LEX CREDENDI, LEX ORANDI... - ODER NICHT ?
ZUM 'GEBETSTREFFEN' IN ASSISI AM 27. OKTOBER 1986
von
Eberhard Heller
Den Vorschlag von Prof. v. Weizsäcker für ein sog. 'Friedenskonzil*
aller christlichen 'Kirchen', vor dessen Realisierung selbst
reformerisch-konservative Kreise gewarnt hatten, hatte Mgr. Wojtyla in
einer Art und Weise aufgegriffen und selbst weitergeführt, so daß man
die ursprüngliche Idee eines 'Friedenskonzils' nur als Anstoß zu einer
viel umfassenderen, weitreichenden wojtylanisehen Initiative ansehen
muß. Als Erwiderung auf den Anstoß zu diesem sog. 'Friedenskonzil', in
dem man die Anfänge der Grundlegung für die Eine-Welt-Religion
witterte, hat Mgr. Wojtyla nicht nur alle christlichen Konfessionen,
sondern auch die anderen Weltreligionen zu einem 'Friedensgebetstag'
nach Assisi am 27. Oktober dieses Jahres eingeladen.
In seiner Ansprache vom 25.1.86 hatte Wojtyla gesagt: "Der Heilige
Stuhl möchte dazu beitragen, eine Weltgebetsbewegung für den Frieden
ins Leben zu rufen, die über die Grenzen der einzelnen Nationen hinweg
die Gläubigen aller Religionen einbezieht und die ganze Erde umfassen
soll. (...) Bei diesem feierlichen Anlaß will ich in diesem
Zusammenhang ankündigen, daß ich entsprechende Beratungen mit den
Verantwortlichen nicht nur verschiedener christlichen Kirchen und
Gemeinschaften, sondern auch anderer Weltreligionen in Gang gesetzt
habe, um mit ihnen ein besonderes Gebetstreffen für den Frieden in die
Wege zu leiten: in Assisi, der Stadt, die durch die Gestalt des
heiligen Franz zu einem Zentrum weltweiter Brüderlichkeit geworden
ist." (OSSERVATORE ROMANO in dt. Sprache vom 14.2.86)
Die Eine-Welt-Religion, die in v. Weizsäckers Vorschlag vorerst nur
doktrinär - und zwar noch auf 'christlicher' Einheitsbasis ó
vorgebildet werden sollte, wird in Wojtylas Einladung zum Auftakt einer
tatsächlichen, alle Religionen umspannenden religiösen Aktion -
zugleich die partielle Verwirklichung der Welt-Einheits-Religion. Denn
gemeinsames Beten setzt den Glauben an den gleichen 'Gott' voraus...
aber an welchen?
Inzwischen haben Vertreter von etwa vierzig Religionen und Konfessionen
aus aller Welt, darunter Juden, Buddhisten, Mohammedaner, ihre
Teilnahme zu gesagt. Man macht natürlich auch 'katholischerseits'
begeistert mit! (Vgl. dazu auch die Nachricht in diesem Heft über Herrn
Prof. Maiers diesbezügliche Anstrengungen.) Als besonders einfältiger
Nachbeter seines Herrn, pardon: 'HI. Vaters' hat sich Mgr. Stimpfle aus
Augsburg erwiesen. In seinem "Aufruf" (erschienen in der DEUTSCHEN
TAGESPOST vom 5.8.86) heißt es: "Die Sorge um den Frieden in der Welt
war und ist immer ein bedeutendes Anliegen der Kirche. Päpste, das II.
Vatikanische Konzil, die Ortsbischöfe und viele Laiengruppierungen
haben der Förderung des Friedens Aufmerksamkeit geschenkt. Von den
Päpsten Johannes XXIII., Paul VI. und Johannes Paul II. liegen
bedeutende und international viel beachtete Worte zum Frieden vor.
Erinnert sei etwa an die Enzyklika 'Pacem in terris' von Papst Johannes
XXIII,, an die Aussage des II. Vatikanischen Konzils in der
Pastoralkonstitution 'Gaudium et spes', an die Rede Papst Pauls VI.,
vor der UNO am 4. Oktober 1965 sowie dessen Enzyklika 'Populorum
Progressio'. Papst Paul VI. schließlich hat in einer Botschaft 'An
a^lle Menschen guten Willens' am 8. Dezember 1967 dazu aufgefordert,
den 1. Januar jeden Jahres künftig auf der ganzen Welt als 'Tag des
Friedens' zu begehen. (...) Daneben verdient die Rede Papst Johannes
Paul II. vor der UNO am 2. Oktober 1979 besondere Erwähnung. (...)
Jeder Einsatz für den Frieden ist darum vorrangig Einsatz für Wahrheit,
Gerechtigkeit, Freiheit, Liebe und Menschenrechte. Papst Johannes
XXIII. hält diesen Zusammenhang fest in seiner Enzyklika 'Pacem in
terris' (...). Die gegenwärtige Sorge um den Frieden, die viele ideale
und gutgesinnte Menschen bewegt, veranlaßte Papst Johannes Paul II.,
für den 27. Oktober 1986 ein Gebetstreffen für den Frieden in Assisi
einzuberufen. Alle Christen und Menschen guten Willens sollen in Assisi
zu Gott (?) um Frieden beten und sich zugleich zu Wahrheit,
Gerechtigkeit und Freiheit als den Grundfesten des Friedens bekennen.
Der Papst hat damit eine internationale Bewegung für den Frieden
entfacht. Ich rufe die ganze Diözese auf, an diesem Gebet teilzunehmen
und sich mit dem Hl. Vater zu solidarisieren!"
