erzbischof' von Acapulco, Rafael Bello, in dem er zumindest den
Mitwisser des Anschlags, der diesen zusätzlich gebilligt haben dürfte,
wenn nicht gar den Initiator desselben vermutet.
Ich rufe alle Gläubigen auf, für Mgr. Carmona zu beten.
E. Heller
***
Ich wende mich an Ew. Exzellenz als höchsten Vertreter der (sog.)
Neu-Kirche am Ort, einer 'Kirche', die mit Lautstärke ihre Liebe zur
Gerechtigkeit verkündet und von sich behauptet, jedwede Ungerechtigkeit
zu bekämpfen. Ew. Exzellenz möchte ich nachfolgenden Tatbestand und
einige Dinge zu bedenken geben, die eine deutliche Sprache über das
neue 'Evangelium' sprechen, welches in der Neu-Kirche gepredigt wird.
Am 24. September (verflossenen Jahres) begab ich mich auf Einladung der
dortigen Gläubigen zur seelsorglichen Betreuung nach Guadalupe
Victoria. Nach etwa 8-10 Kilometer hinter Ometepec, gegen 4 1/2 Uhr
morgens, vernahmen wir, als wir gerade an einem Teich anhielten, einen
Schuß. Der Schuß hatte uns gegolten und einen der hinteren Radreifen
unseres Geländewagens getroffen. Im Augenblick sahen wir uns von fünf
Individuen mit Pistolen in der Hand umzingelt, die uns zwangen, den
Wagen zu verlassen. Sie forderten uns auf, unsere Sachen zu packen und
trieben uns durch ein unwegiges Gelände an einen Ort, den sie offenbar
für ihr Vorhaben vorher bestimmt hatten. Dort durchsuchten sie uns und
beraubten uns unserer gesamten Habe.
Ich möchte annehmen, daß Ew. Exzellenz genau wissen, wer der
eigentliche Anstifter dieses Angriffs ist. Denn solche brillianten
Angriffe machen sich bezahlt und fallen immerhin bei bevorstehenden
Beförderungen ins Gewicht. Ich glaube, daß alles das in einer
vereinbarten Planung seine Wurzeln hat, denn aus dem Munde einer Frau
aus Cumbre de Figuera lautet es im Gespräch mit einer anderen: "Hier in
Acapulco ist allein P. Carmona der Rebell, der dem Papst nicht
gehorchen will und Zwietracht säht. Darum hat man daran gedacht, ihn
kurzerhand beiseite zu schaffen, damit diese Frage zum Abschluß kommt."
Woher wußte diese Frau davon? Hat ihr etwa ein Priester das heikle
Geheimnis verraten? Ich weiß es nicht. Jedenfalls fand einen Monat
später der Überfall statt. Zudem gibt es einige aufschlußreiche
Einzelheiten: Drei bis fünf Minuten vor dem Überfall begegneten wir
einem Geländewagen. Darin saßen zwei Personen, die ich wegen des
abgeblendeten Lichtes erkannte. Da dieser Wagen den Teich nicht
überquerte und auch sonst kein Anzeichen für eine Weiterfahrt bestand,
darf ich annehmen, daß diese zwei Personen die Angreifer herbeiführten,
damit sie ihr Werk an mir ausführten. Der gleiche Geländewagen wurde im
Pfarramt von Gmetepec gesehen, und es stellte sich heraus, daß dessen
Besitzer kein anderer war als der berühmte Pater Nazario. Natürlich ist
dieser selbst nicht der Hauptschuldige. Der Schuldige ist ein anderer,
den Ew. Exzellenz ja kennt. Zehn Tage später versperrte man mir den Weg
mit Steinen und Baumstämmen. Das war das Werk des bekannten
Franziskaners und 'Katecheten' Juan Calgaro, der - beraten vom Urheber
der vorgenannten Attacke - zur Gewaltanwendung gegen mich aufruft und
über alle, die mich zu sich rufen, den 'Kirchenbann' verhängt. Daß
diese Dinge seitens der Neu-'Kirche' einen derartigen Verlauf nehmen,
ist nicht weiter verwunderlich. Denn wenn es eine neue 'Kirche' gibt,
muß es auch eine neue Form des Verständnisses der 'Gerechtigkeit'
geben.
Und was die windige Religionsfreiheit anlangt, wo ist da diese
Freiheit, wenn man diejenigen, die im Glauben an ihre Freiheit in der
Kirche, der immerwährenden, verbleiben wollen, malträtiert und sie mit
der 'Exkommunikation' belegt? Wie steht es um diese Freiheit, wenn man
bezahlte Angreifer anwirbt, um denen aufzulauern und sie mit dem Tode
zu bedrohen, die die gleiche Lehre predigen, die auch Christus predigte
und den Aposteln überlieferte?! Sind etwa für die Neu-'Kirche'
diejenigen keine menschlichen Wesen, die ihre horrenden Häresien und
ihre in den Kirchen verübten Lächerlichkeiten nicht akzeptieren und
schließlich zur wahren Katholischen Kirche zurückkehren? Sie haben
erklärt, daß in Sachen der Religion niemand gehindert sein darf, nach
seinem Gewissen zu handeln. Gilt das nun nur für die Häretiker im alten
Sinne? Für uns, die wir uns "die Freiheit nehmen", in der EINEN
KATHOLISCHEN UND APOSTOLISCHEN KIRCHE zu verbleiben und diejenigen, die
zu ihr zurückkehren wollen, gilt diese Freiheit wohl nicht? Für uns
gibt es wohl nichts als Lüge, Verleumdung und Gewalt.
Nach alledem hätte ich schreien und es in alle vier Winde verkünden
können, damit alle Welt erführe, was hier geschah. Aber ich schwieg.
Nachdem nun eine gewisse Zeit verstrichen ist und ich Zeit zum
Nachdenken hatte, halte ich es für angezeigt, mich an Ew. Exzellenz zu
wenden: man hat mir meinen Bischofsring gestohlen, ein Geschenk der
deutschen katholischen Traditionalisten aus Anlaß meiner Bischofsweihe
und mir besonders teuer. Man stahl mir meine Uhr, mein schlichtes
Bischofskreuz und einen hochwertigen Photoapparat wie auch einen
größeren Geldbetrag, vorgesehen für einen Notfall auf der Reise. All
diese Dinge und auch das, was man meinen Begleitern stahl oder entriß,
dürfte sich in den Händen des Urhebers des Attentates befinden. Ew.
Exzellenz, als dessen Vorgesetzter, kann ihn veranlassen, mir die Dinge
zurückzuerstatten, denn alles das ist in den gegenwärtigen Zeiten von
hohem Wert. Wenn man unter Gerechtigkeit versteht, was immer darunter
verstanden wurde, wäre dies ein Akt der Gerechtigkeit. Wenn der Urheber
der Aktion diese Dinge nicht in Händen haben sollte, könnten Ew.
Exzellenz sie bei den von ihm inspirierten und bezahlten Attentätern
selbst zurückverlangen. Ich wäre zutiefst dankbar, wenn Ew. Exzellenz
in dieser peinlichen Angelegenheit in meinem Sinne intervenieren
wollte.
(Acapulco, den 29.11.1984)
(sig.:) + Moisés Carmona
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