"DU BIST CHRISTUS, DER SOHN DES LEBENDIGEN GOTTES" (MATTH. XVI,18)
von
Miriam Davidoglou
(übers. von H.H. Pfr. Werner Graus, aus "La Voie")
Vorbemerkung der Redaktion:
Vorliegende Abhandlung schließt an den Artikel von Léon de Poncins "Das
jüdische Problem im Hinblick auf Vaticanum II (1965)" (in der
Übersetzung von H.H. Pfr. Graus; vgl. EINSICHT XVI/97 ff. vom November
1986) an und bringt eine Widerlegung der von jüdischer Theologen
vorgetragenen Argumente gegen die Gottessohnschaft Christi, die auch
teilweise von den sog. 'Reformern' übernommen wurden.
E. Heller
***
Sicher ist, daß der Messias von den Propheten zugleich als Sohn Davids
und'als Sohn Gottes verheißen wurde. Mehr noch: der Messias - Christus
- muß sowohl dem Gesetze als auch der Natur nach von David abstammen.
Daß er dem Gesetze nach von David abstammt, ist in 2 Kön. 7,16
vorausgesagt: "Dein Haus und deine Königsherrschaft sind für immer
sichergestellt von mir." Damit wird gesagt, der Messias muß den Thron
Davids erhalten, und dies kann nur dann der Fall sein, wenn er nach dem
Gesetze ein Nachkomme Davids ist. Er muß auch sein natürlicher
Abkömmling sein, damit sich die Prophétie des Isaias erfüllen kann: "An
jenem Tage wird der Sproß Jesse (d.i. Davids Vater) wieder aufgerichtet
sein wie eine Standarte für die Völker, und die Nationen werden kommen,
um ihn anzubeten." (Is. XI,lo) Eine legale Abstammung aus der Linie
Davids allein genügt jedoch nicht, um Christus als Messias zu
kennzeichnen. Er muß zudem noch ein Sproß aus der Wurzel Jesse (virga
ex radice Jesse, Is. XI,1), d.h. ein Nachkomme Jesses sein. So nämlich
versteht es auch der hl. Paulus, wenn er von Jesus Christus sagt, daß
er der Sohn Gottes ist, "der dem Fleische nach entsprossen ist aus dem
Geschlechte Davids" (Rom 1,3).
Andererseits wurde Christus durch Gottes Wort prophezeit "Mein Sohn
bist du, heute habe ich dich gezeugt" (Ps. 11,7)... "der Sohn Gottes zu
sein in Macht" (Rom. 1,4), d.h. er kann also nicht von einem Menschen
gezeugt sein. Der gleJ ehe Sachverhalt wird auch von Isaias
vorhergesagt: "Siehe, die Jungfrau wird empfangen und einen Sohn
gebären; sein Name wird sein Emanuel (Gott-mit-uns)" (Is. VII,14). Das
bedeutet: in der Person des Messias wird Gott mit (bei) uns sein. Er
selber wird unter uns wohnen (Joh. 1,14). Dieser Name Emanuel
kennzeichnet die Inkarnation des Logos. So legen es auch die Väter aus
wie z.B. der hl. Hieronymus und der hl. Chrysostomus. Und diese
Interpretation ist gleichsam nur ein Echo der Worte Gottes selbst:
"Denn was sie empfangen hat, stammt vom Hl. Geiste" (Matth. I, 2o u.23)
- "Dieser wird groß sein und Sohn des Allerhöchsten genannt werden;
(...) darum wird auch das Heilige, was aus dir geboren wird, Sohn
Gottes genannt werden" (Lk. 1,32 u.35).
Hier ergibt sich eine offenkundige Schwierigkeit: Wie kann der Messias,
den die Propheten als den Sohn Gottes verkünden (Ps. 11,7), geboren aus
einer Jungfrau (Is. VII,14), der rechtmäßige Sproß Davids sein? Daß er
von David abstamme dem Fleische nach, ist leicht zu verstehen. Es
genügt hierfür der Nachweis, daß seine Mutter aus dem Blute und
Geschlechte Davids stammt. Diese natürliche Abstammung aus dem Hause
Davids würde jedoch nicht ausreichen, um den Messias zum rechtmäßigen
Erben des Zepters Davids erklären zu können. Dies wäre nur dann der
Fall, wenn aucn eine Abstammung gemäß dem Gesetz vorliegen würde. Wenn
also die natürliche und die gesetzmäßige Abstammung in eins
zusammenfallen würden. Nur dann könnte der Sproß Davids dem Gesetz nach
den Thron seines Vaters David besteigen. Deshalb muß auch der Gatte den
Jungfrau Maria aus dem Hause und Geschlechte Davids sein. Der
Evangelist Lukas berichtet daß Joseph "aus dem Hause und Geschlechte
Davids war" (Lk. 11,4). Der Adoptivvater, d.h. der Vater vor dem
Gesetz, der hl. Joseph, stammte auch aus dem königlichen Geschlechte
Davids.
