54. Jahrgang Nr. 7 / Dezember 2024
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Offener Brief an H.H. Bischof M. Pivaruns


Ausgabe Nr. 5 Monat Juni 2004
Papst Leo d.Gr.: Predigt über das Pfingstfest (Sermo LXXVI)


Ausgabe Nr. 6 Monat Juli 2004
Eberhard Heller: Der Fall Y. Yurchik: Aufnahme in die röm.-kath. Kirche?


Ausgabe Nr. 8 Monat Oktober 2004
Open Letter to most Reverend Bishop M. Pivarunas


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In memoriam Frau Dr. Elisabeth Gerstner


Ausgabe Nr. 1 Monat April 1971
Zur Promulgation der Neuen Messe


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Über das Papsttum der Römischen Bischöfe


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La silla apostólica ocupada


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The Apostolic See Occupied


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Über das Papsttum der Römischen Bischöfe


Ausgabe Nr. 5 Monat September 2002
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Le Siège apostolique < occupé >


Ausgabe Nr. 8 Monat December 2002
La sede apostolica


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RECHTFERTIGUNG EINER KÜNFTIGEN PAPSTWAHL


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Ausgabe Nr. 6 Monat Dezember 2000
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Korrektur zu: Zum Problem einer möglichen Papstwahl


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Ausgabe Nr. 4 Monat November 1996
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DER HEILIGE KLEMENS VON ROM, PAPST UND MÄRTYRER


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DER HEILIGE KLEMENS VON ROM, PAPST UND MÄRTYRER
 
DER HEILIGE KLEMENS VON ROM,
PAPST UND MÄRTYRER



von
Eugen Golla


Nachdem der Priester zu Beginn der Kanonstille das "Te igitur" und das "Memento" gebetet hat, folgt das Gedächtnis der Heiligen mit dem ehrenden Gedenken an die Apostel und Märtyrer. Nach den Aposteln eröffnen den Zug die drei ersten Nachfolger Petri: Linus, Kletus und Klemens. Der letztgenannte, der hl. Klemens, der in den letzten Tagen des Kirchenjahres gefeiert wird - sein Fest ist am 23. November - und in Unterscheidung von Klemens v. Alexandrien Klemens Romanus genannt wird, gehört zu jenen hervorragenden Gestalten des frühen Christentums und ist der erste kirchliche Schriftsteller, welcher auf die Offenbarung folgte, dessen Name uns überliefert ist. Wir wissen zwar von ihm mehr als von anderen Päpsten der ersten beiden Jahrhunderte; dennoch bleibt das meiste über seine Persönlichkeit sowie sein Leben unbekannt.

Widersprüchlich sind bereits die Ansichten über seine Herkunft. Gemäß einigen Autoren soll er der Sohn eines Römers gewesen sein, nach anderen Quellen soll er jüdischer Abstammung gewesen sein. Häufig wird Klemens mit dem in Philipper-Brief 4,3 erwähnten Klemens identifiziert. Aber auch diese These, daß er folglich ein aus Philippi in Griechenland stammender Schüler des hl. Paulus sei, steht auf schwachen Füßen, zumal in lateinischen Inschriftensammlungen der Name Klemens sehr häufig vorkommt und zwischen diesem Paulus-Brief und der Regierungszeit des Papstes Klemens mindestens dreißig Jahre liegen, so daß inzwischen ein dem Apostel Paulus nicht Nahestehender die Leitung der Kirche übernehmen konnte.

Ins Reich der Fabel muß die Erzählung verwiesen werden, wonach Klemens zur kaiserlichen Familie gehörte. Die Unglaubwürdigkeit ergibt sich allein schon daraus, daß es die Kirchenväter sicherlich nicht unterlassen hätten, diesen Umstand zu berichten, wenn gerade ein Angehöriger jenes Kaiserhauses Papst geworden wäre, welches die Christen so konsequent verfolgte. Dagegen ist es feststehende Tradition, daß der hl. Klemens Bischof von Rom war. Schwierigkeiten ergeben sich allerdings bei der Festsetzung der genauen Regierungszeit -wahrscheinlich regierte Klemens zwischen 9o-lol -, da die Papstkataloge hinsichtlich der ersten Nachfolger Petri nicht übereinstimmen. Als die wahrscheinlichtste Papstfolge wird jetzt allgemein die auf den Vater der Kirchengeschichtsschreibung, den Bischof Eusebius von Cäsarea zurückgehende angesehen: Petrus, Linus, Kletus, Klemens - wie im Kanon der hl. Messe festgehalten. In der römischen Liturgie wird Klemens in Übereinstimmung mit einigen Kirchenschriftstellern als Märtyrer gefeiert, während die ältesten und sichereren Autoren wie Eusebius, Hieronymus und Irenäus nichts von einem Martyrium berichten.

