KAPITEL III
DIE AKTUELLE VERWIRKLICHUNG (PERFICIENTIA ACTUALIS) DER “SACRA ORDINATIO”
IN EINEM KIRCHLICHEN “RITUS SACRALIS”
A) DIE „MATERIA ET FORMA“ – DETERMINATION
Zunächst sei, um einem sich oft einschleichenden Mißverständnis
vorzubeugen, darauf hingewiesen, daß wir in diesem Kapitel nicht von
den Sakramenten sprechen, insofern sie als GnadenMittel zum
menschlichen Heil notwendig sind (sei es „de necessitate absoluta“, sei
es „de necessitate congruentiae“), sondern von der Notwendigkeit ihres
verursachten Wirklichseins und Wirklichwerdens von seiten einer
menschlichen Person als eines „minister“ Jesu Christi und Seiner
Kirche. Zudem ist selbst und sogar für die Verwirklichung der
sakramentalen Taufe eine solche Person nicht erforderlich und keine
„conditio sine qua non“. Auch dies wird oft übersehen, wenn man vom „
munus consecrationis“ der „sacra ordinatio“ spricht.
Wenn ein Laie das Sakrament der Taufe verwirklicht und einer Person
appliziert, dann geschieht das nicht in einem „munus consecrationis“,
was jedoch der Sache selbst nicht den geringsten Abbruch tut, weil ihr
objektiver WahrheitsWert (veritas boni) der gleiche ist. Denn auch ein
Laie ist, wenn er die sakramentale Taufe spendet, ein sich von einem
Nichtgetauften unterscheidender „Diener“ (famulus) Jesu Christi und
Seiner Kirche. Dennoch aber sind die Begriffe „minister“ und „famulus“
nicht identisch. Sie unterscheiden sich auf eine ähnliche Weise wie
offizielle und offiziöse Dienstleistungsträger im staatlichen Bereich.
Laien sind keine „Kalfakter“ in der Kirche. So etwas haben sich immer
nur Klerikalisten eingebildet, denen ihre 'heilige Weihe' zu Kopf
gestiegen ist. Heute freilich werden sie nur noch profanordinär
'ordiniert'. Es macht keinen Unterschied, ob sie sich dessen bewußt
sind oder nicht.
Nun aber galt und gilt immer noch im allgemeinen und grundsätzlich die
alte Wahrheit: „Zur Spendung der Sakramente ist mehr erforderlich als
zu ihrem Empfang.“ (Thomas v.A., Suppl. q.34 a 5, sed contra) Damit
aber erhebt sich die Frage, was dieses „mehr“ wohl ist oder sein
könnte? Etwa der christliche Glaube? Dies jedoch kann nicht sein, denn
er bezieht sich weder auf das wahre Sein eines Sakramentes (vere esse
rei) noch auf seine Verwirklichung und trägt auch nichts dazu bei. Wenn
aber nicht der christliche Glaube, was dann? Nun, dann muß es sich eben
um eine bestimmte intellektive Erkenntnis und einen reflexiven
Denkvollzug handeln, der sich auf die Washeit und das Wesen
(quidditas et essentia) eines Sakramentes als einer realen „res sacra
et sancta“ bezieht und der von einer „sacra ordinatio“ vorausgesetzt
wird.
Papst Leo XIII. bezog sich in seiner Bulle indirekt auf dieses „mehr“,
als er von einer illusionären und nichtigen Spendung des sakramentalen
Ordo sprach, nämlich durch einen in Wahrheit doch nur „leeren Akt ohne
Wirkung“ („irritu actu nulloque effectu“), so daß dann auch die
sakramentale „actio debita“, d.h. das geschuldete Tun oder die
seinsollende Tätigkeit, ihr SinnZiel nicht erreicht und eben deswegen
auch „selbstverständlich ungültig“ („videlicet invalide“) wird.
