ZUR PROBLEMATIK DER RESTITUTION
DER KIRCHLICHEN HIERARCHIE
Vorwort der Redaktion:
Wie bereits im letzten Heft angekündigt, möchte ich die unterbrochene
Debatte um das Problem der Restitution der kirchlichen Hierarchie (vgl.
EINSICHT XIIl/6/, XV/6/, XVI /1//2/) wieder aufgreifen, zumal zu diesem
Thema im letzten Jahr von einigen amerikanischen Autoren - u.a. Teresa
L. Benns, David Bawden und Thomas Hempel - eine Reihe von Beiträgen
erschienen sind, die sich in der Hauptsache der Frage der Wahl eines
neuen Papstes widmen. Es hatte sich in den letzten Jahren gezeigte, daß
die entscheidenden Probleme, die der Rest-Kirche zu bewältigen
aufgegeben sind, nur gelöst werden können, wenn sich diese wieder eine
juridisch feste Form gibt, die durch und in der Person des Papstes
garantiert und ausgefüllt wird, d.h. wenn der Zustand des Sedisvakanz
beendet wird. Es gehört zur Orthopraxie jedes katholischen Christen,
besonders der rechtgläubig gebliebenen Kleriker, mitzuwirken, damit ein
Zustand der Legalität erreicht wird. Denn ohne die Beendigung des
derzeitigen sektiererischen Agitierens, dem bisher die meisten
rechtgläubigen Bischöfe erliegen, kann die Einheit und Hohheit der
Kirche nicht wiedergewonnen werden.
Ohne hier auf die grundsätzliche Konstitution der von Christus
gegründeten und gestifteten Kirche und ihre Verfassung einzugehen,
möchte ich in dem Zusammenhang auf die Bestimmungen des Konzils von
Florenz (1438-1445) und der 4. Sitzung des vatikanischen Konzils von
187o bezüglich des Vorranges des römischen Papstes vor allen Bischöfen
und seine Aufgabe für die Einheit der Kirche hinweisen.
"Wir bestimmen, daß der Heilige Apostolische Stuhl und der römische
Papst den Vorrang über die ganze Welt inne hat, daß der römische Papst,
der Nachfolger des heiligen Petrus, des Apostelfürsten, der wahre
Stellvertreter Christi, das Haupt der gesamten Kirche und der Vater und
Lehrer aller Christen ist, daß ihm im heiligen Petrus die volle Gewalt,
die ganze Kirche zu weiden, zu regieren und zu leiten von unserem Herrn
Jesus Christus übergeben ist, wie es die Verhandlungsberichte der
allgemeinen Kirchenversammlungen und die heiligen Rechtssätze
enthalten." (Lehrbestimmung für die Griechen, Konzil von Florenz 1439.)
"Wir lehren also und erklären: Nach den Zeugnissen des Evangeliums hat
Christus der Herr den Vorrang der Rechtsbefugnis über die gesamte
Kirche unmittelbar und direkt dem seligen Apostel Petrus v e r h e i ß
e n und verliehen. Denn einzig zu Simon, zu dem Jesus schon früher
gesagt hatte: 'Du wirst Fels heißen', hat der Herr nach seinem
Bekenntnis: 'Du bist Christus, der Sohn des lebendigen Gottes' die
feierlichen Worte gesagt: 'Selig bist du, Simon, Sohn des Johannes.
Denn nicht Fleisch und Blut haben dir das geoffenbart, sondern mein
Vater, der im Himmel ist. Ich sage dir, du bist Petrus und auf diesen
Felsen werde ich meine Kirche bauen, und die Pforten der Unterwelt
werden sie nicht überwältigen. Dir werde ich die Schlüssel des
Himmelreiches geben. Was du auf Erden binden wirst, wird auch im Himmel
gebunden sein, was du auf Erden lösen wirst, wird auch im Himmel gelöst
sein' (Mt 16,16 ff). Einzig dem Simon Petrus verlieh Jesus nach seiner
Auferstehung die Rechtsbefugnis des höchsten Hirten und Leiters über
seine ganze Hürde mit den Worten: 'Weide meine Lämmer, weide meine
Schafe!' (Joh 21,15 ff.) (...) Was aber der Herr Christus Jesus, der
Fürst der Hirten und oberster Hirt der Schafe, im heiligen Petrus zum
ewigen Heil und immerwährenden Wohl der Kirche eingesetzt hat, das muß
notwendig nach seiner Anordnung in der Kirche fortdauern, die auf dem
Felsen errichtet ist und bis zum Ende der Zeiten feststehen wird.
'Niiemand bezweifelt, denn es ist allen Zeiten bekannt, daß der heilige
und seligste Petrus, der Fürst, das Haupt der Apostel, die Säule des
Glaubens, die Grundfeste der katholischen Kirche, von unserem Herrn
Jesus Christus, dem Heiland und Erlöser des Menschengeschlechtes, die
Schlüssel des Reiches empfing. Und er lebt bis auf diese Zeit und
immerdar in seinen Nachfolgern', den Bischöfen des Heiligen Römischen
Stuhles, der von ihm selbst gegründet und mit seinem Blut geweiht ist.
