KANN DER PAPST EIN KETZER SEIN ?
vom
hl. Robert Bellarmin
(aus dem Buch: "Über den Papst" Bd.2, Kap.3o; zitiert nach SAKA-Informationen Jan. 87)
Der Papst kann im Falle der Ketzerei von der Kirche gerichtet und
abgesetzt werden (Turrecremata - Torquemada -, distinct.4o, Can. Si
Papa). Danach wäre der Papst wenigstens in einem Falle dem menschlichen
Urteile unterworfen.
Ich entgegne: Es gibt in dieser Sache fünf Ansichten. Die erste stammt
von Albert Pighius (Lib. 4, cap. 8, hierarchiae Ecclesiasticae). Er
behauptet, der Papst könne kein Ketzer sein und sonach auch in keinem
Falle abgesetzt werden. Diese Ansicht ist wahrscheinlich und kann
leicht verteidigt werden, wie wir nachher an angemessener Stelle zeigen
werden. Weil sie jedoch nicht gewiß und der gewöhnlichen Ansicht gerade
entgegengesetzt ist, so wird es der Mühe wert sein, zu sehen, was man
zu antworten hat, wenn der Papst ein Ketzer ist.
Die zweite Ansicht ist die, der Papst sei in dem Augenblicke, wo er in
Ketzerei fällt, auch wenn es bloß eine innerliche Ketzerei ist,
außerhalb der Kirche und von Gott abgesetzt. Darum könne er von der Kirche
gerichtet, das heißt für abgesetzt erklärt werden nach göttlichem
Rechte. Und faktisch könne derselbe abgesetzt werden, wenn er sich noch
weigere zu weichen. Dieser Ansicht ist Johannes de Turrecremata (Lib.
4, part. 2, cap. 2o). Mir gefällt sie aber nicht. Denn die Jurisdiktion
wird zwar dem Papste von Gott verliehen, aber unter Beihilfe der
Menschen. Dies ist offenbar, weil der Mensch, welcher vorher nicht
Papst war, den Menschen verdankt, daß er Papst zu sein anfängt. So nach
wird er von Gott nur durch den Menschen verworfen. Aber ein heimlicher
Ketzer kann von Menschen nicht gerichtet werden und will selbst auch
nicht freiwillig jene Gewalt verlassen. Hinzu kommt, daß der Grund
dieser Ansicht der ist, heimliche Ketzer befänden sich außerhalb der
Kirche. Dies ist falsch, wie wir weitläufig im ersten Buche von der
Kirche gezeigt haben.
Eine dritte Ansicht besteht in einem andern Extrem, nämlich, der Papst
sei weder wegen heimlicher noch wegen öffentlicher Ketzerei abgesetzt
oder absetzbar. Diese Ansicht erwähnt und widerlegt Turrecremata
(l.n.), und sie ist in der Tat unhaltbar. Erstens, weil es in Can. Si
Papa, distinct. 4o und bei Innocentius (Serm. 2 de consecratione
Pontificis) deutlich steht, daß ein ketzerischer Papst gerichtet werden
könne. Und was noch mehr ist, in der 8. Synode (act. 7) werden die
Verhandlungen des römischen Konzils unter Hadrianus vorgebracht, und in
denselben stand, der Papst Honorius scheine mit Recht verdammt worden zu sein,
weil er der Ketzerei überführt wurde, wegen welcher allein den
Niedrigerstehenden erlaubt ist, das Urteil über den Höheren zu fällen.
Hier ist zu bemerken, daß zwar wahrscheinlich Honorius kein Ketzer
gewesen ist und der Papst Hadrianus II., getäuscht durch verfälschte
Abschriften der 6. Synode, fälschlich den Honorius für einen Ketzer
gehalten hat. Gleichwohl können wir nicht leugnen, daß Hadrianus mit
dem römischen Konzil, ja die ganze 8. allgemeine Synode der Meinung
gewesen ist, der römische Papst könne im Falle der Ketzerei gerichtet
werden. Im übrigen wäre das eine sehr elende Lage der Kirche, wenn sie
gezwungen würde, einen offen reißenden Wolf als Hirten anzuerkennen.
