" ... DEN LEIB DES HERRN NICHT MEHR UNTERSCHEIDEN... "
von
Ass. Prof. Dr. Diether Wendland
Was viele Priester, insofern sie (noch) gültig geweiht worden sind,
tatsächlich nicht mehr wissen, sondern nur 'glauben' (meinen), sie
würden darüber eine zureichende Erkenntnis besitzen:
Der Canon Missae - und zwar der ganze im Ordo (=Sinn-Einheit) Missae,
angefangen mit dem "Te igitur..."-ist das Kernstück des eucharistischen
Opfers der Kirche, d.h. aller getauften Christ-Gläubigen, die der
Corpus Jesu Christi mysticum sind als Seine Glieder. (Die Kirche des
göttlichen Menschensohnes ist keine 'Klerus-Kirche'!) Darum wird, wie
das Konzil von Trient lehrt, die hl. Messe immer nur "ab Ecclesia"
gelesen, und zwar durch einen dazu bevollmächtigten Priester, dessen
Vollmacht apostolischen Ursprungs ist.
Der Canon Missae ist ein sakraler Ritus einer Kultgemeinschaft, nicht
aber eine 'feierliche Zeremonie', die ein dekorierter Zeremonienmeister
veranstaltet zum Gaudi der 'Gemeinde'. Der heute und besonders'in der
Konzils-'Kirche' verwendete Terminus "Zelebrant" hat nicht mehr die
Bedeutung von "Opferpriester", sondern es bezeichnet einen
Kult-Vorsteher und Zeremonien-Akteur. Jede Kultgemeinschaft, die einen
Ritus vollzieht - eine Maiandacht oder Herz-Jesu-Andacht ist kein
Ritus, sondern lediglich ein liturgischer Brauch -, beruht auf der
Einheit von "Religion und Glaube", gleichgültig, ob es sich dabei um
eine wahre oder falsche Religion oder einen wahren oder falschen
Glauben, bis hin zu einem Aber-Glauben, handelt. Auch die 'schwarzen
Messen' und der NOM-'Canon Romanus' sind echte Riten, auch wenn es sich
dabei nicht um sakrale handelt. (Der sog. 'N.O.M.' ist keine
"Luthermesse", weil der Protestantismus überhaupt keinen Ordo Missae
besitzt, sondern wegen einer bestimmten Häresie, die in ihm liegt, ein
anti-trinitarischer Ritus.)
Nun aber setzt die spezifisch christliche Kultgemeinschaft beim Vollzug
des Ordo Missae und seines sakralen Ritus ein doppeltes voraus, was oft
übersehen oder gar nicht mehr gewußt wird: 1.) die
Offenbarungsreligion, d.h. den Bezug auf und die Rückbindung an den
trinitarischen Gott von Seiten der (ganzen) menschlichen Natur, der
keine Götzen neben sich duldet, sondern die unbedingte Anbetung fordert
und rituelle Opfer verlangt (nicht aber Ritualmorde!), und 2.) die
"vera fides" (den "wahren Glauben"), die im gnadenhaft geschenkten
Offenbarungsglauben (fides divina - göttlicher Glaube) wurzelt, der in
der Kurzfassung des CREDO zum Ausdruck gebracht wird. Und bereits am
CREDO des Ordo Missae und seiner Verklammerung mit dem Schlußevangelium
scheiden sich die Geister, und es trennen sich die Gläubigen von den
Ungläubigen. Als Roncalli das Schlußevangelium beseitigte, war bereits
klar, was passieren würde. Die Liturgie-'Reform' hatte nicht die
Liturgie zum Ziel, sondern die Wesensveränderung und damit die
Zerstörung des Meßritus, um auf diesem Weg das eucharistische Opfer zu
beseitigen. Der Ritus einer Kultgemeinschaft ist keine Angelegenheit
der Liturgie oder der Disziplinarordnung, sondern eine Sache der
Dogmatik. Darum waren alle Auseinandersetzungen von Liturgikern und
Exegeten mit dem sog. 'N.O.M.' von vorneherein falsch und lagen schon
prinzipiell schief.
Zudem muß man beachten, daß sich eine christliche Kultgemeinschaft beim
Vollzug des hl. Meßopfers bzw. beim Mitvollzuges von Seiten der
Partizipanten (d.s. Teilnehmer - auch anwesende Priester!) auch als
eine Gebetsgemeinschaft vor Gott und gegenüber Ihm darstellt (z.B. im
"Orate fratres " ) . Diese Gemeinschaft steht jedoch, wenn sie eine
christliche sein will, auf dem uralten normativen Axiom der
katholischapostolischen Kirche: "Lex credendi - lex orandi", d.h. sie
setzt beim Beten, auch beim liturgischen Gebet, welches ein Grundakt
der Religion ist, nicht nur die "vera fides" voraus, sondern auch die
Einheit im wahren Glauben. - Das Gebet als solches ist kein Akt des
Glaubens, sondern ein Akt der Religion, weil es, wie der hl. Augustinus
sagt, eine "Erhebung des menschlichen Geistes zu Gott" ist und sein
Grundakt in der Anbetung Gottes, des erkannten Schöpfers besteht, der
ein trinitarischer Gott ist.