Diese Forderung des Alten Testamentes findet ihre Lösung in den beiden
Stammbäumen Jesu, die uns das Neue Testament überliefert (vgl. Matth.
1,1-16 und Lk. III, 23-28). Matthäus übermittelt uns den Stammbaum
Josephs, des Vaters Unseres Herrn vor dem Gesetz; Lukas entfaltet die
Ahnenfolge Mariens, die den Messias geboren hat ("geboren aus Maria,
der Jungfrau"). Im ersten Stammbaum folgen nach David Salomon, Roboam
und die nachmaligen Könige von Juda bis Jechonias. Er endet bei "Jakob,
der Joseph zeugte, den Mann Mariens, aus der geboren ist Jesus, den man
Christus (Messias) nennt". Matthäus macht hier deutlich, daß Jesus
nicht der Sohn Josephs dem Fleische nach ist. Aus der weiteren
Ahnentafel geht hervor, daß der Vater Mariens, dessen Schwiegersohn
Joseph war, durch eine Nebenlinie von David abstammt. Der hl. Lukas
schreibt: "Jesus war zu Beginn seines öffentlichen Wirkens etwa dreißig
Jahre alt und galt als Sohn des Joseph, des Sohnes des Heli, des Mattat
des Levi" usw. (vgl. Lk. III, 23 f.). Heli ist eine Abkürzung für
Joachim oder Heliacim. Diese drei Namen sind bei den Juden
gleichbedeutend, und so kann leicht einer durch den anderen ersetzt
werden. Daß der Name Mariens nicht auf der Tafel des hl. Lukas
erscheint, darf nicht überraschen. Es war bei den Ju-> den nicht
Brauch, die Namen der Frauen direkt in der Ahnentafel erscheinen zu
lassen. In der Generationsfolge ersetzte man ihren Namen durch den
ihres Mannes, den man folgen ließ auf den des Schwiegervaters, ohne die
Ehefrau dabei namentlich aufzuführen.
Aus all dem folgt, daß die beiden Stammbäume in der hl. Schrift sich
nicht nur nicht widersprechen, sondern beide verweisen aufeinander.
Damit Jesus Christus der Messias sein kann, muß er von David abstammen
aus zwei verschiedenen Linien. Die Kritiker der Hl. Schrift scheinen
diese Notwendigkeit nicht zu sehen und erblicken deshalb in den beiden
Ahnenfolgen ein unlösbares Problem. Sie scheinen die jeweiligen
Prophetien nicht zu kennen und wollen den Evangelien einen Widerspruch
unterlegen und sie als ungeschichtlich abstempeln in dem Sinne, daß sie
behaupten, Jesus sei kein Sproß aus dem Geschlechte Davids, weshalb er
nicht der Messias sein könne. Moderne Exegeten behaupten sogar, die
davidische Abstammung Mariens sei den Evangelien fremd, ja sie wird gar
von ihnen ausgeschlossen: Maria wäre demnach dem Fleische nach nicht
die Tochter aus Davids Haus.
Das ist alles nicht neu. Man wiederholt heimtückisch gegen die Hl.
Schrift die Vorwürfe und Verleumdungen eines Porphyrius, eines Julian
des Abtrünnigen, der Manichäer, der modernen Juden und der Atheisten.
Nur leugnet man heute diese Wahrheit nicht mehr offen, indem man
behauptet: "Jesus kann nicht der Messias sein, weil er in Wirklichkeit
nicht der Sohn Davids ist", sondern man sagt etwa so: "Ja, natürlich,
Jesus ist Christus (der Messias), a b e r er ist in Wirklichkeit nicht
der Sohn Davids" - so etwa argumentieren die modernen Exegeten.
Jemandem, der das Alte Testament kaum oder nur ungenügend kennt, fällt
dabei nicht auf, daß, wenn die zweite Behauptung richtig ist, die erste
notwendigerweise falsch sein muß. Demgegenüber kann man aus der Hl.
Schrift wirklich beweisen, daß Maria die königliche Jungfrau und ein
Sproß Davids (virgo regia Davidicae stirpis - Leo d.Gr.) ist:
1. Im Talmud von Jerusalem, verfaßt im Jahre 35o n.Chr., im Traktat
Chagigah, "erkennen die Juden selbst an, daß der Stammbaum des hl.