Die vierte Ansicht hegt Cajetanus (Tract, de auctoritate Papae et
Concilii, cap. 2o et 21). Er lehrt, ein offensichtlich ketzerischer
Papst sei nicht sogleich damit abgesetzt, sondern könne und müsse von der Kirche
abgesetzt werden. Diese Ansicht läßt sich nach meiner Meinung
widerlegen. Denn zuerst bieten Autorität und Vernunft Beweise dar, daß
ein offenbarer Ketzer sogleich damit abgesetzt sei. Autorität ist der
heilige Paulus, welcher im Brief an Titus 3,lo befiehlt, man solle
einen Ketzer nach einer zweimaligen Zurechtweisung, das heißt, wenn er
sich offenbar hartnäckig zeigte, meiden. Und Paulus meint, vor aller
Exkommunikation oder richterlichen Verdammung, wie der heilige
Hieronymus (Ibidem) schreibt, welcher die Bemerkung macht, andere
Sünder würden durch den Ausspruch der Exkommunikation von der Kirche
ausgeschlossen, die Ketzer träten aber von selbst aus und würden von
selbst vom Leibe Christi getrennt. Aber ein Papst kann, solange er
Papst bleibt, nicht vermieden werden. Denn wie sollen wir unser Haupt
vermeiden? Wie sollen wir von einem mit uns verbundenen Gliede lassen?
Der Vernunftgrund, und zwar von der zuverlässigsten Art, ist der: Ein
NichtChrist kann auf keine Weise Papst sein, wie Cajetanus (Eod.lib.,
cap. 26) einräumt. Der Grund davon ist der, weil das, was nicht Glied
ist, auch nicht Haupt sein kann. Und derjenige ist kein Glied der
Kirche, welcher nicht Christ ist. Aber ein offenbarer Ketzer ist kein
Christ, wie Cyprianus (Lib 4, cap. 2), Athanasius (Serm. 2 contra
Arianos), Augustinus (Lib. de gratia Christi, cap. 2o), Hieronymus
(Contra Luciferianos) und andere deutlich lehren. Ein offenbarer Ketzer
kann also nicht Papst sein.
Cajetanus (Apolog. pro tractatu praedicto, cap. 25; Tract. de
auctoritate Papae, cap. 21) antwortet, ein Ketzer sei nicht einfach
Christ, sondern nur in gewisser Weise. Denn da zwei Stücke den Christen
ausmachen, der Glaube und der Charakter der Taufe, so behält ein
Ketzer, nach Verlust des Glaubens noch den Charakter zurück. Und in
Rücksicht auf diesen letztern hängt er noch auf eine gewisse Weise an
der Kirche und kann an der Jurisdiktion teilhaben, ist sonach noch
Papst. Aber er ist ein Papst, der abgesetzt werden muß, weil er durch
die Ketzerei zum Nichtpapstsein disponiert ist und so die letzte
Vorbedingung in sich hat, wie ein Mensch, der zwar noch nicht tot, aber
in den letzten Zügen ist.
Aber dagegen läßt sich folgendes einwenden. Zunächst könnte ein Ketzer,
der in Ansehung des Charakters ein Ketzer wäre und dennoch in der Wirklichkeit (actu) mit der Kirche verbunden bliebe, niemals
ausgeschieden und actu von ihr getrennt werden, weil der Charakter
unzerstörbar ist. Aber alle gestehen zu, daß einige de facto von der
Kirche getrennt werden können. Sonach bewirkt der Charakter nicht, daß
ein Ketzer actu in der Kirche ist, sondern bloß das Dasein des
Zeichens, daß er in der Kirche sein sollte. So bewirkt auch das
Zeichen, welches dem Schafe aufgedrückt ist, keineswegs, daß dieses im
Schafstall ist, falls es auf den Bergen umherirrt, sondern es gibt bloß
an, aus welchem Schafstall das Schaf geflohen und wohin es wiederum
getrieben werden könne. Eine Bestätigung findet sich im heiligen
Thomas, welcher (3.p. q.8, art. 3) sagt, diejenigen, welche des
Glaubens ermangeln, seien nicht actu mit Christus vereinigt, sondern
bloß in der Möglichkeit (in potentia). Hier redet er von der innern
Einigung, nicht von der äußern, welche durch das Glaubensbekenntnis und
die sichtbaren Sakramente vor sich geht. Da also der Charakter das
Innere betrifft, nicht das Äußere, nach dem heiligen Thomas, so reicht
der Charakter zur wirklichen Einigung des Menschen mit Christus allein
nicht hin.