Da führt er den Vorsitz und 'übt das Richteramt aus'
(Kirchenversammlung zu Ephesus). Jeder, der als Nachfolger Petri diesen
Bischofssitz innehat, besitzt auch nach Christi Einsetzung selber den
Vorrang Petri über die ganze Kirche." (4. Sitzung des Vatikanischen
Konzils 187o. - Vgl. Neuner - Roos: "Der Glaube der Kirche in den
Urkunden der Lehrverkündigung" Regensburg 1938, S. 206, 219-221.)
Man kann über die Jurisdiktionellen Vollmachten, die die neu geweihten
Bischöfe - auch unter Berücksichtigung der besonderen Vollmachten, die
S.E. Erzbischof Ngo-dinh-Thuc von Papst Pius XI. erhalten hatte, die
ihm gestatteten, auch ohne Rücksprache mit dem Apostolischen Stuhl
Bischöfe zu konsekrieren - haben oder nicht, eines dürfte dennoch
völlig klar sein, daß auch im positivsten Fall diese Art der
Jurisdiktion die päpstliche nicht ersetzen kann.
In den letzten Jahren haben sich immer mehr Christen mit dem desolaten
Zustand abgefunden. Sie zeigen nur noch Interesse an ihrem eigenen
persönlichen Seelenheil, wobei es ihnen egal ist, in welcher
Einstellung sich die Priester befinden, welche ihnen die Sakramente
spenden. Tatsache ist, daß Christus nur der von ihm gegründeten und
gestifteten Kirche die Vollmacht gegeben hat, die Gnadenmittel,
konkret: die Sakramente legal zu spenden, und nicht irgendwelchen
Sektierern, die sich außerhalb des "Schafstalles" befinden. Priester
und Bischöfe, die von sich behaupten, noch rechtgläubig zu sein, sind
dies in der Tat nur dann gerechtfertigterweise, wenn sie trotz des
jurisdiktioneilen Notstandes - bedingt durch die allgemeine Sedisvakanz
- hoffend antizipieren, daß dieser Zustand beendet werden muß. Zur
Orthodoxie muß die Orthopraxie hinzukommen. Ich kann mich aber
teilweise nicht des Eindrucks erwehren, als ob einige der neu geweihten
Bischöfe entweder einem sektiererischen oder schismatischen Geist
folgen, indem sie bewußt oder unbewußt sich Vollmachten aneignen, die
normalerweise dem Papst reserviert sind. Im folgenden veröffentlichen
wir die Einleitungen in eine mehrere Beiträge umfassende Artikelserie
von Teresa Benns und David Bawden, die zugleich eine pauschale
Situationsbeschreibung aus der Sicht ihrer Autoren liefert.
Eberhard Heller
++ o ++
V O R W O R T
von
Teresa L. Benns
Seit dreißig Jahren suchen die Traditionalisten nach einer Lösung für
die Krise in der Kirche. Viele wurden verwirrt, verbittert und
entfremdet. Andere resignierten und wurden sogar selbstzufrieden. Nur
wenige wagten es, nach dem Spektakulum von Vatikanum II und der Absage
an das Tridentinum aufzustehen - trotz der fortgesetzten Zerstörung der
Kirche. Doch es ist, als wären ihre Augen gegenüber dieser wirklich
verheerenden Katastrophe verschlossen und als stünden sie noch unter
einer Schockwirkung. Diese Leute ähneln einer trauernden Witwe, die ihr
Leben nicht ohne den geliebten Mann weiterführen kann und die sich nun
entschließt, als Ersatz dafür in der Vergangenheit zu leben, um ständig
die Zeiten sowie Auswirkungen der Vergangenheit zu beschwören. All dies
ist verständlich, aber es führt zu nichts.
Viele traditionalistische Schriften trugen und tragen zu dieser
Verfassung bei, indem sie auf langweilige Art Vatikanum II und seine
Nachwirkungen, die Aktivitäten Johannes Pauls II. und seiner Vorgänger
sowie die Vorgänge im Vatikan und der apostasierten 'Kirche'
wiederkäuten.
Sollten wir uns aber überhaupt um das kümmern, was sich im Zentrum
dieses Nachlasses oder innerhalb der Reihen der PTL (?) abspielt? Wir
kümmern uns ja auch nicht um das, was in der Anglikanischen Kirche vor
sich geht! Warum als konzentriert man sich ständig auf die apostatische
'Kirche' in Rom? "Sie besitzen die Kirchengebäude, wir aber den
Glauben!" so beschwor bereits der hl. Athanasius die Gläubigen damals.
