ZUM TODE VON HERRN DR. HUGO MARIA KELLNER,
DEM VATER UNSERES KIRCHENKAMPFES
von
Eberhard Heller
Anfang März dieses Jahres erhielt ich von Frau Magdalena Kellner aus
Rochester einen Brief, in dem sie mir mitteilte, daß ihr Mann, Herr Dr.
Hugo Maria Kellner am 8. Februar im Altersheim St. Anna von Rochester /
USA verstorben war, in welches er am 13. Januar eingeliefert worden
war. Wie mir Frau Kellner, die 56 Jahre an der Seite ihres Mannes
mitgelitten hatte, schrieb, war es unmöglich gewesen, den Verstorbenen
zu Hause alleine weiterzupflegen. Bald nach der Einlieferung bekam
Kellner eine Grippe, am 6. Februar folgte ein Schlaganfall, dem er zwei
Tage später erlag.
Herr Dr. Kellner war am 3. August I9ol in Würzburg geboren worden 1926
promovierte er an der Universität Gießen im Fach physikalische Chemie
und lebte an schließend in der Gegend von Augsburg. Als der Krieg
ausbrach, wurde er zwangsweise ein gezogen. Unter dem Eindruck des
ersten Atombombenabwurfes, in welchem er einen apokalyp tischen
Vorboten sah - in seinen Schriften taucht dieser Gedanke immer wieder
auf - und aus Angst vor einer unmittelbaren Invasion der Kommunisten
aus Rußland, emigrierte er 1949 mit seiner Familie - und das hieß:
neben seiner Frau mit neun Kindern, von denen das älteste damals 18
Jahre und das jüngste 18 Monate alt war - nach Amerika. Unterstütz
wurde die Familie von zwei Tanten in Rochester. 1954 wurde Kellner
amerikanischer Staats bürger. Er arbeitete als Geschäftsführer, als
Übersetzer und betrieb nebenbei noch physikalische Studien. In der
Öffentlichkeit wurde Kellner erstmals bekannt im Jahre 1962 während der
Kuba-Krise, als er einen atomsicheren Bunker baute.
Der religiösen und geistigen Erziehund galt Kellners große
Aufmersamkeit. Zwei seiner Töchter sind Ordensfrauen geworden, ein Sohn
wurde Priester, drei weitere Söhne haben wie ihr Vater promoviert.
Als ich Herrn Dr. Kellner zu seinem 8o. Geburtstag gratulierte, schrieb
er mir von der Geburtstagsfeier im Kreise seiner großen Familie; ja,
man habe noch Schubertlieder zusammen gesungen, und das habe ihn
besonders gefreut.
Dr. Kellner wurde aber dann weltweit bekannt - wenigstens einem
größeren Kreis aufmerksamer Beobachter - durch seine souveräne,
konsequente Kritik an den Vorgängen auf dem sog. Konzil und dessen
Beschlüssen. Als überzeugter katholischer Christ hatte er sich durch
intensive theologische Studien, besonders der Schriften des hl. Thomas
v. A. und des Kirchenrechtes jene Sensibilität in der Beurteilung der
Reformbeschlüsse verschafft, mit der er gleich einem Seziermesser die
in ihnen versteckten Häresien bloßlegte. Seine warnenden Schriften
dürften wohl alle Bischöfe erhalten haben.
Obwohl ich nicht das Glück hatte, Herrn Kellner auf seinem
Deutschlandbesuch im Frühjahr 197o persönlich kennen zu lernen, so war
mir doch bald nach der Lektüre seiner Schriften klar: dieser Mann ist
unbestechlich. Neben H.H. Pater Saenz Arriaga aus Mexiko sehe ich in
ihm den überragenden Streiter und den Vater des kirchlichen
Widerstandes. Er war einer der ersten, die noch während des Konzils
dessen Ausrichtung erkannte. In vielen Rundschreiben, die er weltweit
versandte, machte er auf den Verrat, der von Rom ausging, aufmerksam.
Viele seiner Schreiben sind in der EINSICHT abgedruckt worden. Er war
der erste, der nach einem Besuch in dem eben erst gegründeten Seminar
von Econe und einem Gespräch mit Mgr. Lefebvre feststellte: das
Programm ist illusionär , die Taktik moralisch defizient. Das war im
Jahre 1972! Wegen der unterschiedlichen Beurteilung von Econe und
seinem Chef kam es zwischen Dr. Kellner und Prof. Lauth zum Bruch. Aber
natürlich war der Theologe und nüchterne Analytiker Kellner gegenüber
dem spekulativen Taktiker Lauth im Recht und blieb es auch. Die weitere
Entwicklung von Econe und dem Lefebvrianismus hat das eindeutig belegt:
durch Lefebvre und seine Bruderschaft wurde der Kirchenkampf gerade in
dem zentralen Punkt korrumpiert, in dem sich der große Abfall objektiv
fixieren ließ, nämlich in dem Nachweis der dogmatischen Ungültigkeit
des sog. 'N.O.M.', den der Chef von Econe jedoch als gültigen Ritus
anerkannte.
Kellner war es auch, der wiederum als erster auf das Problem des "Una
cum" im Kanon aufmerksam machte und die Gültigkeit der Weihen von Mgr.
Lefebvre bestritt, nachdem dieser 1976 selbst eingestehen mußte, von
dem Freimaurer Lienart geweiht (bzw. 'geweiht') worden zu sein. Auch
wenn man gegen bestimmte Argumentationsweisen von Kellner - so auch
gegen seine Einstellung zu den von Mgr. Ngo-dinh-Thuc erteilten
Bischofsweihen - Vorbehalte anmelden mußte, so kam man an den von ihm
aufgezeigten Problemen nicht vorbei. Seine Feder war zugleich ein
Seziermesser und ein Schwert, mit dem er ununterbrochen focht.
Seine souveräne Art, wie er die Auswirkungen und Entwicklungen nach dem
sog. 2. vatikanischen 'Konzil' charakterisierte, sind an sich schon
staunenswert und zeigen sein großes theologisches Wissen, besonders des
Kirchenrechtes. Man ist jedoch geradezu frappiert, welchen Weitblick
Kellner schon während des 'Konzils bewies. Seine späteren Arbeiten sind
bekannt, diejenigen, die unmittelbar während des Pseudo-Konzils
entstanden, jedoch weniger.
In Erinnerung an den Mann, der als einer der ersten den Kampf gegen den
religiösen Verrat von oben aufnahm, der kompromißlos, unbestechlich,
konzentriert und aller Spielchen der lächelnden (oder ehrgeizigen)
Auguren zum Trotz unbeirrt seinen Weg ging zu Gottes Ehre... und nicht,
um seine eigene leuchten zu lassen, folgen hier Auszüge aus Beiträgen,
die in den Jahren 1964 und 1965 entstanden sind.
Möge Gott seinen unermüdlichen Streiter mit jenem Preis auszeichnen, den ER denen verheißen hat, die IHM treu dienen. |