Der schon lange vor dem Vatikanum 2 sich in der katholischen Kirche
mehr und mehr ausbreitende Verlust der natürlichen Religion ist ohne
eigene Schuld, die ebenfalls im Klerus beheimatet war, gar nicht
denkbar. Das kam nicht "von außen", sondern von innen, wie dies auch
bei der Häresie der Fall ist. Dieser Verlust war viel schlimmer als
das, was der hl. Paulus (Rom. 1,19) bestimmten Heiden vorwarf, wenn er
schreibt: es beruhe nur auf ihrer eigenen Schuld, daß sie das, was "von
Gott erkennbar ist", nicht erkannten, also nicht auf ihrem Unvermögen.
Sogar in Predigten bei der hl. Messe wurde offen oder unterschwellig
überall das Märchen verkündigt, nur die Gläubigen haben eine "wahre
Religion". Es gibt noch genügend katholische Laien, die sich an diesen
Skandal erinnern und verständlicherweise nichts mehr mit klerikalen
Geistlichen zu tun haben wollen. Darum ist auch ein Wiederaufbau der
Kirche allein durch den Klerus eine Illusion. Was zerstört ist, bleibt
zerstört und kann nicht wieder aus morschen Steinen aufgebaut werden.
Nur im Märchen sprießt eine Pflanze aus alten Ruinen.
Warum ist jedwede Erkenntnis darüber verschwunden, daß und warum sogar
Christus, der inkarnierte Logos, den so manche Heiden der Antike
ersehnten, auch die natürliche Religion vorausgesetzt hat? Außerdem
besaß Christus, der einzige "gute Hirte", bekanntlich auch Schafe, die
nicht aus dem Schafstall des Alten Bundes herstammten und also auf dem
Fundament einer natürlichen und wahren Religion standen. Wer oder was
verstellte denn den Blick und machte diese Wahrheiten nicht mehr
erkennbar? Nun, dazu gehörte auch eine falsche Auffassung von der
Kirche, ein verbogener Kirchenbegriff, der sich wie ein Schleier vor
die Augen gelegt hatte. Es half niemandem mehr, wenn ständig und bis
zum Überdruß von der heiligen Kirche oder der heiligen Mutter Kirche
pathetisch gepredigt wurde, die angeblich den "kindlichen Glauben"
aller ihrer gläubigen Kindlein besonders hoch schätze. Wer erinnert
sich nicht an dieses salbungsvolle Gerede, das vielen wohltat, da es
sie in Schlummer wiegte und schöne Träume versprach?! Ach ja, "schön
war die Leich", sagten die einen, andere wiederum meinten: "Herr, er
riecht schon!" Heute ist es offenkundig: beide hatten und behielten
recht. Allen, denen die Fundamente des Christentums am Herzen lagen und
die um seinen Fortbestand bangten, war die schauerliche Situation
evident: wer die natürliche und wahre Religion diskreminierte und für
wertlos erachtete, der verachtete den Menschen: wer aber den Menschen
verachtete, der verachtete Gott! Es war auch lächerlich zu singen: "Ein
Haus voll Glorie schauet...", denn was man wirklich sah, das war nur
noch Fassade, frommer Selbstbetrug, bigotte Selbstgenügsamkeit und
verinnerlichte Leere. Nicht einmal zwei Weltkriege konnten die immer so
'christlich gesinnten' Konfessionskirchen zur Vernunft und zum Umdenken
bringen. Heute aber führen die großen und kleinen Strohköpfe der
'Kirchen' untereinander und mit anderen 'Heilsdialoge', die sie in
ihrem religiösen Wahne zudem noch für das Wesen der 'Mission' halten.
Von der Apostolizität des Missionarischen haben diese wieder aus den
Gräbern hervorgekrochenen "Lügenapostel" nicht die mindeste Ahnung.
Nun aber müssen wir noch auf etwas anderes hinweisen, weil dies von
prinzipieller Bedeutung ist. Auch darüber scheint man nichts mehr zu
wissen, verständlicherweise; denn dafür braucht man historische
Kenntnisse und ein genaueres Faktenwissen. Wenn nämlich das Christentum
bei seinem Erscheinen in der Welt (in der berühmten "Fülle der Zeit",
sowohl im positiven als auch im negativen Sinne) nichts anderes und
auch nicht mehr gewesen wäre als eine wahre Religion, dann hätte es
sozusagen keinen Hund hinter einem warmen Ofen hervorgelockt - aber
auch keine Wölfe im Schafspelz von Seiten des Juden- und Heidentums auf
den Plan gerufen und in Erregung gebracht. Warum ist heute, nebenbei
bemerkt, alles so friedlich, so friedfertig sanft und so voller
Selbstbemitleidung, wenn die christliche Religion aus dem öffentlichen
Leben verschwindet oder in den Untergrund gedrängt wird? Christen
berufen sich bestenfalls, aber ohne darüber nachzudenken und die
Problematik zu erfassen, auf die Menschenwürde und die Menschenrechte,
nicht jedoch als Geschöpfe Gottes auf Seine Ehre und Seine Rechte und
die des göttlichen Menschensohnes, dessen Namen sie tragen (oder bloß
zugelegt haben, da man ja auch ein besonders lieber Mensch ist, der
niemandem etwas Böses will? "Jesus liebt dich!" und alle, und er wird
niemandes Richter sein!) Das Christentum trat nicht in hrscheinung mit
dem Anspruch, eine wahre Religion zu sein, sondern die absolute bzw.
absolut gültige und einzig wahre Religion zu sein. Das war der
essentielle Unterschied, das war wirklich neu, aber gar nicht so leicht
zu begreifen, selbst nicht für die Schüler der Apostel und die Jünger
Christi. ("0, Timotheus!"... schon der hl. Paulus hatte mit ihm seine
Schwierigkeiten, die ganz erheblich gewesen sein mußten, sonst hätte er
einen solchen Brief nicht geschrieben.) Indessen hatte ja bereits
Christus selbst dem "auserwählten (Rest-)Volk" und der jüdischen
"Religionsgemeinschaft" (Synagoge) ins Stammbuch die harten Worte
geschrieben: "Ihr betet an, was ihr nicht kennt" (Joh. 4,23). Beten
aber ist, worauf wir bereits hinwiesen, an Akt der Religion, nicht
jedoch des Glaubens, und ohne Gotteserkenntnis gibt es keine Religion
des Menschen und für ihn. Alles auf dan Boden der Religion Welthafte,
Weltbezogene oder "Irdische", d.h. alles sich im Endlichen
Verschließende, hat die objektive Intention, dieses Fundament der
Religion zu zerstören.
Auch heute noch spricht der "schwarze Engel" und findet überall Gehör:
"Alle Reiche der Welt und ihre Herrlichkeit, dies alles will ich dir
geben, wenn du niederfällst und mich anbetest" (Mt 4,8 f). Anbetung
aber ist wesenhaft und notwendig Machtentsagung und Unterwerfung im
Denken und im Wollen, was nur gegenüber Gott möglich ist. Im Akt und in
der Grundhaltung der Anbetung zeigt sich der Wert und die Würde des
Menschen. Anbeten wiederum kann man nicht, was man nicht wirklich kennt
bzw. erkannt hat. Verehren kann man vieles, sogar das Unsinnigste,
anbeten aber nur eines. Das gilt absolut und ausnahmslos.