Lukas der von Jesus Christus ist seitens seiner Mutter; denn in den
Lästerungen, die sie gegen die Mutter Jesu vorzubringen wagen, nennen
sie sie 'Tochter des Heli'" (Kanonikus Crampon "Dictionaire du Nouveau
Testament" 1938.
2. Die Tradition der Juden wird bestätigt durch jene der Christen. Die
griechischen und lateinischen Kirchenväter sagen uns, daß der Vater der
Jungfrau Maria Joachim hieß, wovon Heli eine Abkürzungsform ist.
Derselbe Name wird ihm auch im "Evangelium der Ebioniten" gegeben und
in zwei anderen apokryphen Evangelien des zweiten Jahrhunderts.
3. Der hl. Justinus der Märtyrer (um loo in Samaria geboren,
hingerichtet im Jahre 165 in Rom) berichtet in seinem Dialog mit dem
Juden Tryphon, daß die Mutter des Erlösers aus dem Geschlecht Davids
stamme, von Jakob, Isaak und Abraham, was beweist, daß der älteste
Theologe der katholischen Kirche ein Jünger der Apostel gewesen sein
mußte - er wurde geboren, als Johannes noch lebte - und deshalb Maria
jenen Stammbaum zuspricht, den der Evangelist Lukas aufgezeichnet hat
und der dann von David aus auf die drei Patriarchen verweist.
4. Maria war eine Erbtochter (vgl. Lukas II, 4 f.), d.h. eine Tochter,
die, weil sie keine Geschwister hatte, die Erbschaft ihres Vaters
antrat. Nach dem Gesetz des Moses konnten die Erbtöchter nur Männer
ihres Stammes und ihrer Familie heiraten (Nb. 36,6). Weil Maria Joseph
geheiratet hatte, einen Abkömmling Davids (vgl. Matth. I, 1-16), schloß
man daraus, daß sie notwendigerweise auch von David abstammen müsse.
Dies bestätigt die Ahnenfolge des hl. Lukas, in der der Name Joseph
erscheint. Denn in den Stammbaumverzeichnissen der Juden werden jene
Männer aufgeführt, welche Erbtöchter heirateten, wie auch die wahren
Söhne ihrer Schwiegerväter.
5. Wir streifen nur kurz die Zeugnisse unserer Väter im Glauben wie
z.B. die des hl. Hieronymus und des hl. Hilarius, die ausdrücklich
sagen, daß die Mutter des Erlösers aus dem Hause Davids stamme und mit
Joseph verwandt war (vgl. Hieronymus, Kommentar zu Matth. 1,18 und
Hilarius, Kommentar zu Matthäus 1,1).
Ähnlich wie die Protestanten verwerfen auch die Neomodernisten die
apostolische Tradition und behaupten, sich allein auf die Bibel zu
stützen. Folgen wir ihnen einmal auf diesem Feld und sehen, ob es wahr
ist, was sie behaupten: z.B. die hl. Evangelist Lukas schließe die
Annahme einer davidischen Abstammung Mariexis angeblich aus. Wie
verhält es sich nun in Wirklichkeit? Der Engel sagte zu Maria: "Siehe,
du wirst empfangen und einen Sohn gebären und du wirst ihm den Namen
Jesus geben. Er wird groß sein und Sohn des Allerhöchsten genannt
werden. Gott, der Herr wird ihm den Thron seines Vaters David geben"
(Lk. I,3o-33). Und nun frage ich: Wie könnte David sein Vater sein,
wenn "Maria keinen Mann erkennt"? (Lk. 1,34). Es ist klar, daß der
Erzengel Gabriel hier zu verstehen gibt, daß Maria, die Mutter Jesu,
von David abstammt, da sie ja von Joseph noch nicht heimgeführt worden
war und zudem die Jungfräulichkeit gelobt hatte. Nach jüdischem Gesetz
wurde die Heirat erst wirksam an dem Tag, an dem die Braut in einer
feierlichen Zeremonie in das Haus ihres Gatten geführt wurde.
Nun, diese feierliche Heimführung fand erst drei Monate später statt,
nachdem Maria ihre Base Elisabeth wieder verlassen hatte. (Lk. 1,56 und
Matth. 1,24) Aus der Situation und den Worten des Engels geht also sehr
klar hervor, daß die Jungfrau Maria davidischer Abstammung sein mußte.
