DER ADMIRALITÄTSANKER
von
Hermann Schulze
Der Admiralitäts-Anker ist das Symbol für die "christliche Seefahrt".
Er ist deshalb zum Symbol geworden, weil er sich so vielfältig bewährt
hat. Hier soll, wie nachfolgende Erzählung belegen kann, gezeigt
werden, daß man von einem Symbol nicht einmal geringschätzig reden
darf, ohne daß dies handgreifliche Folgen zeitigt.
Drei lange Jahre hatte ich selten Gelegenheit gehabt, ein Kielschiff zu
segeln. Als mir deshalb ein Freund anbot, mit ihm zusammen für vierzehn
Tage auf seinem Kielschiff mitzusegeln, nahm ich daher dankbar an. Vor
Beginn unserer Reise nahmen wir unsere Ausrüstung in Augenschein. Nicht
ohne einen gewissen Stolz zeigte mir der Schipper seinen alten
erprobten Anker vor. Als sein zukünftiger Decksjunge sagte ich etwas
blasiert: "Ja, ja, das ist eine alte und gute Konstruktion. Aber die
zwölf Jahre, die ich nun schon mit meinen inzwischen erwachsenen Söhnen
Sommer für Sommer mit einem ähnlichen Schärenkreuzer wie dem deinigen
zwischen den Schären Stockholms gesegelt bin - einmal sogar bis
Helsinki - , haben wir niemals Gelegenheit gehabt, den
Admiralitäts-Anker zu gebrauchen, sondern nur den (einfacher zu
handhabenden) Pilzanker (der mit Blei ausgefüllt ist). Dieser greift ja
gut in unserem Tonboden." - "Aber ich will meinen Anker dabei haben",
sagte der Schipper.
Unsere Segelei funktionierte zu beiderseitiger Zufriedenheit. Aber an
einem der letzten Abende, als gerade der etwas ermüdete Decksjunge
steuerte, war er unvorsichtig beim Anlaufen der Insel Rödskär bei Ekerö
in der Nähe von Stockholm. Das Schiff saß auf einmal fest... und wie
sich zeigen sollte, 'hinterhältig' und gründlich. Ein Junge mit einem
Ruderboot sah uns und kam uns zu Hilfe. Wir hatten noch nicht
begriffen, wie fest wir saßen. Der Lehm am Grund des Mälaren ist ja
weich. Wir versuchten, unseren 3oo-Quadratmeter-Schärenkreuzer wieder
loszukrängen: nichts zu machen! Der Pilzanker war zu nichts nutze. Der
mußte ja erst im Ton versinken, dann kann er allerdings sehr, sehr fest
sitzen. Eine nähere Untersuchung zeigte, daß unser Bleikiel zwischen
zwei auf den Seeboden abgesackten Baumstämmen eingeklemmt war, die zu
einer weggesackten Anlegebrücke gehörten und nun in einem rechten
Winkel zum Kiel standen. Der Junge sagte: "Auf der Insel wohnt jeden
Sommer ein 'älterer Herr', der die Insel seit 25 Jahren wie seine
Hosentasche kennt. Ich bitte diesen Herrn, uns zu helfen." Da wir
inzwischen ziemlich mürbe geworden waren, nahmen wir das Angebot
dankbar an.
Der 'ältere Herr' entpuppte sich als ein tüchtiger Seemann in den
besten Jahren. Er sagte nur: "So, so, seid ihr unvorsichtig gewesen und
zu nahe an unserer Insel vorbeigesegelt und dabei in unsere
Boots-'Falle' geraten?" An Bord versuchten wir noch einmal, den Kreuzer
loszukrängen. Dann sagte unser hilfsbereiter Seemann, Herr Johnny
Lundell: "Habt ihr einen Admiralitäts-Anker?" Nicht ohne einen gewissen
Stolz holte nun der Schipper seinen Anker hervor. Der Decksjunge ging
in sich und schämte sich wegen seiner früheren Äußerungen über den
Admiralität-Anker... von wegen, nicht gebrauchen können... Der Anker
wurde nach Achtern ausgefahren: man soll versuchen, ein Bott in der
Richtung wieder loszubekommen, in der man es festgefahren hat. Wir
machten nur ein einzigen Hau-Ruck... und schon kamen wir wieder los.
Im Heimathafen sagte dann einer der Segelkameraden zu mir, dem
inzwischen klüger gewordenen Decksjungen: "Alle machen wir früher oder
später einen Fehler. Ich befand mich einmal in einer ähnlichen Lage wie
ihr. Wir hatten kein Ruderboot. Da legten wir unseren Anker auf eine
Rettungsweste und bugsierten ihn so an die Stelle, wo wir ihn haben
wollten. Dann kamen wir los. Ja, ja, es stimmt schon, das ist eine gute
alte (und bewährte) Konstruktion, dieser Admiralitäts-Anker."
Wie konnten nur die Konzils-Funktionäre nicht nur bloß ein Symbol
verwerfen, sondern gleich das gesamte katholische Symbolon. Das Schiff,
welches sie steuern, haben sie rettungslos auf 'Grund gesetzt'. |