Die wahre Religion unterscheidet sich von der absoluten und einzig
wahren dadurch, daß diese nicht allein den persönlichen Schöpfer-Gott
zum Ziel hat, sondern den trinitarischen, welcher ist Gott, der Vater,
Gott, der Logos-Sohn, und Gott, der Heilige Geist. Auf Grund dieser
Offenbarung, die durch den göttlichen Menschensohn geschehen ist, aber
hat Gott, weil er der Urheber der Religion des Menschen ist, die
natürliche Religion zu einer übernatürlichen erhoben und auf diese
Weise vollendet, was reine Gnade ist und eine Wohltat für den
menschlichen Geist bedeutet. Denn die Gnade setzt die menschliche Natur
voraus, um sie zu vollenden (gratia supponit naturam et perficit). Wenn
man diese sich durch die Gotteserkenntnis vermittelnde Erhebung nicht
erfaßt, dann hat man von der christlichen Religion noch gar nichts
begriffen und damit kein Recht, sich als Christ zu bezeichnen. Deshalb
war es auch doppelt falsch und konfus zugleich, wenn der katholische
Religionsphilosoph Alois Dempf lehrte: "Nicht das Geheimnis der
Menschwerdung ist für die Religionsphilosophie Beweis der Absolutheit
des Christentums und der göttlichen Sendung seines Stifters", sondern
nur der Beweis "aus der geschichtsphilosophischen Betrachtung der
Religionsentwicklung" mit Berücksichtigung ihrer "Stifter" und
"Propheten". Denn der Mensch gewordene ewige Logos war weder ein
Religionsstifter noch einfachhin ein Prophet in der Reihe der
Propheten.
Letzteres ergibt sich schon daraus, daß er das (lehrende) Wort Gottes
weder vom Vater noch vom Heiligen Geist empfing, sondern es einerseits
nur sehr entfernt ähnlich wie Moses und andererseits überhaupt nicht zu
empfangen brauchte. Denn "das Wort ist Fleisch (d.i. Mensch)
geworden..." (Joh 1,14), nicht aber ist der Mensch, geschweige denn
irgendeine Individualperson durch Vergöttlichung das Wort geworden.
Darum die Aussage Christi: "Wahrlich, wahrlich ich sage euch: ehe
Abraham war, bin ich. - Wenn einer auf mein Wort achtet (d.h. nicht
bloß: genau zuhören, sondern: es befolgen und sich ihm unterwerfen),
wird er den Tod nicht schauen in Ewigkeit" (Joh. 8,58/51). Als der
göttliche Menschensohn aber hat Christus keine Religion gestiftet,
weder eine neue noch eine christliche, sondern Er hat den Menschen ganz
konkret auf sich hingeordnet und an sich gebunden. Wer behauptet, das
Judentum nach Christi Geburt oder der Islam seien wahre Religionen, der
weiß nicht, wovon er redet, oder er lügt infam. Im übrigen war der
Illumin‚t und Fanatiker Mohammed genau das, was die Hl. Schrift als
einen falschen Propheten bezeichnet. Er maßte sich sogar gegenüber dem
Judentum und dem Christentum eine unfehlbare Lehr- und
Entscheidungsbefugnis an.
Obwohl der Mensch niemals religionslos existiert, so ist doch die
christliche Religion, wie jetzt wohl leichter eingesehen werden kann,
das am wenigsten Selbstverständliche in der Welt, ja überhaupt nicht
selbstverständlich. Diese Erfahrung macht jeder, wenn er damit anfängt,
sich ernsthaft Gedanken zu machen über den Sinn der Religion im
allgemeinen und der christlichen im besonderen, ober wenn er sich vor
die Frage gestellt sieht, worauf sich dennReligion und christliche
Religion wesenhaft und notwendig beziehen, und zwar von der Sache her
objektiv, nicht etwa subjektiv. Das religiöse Bewußtsein drängt einen
normalen Menschen ständig zu solchen Fragen, die man zeitweise zwar
verdrängen, letztlich aber nicht beseitigen kann. Hierbei "sucht man
nicht nach der Wahrheit", wie heute jungen Leuten suggeriert wird,
sondern nach wahren Antworten auf Probleme. Antworten jedoch, die auf
ihre Wahrheit hin überprüft werden können, aber bleiben in der Regel
aus. An ihre Stelle tritt ein ganz übler Meinungswirrwarr ohne Vernunft
und Verstand. So verhält es sich überall im religiösen Bereich, so daß
dann, wenn man nicht mehr weiter weiß, immer auf irgendeinen Glauben
verwiesen wird, ja sogar auf einen sog.'katholischen Glauben', der
jedoch irrational und alogisch ist und gar nichts erhellt, sondern
alles nur noch mehr verdunkelt. Deshalb wird auch der reale Unterschied
(distinctio realis) nicht mehr erfaßt, der zwischen der Religions- und
Glaubens-Gemeinschaft besteht.
Im übrigen kann nur aus einer Religionsgemeinschaft ein Kult
hervorgehen kann, sich dann aber auch verselbständigen und steril
werden. In einem solchen religiösen Gebilde werden nur noch Gebete
'gesprochen', d.h. geredet, heruntergeleiert oder vor sich hin
gemurmelt, nicht aber gebetet. Es ist auch ziemlich leicht, über einen
Kult die Religion zu verderben, wie es leider auch durch einen
sentimentalen Marienkult geschehen ist, der aus einer falschen
Mariologie hervorging und dem vor allem Frauen und marianisch-emotional
erregte Priester bestimmter Orden oder religiöser Genossenschaften
verfallen waren. Diese glaubten auch, besonders religiös und katholisch
zu sein und gebrauchten ständig Worte wie z.B. "in Jesus und Maria"
oder "Maria mit dem Kinde lieb...". Vom Wesen der christlichen Religion
und ihrer schwierigen Verwirklichung aber wußten sie nichts; sie
bemerkten auch in ihrer 'Verinnerlichung' und 'In-sich-gekehrtheit'
nicht, was um sie herum in Kirche und Welt vorging. Schon im 19.
Jahrhundert ging das Wort von der "Krisis des Christentums" um, und nur
der katholische Klerus erweckte gegenüber den Gläubigen den Eindruck,
als ob er davon nicht betroffen sei.