Dies richtete sich gegen jeden kirchlichen Ritualismus, nicht bloß
gegen den anglikanischen. Eine solche 'Sakramentsspendung' ist in
Wirklichkeit überhaupt keine, sondern nur eine sinnliche Theatralik,
verbunden mit einem Wortgeklingel, die sie, wie der Papst formulierte,
mit einem „sich des Haltes beraubenden und entkräftenden Fehlers oder
Gebrechens“ („cum vitio infirmante“) behaftet und belastet ist. Worin
aber bestand und besteht dieser schwerwiegende Fehler? Etwa nur darin,
daß die Anglikaner und andere „non in forma Ecclesiae ordinati et
consecrati fuerunt“? Das ist weder die ganze noch die eigentliche Lehre
des Papstes. Außerdem geht es bei der Verwirklichung der „sacra
ordinatio“ nicht bloß um eine Vermeidung von subjektiven Fehlern
(vitia), sondern um die unbedingte Vermeidung von objektiven
„defectus“, von Seinsmängeln, d.h. von einem Nichtmehrvorhandensein
dessen, was vorhanden sein sollte und muß, und hierbei insbesondere um
einen, wie der Papst sagt, „defectus formae et intentionis“ in der
Sache selbst. Nur Subjektivisten und religiöse Scharlatene begreifen
das hier Gemeinte nicht, da sie weder ontologischreflexiv noch streng
sachbezogen denken können. Und darum begreifen sie auch nicht, was das
heißt, daß, um mit Thomas v.A. zu sprechen, ein solcher Defekt „incidit
praeter intentionem agentis“, d.h. er ereignet sich und bricht hinein
außerhalb des Hinbezogenseins eines geistig Tätigen auf ein
vorgegebenes Ziel hin und wegen desselben, das er erreichen soll, aber
nicht erreicht. Außerdem muß in diesem Zusammenhang noch der
ontologische Grundsatz beachtet werden: „Alle erstreben das Gute, aber
nicht alle erkennen das Wahre“. („De veritate“ q.21 a,4) Eine „sacra
ordinatio“ aber muß zuerst eine objektiv wahre und etwas in sich Wahres
sein, eine „res vera“, andernfalls sie nicht einmal eine „res sacra“
ist und dann auch niemals zu einer „res sancta“ werden kann. Wer von
heiligen Weihen redet und schreibt, weiß oft gar nicht, wovon er
überhaupt spricht, da er einen wahren von einem nichtwahren religiösen
Ritus nicht unterscheiden kann, wie schon die Erfahrung lehrt.
Die schwerwiegende Sache eines objektiven „defectus formae et
intentionis“, wird nicht mehr intellektiv erkannt und kann deshalb auch
nicht vermieden werden. Dieser Defekt ereignet sich und bricht hinein
infolge einer Blindheit oder auch Verblendung des menschlichen Geistes,
der eine spezifische „res vera“ in einem kirchlichen „ritus sacralis“
nicht mehr erfaßt. Der christliche Glaube vermag eine solche defekte
Geisteshaltung nicht zu heilen, sondern nur, wenn diese nicht selbst
verschuldet ist, eine göttliche Gnade.
Wie groß ist wohl schon das Übel, wenn bereits ein Sakramentsritus
blinden Geistes vollzogen wird? Das ist nicht dasselbe wie eine
unernste oder gewissenlose oder eine etwas nur nachahmende oder bloß
vortäuschende rituelle 'sakramentale Handlung'. Kein eingefleischter
Ritualist und exaltierter Liturgiker hat dieses Übel jemals begriffen.
Darüber sollte sich kein Katholik täuschen und auch nicht
hinwegtäuschen lassen, wenn er heutzutage auf irgendeine Weise an einem
angeblich 'kirchlichen Ritus' partizipiert, den irgendwelche
Zelebranten in alten oder neuen Kulträumen zelebrieren. Ein orthodoxer
Katholik täte besser daran, solche Situationen und „Gelegenheiten zur
Sünde“ überhaupt zu meiden, wenn nicht ein anderes Interesse vorliegt,
z.B. rein informativer Natur.
Zudem unterschied der Papst in der „sacra ordinatio“ nach alter
Lehrtradition (die weder mißverstanden noch umgedeutet noch verwirrt
werden darf, wie es heutzutage ständig geschieht!) einen wesentlichen
und einen unwesentlichen Teil. Zum unwesentlichen Teil gehören alle
Zeremonien, die einen Ritus begleiten, da durch sie kein
Sakramentsritus zustandekommen kann und zustandekommt, selbst wenn sie
sehr feierlich, beeindruckend und 'das Herz erhebend' getätigt oder
aufgeführt werden. So etwas kann freilich auch grundfalsche
Perspektiven heraufbeschwören, so daß nicht mehr erkannt wird, worum es
eigentlich geht.