Stimpfle, der ewig freundlich lächelnde Herr, ist entweder geistig
schon so verkommen, daß er nicht merkt, daß es nicht um das Gebet für
den Frieden geht - wer will den nicht? -, sondern darum, daß hier - und
das wird in Stimpfles Appell noch einmal ausdrücklich bestätigt -
zusammen mit Heiden (bei Stimpfle: "Menschen guten Willens", in
Wirklichkeit: Moslems, Buddhisten etc.) zu "Gott" gebetet werden soll.
Ja zu welchem 'Gott'? Der sich geoffenbart habende Gott der Christen,
der "keine fremden Götter neben sich haben will" kann es nicht sein.
Und dennoch soll genau das suggeriert werden - dann wäre Stimpfle nicht
einfältig, sondern höchst raffiniert -, daß der Christengott identisch
ist mit Allah, mit dem Nirwana etc. Einen schlimmeren Synkretismus kann
man sich nicht vorstellen. Und für dieses anti-christliches Spektakel
zeichnet jener Herr verantwortlich, der sich anmaßt, auf dem Stuhl
Petri sitzen zu dürfen. (N.b. es ist geradezu grotesk, wenn Mgr.
Guerard des Lauriers von diesem Mann noch erwartet, daß er sich
bekehre, damit der "Papa materialiter" auch ein"Papa formaliter", d.h.
aus dem Halb-Papst wieder ein Ganz-Papst wird. - In diesem Irrsinn
gipfelt nämlich Mgr. Guerard des Lauriers Vorstellung von der
Wiederherstellung der kirchlichen Hierarchie!) Im übrigen ist
interessant zu erfahren, auf welche Friedensdokumente sich Mgr.
Stimpfle beruft.
Während im sog. 'katholischen' Lager der Synkretismus einer
Welt-Einheits-Religion vor- und nachgeplappert wird (in diesem
Zusammenhang ist noch interessant zu wissen, daß es bereits zu einem
'Friedensgebet' mit dem Dalai Lama, einer inkarnierten 'Gottheit#, und
dem 'kath.1 Stadtpfarrer Betzwieser in der Münchner Herz-Jesu- Kirche
zu Anfang Mai dieses Jahres, zu dem Ratzinger "herzliche Grüße"
übermittelte, kam), hat sich der "Leiterkreis der Konferenz Bekennender
Gemeinschaften" der bekennenden protestantischen Konfession sowohl von
dem Vorschlag von Prof. Dr. Carl-Friedrich von Weizsäcker zu einem
Friedenskonzil zunächst aller christlichen Kirchen als auch von der
Initiative Johannes Pauls II. für ein sog. 'Friedensgebetstreffen' in
Assisi mit folgender Begründung distanziert und die Vorbehalte in der
Zeitschrift DIAKRISIS / Tübingen publiziert (Stellungnahme vom 17. März
1986):
1. Was das vorgeschlagene Friedenskonzil betrifft, so weisen wir darauf
hin, daß in der gegenwärtigen ökumenischen Situation die
geistlich-theologischen und die kirchenrechtlichen Voraussetzungen für
die Einberufung eines Konzils, das im Namen der ganzen weltweiten
Kirche Jesu Christi verbindlich sprechen könnte, nicht gegeben sind.
Ein wahrhaft ökumenisches Konzil im Sinne der altkirchlichen Konzilien,
zum Beispiel von Nicäa oder Chalcedon, setzt die vorhandene Lehr- und
Abendmahlsgemeinschaft unter den beteiligten Kirchen voraus, die aber
seit den Kirchentrennungen von Io54 sowie der Reformation und
Gegenreformation nicht mehr besteht. Außerdem könnte die Aufgabe eines
echten Konzils nur die sein, sich zu Fragen des Glaubens und des
Gottesdienstes zu äußern. Das Empfehlen bestimmter militärpolitischer
Maßnahmen dagegen übersteigt die Kompetenz kirchlicher Organe und fällt
in die Zuständigkeit weltlicher Regierungen. Wenn sich Kirchen über den
grundsätzlichen Appell an die Gewissen hinaus in diesen Bereich mit
konkreten Forderungen einschalten, so könnte deren - angesichts des
weltpolitischen Machtkampfes nicht durchschaubare - Konsequenz unter
Umständen sogar die sein, daß die Gefahr für Frieden und Freiheit der
Völker nicht kleiner, sondern größer wird.
2. Ebensowenig können wir der Einladung des Papstes zu einem
universalen Friedensgebet in Assisi Folge leisten. Gewiß sehen auch wir
das Gebet als das größte Vorrecht und die vorrangigste Form an, wodurch
Christen ihre Verantwortung für den bedrohten Frieden in der Welt
wahrnehmen können und sollen. Ein Gott wohlgefälliges Gebet von
Christen ist aber nur dasjenige, in welchem wir uns an den Vater
unseres Herrn Jesus Christus in der beistehenden Kraft des Heiligen
Geistes wenden (Jo 14,16; 16,23-26; Rom 8,26-27). In solchem Gebet sind
wir einig auch mit Christen konfessionsverschiedener Kirchen, welche
mit uns den Glauben an den dreieinigen Gott teilen, nicht aber mit
Anhängern anderer Religionen, welche unseren Herrn Jesus Christus nicht
als Sohn Gottes und einzigen Erlöser kennen oder ihn sogar ausdrücklich
ablehnen, wie zum Beispiel die Muslims, und die deswegen auch nicht den
gleichen Gott anrufen wie wir Christen. Wir erblicken in solcher
interreligiösen Gebetsgemeinschaft einen Verstoß gegen das erste Gebot
und das Apostolische Glaubensbekenntnis, der dazu führen kann, die
Grenzen zwischen wahrem und falschem Glauben zu verwischen und damit
den Weg in eine kommende, synkretistische Weltgemeinschaft aller
Religionen zu bahnen.
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