Nur wenige durchschauten die sich immer mehr installierende
'Kleruskirche' mit ihren modernistisch-modernen "Pharisäern und
Schriftgelehrten", die aus alten übertünchten Gräbern wieder
hervorkrochen. Der sog. Modernisteneid war zwar gut gemeint, dennoch
aber, biblisch gesprochen, ein "stumpfes Schwert" und eine
Fehlinvestition, da sie an der vorgegebenen Realität von christlicher
Religion und Kirche vorbeiging bzw. diese nicht mehr erreichte. Darum
gingen auch bestimmte Enzykliken ins Leere oder wurden 'gefiltert' und
griffen sozusagen gar nicht mehr durch. Dem allgemeinen Kirchenvolk
aber blieben sie unbekannt, was keineswegs Zufall war. Wenn seit dem
Vatikanum 2 von einer "Krise der Kirche" geredet und geschrieben wird,
dann ist das entweder ein arges Mißverständnis oder eine bewußte
Täuschung, denn in Wirklichkeit handelt es sich um den Absud einer
auslaufenden Krise des Klerus. Wer erinnert sich nicht mehr an die
seltsame Logik und Grammatik: hochwürdig, hochwürdiger, am
hochwürdigsten und am allerhochwürdigsten - und ganz Naive glaubten
sogar, dies habe etwas mit Heiligkeit zu tun. Das Christentum hat nie
so etwas gekannt wie "Seine Exzellenz" oder "Seine Eminenz" oder den
"hochwürdigsten Herrn N.N.". Sollte das niemandem aufgefallen sein?
Schade, daß wir nicht wissen, was sich beispielsweise der hl. Pfarrer
von Ars darüber wohl gedacht haben mag. Man könnte ein satirisches Buch
schreiben mit dem Titel: Der Bischof und seine Hörigen. Viele waren gar
nicht mehr orthodox katholisch und wache Christen, sondern nur noch
blind autoritätsgläubig und ich-bezogen 'gesinnungskatholisch'. Es
stand aber nirgendwo geschrieben: Du sollst Gott lieben, sondern: Du
sollst den Herrn, deinen Gott lieben, was etwas ganz anderes ist und
bedeutet!
Die christliche Religion bezieht sich im Medium der geistigen
Erkenntnis (nicht außerhalb derselben) unmittelbar auf den göttlichen
Menschensohn, den Eingeborenen des ewigen Vaters und Erstgeborenen aus
den Toten, und nur durch Ihn mittelbar auf den trinitarischen Gott.
Darum sagte Er, der Herr aller, damit man sich nicht irren möge:
"Niemand kommt zum Vater außer durch mich". (Joh. 14,6) Und "wenn
jemand nicht in mir bleibt, wird er hinausgeworfen". (Joh. 15,6) Es war
und ist ein Irrglauben und nichts anderes als religiöser Schwachsinn,
von einem lieben Gott oder lieben Heiland oder lieben Jesus oder
anderen liebestrunkenen Wonnen liebelüsternd zu reden.
Auf der anderen Seite standen dann feixend diejenigen, die den lieben
Gott einen "guten Mann sein ließen" oder einengrundgütigen, aber schon
recht betagten Vatergott, wohnend hoch droben über'm Sternenzelt. Das
alles war kein Witz, sondern durchaus ernst gemeint, und wurde auch
dementsprechend praktiziert. Von der christlichen Religion oder ihrer
etwaigen Träger als dem "Salz der Erde" war da nichts mehr zu
erblicken. Es stellte sich schon lange in einem rapide fortschreitenden
Unheilsprozeß die immerwährende Frage Christi, mit der Er einmal die
Apostel hart konfrontiert hatte: Für wen (oder was) eigentlich halten
die Leute den Menschensohn? Und warum wohl stellte niemand oder kaum
jemand von den Priestern und den Priester-Theologen diese Frage an das
Vatikanum 2, das 'Pastoralkonzil'?
Die Erhebung der wahren natürlichen Religion des Menschen zu einer
einzig und allein wahren und dadurch auch im eigentlichen Sinne
heiligen Religion durch den göttlichen Menschensohn ist die
Voraussetzung des Christentums als einer übernatürlichen Religion, die
weder eine Stiftung eines Menschen ist noch sich "aus der Natur des
Menschen entwickelt" hat. Unter Heiligkeit aber versteht man die
onto-logische Einheit und Identität des Wahren und Guten, so daß man
begreifen kann und sollte, warum der persönliche Schöpfer-Gott, der ein
trinitarischer ist, auch als der Urheber der Religion des Menschen der
All-Heilige und der Dreimal-Heilige ist. Darum kann und soll der Mensch
ihn anbetend rühmen: Heilig, heilig, heilig ist der Gott der
Heerscharen, Himmel und Erde sind erfüllt von seiner Herrlichkeit! In
den nicht-christlichen Religionen ist gar nichts "wahr und heilig",
sondern alles von Grund auf verdorben bis hin zur Ruchlosigkeit. Wer
das Gegenteil behauptet und authentisch lehrt, ist ein klar erkennbarer
Häretiker und Apostat und in keinerlei Hinsicht ein Christ, auch wenn
er sich noch so frcmm friedfertig, menschenfreundlich und gottergeben
aufführt. Es kann doch wahrhaftig nicht so schwierig sein, die Wölfe im
Schafspelz zu erkennen und endlich einmal die Wachhunde von der Leine
zu lassen. Man glaube falschen Propheten nichts, die sich im übrigen
immer auf irgendeine Weise für inspiriert halten, gleichzeitig aber mit
der Dummheit religiös gestimmter Menschen rechnen, um Macht auf sie
auszuüben. Vielmehr sollte gerade ein Christ darum bemüht sein, unwahre
Prophetien deutlich zu erfassen und ihre Gefährlichkeit zu durchdenken
- auch um des lieben Nächsten willen, den er bekanntlich lieben soll
wie sich selbst.
Jeder Christ ist verpflichtet, sich selbst und den Nächsten vor
unwahren und sittlich verwerflichen Religionslehren zu bewahren. Wie
lange noch werden "Priester und Gläubige", die in Meßzentren heilige
Messen auf sektiererischer Grundlage feiern, gewissenlos der harten
Frage aus dem Wege gehen: wie viele Katholiken haben seit dem Vatikanum
2 ihre Kinder und Enkelkinder einem unwahren Religionsunterricht brutal
ausgeliefert?! Wer hat, nachdem auf Priester kein Verlaß mehr war, im
Familienrahmen eine religionsbegründende, spezifisch christliche
Katechese übernommen und durchgeführt? Ja, wer wohl und wie viele denn,
nachdem man satt, fett und frei geworden war und dann überall seine
'religiöse Freiheit' praktizierte, sogar in den kirchlichen
Kultstätten, angeführt bzw. an der Nase herumgeführt von seltsamen
Liturgen? Wo war die christliche Religion geblieben, ohne die es keine
Kirche gibt, wohl aber 'Kirchen'? Was war aus der realen "una, sancta
et apostolica Ecclesia" geworden? Hatten sie die "Pforten der Hölle"
überwältigt? Gewiß nicht, denn der göttliche Menschensohn konnte sich
weder irren noch war er ein Lügner. Dazu nämlich ist der, der "die
Wahrheit ist", in keinerlei Hinsicht fähig, d.h. absolut unfähig. Also
suche man die Heilswahrheit nicht dort, wo sie nun gerade nicht
gefunden werden kann, auch nicht bei den verehrungswürdigen Heiligen,
sonst sieht man sozusagen vor lauter Bäumen den Wald nicht mehr und
wird sich im Gestrüpp verfangen. "Wetten, daß...?!" Die christliche
Religion ist auch keine Spielwiese für Kinder oder ein Paradiesgärtlein
für fromme Seelchen, die von Glückseligkeitsschauern heimgesucht und
geschüttelt werden, sondern ein Kampffeld in der Welt, auf dem
Schlachten geschlagen, aber sehr wenige Siege gefeiert werden. Das war immer schon so und wird
auch in Zukunft so bleiben - bis der göttliche Menschensohn, der zur
Rechten des Vaters sitzt, wiederkommen wird, zu richten die Lebendigen
und die Toten. Der Messias wird nicht erst noch kommen, wie
Irrgläubige, die einen falschen Gottesbegriff haben, meinen, sondern Er
wird wiederkommen, was etwas ganz anderes bedeutet, und dann werden
auch so manche ihr "blaues Wunder" erleben. Der Christ hat ein Recht
darauf, dies zu erwarten, denn Gott ist gerecht und ein gerechter
Vergelter. (Im übrigen hat dies mit Rache gar nichts zu tun.)