Von entscheidender Bedeutung ist somit nur der wesentliche Teil, in dem
allein das „sacramentum ordinis“ und also auch diese
individuellkonkrete „res vera“ konfiziert (von conficere, nicht:
conferre) wird und auch sachgemäß (recte) gehandhabt (administrare)
werden muß. Dies jedoch ist gar keine so einfache Angelegenheit, wie
manche meinen, denen jegliches Problembewußtsein abgeht und die dann
aus einem Mangel an kritischem Denken zwangsläufig Scheinproblemen
verfallen oder auf den Leim gehen. Es ist nämlich auch dieses
Sakrament, das zu konfizieren ist, in seinem Sein (esse rei) a priori
und notwendig durch zwei Seinsprinzipien konstituiert (innerlich
begründet), und zwar gemäß der philosophischen Begriffe „materia et
forma“, die sich auf den SakramentsSachverhalt auf eine analoge Weise
beziehen und ihn zum Ausdruck bringen. (Nebenbei bemerkt: unter einer
Analogie versteht man zugleich die Übereinkunft in der Verschiedenheit
und die Verschiedenheit in der Übereinkunft von etwas. Die sinnliche
Erkenntnis und Vorstellung vermag so etwas nicht zu erfassen, sondern
nur das intellektive Denken.) Materie und Form existieren nicht, weder
an sich noch für sich, und sind auch keine zwei 'Dinge', die
zusammengesetzt oder getrennt werden können, sondern sie sind das,
wodurch ein real Seiendes existiert, d.h. Sein hat, und in seinem Wesen
determiniert ist. Die „materia et forma“ der Sakramente sind keine
„entia quae“, sondern zwei notwendige „entia quibus“, entitative
Konstitutionsprinzipien, und dadurch zugleich auch zwei entitative
WesensTeile einer „res realis“. Darum darf man auch die natürliche „res
sacramentalis“ nicht mit der übernatürlichen „res sacramenti“
verwechseln, aber auch nicht identifizieren, da sie nicht der gleichen
Seinsordnung angehören; dennoch aber sind und bleiben sie aufeinander
bezogen, da das Übernatürliche das Natürliche in seinem Sein und Wesen
voraussetzt, um es zu vollenden.
Dies alles hat Papst Leo XIII. in seiner Bulle als doch allgemein
bekannt vorausgesetzt und damit allerdings nicht wenige Kleriker und
Theologen geistig überfordert. Auch daran hat sich bis heute nichts
geändert. Wir übertreiben hier nicht. Denn so etwas zeigt sich bereits
in den falschen Übersetzungen seiner Lehrentscheidungen an
entscheidenden Stellen, die oft ungemein komprimiert formuliert sind.
Darum darf man auch jenen Satz nicht mißverstehen, umdeuten oder
verfälschen, wo darauf hingewiesen wird, daß in jedem Sakrament die
Materie „der durch sich selbst (per se) nicht bestimmte Teil“ desselben
ist und was im Sakrament des Ordo bei seiner Spendung noch deutlicher
in Erscheinung tritt, da die „Auflegung der Hände“, die berühmte
Handauflegung, „unstreitig nichts per se Bestimmtes bezeichnet“, zumal
sie ebenso und auch nicht anders z.B. bei der (sakramentalen) Firmung
gebraucht wird (aeque ad Confirmationem usurpatur).
In dieser Beziehung jedoch muß noch folgendes beachtet werden, das oft
übersehen wird: die Handauflegung als eine solche (im Gegensatz zu
etwas, das keine ist) und also diese „materia“ oder diese sinnlich
wahrnehmbare Entität (materia sensibilis individualis) bezeichnet
dennoch nicht nichts, da sie als eine Handauflegung gekennzeichnet ist
und in sich ein bestimmtes Sein hat, sondern sie bezeichnet nur per se
nichts Bestimmtes und muß deshalb als ein Bestimmbares „per aliud quid“
(durch eine andere Entität) bestimmt werden, was dem ontologischen
Begriff der „forma“ entspricht, durch die ein noch Unbestimmtes
aufgehoben und des näheren bestimmt, d.h. eindeutig determiniert wird.
Denn nur „aus Materie und Form wird ein Eines“ („ex materia et forma
fit unum“ Thomas v.A.)
Außerdem gilt bereits seit Aristoteles die Grunderkenntnis: „materia
est propter formam“, die Materie ist um der Form willen da, nicht etwa
umgekehrt. Diese fundamentale Seinskonstitution liegt allen Sakramenten
auf eine analoge Weise zugrunde und prägt ihr Wesen, aber damit noch
lange nicht ihr ganzes, spezifisches und eigentliches (ihnen eigenes)
Wesen Wesen und Sein.
Zudem handelt es sich was ebenfalls zu beachten wäre und vom
Papst als allgemein bekannt vorausgesetzt wurde bei der „res
sacramentalis“ der Sakramente nicht um ein physisches „unum per se“
(wie dies z.B. bei der Konstitution des Menschen in seiner
LeibSeeleEinheit der Fall ist), sondern um ein im ontischen Sinne
analoges „unum per accidens“, das jedoch kein Aggregat oder ähnliches
ist, sondern eine konstitutive physische WesensGanzheit, ein „totum
physicum et essentiale ex compositione“. Das Ganze einer solchen
Einheit aber fügt sich weder von selbst zusammen noch durch einen
mysteriösen Zufall oder rein zufällig. Denn auch die „forma“ der
Sakramente bezieht sich nicht von selbst auf ihre „materia“: vielmehr
wird sie auf ihre Materie als eine bestimmbare bezogen, was nicht von
ihr selbst her geschieht, sondern durch etwas anderes, das die beiden
WesensTeile eint und zu einen vermag. Dies jedoch ist in diesem
WesensGanzen einer „res sacramentalis“ aufgrund ihres wesenhaften Seins
(esse essentiae) vorgezeichnet (praesignatio sacramentalis).