Sodann ist der Glaube entweder eine schlechtweg notwendige Vorbedingung
dazu, daß einer Papst sei, oder er ist bloß gut. Ist das erste der
Fall, so hört der Papst, wenn jene Vorbedingungdurch das Gegenteil,
welches die Ketzerei ist, aufgehoben wird, sogleich auf, Papst zu sein.
Denn ohne die notwendigen Vorbedingungen kann das Resultatnicht
erhalten werden. Ist das zweite der Fall, so kann der Papst wegen
Ketzerei nicht abgesetzt werden. Denn sonst müßte er auch wegen
Unwissenheit und Verdorbenheit und wegen ähnlicher Dinge, welche
Wissenschaft und moralische Güte aufheben und wegen anderer Vorbedingungen, welche notwendig dazu
gehören, um ein guter Papst zu sein, abgesetzt werden. Und überdiese
gesteht Cajetanus ein (Tract, praedict., cap. 26), wegen Mangels nicht
schlechtweg notwendiger, sondern bloß vorteilhafter Vorbedingungen
könne der Papst nicht abgesetzt werden.
Cajetan antwortet, der Glaube sei eine schlechthin notwendige, aber
partiale, nicht totale Vorbedingung. Und sonach bleibt der Papst noch
Papst, falls auch der Glaube nicht mehr da sei, wegen des zweiten Teils
der Vorbedingungen, welcher Charakter heißt und noch zurückbleibt.
Dagegen ist aber einzuwenden: Entweder ist die Gesamtheit der
Vorbedingungen, welche in dem Charakter und Glauben bestehen,
schlechthin notwendig oder nicht, und es reicht ein Teil hin. Ist das
erste der Fall, so bleibt nach Aufhebung des Glaubens, keine
schlechtweg notwendige Vorbedingung mehr übrig, weil die Gesamtheit
schlechtweg notwendig war und weiter von einer solchen nicht mehr die
Rede ist. Ist das zweite der Fall, so ist der Glaube bloß gut, und ein
Papst kann wegen des Mangels an Glauben nicht sofort abgesetzt werden.
Sodann hören diejenigen, bei welchen die letzte Vorbedingung zum
Untergange eingetreten ist, bald nachher auf zu sein, ohne daß eine
äußere Gewalt notwendig wäre, wie einsichtig ist. Also hört auch ein
ketzerischer Papst, ohne eine andere Vorbedingung, von selbst auf,
Papst zu sein.
Endlich lehren die heiligen Väter einstimmig, die Ketzer befänden sich
nicht bloß außerhalb der Kirche, sondern entbehrten auch damit aller
Jurisdiktion und kirchlichen Würde. Cyprianus (Lib. 2, epist. 6) sagt:
'Wir sagen, alle Ketzer und Schismatiker durchweg haben keine Gewalt
und kein Recht.' Und er (lib. 2, epist. 1) lehrt, die Ketzer, welche
zur Kirche zurückkehren, seien als Laien aufzunehmen, wenn sie auch
vorher in der Kirche Presbyter oder Bischöfe gewesen. Optatus (Lib. 1
contra Parmenianum) lehrt, die Ketzer und Schismatiker könnten die
Schlüssel des Himmelreiches nicht haben, und nicht binden noch lösen.
Ambrosius
(Lib. 1 de poenitentia, cap. 2) und Augustinus (Enchirid., cap. 65).
Dasselbe lehrt Hieronymus (Lib. contra Luciferianos). 'Es ist nicht so,
daß diejenigen', sagt er, 'welche unter den Ketzern gewesen, Bischöfe
sein könnten, sondern es war bekannt, daß diejenigen, welche
aufgenommen wurden, keine Ketzer gewesen waren.'