Wie nun aber verhält es sich mit der Kirche, da diese die christliche
Religion notwendig voraussetzt? Oder meint man immer noch in einem
schon ziemlich alten klerikalen Geiste (besser: Ungeiste), man könne
das Wesen der Kirche ohne die Wirklichkeit der christlichen Religion
des mit Vernunft begabten Menschen verstehen, der doch "capax Dei",
d.h. der Gotteserkenntnis fähig ist? Diese jedoch ist immer nur
entweder wahr oder nicht-wahr, nicht aber mehr oder weniger wahr. Wohl
aber kann sie hinsichtlich ihrer Wahrheit mehr oder weniger vollkommen
sein, was an der Wahrheit nichts ändert. Das Unvollkommene hinwiederum
ist nicht der Maßstab für das Vollkommene, genau so wenig wie das Übel
der Maßstab des Guten ist. Im übrigen erklärt das Höhere das Niedere,
nicht etwa umgekehrt. Hingegen sind 'Kirchen' keine jeweils mehr oder
weniger vollkommene Wirklichkeiten, sondern de facto unwahre Gebilde,
weil die Wahrheit selbst, wie auch das Wahre einer Sache, nicht teilbar
ist. Darum sollte man sich hüten, das Wort von der "wahren Kirche"
vernunftwidrig zu gebrauchen, wie es schon seit geraumer Zeit an der
Tagesordnung ist, insbesondere bei den katholisierenden Christen, die
erstaunlicherweise sogar "an die Kirche glauben", obwohl man doch nur
die (Akkusativ!) Kirche glauben kann, d.h. eine bestimmte Realität auf
Grund einer Erkenntnis sicher (certe) und mit Gewißheit (cercitudo) für
wahr halten kann, obwohl man darüber keine philosophisch-metaphysische
Evidenz besitzt. Eine solche ist freilich auch nicht erforderlich.
(Ähnlich verhält es sich bei einem Staat, der, wenn er kein
rechtsstaatliches Gebilde ist, dann eben kein "wahrer Staat" ist, auch
wenn er Macht ausübt. Denn die geistigen Realitäten Macht und Recht
fallen im menschlichen Dasein auseinander, obwohl es Recht ohne Macht
nicht gibt und Macht ohne Recht sofort in unsittliche Gewalttätigkeit
umschlägt.)
Die reale Kirche in der Welt (im Gegensatz zu falschen und konfusen
Lehren des Vatikanums 2) ist primordial weder eine Glaubensgemeinschaft
bzw. eine Gemeinschaft von Glaubenden (communitas credentium) noch eine
gesellschaftliche Verbindung (compago) noch ein "neues Israel" noch ein
neues "Volk Gottes" und schon gar nicht irgendeines mysteriösen
Gott-Vaters oder Vater-Gottes (summum numen) oder eine Art göttliche
Volksgemeinschaft von Auserwählten, die sich, getreiben von einem
'heiligen Geiste', in der Welt und weltweit 'sammelt' etc., etc., wie
es seit 1965 der Fall sein soll, obwohl das noch niemand bemerkt hat
(abgesehen natürlich von den sich Papst oder Bischof nennenden
Zeitgenossen)..., sondern sie ist ein einmaliges und einzigartiges Werk
des göttlichen Menschensohnes und als ein solches ein soziales
Religions-Gebilde eigener Art, eine societas perfecta sui generis, die
deswegen auch sowohl eine natürliche als auch eine übernatürliche
Wurzel hat; sie schwebt nicht ätherisch über den Wolken und "west"
nicht irgendwo in einem Niemandsland. Sie existiert auch nicht als eine
unfaßliche, reine "Geistkirche" im Geiste der Gläubigen, wovon der
Protestantismus träumte, weil er keine Kirche hat oder besitzt. Man
konfrontiere doch einmal diejenigen, die ständig von Kirchen reden, was
sie wohl damit meinen. Dann nämlich wird man bald die Erfahrung machen,
daß diese 'Gläubigen' gar nicht wissen, wovon sie sprechen, sondern nur
konfuse Meinungen von sich geben. Objektive und allgemein-gültige
Erkenntnisse im Hinblick auf das, was gegeben, vorgegeben und wißbar
ist, wird man nicht finden, sondern nur dunkle Vorstellungen irrealen
und mystifizierenden Charakters, denen nichts in der Wirklichkeit
entspricht. Alles bleibt, wie man zu sagen pflegt, "in der Schwebe" und
unbestimmt, vage oder ambivalent. Der bloße Schein wird für die
Wirklichkeit gehalten und ausgegeben So ist es überall, wo man auch
hinschaut.
Papst Pius XII. hat in seiner berühmten und lichtvollen Enzyklika "Über
den mystischen Leib Jesu Christi" (1943) in der Welt das Problem der
Kir ehe als eines Werkes des göttlichen Menschensohnes nicht näher
ausgeführt, sondern nur berührt, indem er darauf hinwies: "Aber unser
göttlicher Erlöser lenkt und leitet auch selbst unmittelbar die von Ihm
gegründete Gesellschaft. Er selbst regiert nämlich im Geiste und den
Herzen der Menschen, beugt und spornt nach seinem Wohlgefallen sogar
den widerspenstigen Willen an." Damit aber erhebt sich die Frage,
wodurch und wie so etwas denn innerlich möglich ist und sein kann? Wenn
jemand sagt: "Nun, bei Gott ist eben kein Ding unmöglich", dann ist das
keine Antwort auf die Frage, ganz abgesehen davon, daß Gott] nicht
unlogisch ist und auch nicht aus 2 X 2 = 5 machen oder "das Nichts"
erschaffen kann.
Man darf dem sich hier stellenden Problem nicht ausweichen, was oft
dadurch geschieht, daß man schnell auf den religiösen Glauben verweist
und somit im Denken gleichsam einen Salto mortale macht. Manche
'Gläubigen' haben es fast schon zur Meisterschaft gebracht bei ihren
tollen 'Glaubens-Sprüngen' und erzählen dann anderen auch ständig von
einem "Wagnis des Glaubens" (wohl um sie darauf aufmerksam zu machen,
wie mutig und tapfer man doch ist!?). - Innerlich möglich ist dies
nämlich nur dann, wenn zuvor (logisch und wesenhaft) die natürliche
Religion des Menschen durch den göttlichen Menschensohn in den Status
einer übernatürlichen Religion erhoben und umgestaltet (umgeformt)
wird, was ein reiner Akt Seiner Gnade und Seiner Heiligkeit ist.