Es ist darum auch völlig nutzlos und nichts anderes als ein Blendwerk,
wenn ein bischöflicher „minister Ecclesiae“ eine Handauflegung
praktiziert, fromme Gebete spricht und dabei sogar den Hl. Geist anruft
oder auch herabruft. Deshalb heißt es in der päpstlichen Bulle kurz und
bündig: „Die als Form gebrauchten Worte 'Empfange den Hl. Geist'
bezeichnen fürwahr ganz und gar nicht bestimmt (minime sane significant
definite) den Ordo des Priestertums oder seine Gnade und Macht ( ...
)“, geschweige denn die GnadenGabe Christi der besonderen „potestas
spiritualis Ordinis“, von der wir bereits eingehend gesprochen haben.
Aus alledem folgt, daß schon lange vor den 'neuen Weihen' viele
Priesterordinationen keine wahren mehr gewesen sind, sondern grundlose
und wesenlose Scheinfabrikate. Schuld an diesem Übel war nicht zuletzt
der geistlose und erkenntnisleere katholische Ritualismus, der schon im
19. Jahrhundert sein Unwesen in der katholischen Kirche getrieben hatte.
Alle Sakramente, die ja von Christus als GnadenMittel eingesetzte und
festgelegte „res sensibiles“ sind (bestehend aus auch sinnlich
erfaßbaren Dingen, Worten und Handlungen), müssen von einem sog.
„Spender“ zuerst einmal gemäß ihrer normativen Seinsprinzipien „materia
et forma“ konstitutiv konfiziert werden, damit aus ihnen ein wirkliches
WesensGanzes werden kann und entsteht. So etwas aber ist ohne eine
intellektive Erkenntnis dieser Sache selbst gar nicht möglich und
verwirklichbar. Alle „res divinae“ der christlichen
Offenbarungsreligion sind a priori und zuerst auf den menschlichen
Intellekt bezogen und werden dann in ihrem WahrSein entweder erfaßt
oder nicht erfaßt, so daß jederzeit nicht bloß ein Irrtum im Denken
möglich ist. Es ist mehr als bedauerlich, daß heutzutage das Wissen
darüber auch unter Katholiken weitgehend verloren gegangen ist.
Nun aber genügt für die Konstitution eines Sakramentes weder irgendeine
Materie noch irgendeine Form. Vielmehr sind hierfür, worauf die
päpstliche Bulle nach alter Lehrtradition ebenfalls hinweist, eine
„materia debita“ und eine „forma debita“ unbedingt erforderlich, d.h.
zwei geschuldete oder seinsollende Entitäten, die jedoch nur das sind,
was sie sind, „ex institutione Christi“ aufgrund Seiner Weisheit und
Seines Willens. Ein Sakramentsritus setzt auch dieses prinzipiell und
fundamentaliter voraus, so daß ihn ein diesbezüglicher Defekt sofort
null und nichtig macht. Und dann helfen auch der katholische Glaube und
liturgische Gebete nicht mehr, solche Seinsdefekte zu heilen. Das
Gegenteil behaupten nur naive Gläubige oder Leute, denen das
eigentümliche Wesen eines Sakramentes als eines besonderen „unum per
accidens“ ein Buch mit sieben Siegeln ist. Sie verwechseln dieses eine
WesensGanze aufgrund sinnlicher Vorstellungen mit einem Aggregat oder
Konglomerat oder mit einem Zusammengesetztsein aus 'Stücken'
(„compositum ex rebus existentibus“!). Dadurch aber wird das
konstitutive „ex rebus et verbis“ der Sakramente entweder gründlich
mißverstanden oder absichtlich verfälscht.
Dementsprechend sieht dann auch ihre 'administratio' ('Handhabung')
aus. Sie wird schon dadurch zu einem sinnwidrigen 'StückWerk' und
schließlich zu einer veräußerlichten leeren Handlung, der das
konstitutive Fundament fehlt. Sakramente können nicht hergestellt oder
fabriziert, sondern nur konstitutiv konfiziert und perfiziert werden.
Weiß man das noch und ist sich dessen bewußt, oder bildet man man sich
das nur frommen Glaubens ein? Hier hatte und hat der blinde Ritualismus
und das zeremoniale Getue seine 'geistigen' Wurzeln.