Gott selber sagt dies im Alten Testament voraus: "Ich werde auf deinen
Thron setzen deinen Sohn", der aus deinen Lenden hervorgeht". (2 Kön.
VII,12) Wie könnte dann der Messias aus den Lenden Davids hervorgehen,
wenn er nur sein Adoptivsohn wäre? Die Formulierung "aus den Lenden
hervorgehen" bezeichnet sicher keine nachfolgende Adoption. Wollen dain
die falschen Exegeten das Alte Testament in toto verwerfen,wie es die
Manichäer getan haben? Sie sollten sich daran erinnern, daß auch der
hl. Paulus schreibt: "Ex semine David secundum carnem" - "Aas dem Samen
Davids dem Fleische nach." (Rom. 1,3)
Schließlich müssen wir noch von der Gottheit Christi sprechen. Die
Propheten haben den Messias als Sohn Gottes angekündigt (vgl. die
entsprechenden Verheißungen bei Isaias VII,14 und im Psalm 2,7).
Zu-diesem Thema haben die Modernisten zwei Theorien; denn sie
verschmähen kein Mittel, um bei den Menschen den Eindruck zu erwecken,
daß es keinen unwiderlegbaren Beweis für die Messianität Jesu gebe -
wahrscheinlich, um auf diese Weise den Hohen Rat möglichst zu
entschuldigen und um den Judaismus zu begünstigen. Sie stellen deshalb
zwei Theorien auf. Die eine besagt, Jesus habe niemals erklärt, er sei
der Sohn Gottes. Aber dafür lassen sich jedoch Belege in den Evangelien
finden. Zum anderen gehen gewisse Häretiker sogar so weit, daß sie
behaupten, an keiner Stelle der Hl. Schrift würde die Gottheit Christi
belegt.
Die zweite Theorie ist feiner gesponnen. Ihre Befürworter geben zu, daß
die Lehre von der Gottheit Christi von Christus selbst gelehrt wurde
und daß diesbezüglich die Jünger nichts erfunden hätten. Indessen
leugnen sie aber, daß dies den Juden bekannt gewesen sei und im Alten
Testament erwähnt sei, wo man jedoch genügend Hinweise auf die Gottheit
Christi findet. Man köante einwenden, daß diese teilweise Verwirrung
der alt- und neutestamentlichen Aussagen nicht so gravierend sei, wenn
doch die Parteigänger dieser Auffassung die Gottheit Christi letztlich
nicht anfechten, sondern auch behaupten. Aber da täuscht man sich. Eine
Lüge wiegt immer schwer, besonders, wenn sie die göttliche Wahrheit
betrifft. Nehmen wir einmal für einen Augenblick an, diese
letztgenannten Kritiker hätten recht. Was würde daraus folgen? Wenn die
Propheten wahrhaft vorhergesagt hätten, daß der Messias von einem
Menschen gezeugt werden würde, so wie wir alle, dann könnte Jesus, der
von sich gesagt hat, er sei von Gott ausgegangen, nicht der Messias
sein.
Die erste Theorie (besser: Häresie) wird durch folgenden Sachverhalt
widerlegt: Jesus selbst hat öffentlich seine Gottheit enthüllt - und
damit es die Juden nur ja deutlich begriffen, hat er sich des Namens
bedient, den Gott sich selbst gab, als er im brennenden Dornbusch zu
Moses sprach: "Ich bin, der Ich bin" (Ex. 111,14). In der Tat, Christus
sagte von sich: "Ehe Abraham ward, bin ich" (Joh. VIII,28). Zu sagen:
"Ich bin von Ewigkeit", d.h.: "Ich bin der Ewige, der Unveränderliche,
das Sein schlechthin". Wenn die Juden von Gott sprachen, nannten sie
ihn: "Er ist", auf Hebräisch: "Jahweh". Wegen der Inanspruchnahme
dieses Titels wollten die Juden Christus ja als Gotteslästerer
steinigen!!! Christus hatte auch gesagt: "Ich und der Vater sind eins."
(Joh. X,3o) Er hätte nicht klarer seine Gottheit bestimmen können! Denn
das besagt: "Ich bin eines Wesens mit dem Vater". Nicht nur das
Johannesevangelium bezeugt die Gottheit Christi. Im Lukasevangelium
finden wir sogar die Bezeugung durch den Vater: "Du bist mein
vielgeliebter Sohn" (111,1) und bei Matthäus bestätigt Jesus seine
Gottheit mit den Worten: "Du sagst es, ich bin der Sohn Gottes".
