OFFENER BRIEF AN MGR. MUSEY
BETREFFEND DIE KONSEKRATION VON MGR. MAIN
von
Eberhard Heller
VORBEMERKUNG:
Von den Gläubigen weniger beachtet, weil weniger spektakulär oder weil
sich mangelndes Interesse breit macht, fanden im letzten Jahr im Lager
des (sog.) katholischen Widerstandes mehrere Bischofsweihen in
Frankreich und Südafrika statt. So konsekrierte am 25. November 1987
Mgr. Guerard des Lauriers, als er selbst bereits schwer krank war, in
Raveau / Frankreich Don Francesco Munari aus Turin zum Bischof. Abbé
Munari ist ein von Mgr. Lefebvre geweihter bzw. 'geweihter' Priester,
der aus Glaubensgründen aus der Lefebvre-Bruderschaft ausgetreten war
und seinen Irrtümern zusammen mit mehreren anderen abgeschworen hatte.
Obwohl Mgr. Guerard des Lauriers Herrn Dr. Hiller und mir gegenüber die
Auffassung vertreten hatte, daß alle Lefebvre-Priester (oder
'Priester') sub conditione nachgeweiht werden müßten und verschiedenen
Econern selbst angeboten hatte, sie sub conditione zu ordinieren, ist
wohl nicht davon auszugehen, daß er dies im Falle von Munari getan hat.
Da nur ein- (sicher gültig geweihter) Priester zum Bischof geweiht
werden kann, diese Voraussetzung im Falle des Abbé Munari nicht
gewährleistet ist, können wir ihn als Bischof nicht akzeptieren - trotz
aller möglichen persönlichen Sympathie. (N.b. vielleicht kann einer der
Leser zu ihm Kontakt aufnehmen und ihn auf die Problematizität seines
Status als Kleriker aufmerksam machen.)
Anfang Dezember weihte dann Mgr. Musey / U.S.A. in Thiviers /
Frankreich den ihm bis dahin völlig unbekannten Abbe Michel Main, der
sich im Kirchenkampf m.W. bisher nicht profiliert hatte, zum Bischof.
Mgr. Musey war auf die eindringliche Bitte und mit finanzieller
Unterstützung einer völlig inkompetenten Dame aus der Schweiz nach
Frankreich geflogen, obwohl er eindringlich gebeten worden war, von
diesem abenteuerlichen Vorhaben Abstand zu nehmen.
Am 17. Dezember 1987 schließlich konsekrierte Mgr. McKenna / U.S.A. in
Südafrika Rev. Fr. Richard Bedingfeld zum Bischof, einen Priester,
dessen Name ich bis dahin nie gehört hatte. Bereits zuvor hatte Mgr.
McKenna Fr. Vida Elmer konsekriert. Das Skandalöse an all diesen Weihen
ist der Umstand, daß sie ohne gegenseitige Konsultation und Absprachen
der Bischöfe untereinander erteilt wurden. All diese Konsekratoren
scheinen wohl die Spendung einer Bischofsweihe als Privatsache und
nicht als Angelegenheit der (wahren) Gesamt-Kirche aufzufassen, die
sich zudem noch in einem sehr schwierig zu lenkenden Zustand befindet.
Damit wird die Gefahr der Zersplitterung des Widerstandes und der
Sektenbildung immer größer, zumal bei den Weihen als theologische
Voraussetzung die Akzeptanz von Privatmeinungen gefordert wird.
Obwohl der verstorbene Mgr. Guerard des Lauriers, der an diesem
ruinösen Prozeß ein gerüttelt Maß Schuld hat (indem er die Herrn Storck
und McKenna konsekrierte, ohne sie geprüft zu haben, ihnen dafür aber
die Annahme seiner Privatmeinungen abverlangte), vor seinem Tode die
Auffassung vom Halb- und Halb-Papst bzw. Halb- und Halb-Nicht-Papst
fast gänzlich revidiert hatte - Gott sein Dank! - (vgl.
SAKA-INFORMATIONEN Nr.5 vom Mai 1988, S.96), fährt McKenna stolz fort
von Bischöfen "unserer Richtung" zu reden (vgl. CATHOLICS FOREVER vom
Febr. 1988), d.h. von Bischöfen, die die abgelegte Theorie vom "Papa
materialiter, non formaliter" tradieren - ohne die Begründung dafür je
richtig verstanden zu haben!!!