Dieses Rom wird nicht umkehren, es wird nicht in die Kirche wieder
eintreten, der wir angehören; diejenigen, (die diesem Rom angehören),
sind nämlich keine katholischen Christen mehr. Warum vergeuden wir noch
unsere Zeit mit ihnen? Warum können wir uns nicht einfach (radikal) von
ihnen trennen? Wenn die Kirche überleben soll, müssen wir, d.h. die
restlichen katholischen Christen, uns vollständig von der "Großen Hure"
trennen. Danach müssen wir am Wiederaufbau des großen Gebäudes, der
römisch katholischen Kirche, die niemals von der Erde verschwinden
kann, arbeiten. Wir müssen aufhören, die "Hure" zu kopieren, aufhören,
uns über sie zu wundern, aufhören, ihrer Existenz zu huldigen. Sie in
welcher Form auch immer anzuerkennen, würde bedeuten, einem Irrtum
Glauben zu schenken. Dies würde jedem von uns den letzten Rest an Kraft
zum Wiederaufbau unserer Kirche nehmen. Wir haben weder Zeit noch Kraft
zum Überprüfen und Aussondern der schmutzigen Affären Roms!
Viele von Ihnen, verehrte Leser, werden sich nun vielleicht verwundert
fragen: "Was können wir denn überhaupt noch TUN?" In der folgenden
Artikelserie hoffe ich, die leidenden Katholiken mit neuer Hoffnung,
Stoff zum Nachdenken und einem Plan zum Handeln zu versehen. Außerdem
werde ich zeigen, weshalb dieser Plan notwendig und durchführbar ist.
Die Zeit ist gekommen, an die Worte Unserer Lieben Frau von La Salette
zu erinnern: "Ich rufe die Apostel der letzten Zeiten auf, die
gläubigen Schüler Jesu Christi, die in Verachtung und Stille, in Gebet
und Abtötung gelebt haben (...) und der Welt unbekannt. Es ist Zeit für
sie, sich zu erheben und die Welt zu erleuchten. Kommt und zeigt euch
selbst als meine teuren Kinder. Ich bin mit euch und in euch,
vorausgesetzt, daß euer Glaube das Licht ist, das euch in diesen
schlimmen Zeiten erleuchtet. Möge euer Eifer euch dürsten lassen nach
dem Ruhm und der Ehre Jesu Christi! Kämpft, ihr Kinder des Lichtes,
ihr, die wenigen, die auf diese Weise sehen; denn die Zeit aller
Zeiten, das Ende des Endes steht unmittelbar bevor."
28.3.1988
sig.: Teresa L. Benns
***
Liebe Freunde in Christo,
von verschiedenen Personen wurde ich gebeten, einige der
kirchenrechtlichen Erwägungen für eine Papstwahl zu kommentieren. Die
Artikel, die in Vorbereitung sind, werden einige allgemeine
Betrachtungen von mir zusammen mit einigen kanonischen Vorschriften
enthalten. Einer der Gründe, weshalb ich mich mit diesen Fragen
auseinandersetze, ist die Tatsache, daß es gegenwärtig viele Probleme
gibt, auf die letztlich jedoch nur ein Papst allein verbindliche
Antworten geben kann, oder daß diese Probleme jemandem zu lösen
überlassen werden müssen, der im Besitz der Jurisdiktion ist. Gerade
auch die Frage der Jurisdiktion muß mit der entsprechenden Autorität
beantwortet werden, da inzwischen viele Theorien darüber im Umlauf
sind, Theorien, die ich teilweise als sehr gefährlich für den Glauben
ansehe. Aber wer wäre imstande eine Antwort zu geben? Der Papst allein!
Aber wir haben keinen Papst! Gut, soweit ich zu sehen vermag, können
und müssen wir einen erwählen. Noch mehr Bischöfe und Priester bloß zu
weihen, Briefe zu schreiben und katholische Institute zu gründen, wird
unsere Probleme nicht lösen. Allein das Ausfüllen der Lücken in der
Verfassung der Kirche vermag dies. Die Wahl eines Papstes ist deshalb
von höchster Dringlichkeit. Falls sich herausstellen sollte, daß eine
solche Wahl unmöglich sein sollte, bin ich sicher, daß die Trompeten,
die das Ende der Welt ankündigen sollen, bald ertönen werden!
Ich bete, daß die folgenden Artikel einen positiven Beitrag für die
kommende Wahl leisten und einige Zweifel beseitigen werden. Der Weg
hinauf ist steinig und unbegangen. Indessen wer nichts wagt, der
gewinnt auch nichts. Aber sollen wir als loyale katholische Christen
herumsitzen und nichts unternehmen, während viele Konziliaristen und
sog. Traditionalisten die Kirche, die wir lieben, zerstören. Oder
sollen wir nicht - als die kämpfende Kirche! - aufstehen und etwas
unternehmen? Nur Sie selbst können entscheiden, ob und was Sie
unternehmen. Vergessen Sie aber nicht, daß Sie vor dem Richterstuhle
Gottes Rechenschaft ablegen müssen. Ich muß für meine Handlungen
Rechenschaft ablegen und Sie für die Ihrigen. Sind Sie bereit, dies zu
tun? Möge Gott uns segnen und in diesen Bemühungen führen.
In Christus, dem König
sig.: Ihr David Bawden
Box 10, Belvue, Kansas 66407, U.S.A.
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