Der Inhalt der Märtyrerakten ist kurz folgender: Der hl. Klemens war nicht nur ein Vater der ihm anvertrauten Gläubigen, sondern es gelang ihm auch, zahlreiche Juden und Heiden zu bekehren. Publius Tarquinius, der "comes sacrorum" (wahrscheinlich ein vom Verfasser erfundener Titel, der soviel wie Anordner der heidnischen Zeremonien bedeuten könnte), soll deshalb aus Eifersucht eine Christenverfolgung in die Wege geleitet haben. Da sich Klemens weigerte, den Göttern zu opfern, wurde er zusammen mit Priestern und vielen Gläubigen auf die Halbinsel Chersones (die heutige Krim) verbannt. Gegen diese Version erheben sich von historischer Seite Zweifel: der Chersones, der erst im 4. und 5. Jahrhundert vielfach als Verbannungsort diente, gehörte eben zu Ende des 1. Jahrhunderts nicht zum Römischen Reich. Folgt man jedoch dieser Überlieferung, so sollen die Neuankömmlinge auf der Krim auf zahlreiche Verbannte gestoßen sein, die zu Arbeiten in den dortigen Marmorbrüchen verurteilt worden waren. Rasch verbreitete sich unter ihnen die Nachricht, daß der Papst als ihr Leidensgefährte gekommen sei, was zur Folge hatte, daß sich viele Bewohner taufen ließen, zahtreiche Kirchen errichtet und Heidentempel mit ihren Idolen zerstört wurden. Auf die Kunde von diesem segensreichen Wirken ordnete der Kaiser auf der Krim eine Christenverfolgung an, der auch unser Heiliger zum Opfer fiel, indem er mit einem an seinem Hals befestigten Anker ins Meer versenkt wurde, um den Gläubigen die Verehrung seines Leichnams unmöglich zu entziehen. Die Gebete der Gläubigen sollen es aber vermocht haben, daß das Meer zu gewissen Zeiten drei Meilen zurückwich, wobei sich an der Stelle der Versenkung ein aus Marmor errichtetes Heiligtum mit den sterblichen Überresten des hl. Papstes mitsamt dem Anker aus den Fluten hob. (In der Pfarrkirche von Eschenlohe bei Garmisch, die vom Kloster Ettal ausgestattet wurde, befindet sich ein monumentales Deckengemälde im Chorraum, das vom Wirkendes Papstes Klemens auf der Krim berichtet; Anm.d.Red.) - Gewiß darf die historische Kritik die Echtheit dieses Berichtes bezweifeln, aber um wievieles ärmer wäre die Hagiographie, hätte sie alles Legendenhafte entfernt! Das Heilige besitzt eine Dimension, die über das rein Geschichtliche hinausreicht, ohne deshalb poetischer Schmuck oder gar Märchen zu werden. Jedenfalls ist allein schon auf Grund dieser Berichte nicht auszuschließen, daß Papst Klemens das Martyrium auf irgend eine Art erlitten hat.

Von legendären Zügen ist auch der Bericht über die Auffindung der Reliquien durch den hl. Cyrill im 9. Jahrhundert durchsetzt: Auf einer Missionsreise durch das südliche Rußland gelangte Cyrill auch auf den Chersones. Vergeblich erkundigte er sich bei der durch die Barbareneinfälle im Laufe der Jahrhunderte stark dezimierten Bevölkerung nach dem im Meere befindlichen Grab bzw. nach dem wunderbaren Zurückweichen der Fluten. Nach vielem Beten bestieg Cyrill in Begleitung von Klerus und Volk ein Schiff, um zu der Insel zu gelangen, wo sich nach seiner Vermutung die sterblichen Überreste des Papstes Klemens befinden sollten. Schließlich wurden das Haupt, verschiedene Gebeine und sogar der Anker, den der Henker am Halse des Heiligen befestigt hatte, gefunden. Diese Reliquien wurden dann von Cyrill nach Rom gebracht und in der Kirche San Clemente beigesetzt. Tatsächlich entdeckte man in der Nähe des Chersones eine Insel, die mit dem Festland durch eine Mauer, welche nur bei Ebbe sichtbar wurde, zusammenhing und welche die Ruinen eines uralten Oratoriums barg. Es ist daher gut möglich, daß es sich um die Stelle handelt, wo der hl. Cyrill glaubte, die Reliquien des Papstes gefunden zu haben, und es ist nicht ausgeschlossen, daß es sich um die ihm geweihte Kirche gehandelt hatte.