Dadurch jedoch ermöglicht sich die Gründung einer Kirche, die als ein
soziales Religions-Gebilde Sein Werk ist und wobei es ganz unwesentlich
ist, welchen Umfang dieses Gebilde in der Welt besitzt. Jetzt aber
versteht man auch, warum Pius XII. lehrte: der göttliche Menschensohn
habe "sein Werk am Kreuzesstamme vollendet."
In der Tat impliziert das Wort "es ist vollbracht" auch diesen
Sachverhalt, den nur geistlose Menschen nicht verstehen oder
mystifizieren, die nicht mehr wissen, was die christliche Religion ist
und wodurch sie sich ermöglicht. Man sollte das Wort von einer
"Stiftung" der Kirche vermeiden, die doch ein Macht- und
Rechts-Phänomen ist, da es den Begriff der Gründung verdunkelt,
verfälscht und entnervt; sonst versteht man nicht mehr das uralte Wort
von der Kirche als einem Reiche Gottes auf Erden. Auch ein souveräner
Staat, der ein natürliches Reich ist, wird nicht gestiftet, sondern
gegründet und auf etwas gebaut, das ihm vorgegeben ist und das er
voraussetzen muß. In allem, was Gott erschaffen hat, ist eine
Wesensordnung verwirklicht; da herrscht Ordnung, nicht aber das Chaos,
das ganz andere Ursachen hat. 'Kirchen' sind der sichtbare Ausdruck
eines Chaos. Um dies zu erfassen, braucht man keinen religiösen Glauben
oder besondere Erleuchtungen, sondern nur ein wenig Verstand. Hit Recht
lehrte nämliche Enzyklika, um Sachverhalte zu unterscheiden: "Jene rein
menschlichen Gesellschaften, namentlich der Staat, sind gewiß nicht zu
verachten oder gering zu schätzen. Allein die Kirche als ganze gehört
nicht der Ordnung dieser Realitäten an, gleichwie der Mensch als ganzer
nicht mit dem Gebilde unseres sterblichen Leibes zusammenfällt", d.h.
die Realität der Kirche als ganze gehört in die Ordnung ( d.i. finale
Sinn-Einheit) der natürlichen und übernatürlichen Religion des
Menschen, die das Fundament der Kirche als eines sozialen
Religions-Gebildes ist und in dem "alle Glieder vereint sein müssen
durch ein einheitliches Streben zum gleichen Ziel", d.h. prinzipiell
und konkret im Denken und im Wollen "zur Ehre Gottes und des Lammes,
das geopfert ist". (Pius XII.,ebd.)
Aus alledem folgt: da es nur eine christliche Religion gibt, deshalb
gibt es auch nur eine Kirche, und weil dieselbe allein das Werk des
göttlichen Menschensohnes ist, darum ist nur Er ihr Haupt, und zwar
dergestalt, daß alle Glieder, die durch Ihn die hl. Taufe empfangen
haben, in einer unmittelbaren Beziehung zu Ihm stehen und wiederum in
einem nicht umkehrbaren Verhältnis. Hier schiebt sich auch nichts
dazwischen und was sich doch nur Kleriker in ihrem Hochmut eingebildet
haben, so daß sie sogar in den Irrglauben fielen, es gäbe eine
"Hierarchie der Kirche", obwohl es eine solche nur in der Kirche gibt -
sei es zum Segen oder zum Fluch, zum Heil oder zum Unheil eines
einheitlichen Ganzen in der Welt. Schon im 18. Jahrhundert hatte es
hochgestellte Salonkleriker in ihrem Machtrausch sehr gut verstanden,
die Laienschaft in der Kirche zu einem Akzidens der Kirche zu machen.
Die Quittung dafür liegt heute offen auf dem Tisch. Heute gilt nicht
mehr vereinzelt, sondern generell für den Gesamtepiskopat, wenn es in
der Apokalypse heißt: "Dem Engel (= Bischof) der Gemeinde in Sardes
schreibe: Das sagt, der die sieben Geister Gottes hat und die sieben
Sterne: Ich weiß um deine Werke: du hast den Namen, als ob du lebest,
aber du bist tot". (Offb. 3,1) Zudem waren immer schon, wie bekannt
sein sollte, nicht wenige der Versuchung erlegen, die wahre Aussage des
hl. Kirchenvaters und Märtyrers Irenäus (gest. um 2o2) "Ubi enim
Ecclesia, ibi est Spiritus Dei" ("Wo nämlich die Kirche ist, dort ist
auch der Geist Gottes"), zu verfälschen und umzudeuten in "Ubi
Episcopus, ibi Ecclesia" ("Wo der Bischof, dort ist die Kirche") bis
hin zu dem Glaubenswahn "Ubi Episcopus, ibi Spiritus Sanctus" ("Wo der
Bischof ist, dort ist der Hl. Geist.").
Die Gründung der Kirche in der Welt ist ein Werk des göttlichen
Menschensohnes, das auf dem Boden der christlichen Religion ohne die
Allmacht, die Er mit dem ewigen Vater gemeinsam hat, gar nicht gedacht
werden kann, da sie alle Möglichkeiten menschlicher Gründungen von
etwas, die immer einen Keim des Verfalls in sich tragen, schlechthin
übersteigt. Dieser komplexe Sachverhalt sollte klar erkannt werden,
anstatt ihn in einem dumpfen und a-logischen Glauben ständig zu
verdunkeln oder zu mystifizieren, d.h. mit Pseudogeheimnissen zu
umgeben, wozu alle neigen, die echte Mysterien von falschen
Geheimnissen nicht zu unterscheiden fähig sind und dann einem
wahnhaft-religiösen Glauben verfallen, wie es heute überall der Fall
ist. Christus hat keine Religion "gestiftet", sondern auf dem Boden der
christlichen Religion eine Kirche gegründet, eine "Grundfeste der
Warhrheit" (1 Tim. 3,15) und ein Sozialgebilde "des lebendigen Gottes"
- in der Welt des Menschen und für ihn zu seinem Heil, nicht aber zu
seinen Unheil oder um ihn zu unterdrücken.