Wie ist das "una cum Papa nostro Joanne Paulo et Antistite nostro N.N." im Canon der hl. Messe zu beurteilen?
Der Canon im Vollzug des Ordo Missae hängt nicht in der Luft, sondern
ist eingebettet in der sich jeweils bildenden Kult- und
Gebetsgemeinschaft der getauften Christ-Gläubigen, wodurch diese ja
Glieder der Kirche sind. Es gibt jedoch in der hl. Messe keine passiven
Glieder, nicht einmal während der Predigt, weil diese das Hinhören
voraussetzt (oder auch das Weghören, wenn sie nicht mehr zu ertragen
ist wegen des Bla-Bla oder noch schlimmerer Dinge).
Im Canon Missae, in dem der Ordo Missae seinen Höhepunkt erreicht,
nachdem kurz zuvor der Geist der Kirche in den sich an diesem Ort
versammelten Christgläubigen gerufen hat: "Hochgelobt sei, der da kommt
im Namen des Herren!" verdichtet sich durch das "Te igitur" die Einheit
von Religion und Glaube einer konkreten Kultund Gebetsgemeinschaft auf
dem realen Fundament einer "religio vera", die durch die "vera fides",
die im Offenbarungsglauben (fides divina) wurzelt, geprägt ist. Und
dies ist nun zugleich und gleichzeitig die Voraussetzung und die Basis
für den bald nachfolgenden "Ritus celebrandi missam" durch einen
Priester der Kirche des göttlichen Menschensohnes, handelnd in "persona
Christi", d.h. an Seiner Stelle. Und das tut er nun, dieser und jeder
Priester in der gleichen Lage, insofern er kein Scharlatan oder
Baalspriester ist, unter anderem, also keineswegs ausschließlich, "una
cum famulo tuo Papa nostro N. et Antistite nostro N.". Bei einem
Priester jedoch, der in der hl. Messe auch nur ein Christgläubiger wie
jeder andere ist (und keineswegs vom Hl. Geist auf besondere Weise
erleuchtet!), muß man voraussetzen und erwarten können, daß er weiß,
was er denkt, glaub: und tut. Darauf blind zu vertrauen, das war
freilich schon früher der große Irrtum des 'gläubigen Kirchenvolkes1 in
seinem falschen 'Kirchenglauben' und dem Irrglauben gewesen, es gäbe so
etwas wie eine "kath. Religion", die es nie gegeben hat, wohl aber eine
irrtumslose katholische Glaubenslehre, die sich freilich wiederum nicht
nur auf die Dogmen beschränkte, da diese nur Abgrenzungen der "fides
catholica" sind.
Nun aber gibt es keine rituelle Kult-Gemeinschaft der christlichen
Religion in der immer vorausgesetzten Einheit des wahren Glaubens in
Verbindung mit bzw. in einer Vereinigung mit Häretikern und Apostaten.
Deshalb begeht ein Priester, der "una cum" Roncalli bzw. Wojtyla,
einschließlich eines 'residierenden' Ortsbischofs, den Meß- Opfer-Ritus
vollzieht, ein Sakrileg und zieht dadurch auch noch zu allem Übel die
Meßteilnehmer in diese Todsünde mit hinein. Zudem wird spätestens durch
den Mißbrauch des Canons der Gottes-Dienst eines religiösen Kultes zu
einer eklatanten Gotteslästerung (blasphemia, maledictum in Deum) und
der ganze Ordo zu einer Verhöhnung und Beleidigung des göttlichen
Menschensohnes in seiner Realpräsenz. Diese Sachlage war schon von
Anfang an bei Lefebvre (wenn man von der Problematik seiner Weihen
einmal absieht) und seinen Genossen gegeben, aber auch bei anderen
Priestern, und zwar nicht erst nach der Promulgation und Approbation
des sog. 'N.O.M.'! Inwieweit diese Priester noch bona fide waren, das
jedoch kann nur Gott alein wissen. Indessen ist es eine Tatsache, die
niemand leugnen kann, wenn er ehrlich ist, nämlich, daß der Vollzug des
Ordo Missae in den Meßzentren offen war und blieb für einen häretischen
und sektiererischen Geist und ihn nicht abwehren konnte; im Gegenteil:
er zog ihn an und produzierte ihn sogar. Und warum? Nun, weil man in
Wahrheit nicht mehr wußte, was eine religiöse Kultgemeinschaft mit
sakralen Riten ist und wodurch sie sich ermöglicht. Die Einheit von
Religion und Glaube war schon lange vor dem Vatikanum II
auseinandergebrochen, so daß der Corpus Jesu Christi mysticum mehr und
mehr entartete, und zwar einerseits zu einer 'KlerusóKirche' ohne Basis
- die Laien wurden zu einem Akzidens der Kirche gemacht - und
andererseits zu einer 'Geist-Kirche' über den Wolken oder im
gesinnungskatholischen Herzenskämmerlein. Das wurde dann "sentire cum
Ecclesia" genannt, um sich den Anschein von mystischem Tiefsinn zu
geben - ohne Verstand und 'selbstverständlich' ohne Bezug auf den
ur-katholisehen vernunftbezogenen Glauben!
