"... UND SPIEEN IHM INS ANGESICHT ..."
VORBEMERKUNG ZU NACHFOLGENDEM ARTIKEL:
In den letzten Jahren hat sich gerade die öffentliche Gotteslästerung
wie eine Seuche verbreitet, die Schmähungen werden immer dreister und
unverschämter, an denen sich selbst staatlich subventionierte
Kulturinstitute beteiligen. Proteste und Anzeigen, auch von Prominenten
des öffentlichen Lebens gegen Blasphemien und Religionsverhöhnungen im
Theater oder Film werden ausnahmslos von den Strafverfolgungsbehörden
unter Hinweis auf den revidierten § 166 StGB abgewiesen.
Auf Betreiben des damaligen SPD-Justizministers und späteren
Bundespräsidenten Gustav Heinemann, der sich auf sein protestantisches
Bekenntnis noch etwas zu gute halten wollte, war 1969 innerhalb der
Großen Koalition aus CDU/CSU und SPD im Bundestag der ß166 des
Strafgesetzbuches, der das Rechtsdelikt der Gotteslästerung und
Religionsverhöhnung ahndete (welches n.b. selbst die
Nationalsozialisten noch kannten!), so entscheidend revidiert worden,
daß er seinen ursprünglichen Deliktscharakter fast völlig verlor.
Heinemann war der seltsamen Auffassung gewesen, daß "Gott (...) des
staatlichen strafrechtlichen Schutzes" nicht bedürfe. Nach dieser
Revision sollten "Straftaten, welche sich auf die Religionen und
Weltanschauungen beziehen", nur dann strafrechtlich verfolgt werden,
wenn sie "geeignet sind, den öffentlichen Frieden zu stören". Der
objektive Gott ist in dieser gesetzlichen Form auf eine subjektive Idee
zusammengeschmolzen. Gottes Realität wird geleugnet. Was als sog.
Straftatsbestand übrig bleibt, ist weniger als eine persönliche
Beleidigung, denn das Ego steht über den (bloßen) Vorstellungen,
welches dieses frei konzipieren kann. Im Klartext heißt das:
Strafrechtlich verfolgt wird der Tatbestand, wenn durch ein sich
Beleidigtfühlen einer oder mehrerer Personen hinsichtlich bestimmter
Ideen dieses einzelnen oder mehrerer Personen der öffentliche Friede
gestört wird.
Die bisherige Rechtspraxis hat genau dies gezeigt, daß es nämlich nicht
möglich war, selbst infamste Gotteslästerungen öffentlich von den
Straff Verfolgungsbehörden unterbinden zu lassen; gemeint sind u.a.
Filme von Achternbusch ("Das Gespenst"), Jean-Luc Godard ("Maria und
Joseph") oder das Theaterstück "München leuchtet" in den Münchner
Kammerspielen unter dem Intendanten Dieter Dorn (Mitwirkung: Dieter
Hildebrandt). Selbst das Oberlandesgericht wies die Klage eines
Prominenten mit dem Hinweis zurück, der öffentliche Frieden sei nicht
gestört worden, worauf sich der Strafantragssteller zu der Bemerkung
veranlaßt sah, man müsse die Argumentation der Justiz als "eine
Aufforderung zu öffentlichen Tumulten" auffassen. Denn erst dann, wenn
die dadurch Beleidigten durch öffentliches Randalieren auf ihr Anliegen
aufmerksam gemacht hätten, wäre man gezwungen gewesen festzustellen, ob
ß166 angewendet werden müßte, "Selbst im Ostblock", so der
Antragsteller, "ist Blasphemie, so wie sie bei uns modisch wird,
unbekannt. Christen werden dort zwar zu Außenseitern degradiert, aber
sie werden toleriert. Vor allem: Christus selbst wird dort nicht
lächerlich gemacht." (Zitate nach MÜNCHNER MERKUR vom 28./29.6.1986.)
Im folgenden Beitrag von Herrn Prof. Wendland wird der Tatbestand der
Gotteslästerung sowohl hinsichtlich seiner rechtlichen als auch seiner
religiösen Konsequenzen untersucht, wobei er nicht umhin kommt, auch
die Grundlagen und Grundvoraussetzungen des deutschen Grundgesetzes,
welches nach dem Zusammenbruch von 1945 entstanden ist, zu
durchleuchten.
Eberhard Heller
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