Die Kirche des göttlichen Menschensohnes, der unser heiliges HAUPT und
unser einziger HERR ist, könnte nur dann aus der Welt verschwinden,
wenn alle Christen aussterben würden. Das wissen auch die Feinde der
Kirche. Deshalb ihre intensiven Überlegungen: Wie kann man Christen um
ihren Verstand bringen, zumal ja der christlihe Glaube die intellektive
Erkenntnis voraussetzt? Als eine sehr erfolgreiche Methode aber bietet
sich an eine Verwirrung und Zerstörung der natürlichen Fundamente der
spezifisch christlichen Religion, um ihrer Übernatürlichleit den
potentiellen Ansatzpunkt in der "natura humana" zu nehmen. Das ist
ausgesprochen raffiniert und wird vielen gar nicht bewußt. Sie bemerken
bei sich selbst und anderen immer nur die Auswirkungen dieser Sache,
aber sie verstehen das alles nicht und meinen dann, wie man von vielen
hören kann, dies sei ein Werk des Teufels. 0 nein, so verhält es sich
ganz und gar nicht! Denn dies ist sehr wohl ein Werk von Menschen, die
allesamt Feinde Christi sind und nur, wie der Herr gesagt hat, "den
Teufel zum Vater haben", zu ihrem geistigen Nährvater! Es ist doch kein
Zufall, daß man heute bezüglich der sog. großen Religionen nicht mehr
die Wahrheitsfrage stellt und daß diejenigen, die das tun, rufmordartig
für Menschenfeinde ausgegeben und verfolgt werden? Zu diesem Gesindel
gehören auch die Häupter der 'Kirchen', einschließlich der 'römischen
Konzilskirche', die eben auch ein soziales Religions-Gebilde ist und
ein wirkliches kirchliches Monstrum, nicht aber ein Phantom. Warum
erkennen und durchschauen das die lieben Christen des Neu-Katholizismus
denn nicht? Wer oder was hindert sie daran? Etwa ihr neuer 'religiöser
Glauben' oder bloß die Dummheit? Warum beachtet man nicht die Wurzeln
des Christentums, das doch das am wenigsten Selbstverständliche in der
Welt ist? Ist man in seinem vermeintlich religiösen Leben und 'frommen
Gemüt' schon so morbide geworden, daß es gleichgültig ist. wohin die
Reise im 'Schifflein Petri' geht, das Piraten steuern?
Der göttliche Menschensohn setzte bei der Gründung Seiner Kirche, die
Sein Werk ist, und die doch nicht sozusagen auf einen Schlag oder
plötzlich geschehen ist, zwei Dinge voraus, nämlich die natürliche
Erkenntnis und den übernatürlichen Glauben (die "fides"), indem Er den
Menschen auf sich hinordnete und an sich band, und zwar total, ohne
"wenn und aber". Die Kirche begann nicht, nahm nicht ihren Anfang mit
der Berufung der zwölf Apostel, denn unter ihnen war ein Judas, sondern
mit einer Versöhnung des Menschen als einer Kreatur Gottes mit Gott und
durch Gott allein (Versöhnung aber setzt ehemalige Feindschaft voraus)
und mit einer Berufung des Menscha zum Reiche Gottes im Sinne einer
möglichen Teilnahme an seinem Leben. Darum mußte der Alte Bund
aufgehoben werden, wie es durch Christus, den Herrn, geschehen ist.
"Denn Gott hat alle im Ungehorsam (existierenden) zusammengeschlossen,
um sich aller zu erbarmen", (Rom. 11,32) - dies allerdings nur dann,
wenn man sich dem göttlichen Menschensohn unterwirft und Ihm die Ehre
der Anbetung gibt. Schon Isaias prophezeite, was kommen wird: | "Darum
höret das Wort des Herrn, ihr höhnenden Männer, die ihr Spottverse
macht für das Volk (...). Ihr saget fürwahr: 'Wir stehen im Bunde mit
dem Tod, mit dem Totenreich schlössen wir einen Pakt; die brausende
Flut, sobald sie daherfährt, wird uns nicht erreichen! ' (...) Darum
spricht also der Gebieter und Herr: 'Schauet, ich lege auf Zion einen
Stein, einen Stein, der erprobt ist, einen kostbaren Eckstein, der
festgegründet (ist)". (Is. 27,14-16) An diesen Eckstein stoßen sich
seit eh und je Häretiker, Apostaten und Gottlose, denn dieser allein
ist der Eckstein der Kirche.
Zudem war die Gründung der Kirche ganz eng mit den Dogmata und den
Geboten (Plural!) Christi verknüpft, die zuerst einmal in ihrem
eindeutigen Wahrheits-Sinn intellektiv erfaßt und voluntativ
(willentlich) bejaht werden mußten (und müssen), um ein wirkliches
Glied am sozialen "Leib Christi" werden zu können. So etwas entsteht
oder bildet sich weder von seiba: noch durch einen gewalttätigen
Eingriff von außen. Man kann niemanden mit Feuer und Schwert bekehren,
aber auch nicht mit 'heilsdialogischen' Anwandlungen. Wie verfehlt
letzteres ist, das hat schon der hl. Paulus erleben müssen, als er auf
dem Areopag in Athen auftrat und diesen Ort später niemals mehr
aufgesucht hat. Der hl. Paulus scheiterte nicht am Hochmut von - wie
man heute sagen würde - Intellektuellen, die sich für Philosophen
hielten, sondern an einer falschen Methode, die in den dortigen Kreisen
fehl am Platze war. Dies haben so manche Theologen, die sich mit dieser
Sache befaßten, offensichtlich nie begriffen. Darum sind wir der
Vorsehung Gottes dankbar, daß diese 'Pleite' überliefert worden ist.
Wie aber will man die Kirche in ihrem Wesen erkennen, wenn man ihren
Eckstein nicht wirklich kennt, geschweige denn in dem, was Er ist und
wodurch Er das ist, was Er ist? Darum lehnen wir alle Märchenerzähler,
Legendendichter und falschen Propheten ab, einschließlich jener
'begnadeten Visionäre', denen "Jesus erscheint" und dessen Stimme sie
(angeblich) 'hören'. Schon der hl. Johannes, der Apostel Christi, der
dem Herrn sehr nahe stand, muß merkwürdige Glieder der Kirche gekannt
haben, sonst hätte er nicht geschrieben: "Daran erkennen wir, daß wir
ihn (Christus) erkannt haben, wenn wir seine Gebote halten. Wer sagt:
'Ich habe ihn erkannt', hält jedoch seine Gebote nicht, der ist ein
Lügner, und in ihm ist die Wahrheit nicht". (Joh. 2,3-4) Die Lüge aber
liegt im Willen, die Wahrheit jedoch in der Erkenntnis.
Wie groß oder klein (geworden) war eigentlich die einem ständigen Sein
und Werden unterworfene Kirche, die auf Golgotha unter dem Kreuze stand
und deren Haupt verblutete? Die Kirche wurde nicht am Pfingstfest in
Jerusalem gegründet, sondern damals in dem, was ihr als einem sozialen
Religions-Gebilde noch fehlte, durch den Auferstandenen vom Throne
Gottes aus nur vollendet. Damals entstand auch nicht die sog. Urkirche,
wie manche meinen, die eine ungewöhnliche Sache vermystifizieren soll,
sondern sie trat uns das erste Mal öffentlich in Erscheinung - zur
Verwunderung und Verblüffung vieler, einschließlich der Lacher und
Lästerer, so daß sich der hl. Petrus gezwungen sah zu erklären: "Diese
hier sind nicht, wie ihr meint, betrunken, denn es ist erst die dritte
Stunde des Tages" (Apg. 2,15). Außerdem sagte er den Leuten nüchtern
und deutlich, worum es ginge, indem er sprach: "Laßt euch retten aus
diesem verderbten Geschlecht!" (Apg. 5,4o) und womit er nicht bloß die
Juden meinte. Bei Pfingstpredigten hörte man nie etwas von einem
verderbten Geschlecht, wohl aber eine ganze Menge über I ein
"himmlisches Brausen" und "feurige Zungen", so daß so manche
Religionsmündige es zutiefst bedauerten, damals nicht dabei gewesen zu
sein.