Im Hinblick auf die „sacra ordinatio“ aber besteht das mindeste der
„materia debita“ in einer tatsächlichen (nicht bloß angedeuteten) und
auf ein Ziel hingerichteten oder hingeordneten Auflegung der Hände oder
Handauflegung. Das ist sehr sinnvoll. Denn so etwas hat auch die
Bedeutung einer Inbeschlagnahme, ja sogar Fesselung, in der ein
geistiges Band geknüpft werden soll, indes hierbei nicht zum Spender
oder Konsekrator, was ebenfalls zu beachten wäre. Eine entfernte,
schwache Analogie hierzu zeigt bzw. zeigte sich auch im profanen
Ritualbereich, so wenn z.B. ein verdienstvoller Mann von einem Fürsten
durch Auflegung eines Schwertes auf seine Schulter zum Ritter
geschlagen oder von einem König durch eine Handauflegung zum Vasall
(Lehnsmann) gemacht wurde. Das waren keine nur symbolischen Handlungen
ohne Wirkung, sondern sichtbar werdende zweckbezogene und
rechtserhebliche Vollzugsakte oder Aktvollzüge, die auch eine besondere
Rechtslage einer Person begründeten und verwirklichten.
Ein den Leuten heute von den verschiedensten Seiten eingebläutes sog.
demokratisches Bewußtsein ist nicht einmal mehr in der Lage, solche
geistigen Realitäten zu erfassen und zu verstehen.
In der geschuldeten Handauflegung einer „sacra ordinatio“ aber wird,
was ihr als einer „materia debita“ wesentlich ist, in Verbindung mit
der „forma debita“ (im Sinne einer ontologischen Synthesis) zuerst der
„character sacerdotalis“ durch die zweckbestimmte „potestas
spiritualis“ vermittelt, die dabei jedoch „schlechthin von außen
hinzukommt“ (omnio ex extrinseco adveniat“ , Thomas v.A., Suppl. q 34 a
5c). Dies alles muß die „forma debita“ zum Ausdruck bringen und
eindeutig bezeichnen, andernfalls ein Defekt das Ganze von Grund auf
zerstört. Denn die sog. „significatio“ (die Sinnbezeichnung oder der
Bedeutungsgehalt) bei einem. Sakrament beruht nicht auf der Form allein
und für sich genommen, sondern auf der spezifischen „forma totalis“
dieses konstitutiv konfizierten WesensGanzen. Darum darf man auch nicht
die päpstliche Bulle mißverstehen, wenn darauf hingewiesen wird, daß
„die Signifikation im ganzen wesentlichen Ritus, in Materie und Form
selbstverständlich, dennoch vorzugsweise (vornehmlich, nicht jedoch
hauptsächlich) zur Form gehört“, da die Form als solche eben nur das
bestimmende Prinzip ist, im realen Unterschied (distinctio realis) zur
Materie als dem bestimmbaren und nunmehr näher zu bestimmenden. Darum
ist für den essentiellen Ritus einer „sacra ordinatio“ auch keine
sakramentale Form geeignet, „die offensichtlich das zurückhält
(unterdrückt), was als das ihm Wesenseigene bezeichnet werden müßte“,
das ihm doch notwendig geschuldet ist. Wenn dieses eine sakramentale
WesensGanze, das der „sacra ordinatio“ zugrunde liegt, nicht
konstitutiv konfiziert und perfiziert wird, was nur im Medium der
intellektiven Erkenntnis möglich ist, dann löst sich die erforderliche
Signifikation der „forma totalis“ in nichts auf. Die Folge davon aber
ist, daß ein SakramentsRitus zu einer in sich leeren Handlung wird, da
er entweder überhaupt nichts wirklich bezeichnet oder aufgrund von
(objektiven) „defectus“ etwas Falsches, das nicht der Wahrheit
entspricht. M.a.W.: die ganze sakrale Sache wird dadurch null und
nichtig, ein grundloses und wesenloses Etwas, das in seiner
vermeintlichen Verwirklichung nur etwas vortäuscht, das es in Wahrheit
gar nicht ist.
Es hat immer schon Leute gegeben, die sich im christlichen Kult und
seinen Riten bei den sakramentalen „res sensibiles“ auf eine
Verfälschung und Depravierung ihrer signifikanten SinnGehalte sehr gut
verstanden haben. Selbst das rituelle Kreuzzeichenmachen, obwohl es
sich hierbei nur um eine Segnung und um ein Bekenntniszeichen handelt,
war ihnen ein Greuel und veranlaßte sie zu Verunglimpfungen und
Lästerungen. Andererseits freilich ist auch die sinnlose und
zweckwidrige Kreuzzeichenmacherei ebenso bekannt.