Papst Cölestinus I. sagt in einem Schreiben an Johannes von Antiochia
(Concil. Ephes. torn I, cap. 19): 'Wenn jemand von dem Bischöfe
Nestorius, oder von dessen Anhängern, seitdem sie eine solche Lehre zu verkündigen
angefangen, entweder exkommuniziert oder einer Würde, sei es der
bischöflichen oder priesterlichen, beraubt worden ist, so ist der
Verurteilte offenbar in unsrer Gemeinschaft geblieben und bleibt in
derselben, und wir halten ihn für nicht abgesetzt, weil das Urteil
dessen, der sich längst reif zur Entfernung gezeigt hat, niemals irgend
jemand entfernen kann.' Und in einem Schreiben an den Klerus von Konstantinopel sagt er:
'Die Autorität unsres Stuhles hat festgesetzt, daß keiner, sei er ein
Bischof oder ein Kleriker oder ein Christ überhaupt, welcher von
Nestorius oder seinen Genossen, seitdem sie ihre Lehre zu verkünden
angefangen, seiner Stelle entsetzt oder exkommuniziert worden ist, als
entsetzt oder exkommuniziert erscheinen solle, weil derjenige, welcher
eine solche Lehre verkündigte, niemand entsetzen oder entfernen konnte.' Dasselbe
wiederholt und bestätigt Nicolaus I. (In epist. ad Michaelem). Endlich
lehrt auch der heilige Thomas (2.2. q. 39, art. 3), die Schismatiker
verlören alsbald alle Jurisdiktion, und was sie etwa der Jurisdiktion
zufolge zu tun versuchten, sei nichtig.
Auch ist die Bemerkung einiger, jene Väter sprächen gemäß den alten
Rechten, jetzt aber verlören, der Bestimmung des
konstantinopolitanischen Konzils zufolge, bloß die namentlich Exkommunizierten und Verfolger der
Kleriker die Jurisdiktion, nicht stichhaltig. Denn jene Väter ziehen
bei der Behauptung, die Ketzer verlören die Jurisdiktion, keine
menschlichen Rechte an, deren es vielleicht auch damals über diese
Sache gar keine gab, sondern sie argumentieren aus der Natur der
Ketzerei. Das Konzil von Konstantinopel redet aber bloß von den
Exkommunizierten, das heißt von denjenigen Menschen, welche durch den
Ausspruch der Kirche die Jurisdiktion verloren haben. Die Ketzer
befanden sich aber auch vor der Exkommunikation außerhalb der Kirche
und sind aller Jurisdiktion beraubt. Sie sind nämlich durch das eigene
Urteil verdammt, wie der Apostel (Tit. 3,11) lehrt, das heißt getrennt
vom Leibe der Kirche ohne Exkommunikation, wie Hieronymus auslegt.
Sodann scheint eine zweite Äußerung des Cajetan, ein ketzerischer Papst
könne wirklich und aus Autorität von der Kirche abgesetzt werden, nicht
weniger falsch, als die erste. Denn wenn die Kirche einen Papst wider
seinen Willen absetzt, so steht sie ohne Zweifel über dem Papste. Das
Gegenteil davon verteidigt Cajetan in jenem Traktat selbst. Dagegen
wendet er aber selbst ein: Die Kirche habe nicht darum, weil sie den
Papst absetzt, Autorität über den Papst, sondern bloß über jene
Verbindung der Person mit dem Pontifikat. Wie nämlich die Kirche das
Pontifikat mit der oder der Person verbinden kann und gleichwohl
deshalb nicht über den Papst erhoben wird, so kann sie auch in dem
Falle der Ketzerei das Pontifikat von der oder der Person trennen und
wird gleichwohl über den Papst nicht erhoben.
Aber dagegen läßt sich folgendes einwenden. Erstens folgert man daraus,
daß der Papst die Bischöfe absetzt, der Papst stehe über allen Bischöfen. Und gleichwohl zerstört der Papst durch Absetzung von
Bischöfen den Episkopat nicht, sondern trennt ihn bloß von der
fraglichen Person. Zweitens ist eine unfreiwillige Absetzung vom
Pontifikat ohne Zweifel eine Strafe. Sonach straft auch die Kirche ohne
Zweifel einen Papst, welchen sie wider seinen Willen absetzt. Strafen
ist aber Sache eines Obern und Richters. Drittens sind nach Cajetan und
den übrigen Thomisten das Ganze und die Teile zusammengefaßt wirklich
ein und dasselbe. Sonach hat derjenige, welcher Autorität über die
Teile zusammengenommen besitzt, in der Art, daß er sie trennen kann,
auch über das Ganze selbst, welches aus jenen Teilen besteht, Gewalt.