Der hl. Pius V. und die nachfolgenden Päpste haben nie an eine
Situation gedacht, wie sie heute gegeben ist und sich verwirklicht.
Darum erklärt sich leicht, warum Pius V. bei der Kodifizierung des
Missale Romanum meinte, man könnte bei jeder Sedesvakanz bzw. bei jeder
(damals bekannten) Art von Sedesvakanz die vorgeschriebene Formulierung
"una cum..." einfach auslassen. Aber das ist nicht möglich. Denn es
entpuppte sich nicht bloß ein (einziger) Papst als Nicht-Papst, sondern
auch ein Gesamtepiskopat als Nicht-Episkopat. Denn keiner von den
'geisterfüllten' Konzilsvätern hatte das Konzil durch einen
formell-juristischen Akt verlassen und seine Einheit mit dem
Nicht-Papst öffentlich als nicht existent bekundet. Es ist ohne jede
Bedeutung, ob da jemand im stillen Herzenskämmerlein "anders dachte"
oder irgendein Dokument nicht unterschrieben hat. Im ungemein harten
Heils- und Unheilsprozeß, in dem der Satan auf seine Weise gegenwärtig
ist, seinen 'Ordo Missae1 aufführt und seine 'Sakramente' spendet,
zählen nur die Fakten, nicht aber die Motive.
Priester und Laien, die es nur in der Kirche gibt, müssen, wo das
möglich ist, endlich einmal bitteren Ernst machen im Hinblick auf. den
Vollzug bzw. Mitvollzug des Ordo Missae "ab Ecclesia", deren Haupt und
Herr der göttlichen Menschensohn ist. Es gibt keine Hierarchie "der
Kirche", sondern nur in der Kirche, weil die Kirche weder zwei Häupter
noch zwei Herren hat. Ein Papst ist ein "servus servorum Dei" ("Diener
der Diener Gottes") und ein Einzelbischof absolut kein "hochwürdigster
Herr". Die Apostel, die keine simplen Bischöfe waren, hätten es sich
verbeten, so betitelt zu werden. Oder etwa nicht? Sie riskierten
ständig ihr Leben, nickt deswegen, weil sie Macht besaßen, sondern
"nur" die Wahrheit Jesu Christi. Diese allein zählt, sonst nichts! Die
hl. Messe ist ein Ordo und ihr Canon ein Kriterium der Heilswahrheit.
Dann aber steht man in der Situation, sich ein schreckliches Gericht zu
essen oder zu trinken, wenn man nicht mehr wissen will, was man tut.
Wenn man dies alles nüchtern bedenkt, dann kann es doch gar nicht so
schwierig sein zu erkennen, was man heute, wenn man nicht vollends vor
die Hunde gehen möchte, an die Stelle des "una cum..." im Canon setzen
muß, nämlich: "In Einheit mit allen wahrhaft Christgläubigen und allen,
die den göttlichen, apostolischen und katholischen Glauben fördern".
(Vgl. dazu auch Heller, Eberhard: "Zum Problem des 'una cum' im 'Te
igitur' des Meßkanons", EINSICHT vom August 1981, S.96.) Damit ist auch
die konkrete Diasporasituation seit dem Vatikanum II, einschließlich
des Ausfalls des ständigen Lehramtes der Kirche, genau bezeichnet - wie
ich meine. Hier sitzt niemand mehr nach einer bloßen Vertreibung an den
kühlen Wassern Babylons, sondern fast ohne Wasser und Manna in der
Wüste! Indessen: das wissen doch der göttliche Menschensohn und Seine
Mutter, und nicht zuletzt auch der hl. Erzengel Michael.... ! Wozu also
das Gejammere und Gezeter oder das Spekulieren auf einen Bischof - wehe
dem, der sein Heil auf Menschen setzt! - oder die schlechthin dumme
Frage, die man so oft zu hören bekommt: "Wie kann denn Gott - der
"liebe Gott", versteht sich! - nur so etwas zulassen? Man sollte lieber
fragen: "Warum?" - Es genügt zu wissen: der gute Hirt kennt seine
Schafe. Aber: nur Seine Schafe kennen auch Ihn und hören auf Seine
Stimme. .Das Kriterium der wahren Liebe (caritas) ist der
Glaubensgehorsam. Alles andere ist "jagen nach dem Wind".
Es ist falsch, den Canon Missae immer nur aus dem verengten Winkel der
Wandlungsworte zu betrachten, sonst sieht man nicht mehr das
intellektiv-rationale Fundament des "mysterium fidei", das ein
Mysterium tremendum ist. Der Satan braucht sowohl konsekrierte als auch
nicht-konsekrierte Hostien, damit wir "den Leib des Herrn nicht mehr
unterscheiden"! So einfach ist das und es ist weltweit mit
Erfolg'gekrönt. |