Wenn also (und was sehr wohl erkennbar ist, da dies nicht gänzlich
geheim gehalten werden kann) ein „minister Ecclesiae“ bei seiner
konsekratorischen Tätigkeit (actio) und DienstLeistung (officium
facere) von der konstitutiven „materia debita“ und „forma debita“ und
ebenso von der erforderlichen „forma totalis“ nichts weiß oder von
alledem nichts versteht, dann ist er von vornherein unfähig (defectus
mentis), in einem „ritus sacralis“ das „sacramentum Ordinis“ überhaupt
zu spenden. Er weiß in Wahrheit gar nicht, was er tut, sondern macht
nur etwas, das so aussieht wie... Ein solcher Geistlicher im
Bischofsornat ist nicht das, was er vorgibt zu sein, und hat bereits
sowohl seinen geistigen als auch seinen geistlichen Beruf verfehlt. Er
entpuppt sich in seinem 'geistlichen Amt' und vermeintlichem „Verwalter
der Geheimnisse Gottes“ als nichts anderes als ein religiöser
Scharlatan und Liturgieclown.
Will man also die 'neuen Weihen', d.h. die entsakralisierten
Ordinationen der „römischen Konzilskirche“ richtig beurteilen, dann muß
man zuerst die Defekte in der „materia et forma“Determination deutlich
erfassen, angefangen mit dem Fehlen der zu vermitttelnden spezifischen
„potestas spiritualis Ordinis“, die diesem Sacramentum Novae legis
wesentlich ist und ohne die es sich in nichts auflöst. Außerdem spielt
dabei der selbstverschuldete Mangel an intellektiver Erkenntnis und
vernunftgemäßem Denken keine geringe Rolle. So kommt eben das eine zum
andern und zerstört eine „ritus sacralis“ von innen heraus. Häretiker
und Apostaten rechnen immer damit, daß dies von den Gläubigen im
allgemeinen nicht erkannt wird. Denn nur so kann man ihnen etwas
vormachen und sie auch ritualistisch beherrschen.
Ohne die konstitutive Konfizierung und die Verwirklichung (das
WirklichWerden) der WesensGanzheit (totalitas essentiae) des
„sacramentum Ordinis“ gibt es keine „sacra Ordinatio“ und damit auch
keinen sakramentalen OrdinationsRitus, sondern nur noch ihr SinnZiel
verfehlende und zweckentfremdete rituelle Handlungen, denen sich dann
auch zwangsläufig begriffsleere Worte hinzugesellen, die im übrigen
weit über das hinausgehen können, was die päpstliche Bulle als
„defectus formae debitae“ bezeichnete. Das ist ein ganz dunkles Kapitel
bei der Veranstaltung von heiligen Weihen. Schon Thomas v.A. hatte sich
mit dieser üblen Sache auseinandergesetzt, da es geistlose Theologen
gab, die solche Defekte produzierten und mit ihnen operierten, indem
sie „das eindeutig bestimmte Sinn oder BedeutungsGanze der Worte und
auch die Kontinuität der Gebete“ zerstörten, wodurch dann grundsätzlich
„die Wahrheit des Sakramentes aufgehoben wird“ („tollitur veritas
sacramenti“ S. Th. III q 60 a 8).
Indes braucht ein solcher Defekt nicht unbedingt ein beabsichtigter
oder subjektiv gewollter zu sein, um diese Wahrheit zu vernichten, da
er auch auf einem Mangel in der Erkenntnis der konstitutiven
WesensGanzheit einer „res sacramentalis“ beruhen kann oder schon auf
einem Nicht–Begreifen des, wie Thomas sagt, „debitus sensus verborum“,
d.h. des seinsollenden Sinnes oder der geschuldeten Bedeutung der zu
gebrauchenden Worte, um das Wesen oder die Wahrheit einer Sache
objektiv richtig zu bezeichnen oder zu benennen und zum Ausdruck zu
bringen. Ein solcher Defekt hat dann freilich auch „per accidens“ und
indirekt einen negativen Bezug auf die „vera fides“ den wahren Glauben,
da der christliche Glaube ja selbst ein bestimmter Modus intellektiver
Erkenntnis ist. Im übrigen ist bei der „sacra ordinatio', der Bezug auf
die „vera fides“ gar nicht verwunderlich. Denn in der verwirklichten
„forma debita et totalis“ eines Sakraments reflektiert sich eine
christlichreligiöse Wahrheit und leuchtet in ihr auf, wenn sie
intellektiv erfaßt wird. Christus, der Herr, hat eben nicht die
Sakramente, sondern Sakramente eingesetzt, damit sie konstitutiv
konfiziert, verwirklicht oder perfiziert und der Wahrheit gemäß
verwaltet und gespendet werden.
