EINSTWEILIGE VERFÜGUNG GEGEN DEN TOD
von
Otto Gritschneder
(aus DEUTSChE TAGESPOST vom lo. März 1988)
Alle zwei Minuten stirbt bei uns ein Ungeborenes. Tag für Tag etwa
tausend gesunde Kinder. Die Gesetzgebung ist kinderfeindlich, die
Rechtsprechung fördert die Abtreibung oft noch. Doch es gibt noch eine
Möglichkeit, das Kind gerichtlich zu schützen. Bisher ist sie
weitgehend unbekannt geblieben:
"Können sich die Eltern", so heißt es im Bürgerlichen Gesetzbuch, "in
einer Angelegenheit der elterlichen Sorge, deren Regelung für das Kind
von erheblicher Bedeutung ist, nicht einigen, so kann das
Vormundschaftsgericht auf Antrag eines Elternteiles die Entscheidung
einem Elternteil übertragen, sofern dies dem Wohl des Kindes
entspricht" (§ 1628). Aufgrund dieses Gesetzes kann also ein Mann seine
Frau daran hindern, ihr gemeinsames Kind abzutreiben.
Und wenn selbst beide Eltern für die Tötung des Kindes sind, gibt es
Wege, das Ungeborene zu retten, das Vormundschaftsgericht kann dann
eingreifen: "Wird das körperliche (...) Wohl des Kindes durch
mißbräuchliche Ausübung der elterlichen Sorge, durch Vernachlässigung
des Kindes, durch unverschuldetes Versagen der Eltern oder durch das
Verhalten eines Dritten gefährdet, so hat das Vormundschaftsgericht,
wenn die Eltern nicht gewillt oder nicht in der Lage sind, die Gefahr
abzuwenden, die zur Abwendung der Gefahr erforderlichen Maßnahmen zu
treffen" (ß 1666). In diesem Fall wäre die "erforderliche Maßnahme",
einen Pfleger gerichtlich zu bestellen: "Eine Leibesfrucht erhält zur
Wahrnehmung ihrer künftigen Rechte, soweit diese einer Fürsorge
bedürfen, einen Pfleger" (§ 1912). Der Pfleger ist dann gesetzlicher
Vertreter des Kindes, er stellt alle Anträge, die zum Schutz des
ungeborenen Kindes nötig sind. -
Soweit die Ausführungen des Rechtsanwaltes Gritschneder, der sich
bereits mehrfach in der Öffentlichkeit für das ungeborene Leben
eingesetzt hat und die fatale Haltung des CSU-Vorsitzenden Franz Josef
Strauß in dieser Frage bloß gelegt hat. Gritschneder führt dann einen
Fall aus der Praxis auf, um zu belegen, daß es sich bei seinen
Darlegungen nicht bloß um graue Theorie handle: das Amtsgericht Köln
ordnete eine einstweilige Verfügung an, wonach einer Frau die geplante
Abtreibung untersagt wurde: der Vater wollte damit verhindern, daß
seine Frau das gemeinsame Kind töten ließ. In der Begründung hieß es,
es sei "in der Rechtsordnung nicht zweifelhaft, daß das ungeborene Kind
einen Anspruch auf Schutz hat". Und ohne die einstweilige Verfügung
"wäre sicher, daß die Schwangerschaft morgen unterbrochen und eine
richterliche Prüfung über die gesetzlichen Voraussetzungen eines
Schwangerschaftsabbruchs gar nicht mehr möglich sein würde".
(Entscheidung vom 15. März 1984 - Az.: 53 X 87/84).
Anmerkung: Es gibt in der Bundesrepublik eine Reihe von Lebensrechtsbewegungen und Vereinigungen zum Schutz des ungeborenen Lebens.
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