UNBESETZTER APOSTOLISCHER STUHL
- AUSZUG AUS EINER PREDIGT -
von
+ H.H. Dr. Otto Katzer
Liebe Christen,
auf zwei Arten kann der Apostolische Stuhl unbesetzt bleiben:
1. durch den physischen Tod des Papstes;
2. durch seinen moralischen Tod, indem er sich gegen die Glaubens- oder Sittenlehre versündigt.
Daß dies möglich ist, davon könnt ihr euch leicht überzeugen, wenn ihr
die Allerheiligenlitanei betet. Dort bitten wir ganz besonders darum:
"Daß Du den apostolischen Oberhirten (...) in Deiner heiligen Religion
erhalten wollest."
Wenn der Apostolische Stuhl - und sei es vielleicht auch für eine lange
Zeit - unbesetzt bleiben sollte, so ist er deshalb dennoch nicht
verwaist. So schreibt Papst Pius VI. zu Beginn seiner berühmten
Konstitution "Auctorem fidei" gegen die Synode von Pistoja, wobei er
sich auf die Worte des hl. Petrus Chrysologus beruft: "Nicht verwaist
ist der Apostolische Stuhl, sondern Petrus, der ewig lebendig ist und
auf diesem Stuhle für immer den Vorsitz führt, ist stets bereit, denen,
die nach der Wahrheit suchen, die entsprechende Antwort zu geben, und
zwar in den unfehlbaren, unumstößlichen Urteilen des Apostolischen
Stuhles." Solche Urteil gibt es nicht nur vereinzelt, wie ab und zu
falsch behauptet wird, sondern, um mit den Worten des I. Vatikanischen
Konzils zu sprechen, "millena et millena judicia doctrinaria"
("tausende und abertausende solcher Lehrurteile") wurden schon von der
hl. Kirche gefällt, wodurch wir in allen Dingen, die wir für unser
Glaubens- und Sittenleben benötigen, Klarheit bekommen können. Nur
eines ist hier notwendig: nachzuforschen, um diese Urteile
herauszufinden, was allerdings einige Mühe und Arbeit kostet. Ihr könnt
euch leicht vorstellen, wenn dem kirchlichen Lehramt beispielsweise in
einem Jahr auch nur zehn Fragen vorgelegt würden, worüber der
Apostolische Stuhl zu entscheiden hätte, dann hätten wir im Verlauf der
zwei Jahrtausende der Kirchengeschichte 2o.ooo solcher Antworten. Und
der Fragen wurden nicht nur zehn pro Jahr vorgelegt, sondern manchmal
hundert und mehr. So müssen wir uns fragen: Was heißt christlich
glauben? Wenn wir den Katechismus aufschlagen würden, was wir besonders
heute sollten - wenn wir unseren Glauben bewahren wollen in dem heute
entstandenen Chaos-, dann würden wir lesen können: "Christlich glauben
heißt, alles für wahr halten, was Gott geoffenbart hat und die heilige
Kirche uns zu glauben vorlegt."
Was ist nun Gegenstand dieser Entscheidungen des Apostolischen Stuhles?
Das, was in der Heiligen Schrift und in der Tradition enthalten ist und
-vom ordentlichen und außerordentlichen Lehramt zu glauben vorgelegt
wird. Darüber aber wollen die meisten Menschen überhaupt keine Klarheit
mehr haben. Wenn wir nun die Entscheidungen des sog. II. Vatikanischen
Konzils selbst in die Hand nehmen, so werden wir dort die Worte jenes
Mannes lesen, der den Namen Paul VI. trug. Während des ganzen Konzils
wurde kein Urteil auf Grund des außerordentlichen Lehramtes
ausgesprochen. Noch eine weitere Bemerkung: Da man übersieht, daß
dieses Konzil nur ein sog. 'pastorales' sein wollte, so ist es
unbedingt notwendig, ja selbstverständlich, in die Geschichte der
kirchlichen Entscheidungen zurückzuschauen und nach den bereits vom
Apostolischen Stuhl gefällten Entscheidungen zu urteilen, d.h. unter
Berücksichtigung der Beschlüsse der vergangenen Konzilien und
Äußerungen der Päpste bis hin zu Pius XII.Ja, meine Lieben, es ist
nicht leicht. Einfach ist es, daherzureden, aber sachlich und kompetent
zu argumentieren, ist eine andere Angelegenheit.
Dem Konzil von Trient stand ein berühmter Mann, Kard. Hosius, vor. Ihr
werdet mir verzeihen, wenn ich die Worte dieses Leiters des
Tridentinums ein klein wenig modernisiere. "Da heißt es" so sagt er,
"es gibt einen abgedroschenen Schlager in der Kirche. Wie eine
Leierkastenmelodie wird er immer wieder heruntergespielt. Und dieser
Schlager lautet: Den Priestern Weiber, den Laien den Kelch und die
Volkssprache in der Liturgie!" Wann immer ein Konzil abgehalten wurde,
sei es ein pastorales oder allgemeines gewesen, wurde diese Leier immer
wieder aufgetischt. Doch genauso häufig gab die Kirche eine
verneinende, ablehnende Antwort. Nun genügte das aber nicht mehr. Heute
kommt man mit dem daher, was man modern nennt... aber diese modernen
Machwerke modern schon dahin, jawohl, sie modern (Betonung auf: o). An
diesem Punkt angekommen, müssen wir einmal die Konsequenzen betrachten,
die sich aus dieser modernden Moderne ergeben: Es geht schlicht um u n
s e r Sein oder u n s e r Nicht-Sein, und zwar für die gesamte
Ewigkeit! Ich sage nicht: die Kirche, die Kirche, die vergeht nicht!