(Matth. XXVI, 63 f.). Denen aber, die immer noch behaupten wollen, daß
in den Evangelien keine Aussage über die Gottheit Christi beinhalten,
mögen jene Worte aufnehmen, die am Ende jeder hl. Messe vorgelesen
werden (jedoch nicht mehr in dem von Johannes XXIII. reformierten
Missale): "Gott war das Wort", "und das Wort ist Fleisch geworden"
(Joh. 1,1 u. 14).
Befassen wir uns mit der Meinung jener, die behaupten, die Lehre von
der Präexistenz und der Gottheit Christi sei dem Alten Testament fremd.
Wenn dies zuträfe, hätten die Juden eine Entschuldigung dafür, daß sie
den angekündigten Messias nicht erkannt hätten und auch dafür, als sie
ihn als Gotteslästerer steinigen wollten - dann hätten sie auch eine
rechtfertigende Erklärung dafür, daß sie ihn als Gotteslästerer zum
Tode verurteilten. Die Priester und Notabein des Volkes konnten jedoch
nicht in Unkenntnis über die Gottessohnschaft des Messias sein: "Mein
Sohn bist du, heute habe ich dich gezeugt". (Ps. 11,7) Im 44. Psalm,
Vers 7-9, heißt es: "Dein Thron, o Gott steht immer und ewig; das
Zepter deiner Herrschaft, ein Zepter des Rechtes. Du liebst die
Gerechtigkeit, du hassest das Unrecht; darum hat Gott, dein Gott, dich
gesalbt mit dem Öle der Freude, wie keinen deiner Gefährten". EiHebr.
I,8-lo, heißt es: "Zum Sohne aber hat er gesagt: Dein Thron, o Gott
steht für alle Ewigkeit und das Zepter der Gerechtigkeit ist das Zepter
seiner Königsherrschaft. Du hast Gerechtigkeit geliebt und Unrecht
gehaßt. Darum hat dich, o Gott, dein Gott gesalbt mit dem Öl der Freude
mehr als alle deine Genossen." - "Dein Gott hat dich gesalbt, o Gott"
bedeutet: der Gesalbte ist Gott von Gott. Sicher ein großes Geheimnis,
welches das Licht für alle Völker in Jesus Christus werden sollte. Also
ist der Gesalbte des Herrn, der Messias, Gott! "Dein Gott hat dich
gesalbt vor allen deinen Genossen"... da versteht man, daß der, den er
anruft, zugleich Gott und Mensch ist: der Messias. Insofern er Gott
ist, ist er einzigartig (Deut. VI,4; Mk. XII,29 : "Höre, Israel, Jahwe
unser Gott ist der einzige Jahwe". - "Das erste Gebot ist: Höre,
Israel, der Herr unser Gott ist alleine Herr".) Insofern er Mensch ist,
hat er "seinesgleichen". Dieser 44. Psalm (Zählung nach der Vulgata)
enthält in der Substanz die Christologie des Symbolums von Nicäa.
Auch aus anderen Stellen des Alten Testamentes geht hervor, daß das
Geheimnis der Inkarnation dem jüdischen Volk verkündet worden ist (z.B.
Is. VII,14: der Emanuel, d.i. Gott-mit-uns).
Christus selbst hat die Aufmerksamkeit der jüdischen Schriftgelehrten
auf einen Irrtum hingewiesen, in dem sie hinsichtlich des Messias
befangen waren, da sie David betrachteten als seinen natürlichen
Ahnherren. "Wie also", sagte ihnen Jesus, "kann ihn David, vom Hl.
Geist erleuchtet, Herr nennen, wenn er sein Sohn ist, da er doch sagt:
es sprach der Herr zu meinem Herren, setze dich zur Rechten" (Matth.
XXII,41-46). "Wenn David ihnen seinen Herrn nennt, wie kann er dann
sein Sohn sein?" Niemand konnte ihm hierauf antworten und von dieser
Zeit an wagte es niemand mehr, ihm eine Frage vorzulegen. Die
religiösen Führer wußten also sehr wohl Bescheid, daß der Messias
Gottes Sohn, d.h. Gott ist, und nicht nur der Sohn Davids. Auch der
"Alte der Tage" beim Propheten Daniel, der ebenfalls Menschensohn
genannt wird, ist göttlichen Wesens, wie es die Vision bezeugt.
Heute glauben viele, die sich noch 'Christen' nennen, nicht mehr an die
Gottheit Christi, d.h. daß er nämlich wesensgleich ist mit dem Vater
("... eines Wesens mit dem Vater..."). Solche Leute sind längstens vom
christlichen Glauben gänzlich abgefallen.
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