Nach Bekanntwerden dieser Vorgänge habe ich mich, soweit möglich, über
nötige Einzelheiten informiert und die beiden Bischöfe McKenna und
Musey - Mgr. Guerard des Lauriers war inzwischen verstorben -
schriftlich auf ihre in dieser Form der Einheit der wahren Kirche
abträglichen Aktivitäten angesprochen. Von Mgr. McKenna habe ich
inzwischen eine Antwort erhalten, die mich nötigt, ihm wieder zu
schreiben. Mgr. Musey zog es vor, auf die erhobenen Vorwürfe nicht zu
antworten, weshalb ich mich wegen der Wichtigkeit der Angelegenheit
verpflichtet fühle, meine Anfragen an ihn in der Form eines offenen
Briefes zu wiederholen.
***
Offener Brief
Freundeskreis e.V. der Una Voce Gruppe Maria
Redaktion "Einsicht": Dr. Eberhard Heller
Postfach 610, D 8000 München 1 den lo. lo.1988
An
S.E. Mgr. George Musey
Neil St. 63oo
Fort Worth, TX 761 19 / U.S.A.
Exzellenz,
im Herbst 1987 haben Sie auf Bitte von Frau H... H... aus
Grand-Saconnex / Schweiz, die Ihnen auch die Reisekosten erstatte, in
Frankreich Priesterweihen sub conditione vorgenommen und dem im
Kirchenkampf unbekannten Abbé Michel Main die Bischofsweihe gespendet.
Nach dem mir vorliegenden Briefmaterial gehe ich davon aus, daß Sie
über die Kandidaten und die besonderen Umstände in Frankreich von Frau
H... kaum, d.h. ungenügend unterrichtet waren.
Meine durch S.E. Bischof Carmona an Sie weitergeleitete Bitte, unter
diesen Voraussetzungen von dem Vorhaben Abstand zu nehmen, ließen Sie
unberücksichtigt.
Durch Ihr Eingreifen in Verhältnisse und Umstände, die Sie nicht
durchschauen konnten, haben sie die kirchliche Situation nur noch mehr
verwirrt als sie ohnehin schon ist - zu Ungunsten der pastoralen
Betreuung der Gläubigen.
Abgesehen von dieser neuerlichen Verwirrung haben Ihre Aktivitäten aber
noch einige andere Aspekte, die über die pastorale Problematik hinaus
kirchenrechtlich relevant sind. Deswegen bitte ich Sie im Interesse der
Gläubigen und in Ihrem eigenen Interesse, auf folgende Fragen Auskunft
zu geben.
1. Als Ihre eigene
Bischofsweihe von Mgr. Carmona geplant wurde, hatte er S.E. Erzbischof
Ngo-dinh-Thuc vorher um sein Einverständnis gebeten und zwar in dem
klaren Bewußtsein, daß im Falle der Sedesvakanz sämtliche rechtgläubige
Bischöfe die kirchliche Hierarchie repräsentieren und diese in ihrer
Gesamtheit Entscheidungen treffen sollten, die für die gesamte Kirche
von Bedeutung sind oder die eigentlich dem Papst vorbehalten sind(wie
im Falle der Beauftragungen für Bischofskonsekrationen)... und das
vorbehaltlich einer Anerkennung und rechtlichen Gutheißung durch einen
später zu wählenden Papst. Meine Frage an Sie lautet: Welche Bischöfe
haben Sie vor der Konsekration von Abbé Michel Main konsultiert? Wer
hat außer Ihnen (und Frau H...) dafür plädiert, daß er zum Bischof
gweiht werden sollte? Die Problematik ändert sich keinesfalls dadurch,
daß Sie darauf verweisen können, daß andere Bischöfe - der inzwischen
verstorbene Mgr. Guerard des Lauriers und Mgr. McKenna - auch
eigenmächtig Bischofsweihen vorgenommen haben.
2. Wie aus den mir in Kopie
vorliegenden Briefwechseln ersichtlich ist, hat Frau H... als
Hauptgründe für die Konsekration von Abbé Main dessen materiellen
Besitzstand aufgeführt (er besitzt neben einem Schloß auch eine
Kapelle). Um den Anschein unerlaubten Nebenabsichten zu vermeiden,
bitte ich Sie, die wirklichen Gründe und die sie erläuternden Umstände
bekannt zu geben, weshalb Sie Abbe Main zum Bischof konsekrierten...
nicht zuletzt oder gerade auch im Interesse des von Ihnen geweihten
Bischofs.
Mit ehrfurchtsvollen Grüßen
(sig.:) E. Heller
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