Der göttliche Menschensohn ist nicht wegen seiner Gottheit (deitas) das
Caput Ecclesiae, sondern wegen der von Ihm, dem eingeborenen des ewigen
Vaters, angenommenen menschlichen Natur (nicht: Person), die eine
erschaffene substantielle Einheit von Leib und (geistiger) Seele ist
und in der die Wurzel der Religion des Menschen liegt. Diese jedoch ist
nicht schon von Natur aus notwendig christlich. Dazu nämlich gehört
noch eine ganze Menge mehr. Christliche Religion und Kirche sind,
obwohl sie von einander nicht trennbar sind, dennoch nicht identisch.
Darum muß man, bevor man sich über die Kirche Gedanken macht, zuerst
die nüchterne Frage stellen: wie ist christliche Religion möglich und
wodurch wird sie wirklich? Außerdem sollte man sich davor hüten, die
Realität der Kirche, die eine Gründung und ein Werk des göttlichen
Menschensohnes ist, in ihrem ideellen Wesen zu verspiritualisieren,
sonst verfällt man zwangsläufig pseudomystischen Phantasmagorien und
verliert sie gänzlich aus den Augen.
Und weil Extreme es so an sich haben, in ihr Gegenteil umzuschlagen,
deshalb geschah dann auch mit der Auffassung von der Kirche das
gleiche: man "sah" nur noch die von Dogmatikern beschworene, aber von
niemandem mehr verstandene "Heilsanstalt oder ein "Keilsinstitut" - ein
bis zur Lächerlichkeit veräußerlichtes Gebilde: geistlos, leblos und
morbide. (Der Apostolische Stuhl war in die Ferne gerückt und die
Päpste lebten gleichsam "ultramontan", d.h. jenseits oder hinter den
Bergen und ohne Kontakt zur Basis der Kirche. Dieser üble Prozeß hat
eine lange Geschichte.) Die Kirche war nie ein "göttlichmenschlicher
Organismus", sondern immer nur eine mehr oder weniger lebendige
organische Sozial-Einheit mit lebendigen und toten "Gliedern". Tot
waren diese nicht wegen ihrer Sünden, sondern aus ganz anderen Gründen,
die seit dem Vatikanum 2 sogar weltweit sichtbar geworden sind.
Christus hat auch keine "Kirche organisiert" (das ist theologischer
Schwachsinn in Reinkultur!), sondern Er hat Seiner Kirche als der
göttliche Menschensohn eine zugleich natürliche und übernatürliche
Wesens-Gestalt gegeben, was etwas ganz anderes ist. Darum lehrt der hl.
Paulus: der Leib der Kirche mit ihrem Haupt, dem alle Glieder
unterworfen sind, ist "die Vollgestalt dessen, der alles in allem
erfüllt", (Lph. 1,23) so daß jedes Glied, das nicht geistig und
geistlich tot ist, eine unmittelbare Beziehung zum heiligen Haupte
besitzt, das allein "die Wahrheit und das Leben ist". Wehe dem, sagt
die göttliche Offenbarung, der sein Heil auf Menschen setzt!
Wer die Re-ligio Christiana, zu der alle, nicht bloß die Auserwählten,
gerufen sind, und die Kirche des göttlichen Menschensohnes, die für
alle da und offen ist, auseinanderreißt oder auf den Kopf stellt oder
wie auch immer verwirrt, der wird nie verstehen, was das bedeutet:
"extra Ecclesiam nulla salus!" ("Außerhalb der Kirche kein Heil!")
Schmal und mühsam ist der Weg ins Himmelreich, aber sehr breit und
leicht befahrbar ist die Autobahn in die Hölle. So war es schon am
Anfang, oder hat man das vergessen? Nur eine ganz kleine Herde, die auf
Golgotha unter dem Kreuze stand, verstand wirklich, was es mit
"Religion und Kirche" auf sich hat, nicht aber diejenigen, die sich im
Hintergrund hielten oder davonliefen oder nach Emmaus verschwanden. Es
hat einen sehr tiefen Sinn, als der göttliche Menschensohn vom Kreuze
her zu seiner Mutter und zu seinem Lieblingsjünger sprach: "Frau, siehe
deinen Sohn!" und "Siehe deine Mutter!" (Joh. 19,26-27). Die Glieder
des realen "Corpus mysticum" - der ein objektiver Sachverhalt ist,
nicht aber ein Phantom oder eine Fata Morgana - sind sowohl Glieder der
Einheit mit ihrem Haupte, das selbst kein Glied ist (was man nicht
übersehen sollte!), als auch Glieder untereinander in einer
hierarchischen Ordnung, aus der sich dann Über- und
Unterordnungs-Verhältnisse ergeben, nicht jedoch so etwas Verrücktes
wie eine "Obrigkeit mit Untertanen" oder ein "Episkopat mit Hörigen"
oder eine "römische Papstkirche", von der früher haßerfüllte
Protestanten phantasierten, nachdem sie sich "extra Ecclesiam" begeben
hatten und sich in einem wilden Konfessionschristentum zu tummeln
begannen (mit einer unverstandenen Bibel unterm Arm). Der häretische
Ökumenismus ist nur möglich ohne das Haupt der Kirche bzw. ohne die
Kirche und ihr Haupt.
Schon bald nach dem Tode der Apostel hatten einige Kirchenväter
erkannt, daß zwischen dem Wesen der Kirche und der "Menschwerdung des
Sohnes Gottes" ein innerer Zusammenhang besteht. Aber zu einem klaren
und erfüllten Begriff des göttlichen Menschensohnes ist man nicht
gelangt. Unserer Meinung nach lag das vor allem daran, daß man die
christliche Religion als solche zu sehr für etwas Selbstverständliches
erachtete und auch den Anfang bzw. das Anfangen der Kirche oder "das
Kommen eines heiligen Reiches" zu wenig beachtete. Die christliche
Religion ist nicht von selbst entstanden oder zwangsläufig und die
Kirche nicht plötzlich vom Himmel heruntergefallen.
Schon lange vor dem Vatikanum 2 wurde ständig die fürchterliche
Formulierung gebraucht, in der eine Unwahrheit zum Ausdruck kam: "die
Kirche oder der Episkopat". So etwas wäre keinem einzigen Apostel und
Jünger Jesu Christi in den Sinn gekommen. In seinem hohen
priesterlichen Gebet sprach der göttliche Menschensohn im Beisein der
Apostel zu Seinem Vater: "Ich habe deinen Namen geoffenbart den
Menschen, die du mir aus der Welt gegeben hast. (...) Sie haben nun
erkannt, daß alles, was du mir gabst, von dir ist. (. . .] Heilige sie
in der Wahrheit; denn dein Wort ist Wahrheit." Aber: "Nicht allein für
sie bitte ich dich, sondern auch für jene, die durch ihr Wort an mich
(nicht: an die Apostel!) glauben werden" (Joh. 17), so daß auch sie in
der Wahrheit geheiligt seien. Hier darf man freilich nicht kritiklos
übersehen, daß Päpste und Bischöfe keine Apostel bzw. nicht dasselbe
wie Apostel sind.