Sie besteht, bleibt in Ewigkeit bestehen! Was haben die wenigen Glieder
der streitenden - heute vielleicht: nicht streitenden - Kirche zu
bedeuten im Vergleich mit der triumphierenden Kirche, mit den Heiligen
im Himmel und mit den Armen Seelen im Fegefeuer?
Wie wir schon sagten: die Aussagen des sog. II. Vatikanischen Konzils
sind in jedem Fall unter Berücksichtigung der bereits gefallenen
unumstößlichen, unabänderlichen Beschlüsse früherer Konzilien zu
beurteilen. Nehmen wir z.B. die Konstitution "Missale Romanum" von Paul
VI. zur Hand und lesen, wie darin nicht mehr von Konsekration die Rede
ist, sondern nur noch von "Herrenworten" gesprochen wird, was nicht von
geringer Bedeutung ist. Über die dort formulierten sog.
'Konsekrationsworte' müssen wir folgende Feststellung treffen: Was die
Interpunktion dieses Textes betrifft, so ist sie völlig falsch, indem
sie andere Akzente setzt. Nicht weniger falsch ist auch die Übersetzung
aus dem Lateinischen, und zwar die 'amtlich' bestätigte Übersetzung
dieser Konstitution "Missale Romanum". Denn einem jeden dürfte klar
sein, daß "viele" und "alle" nicht dasselbe ist!
Wie jeder Lokomotivführer hat auch der Priester seine Vorschriften,
seine Verhaltensregeln, seine Gesetze zu kennen. Er kann sich bei einem
Mißgeschick oder einem Unglück nicht damit entschuldigen, diese oder
jene Instruktion vergessen zu haben. Nein, das würde sich für ihn nur
belastend auswirken. Ein Priester hat demnach sein Missale Romanum zu
kennen! Dort sind ihm bei den Bestimmungen über die sogenannten
"defectibus formae" die Mängel angegeben, welche beim Lesen der hl.
Messe, ganz besonders aber der Konsekrationsworte,eintreten können und
welche Konsequenzen das für die hl. Messe hat. Da heißt es nun - und
die Worte sind ganz genau dort angegeben und rot gedruckt, um sie
besonders herauszuheben, damit sie nicht überlesen werden -: "Käme es
zu einer Änderung, würde etwas geschmälert oder umgeändert, so daß der
neue Wortlaut, die neuen Worte nicht dasselbe aussagen würden wie die
vorherigen, 'sacramentum non conficitur' - würde das Sakrament nicht
zustande kommen."Es gäbe also keine hl. Wandlung! Brot bliebe Brot und
Wein bliebe Wein! Würde man aber die Form, d.h. die Worte ändern,
welche den Sinn nicht verändern würden, dann käme es zwar zu einer
Realisation der Wandlung - der Herr wäre gegenwärtig -, doch wäre diese
Handlungsweise (der Änderung der Form) schwer sündhaft: "gravissime
peccare". Jeder Priester hat stets die Möglichkeit - und auch die
Pflicht -, dies nachzulesen und sich darüber im Klaren zu sein. Ich
glaube, die Einhaltung dieser Verpflichtung ist einleuchtend.
Man sagt, diese neue 'Konsekrationsformel1 sei den Priestern
aufgezwungen worden. Ich frage euch, wer könnte mich zwingen, ein
Verbrechen zu begehen. Mich darauf zu berufen, ich sei gezwungen
worden, wäre mir jedenfalls nicht möglich. Wenn es auch auf Grund des
bekannten falschen Gehorsams dazu käme, daß jemand durch eine rechte
Intention diese für jedermann sichtbare zumindest zweideutige Form für
eine rechtmäßige halten würde, dann bliebe doch diese Handlungsweise
absolut schwer sündhaft. (Anm.d.Red.: diese Feststellung bezieht sich
lediglich auf die Intention des Priesters. Da die gefälschten
Wandlungsworte benutzt werden, kommt keine Konsekration zustande; denn
die entsprechende Form ist für die Realisation der Wandlung absolut
konstitutiv.)
Es hat hier bei dieser Gelegenheit wenig Sinn darüber zu streiten, ob
die sog. 'neue Messe' überhaupt noch gültig ist oder nicht. Das können
wir ein andermal untersuchen. Auf jeden Fall wissen wir aus dem bisher
Ausgeführten, daß sie schwer sündhaft ist! Und wer das weiß, darf nicht
daran teilnehmen! Denn ein jeder hat gelernt (im
Katechismusunterricht), daß er an fremden Sünden - ich hoffe, ihr könnt
euch noch daran erinnern, daß es auch fremde Sünden geben kann - nicht
teilnehmen darf, will man nicht auf dieselbe Art und Weise sündigen -
im vorliegenden Fall hieße das: eine Gotteslästerung begehen. Mit einer
Gotteslästerung aber kann ich meine Sonntagspflicht nicht erfüllen! Das
dürfte einem jeden klar sein, ganz besonders aber dem, der die
ausgesprochene Pflicht hat, sich hier Klarheit zu verschaffen. Und wenn
sich ein Priester oder Laie darauf berufen sollte, diese sog. 'neue
Messe' sei ihm aufgezwungen worden, so ist und bleibt auch ein gegen
die Sitten aufgezwungenes Vergehen eine Sünde! Und derjenige, der eine
schwer sündhafte Tat anordnet, würde nicht nur gegen die Sitten,
sondern auch gegen die Sittenlehre sündigen, dann wäre er nicht mehr
das, für was er sich ausgibt, nämlich Papst. Fs mag hart und anmaßend
klingen: der Stuhl Petri wäre unbesetzt - und er ist es!
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