Nun aber sollte bei einem Sakramente da dieses ja ein „unum per
accidens“, ist, noch folgendes beachtet werden, weil dies oft übersehen
wird: Es beziehen sich nämlich, wie bereits erwähnt, die Konstitutiva
Materie und Form nicht von sich aus oder von sich selbst her
aufeinander. Vielmehr werden von einem das Sakrament Konfizierenden
aufeinander bezogen, und zwar analog dem ontologischen Prinzip „forma
dat esse in composito“, so daß von seiten der Form eine entitative
EinFormung (informatio) geschieht, woraus dann eine physische Ganzheit
sui generis resultiert (nicht jedoch eduziert), ein „totum physicum ex
compositione“. Ein solches Kompositum ist mitnichten eine nur
„moralische Einheit“, da es auf der Einheit eines konstituierten
WesensGanzen beruht und dieses voraussetzt. Außerdem wäre nüchtern zu
bedenken und deutlich zu erfassen: hätte das „unum per accidens“ des
Seins und WesensGanzen eine Sakramentes kein echtes physisches Sein,
und zwar im ontischen Sinne einer „qualitas adquisita et connaturalis“,
dann könnte es als ein Ganzes gar nicht wirken (operari), was es doch
tut, wenn es konstitutiv konfiziert und perfiziert ist. Das Wirken
(operatio actualis) eines Seienden aber ist ein „Mittleres zwischen dem
Wirkenden und dem Gewirkten“ (Thomas v.A.). Ein jedes Sakrament jedoch
ist, philosophisch betrachtet und gewertet, ein Seiendes, nicht aber
ein NichtSeiendes, und damit wiederum sowohl ein „ens in potentia“ als
auch ein „ens in actu“. Dies sei hier nur der Vollständigkeit halber am
Rande erwähnt, damit man sich auch diesbezüglich keinen Illusionen
hingibt, wenn man sich über den SakramentsSachverhalt oder die komplexe
„res sacramentalis“ zureichende Klarheit verschaffen will und nicht
immer nur auf einen Autoritätsglauben angewiesen oder verwiesen sein
möchte.
Wenn in so manchen Dogmatiken (z.B. auch bei PohleGierens S.J. Bd.III,
1937)der Satz aufgestellt wird und als „theologice certum“ behauptet
wurde: „Die Substanz der sakramentalen Riten ist unmittelbar von
Christus.eingesetzt worden, so daß die Kirche sie nicht ändern kann“,
dann besagt der erste Teil des Satzes gar nichts und führt nur auf
einen Irrweg, weil man sich hierbei Grundverschiedenes, ja sogar etwas
Falsches denken kann; und der zweite Teil des Satzes hängt dann
gleichsam in der Luft. Zudem besagt er sehr wenig, obwohl er wahr ist.
Im übrigen wurde mit solchen oder ähnlichen Thesen doch nur ein Problem
(bestenfalls) überspielt oder vor sich hergeschoben. Denn Christus hat
nicht „die Substanz der sakramentalen Riten', eingesetzt, sondern er
hat Sakramente, d.h. sinnlich wahrnehmbare und signifikante
GnadenMittel eingesetzt und festgelegt und dann für ihren Vollzug
(exsecutio) und Gebrauch (usus) sakrale Riten festgeschrieben und
vorgezeichnet, weil sakramentale Riten besondere KultFormen sind.
Außerdem sollte man doch folgendes nicht übersehen: Es geschah oder
erfolgte nämlich die Einsetzung von Sakramenten und so auch die des
„sacramentum Ordinis“ nicht durch Jesus Christus, insofern er Mensch
war (ist), sondern insofern Er Gott war (ist). Deshalb stammt auch die
spezifische „significatio totalis“ eines Sakramentes nicht aus der
„natura rei sacramentalis“, sondern, worauf schon Thomas v.A.
hingewiesen hat, „ex institutione divina“. Was aber aus einer
Einsetzung, Einrichtung oder Anordnung Gottes und Jesu Christi stammt,
das kann der Mensch nicht ändern, auch nicht die Kirche! Die
verheerende „mutatio rituum“, von der wir in der Einleitung sprachen,
beginnt nicht erst mit Defekten in einem religiösen Tun und Handeln,
sondern in einem unwahren philosophischtheologischen Denken, das die in
einem kirchlichen Ritus liegende „res sacra et sancta“ nicht mehr
erfaßt oder nicht mehr erfassen will. In beiden Fällen aber wird ein
Sakramentsritus von innen heraus zerstört, nicht bloß verunstaltet.