Es gibt zahlreiche Schriften, die den Namen unseres Heiligen als Verfasser tragen, aber nur eine einzige stammt wirklich von ihm, der sogenannte erste Klemensbrief, ein Sendschreiben der römischen Gemeinde an die korinthische, und als solches war es nicht namentlich signiert. Dennoch bestehen keine Bedenken, Klemens als den Verfasser anzusehen, denn hierüber sind wir im Besitze wichtiger Zeugnisse. So schrieb z.B. um das Jahr 17o der Bischof Dionysius von Korinth an Papst Soter: "Heute haben wir den heiligen Tag des Herrn gefeiert, an dem wir euren Brief vorgelesen haben, den wir immerfort lesen werden zur Erbauung, wie auch den früher von Klemens an uns geschriebenen." Dieser älteste Pastoralbrief enthält in seinen ersten 36 Kapiteln überwiegend sittliche Ermahnungen allgemeiner Art, während der 2. Teil (Kap. 37-61) sich mit den Streitigkeiten auseinandersetzt, die in der vom hl. Paulus gegründeten Gemeinde von Korinth entstanden waren. Der eigentliche Grund des Zwistes ist dem Brief nicht zu entnehmen. Fest steht nur, daß einige junge Leute sich den kirchlichen Oberen widersetzen und sie absetzen wollten. Klemens erkannte mit Scharfblick die aus diesem Schisma für die Gesamtkirche drohende Gefahr, indem er schrieb: "Eine Schande, Geliebte, eine große Schande und eine Schmach für den Wandel in Christo, wenn man hören muß, wie die festgegründete und uralte Kirche von Korinth wegen einer oder zweier Personen sich empört gegen ihre Presbyter. Und diese Kunde ist nicht nur zu uns gedrungen, sondern auch zu den Andersgesinnten, so daß dem Namen des Herrn Schmach angetan wird wegen eures Unverstandes, für euch selbst aber Gefahr entsteht". (Kap. 47,6-7)

Daß die Kirche Roms bereits zu Ende des ersten Jahrhunderts in hohem Ansehen stand und ihre zentrale Stelle einzunehmen begann, beweisen autoritative Worte wie: "Nehmet unseren Rat an. (...) Wenn aber etliche dem von Ihm (d.i. Gott) durch uns Gesagten den Gehorsam verweigern, so mögen sie wissen, daß sie sich in Verfehlung und in eine nicht geringe Gefahr verstricken". (Kap. 59,1) - "Freude und Jubel werdet ihr uns bereiten, wenn ihr gehorsam werdet dem, was wir durch den Heiligen Geist (an euch) geschrieben haben." (63,2)

Die Aufforderung an die Korinther, die abgesetzten Priester wieder in ihr Amt einzusetzen, wird damit begründet, daß die kirchliche Ordnung von Gott stammt und eine von Ehre und Würde gestaffelte Hierarchie ist, in der jeder, auch der Laie, den ihm zustehenden Platz einnimmt. Und wie fest ist sich Klemens bewußt, daß diese Ämter göttlichen Ursprungs sind: "Die Apostel haben uns das Evangelium verkündet, (das sie) vom Herrn Jesus Christus (erhalten haben), Jesus Christus aber ist gesandt von Gott. Christus ist also von Gott und die Apostel von Christus gesandt; beides ist demnach geschehen in aller Ordnung nach dem Willen Gottes. Sie empfingen also ihre Aufträge, wurden durch die Auferstehung unseres Herrn Jesus Christus mit Gewißheit erfüllt, wurden im Glauben an das Wort Gottes gefestigt, und dann zogen sie voll des Heiligen Geistes hinaus zur Predigt, daß das Reich Gottes nahe sei. Indem sie nun in Ländern und Städten predigten, setzten sie die Erstlingsfrüchte ihrer (Predigt), nach vorhergegangener Prüfung im Geiste, zu Bischöfenund Diakonen der zukünftigen Gläubigen ein." (Kap. 42,1-4) (Da zu dieser Zeit die hierarchische Ordnung noch nicht vollständig durchgeführt war, rechnet Klemens scheinbar Bischöfe und Diakone zu den Priestern.)