In dieser Beziehung hat die Verwischung wesentlicher Unterschiede viel
dazu beigetragen, das Wesen der Kirche zu entstellen. Man denke nur an
das weitverbreitete Wort von der "Amtskirche" mit ihren
pensionsberechtigten "Amtsträgern", die nie den Rechtszustand einer
Arbeitslosigkeit kennenzulernen brauchten. Wer erinnert sich nicht an
den frommen Rat: "Werde Priester (oder Geistlicher), dann bist du
versorgt." Solche Auffassungen, die wir beliebig vermehren könnten,
waren nicht diskriminierend gemeint, sondern waren nur hilflose
Reaktionen auf ärgerniserregende Dinge, die als "nicht katholisch"
empfunden wurden. Aber die Ursachen hierfür blieben unbekannt, und man
hoffte auf bessere Zeiten, obwohl die "kirchliche Situation" immer
beklemmender wurde.
Weit verbreitet war und ist auch die irrige Meinung, die Kirche habe
"eine innere und äußere Seite", die sich sogar "wechselseitig
bedingen", wodurch aber auch alles verwirrt und unlogisch wurde. So
etwas läßt sich nicht einmal von einem religiösen Kult sagen. Die in
Raum und Zeit existierende Kirche hat jedoch sehr wohl eine innere
(substantielle) und äußere (akzidentelle) Struktur, die nicht not
wendig miteinander verbunden sind und sich somit teilweise sogar
voneinander trennen lassen, wie auch die "traditio ecclesiastica"
beweist. Und was die Kirche selbst in ihrer Realität betrifft, so hat
sie auch kein Innen und Außen (womit man schon viel Unfug getrieben
hat), sondern sie ist in dem, was sie ist, immer nur sowohl sichtbar
als auch unsichtbar, wobei das Unsichtbare an ihr das Sichtbare hoch
überragt wegen der Geistigkeit und Übernatürlichkeit ihres Wesens.
Darum ist der Irrglaube vieler Protestanten verständlich, die
behaupten, es gäbe nur eine sog.'Geistkirche', welche sie dann
allerdings vergeblich suchten. Sie fanden sie natürlich auch nicht in
ihrem werten 'Innen', einer manichäisch "reinen Geistigkeit", genau so
wenig wie gewisse Katholiken in ihrer eingebildeten 'Innerlichkeit1. Es
hat deshalb gar keinen Sinn, ständig und durch falsche Perspektiven
verführt von der "katholischen Kirche" zu reden, bevor man nicht
Einsichten gewonnen hat in das Wesen der christlichen Religion und der
Kirche des göttlichen Menschensohnes. Das Geschwätz ist kaum noch zu
ertragen u. wird für nicht wenige zu einer psychischen Belastung. In
der Kirche "bedingt" sich nichts wechselseitig, sondern es verwirklicht
sich etwas, sei es zum Heil oder zum Unheil; außerhalb der Kirche aber
gibt es kein Heil, weil dort nichts "wahr und heilig" ist.
Schließlich aber sei noch darauf hingewiesen, daß die Kirche keine
"Liebeskirche" in dem Sinne ist, wie sich das so manche vorgestellt
haben und wovon sie auch heute noch träumen. Zudem hat man dieses Wort
sehr oft nur als Alibi benutzt, um sich der Wahrheitsfrage nicht zu
stellen und andere auszunutzen. Darin hatten es nicht wenige sogar zu
einer erstaunlichen Meisterschaft gebracht, die das ganze Christentum
in ein Zwielicht brachte und die Kirche in Verruf. Es macht ja auch gar
keine besonderen Schwierigkeiten, gewissen Worten Christi einen Sinn
oder Bedeutungsgehalt zu unterstellen, den sie überhaupt nicht haben.
Oder glaubt man tatsächlich, mal könne, ohne darüber streng sachlich
nachzudenken, wirklich wissen, was Christus damit meint, wenn er
offenbarend sagt: "Wie mich der Vater geliebt hat, so habe ich euch
geliebt. Bleibt in meiner Liebe!", oder: "Das ist mein Gebot, daß ihr
einander liebt, wie ich euch geliebt habe. Eine größere Liebe hat
niemand, als wenn er sein Leben hingibt für seine Freunde." (Joh.
15,9-13) Wie will man solche Heilswahrheiten ohne klare geistige
Erkenntnis "per fidem et rationem" begreifen?! Wer im Denken Irrtümern
verfällt,wird sich auch niemals richtig verhalten und ebenso nicht zu
einem sachgerechten Tun gelangen. Da kann jemand noch so fromm sich
geben oder sich in religiösen Liebesanwandlungen wälzen - er wird ein
Heuchler sein und bleiben. Die echte menschliche Liebe ist kein Gefühl
oder irgend ein Empfindungszustand (so etwas hat nichts zu tun mit der
sitlichen Bestimmung des Menschen), sondern ein geistiger Akt, der sich
durch dier Erkenn nis ermöglicht und aus dem freien Willen hervorgeht,
der die Grundkraft (potentia activa) der Liebe ist. Dies gilt sowohl
für die natürliche Liebe (dilectio) als auch für die übernatürliche
(caritas). Das höchste lieb-bare Gut aber ist die Wahrheit und
insbesondere derjenige, der "die Wahrheit IST."
Eine kleine Kirche mit einer Handvoll Christen stand auf Golgotha unter
dem Kreuz - sichtbar und unsichtbar - und schon gebildet aus Juden und
Heiden. (Sogar ein reuiger Verbrecher befand sich unter ihnen!). Das
ist kein dunkles Geheimnis, sondern ein lichtvolles Mysterium, das
nüchtern und sachlich bedacht werden sollte, anstatt sich mit
heilsgeschichtlich bedeutungslosen oder wertlosen Gedanken zu befassen,
die übrigens immer das parallel verlaufende Moment einer
Unheilsgeschichte aus dem Blickfeld verschwinden lassen. Doch damals
schon "lästerten" Ihn die Anwesenden und Vorübergehenden, "schüttelten
ihre Köpfe und sprachen", indem sie zudem noch seine Prophétie
verlachten: "Der du den Tempel abbrechen und in drei Tagen aufbauen
willst, hilf dir selbst, wenn du der Sohn Gottes bist; steig herab vom
Kreuz!" (Mt. 27,39 f.) Der göttliche Menschensohn, die christliche
Religion und Seine Kirche - diese drei Wirklichkeiten sind eine
natürlich-übernatürliche Einheit und lassen sich nicht trennen. Es gibt
genügend Leute, die das versuchen und darauf hinarbeiten; sie gehören
allesamt zur Vorhut des Anti-Christen und bringen allenfalls ihre
Geschenke, ihre 'Gnadengaben', ihre Verheißungen und ihre Tröstungen...
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