Und das Beispiel des Cajetan hinsichtlich der Wähler welche Gewalt
besitzen, das Pontifikat mit einer gewissen Person zu verbinden und
gleichwohl mit keiner Gewalt über den Papst ausgerüstet sind, hat keine
Beweiskraft. Denn solange eine Sache im Werden ist, richtet sich die
Tätigkeit auf die Materie der zukünftigen Sache, nicht auf das
Zusammengesetzte, welches noch nicht ist. Aber während eine Sache
zerstört wird, ist die Tätigkeit auf das Zusammengesetzte gerichtet,
wie bei den natürlichen Dingen sich zeigt. Sonach üben die Kardinale
bei der Wahl des Papstes ihre Autorität nicht über den Papst, weil er noch nicht ist,
sondern richten ihre Tätigkeit auf die Materie, das heißt auf die
Person, welche dieselben durch die Wahl gewissermaßen in den Stand
setzen, von Gott die Form des Pontifikats aufzunehmen. Wenn sie aber
den Papst absetzten, so übten sie notwendig eine Autorität über das
Zusammengesetzte, daß heißt über die mit der päpstlichen Würde begabte
Person, das heißt über den Papst.
Die fünfte richtige Meinung ist also die, ein offenbar ketzerischer
Papst höre von selbst auf, Papst und Haupt der Kirche zu sein, sowie er
von selbst aufhört, Christ und Glied des kirchlichen Leibes zu sein ;
darum könne er von der Kirche gerichtet und bestraft werden.
Dies ist die Ansicht aller alten Väter, welche lehren, offenbare Ketzer
verlören alsbald alle Jurisdiktion und namentlich des Cyprianus1 (Lib.
4, epist. 2). Er sagt von Novatianus, welcher im Schisma mit Cornelius
Papst gewesen: 'Er könnte den Episkopat nicht behalten, falls er, auch
nach einer wirklichen Erhebung zum ersten Bischöfe, vom Leibe seiner
Mitbischöfe und von der Einheit der Kirche sich trennte.' Hier sagt er,
Novatianus würde, falls er auch der wahre und legitime Papst gewesen,
doch eben dadurch das Pontifikat verloren haben, daß er sich von der
Kirche trennte.
Derselben Ansicht sind die gelehrtesten Neueren, wie Joh. Driedo,
welcher (Lib. 4 de Scripturis et dogmatibus Ecclesiasticis, cap. 2, p.
2, sent. 2) lehrt, bloß diejenigen würden von der Kirche getrennt, welche
entweder als Exkommunizierte ausgestoßen werden oder von selbst als
Ketzer und Schismatiker aus der Kirche scheiden und dieselbe bekämpfen.
Und (sent. 7) es heißt, in denjenigen, welche aus der Kirche
geschieden, bleibe weiter keine geistliche Gewalt über diejenigen,
welche in der Kirche sind, zurück. Dasselbe lehrt Melchior Canus. Er
sagt (Lib. 4 de locis, cap. 2), Ketzer könnten nicht Teile noch Glieder
der Kirche sein. Und in cap. ult. ad argumentum 12 sagt er, es lasse
sich nicht einmal denken, daß einer Haupt und Papst sei, welcher nicht
Glied noch Teil ist. Und ebendaselbst lehrt er mit deutlichen Worten,
heimliche Ketzer seien noch Teile und Glieder von der Kirche und ebenso
sei ein heimlich ketzerischer Papst noch Papst. Dieselbe Ansicht haben
auch die anderen, welche wir nach Lib. 1 de Ecclesia zitiert haben.
Diese Ansicht ist darauf gebaut, daß ein offenbarer Ketzer auf keine
Weise Glied der Kirche ist, das heißt weder mit Seele noch Leib, oder
weder nach einer inneren noch einer äußeren Einigung. Denn auch
schlechte Katholiken sind vereinigt und sind Glieder, in der Seele
durch den Glauben, körperlich durch das Bekenntnis des Glaubens und die
Teilnahme an den sichtbaren Sakramenten. Die heimlichen Ketzer sind
bloß zufolge der äußeren Einigung vereint und Glieder. So sind
umgekehrt gute Katechumenen Kirchenglieder bloß zufolge einer inneren
Einigung, nicht aber zufolge einer äußeren. Offenbare Ketzer sind es
aber auf keine Weise, wie bereits erwiesen wurde." |