LUTHER ALS KIRCHENVATER
(aus dem Dokument "Martin Luther - Zeuge Jesu Christi"
der römisch'-lutherischen Kommission unter Vorsitz von Herrn Lohse (für
die Protestanten) und 'Bischof Martensen / Kopenhagen bzw. 'Bischof
Scheele / Würzburg (für die Reform-'Katholiken'); in PAULINUS vom
13.lo.1985, zitiert nach: Siebel, Wigand: "Kirchenvater Luther" in
SAKA-Informationen vom Dez. 1985. - Vgl. dazu auch die Ausführungen in
EINSICHT vom Febr. 86, S.169)
Nach dem Dokument "Martin Luther - Zeuge Jesu Christi" sind von
lutherschen Ideen in den Beschlüssen des sog. II. Vatikanums folgende
Punkte verwirklicht bzw. in sie aufgenommen worden: "Zu den Einsichten
des Zweiten Vatikanischen Konzils, in denen man eine Aufnahme
Lutherscher Anliegen sehen kann, gehören zum Beispiel:
- die Herausstellung der maßgeblichen Bedeutung der Heiligen Schrift
für Leben und Lehre der Kirche (Dogmatische Konstitution über die
göttliche Offenbarung);
- die Beschreibung der Kirche als 'Volk Gottes' (Dogmatische Konstitution über die Kirehe, Kap. II.);
- die Bejahung der ständigen Erneuerungsbedürftigkeit der Kirche in
ihrer geschichtlichen Existenz (Dogmatische Konstitution über die
Kirche, 8; Dekret über den Ökumenismus, 6);
- die Bekräftigung der Bekenntnisse zum Kreuze Jesu Christi und seiner
Bedeutung für das Leben des einzelnen Christen wie der Kirche insgesamt
(Dogmatische Konstitution über die Kirche, 8; Dekret über den
Ökumenismus, 4; Pastorale Konstitution über die Kirche und die Welt von
heute, 37);
- das Verständnis der kirchlichen Ämter als Dienst (Dekret über die
Hirtenaufgabe der Bischöfe in der Kirche, 16; Dekret über Dienst und
Leben der Priester);
- die Betonung des Priestertums aller Getauften (Dogmatische
Konstitution über die Kirche, lo u. 11; Dekret über das Laienapostolat,
2-4);
- der Einsatz für das Recht der Person auf Freiheit in religiösen Dingen (Erklärung über die Religionsfreiheit).
Auch andere Forderungen, die Luther seinerzeit erhoben hätte, können
angesichts der heutigen katholischen Theologie und kirchlichen Praxis
als erfüllt gelten: der Gebrauch der Volkssprache in der Liturgie, die
Möglichkeit der Kommunion unter beiderlei Gestalt und die Erneuerung
der Theologie und Feier der Eucharistie."
Und wie beurteilt das Kommissionspapier Luthers Bedeutung und Einfluß
auf die heutige Zeit, d.h. auf eine Entwicklung von über zwanzig Jahren
n a c h dem Konzil, welches diese Entwicklung im höchsten Maße geprägt
hat? "Es ist uns heute möglich, gemeinsam von Luther zu lernen:
- Als Theologe, Prediger, Seelsorger, Liederdichter und Beter hat
Luther in ungewöhnlicher geistlicher Konzentration die biblische
Botschaft von Gottes schenkender und befreiender Gerechtigkeit neu
bezeugt und zum Leuchten gebracht.
- Luther verweist uns auf die Priorität des Wortes Gottes im Leben, Lehren und Dienen der Kirche.
- Er ruft uns zu einem Glauben, der unbedingtes Vertrauen zu dem Gott
ist, der im Leben, Sterben und Auferstehen seines Sohnes sich als der
uns gnädige Gott erwiesen hat.
- Er lehrt uns, die Gnade als personhafte Beziehung Gottes zum Menschen
zu verstehen, die an keine Bedingung geknüpft ist und frei macht vor
Gott und für den Dienst am Nächsten.
- Er bezeugt uns, daß menschliches Leben allein durch Gottes Vergebung Grund zur Hoffnung erhält.
- Er ruft die Kirche dazu auf, sich ständig vom Wort Gottes erneuern zu lassen.
- Er lehrt uns, daß die Einheit im Notwendigen Verschiedenheiten der Gebräuche, der Ordnungen und der Theologie erlaubt.
- Er zeigt uns als Theologe, wie die Erkenntnis der Barmherzigkeit
Gottes sich nur dem Betenden und Meditierenden erschließt, den der
Heilige Geist von der Wahrheit des Evangeliums überzeugt und - gegen
alle Anfechtungen - in dieser Wahrheit erhält und stärkt.
- Er mahnt uns, daß es Versöhnung und christliche Gemeinschaft nur dort
geben kann, wo man dem 'Maßstab der Liebe' folgt, 'die nur das Beste
von jedem denkt und nicht argwöhnisch ist, alles Gute von dem Nächsten
glaubt und... jeden Getauften einen Heiligen nennt' (Luther)."
Ohne hier Zitate aus Luthers bekannter, von tiefstem Haß gegen alles
Katholische geprägten Schrift "Wider das Papsttum zu Rom, vom Teufel
gestiftet" wiederzugeben, die in eine öffentl. Anstiftung zum Mord am
Papst und den Kardinalen münden, genügt es, den protestantischen
Rechtshistoriker Horst Fuhrmann anzuführen, der über die derzeitigen
sog. ökumenischen Bestrebungen folgendermaßen urteilt: "Über allen
ökumenischen Gesprächen unserer Tage sollte nicht vergessen werden, daß
Luthers Rechtfertigungslehre, seine Ablehnung der Tradition, seine
Nichtanerkennung allgemeiner Konzilsbeschlüsse, sein Bestreiten der
normativen und den Glauben überwachenden Rolle des römischen Papsttums,
um nur wenige Punkte zu nennen, fraglos grobe Ketzereien darstellen,
die auch heute von der katholischen Kirche als Ketzerlehren angesehen
werden müssen. Luther war kein verkannter Frühreformer, auf dessen Kurs
die Kirche später von sich aus hätte einschwenken können." (zitiert in
THEOLOGISCHES Jan 1984, Sp.5693 ff.) Hinsichtlich dessen, was in der
fraglichen 'katholischen Kirche' von heute als Ketzerlehre verurteilt
werden muß, irrt der protestantische Gelehrte. Im "Schlußbericht" zur
"Überprüfung der Verwerfungen des 16. Jahrhunderts", der von den Herren
Lohse und Scheele unterzeichnet wurde (vgl. ALLGEMEINE SONNTAGSZEITUNG
vom 24./25.1.1986), heißt es: "Niemand kann diejenigen verurteilen,
(...) die im Glauben allein auf den rettenden Gott vertrauen, seines
Erbarmens gewiß sind und in ihrem Leben diesem Glauben zu entsprechen
suchen." Damit wird nicht nur der katholischen, der wahren katholischen
Rechtfertigungslehre widersprochen, sondern auch die dogmatische
Bedeutung des Tridentinums geleugnet.
Man kann es abwarten, und Herr Horst Fuhrmann wird noch häufiger irren:
die überholten Ketzereien lassen sich alle wunderbar mit der Lehre der
Reformer vereinbaren, denn die Heuchler glauben sich inzwischen so
stark, daß sie ohne Verkleidung auftreten können. |