An die Urheber des Schismas ergeht die Aufforderung, Buße zu tun, ja sogar auszuwandern.

Sehr aufschlußreich ist dieser Klemens-Brief für die Geschichte der frühchristlichen Kirche, da er auch Ausführungen über die Christenverfolgung Neros sowie Petri Aufenthalt und Martertod in Rom enthält. Dogmatisch ist die starke Hervorhebung der Rechtfertigung durch den Glauben interessant: "Und wir, die
wir durch seinen Willen in Christus Jesus berufen sind, werden nicht durch uns selbst gerechtfertigt noch durch unsere Weisheit oder Einsicht oder Frömmigkeit oder durch die Werke, die wir vollbracht haben in der Heiligkeit des Herzens, sondern durch den Glauben, durch den alle von Anbeginn an der allmächtige Gott gerechtfertigt hat." (32, 4). Es wäre aber falsch, daraus zu schließen, Klemens sei bereits ein Vorläufer der protestantischen Sola-Fides-Lehre. Schreibt er doch in Kap. 35,5: "Wir kommen zum Heil, wenn unsere Gesinnung in Treue gefestigt ist gegen Gott, wenn wir nach dem streben, was Ihm angenehm und wohlgefällig ist, wenn wir tun, was Seinem heiligen Willen entspricht, wenn wir auf dem Weg der Wahrheit wandeln, wenn wir von uns wegwerfen alles Unrecht und alle Schlechtigkeit, Habsucht, Streit, Bosheit und Hinterlist, Verleumdung und üble Nachrede, Haß gegen Gott, Aufgeblasenheit und Prohlerei, Eitelkeit und ungastliches Wesen."

Es ist verständlich, daß mangels anderer Quellen immer wieder versucht wurde, aus Stil und Wortwahl dieses Schreibens Aufschluß über die Person des Autors zu erlangen. Vor allem ging es um die Frage: war er Jude oder Heidenchrist? Zugunsten des ersteren spricht auf den ersten Blick die auffallend große Zahl von Zitaten aus dem Alten Testament. Hierbei muß aber berücksichtigt werden, daß die Lehren der Apostel auch bei bekehrten Heiden zu dessen intensivem Studium führten und bei Klemens keine geistige Prägung durch das Judentum festzustellen ist. Der Ansicht, daß Klemens dem Heidentum entstammt, kommen sein eleganter Stil, seine Vertrautheit mit der griechischen und römischen Literatur, gewisse der Stoa entnommene Denkweisen sowie eine positive Einstellung zum römischen Staat und seiner Disziplin entgegen. Doch alles Deuten und Beweisenwollen hilft nicht darüber hinweg, daß uns wohl für immer ein großer Teil seiner Lebensumstände unbekannt bleiben wird. Fest steht: Im Bewußtsein der führenden Stellung Roms gegen die Kirchenspaltung einschreitend und ohne Haschen nach Effekt und Originalität zu Demut, Gehorsam und Achtung vor der von Gott geschaffenen kirchlichen Ordnung aufrufend, erscheint uns Klemens als ein Vorläufer der großen Päpste späterer Jahrhunderte.


Literatur:

"Bibliothek der Kirchenväter" Kempten und München 1918, Bd. 35.
Alb, Ehrhard: "Urkirche und Frühkatholizismus" Bonn 1935.
"Realencyklopädie für prot. Theologie und Kirche" Bd.4, Leipzig 1898.
Stadler, J.E.: "Vollständiges Heiligen-Lexikon" Bd.1, Augsburg 1858.
"Theologische Realencyklopädie" Bd.8, Berlin-New-York 1961.
"Vies des saints" Bd.11, Paris 1954.
Wetzer und Weite: "Kirchenlexikon" Bd.3, Freiburg 1884.
 
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