B) DIE INTENTIONALITÄT DES „SACRAMENTUM ORDINIS“
Papst Leo XIII. hatte in seiner Bulle auch diese Sache als allgemein
bekannt voraus gesetzt (vermutlich, weil schon Thomas v.A. darüber
lichtvolle Ausführungen. gemacht hatte) und sie nur am Rande vermerkt,
als er bezüglich der anglikanischen 'Weihen' von einem Defekt der „dem
Sakramente notwendigen Intention“ sprach. Bei diesem zu erfassenden
Sachverhalt aber handelt es sich um die eigentümliche Seinsweise (modus
entis), von der das WesensGanze eines jeden Sakramentes bestimmt ist
und die ihm notwendig zukommt. In diesem Zusammenhang aber gilt die
philosophische Erkenntnis: Wesenhaft oder wesentlich ist nur das, was
im Wesen einer „res reales'' liegt, d.h. wodurch sie das ist, was sie
ist.
Notwendig aber ist das, was in ihr „ex suppositione esse essentiae“
nicht nicht sein kann. Sakramente aber sind individuellkonkrete „res
reales“, denen in ihrem inneren SoSein eine bestimmte Seinsweise
zukommt, die ihnen eigentümlich ist. Es ist leicht, dies zu übersehen,
wenn man nicht ontologisch denkt oder zu denken vermag, wie es auch
heutzutage weitgehend der Fall ist.
Wird aber die Seinsweise der Sakramente aus Mangel an Erkenntnis nicht
erfaßt, dann ist es auch unmöglich, die Art ihres Wirkens (operatio
specifica) zu verstehen, nämlich ihre nur instrumentale Kausalität. Die
Folge davon aber ist ein Mißverstehen oder ein gar nicht mehr Verstehen
des Wirkens der Sakramente „ex opere operato“. Das begriffsleere
Wortgeklingel in dieser Sache, das sich besonders bei Traditionalisten
findet, hat auch schon eine ziemlich lange 'Tradition'.
Das aus der altehrwürdigen philosophischen Seins und
Erkenntnismetaphysik stammende Wort (Fremdwort) „intentionalitas“ oder
„intentio“ übersetzt und umschreibt man am besten mit: „der auf ein
bestimmtes Ziel hingeordneter (finaler) Richtungssinn einer realen
Sache“, und der im übrigem in Wesen aller sog.
„IntentionalitätsGestalten“ liegt und zum Ausdruck kommt, wie es z.B.
auch auf eine analoge Weise in den echten Werken wahrer Kunst der Fall
ist (selbst in einem Torso). Auch diese Sicht der Dinge ging verloren
und an ihre Stelle traten dann die geistlosen Werke einer banalen und
ordinären (angeblich) 'religiössakralen Kunst'. So kommt eben auch hier
das eine zum andern und zeigt sich sogar anschaulich in seinem
geistigen Verfall. Es ist niemandem verwehrt. sich mit wachen Augen in
kirchliche Kulträume zu begeben und sich dann die modernen
entsakralisierten Kunstwerke doch einmal genauer anzusehen, bei denen
es einem übel werden kann. Das Wirken eines blind wirkenden
Zeitgeistes, der alles profanisiert und der kein transzendentes ZielGut
kennt, ist offenkundig. Das kann man zwar leugnen, aber durch nichts
vernebeln, auch nicht durch fromme Sprüche, die gewisse 'kunstsinnige
Liturgieexperten' immer 'von Amts wegen' auf Lager haben.
Schon der lateinischen Wortbedeutung nach meint Intionalität ein „in
aliquid tendere“, d.h. ein entitatives sich Hinspannen und Hinrichten
eines Dinges oder einer Sache auf etwas als ein anderes (in aliquid =
in aliud quid), das im Wesen einer zu verwirklichenden Sache
vorgezeichnet ist, ja sogar präfiguriert sein kann. Nun sind aber
Materie und Form der konstitutiven WesensGanzheit eines Sakramentes,
das ja ein reales GnadenMittel ist, bekanntlich nicht um ihrer selbst
willen da, sondern um der SeinsGestalt des individuellkonkreten Ganzen
willen (da dieses ein ens reale et concretum“ ist) und die somit in
sich nicht bloß relational bestimmt ist, sondern auch intentional und
eben dadurch ein „intentionales Sein“ (esse intentionale) hat, das ihm
notwendig zukommt, um wirken zu können. Dieses Sein aber hat ein
Sakrament weder durch sich selbst (per se) noch aus sich selbst (ex se)
noch von einem Spender oder minister Ecclesiae, sondern einzig und
allein „ex institutione Christi“, dem realen Urheber (auctor) der
Sakramente, die somit von Ihm abhängen und dadurch auch Seiner Macht
unterworfen sind. („Mir allein ist alle Gewalt gegeben im
Himmel und auf Erden“, hat Christus geoffenbart.) Indessen trifft auch
auf die Sakramente die allgemeingültige Erkenntnis zu: aktuales Sein
ist Macht, NichtSein ist UnMacht und defektes Sein Ohn–Macht. Das „esse
intentionale“ jedoch ist nichts davon, sondern ein nur „unvollkommenes
und unvollendetes Sein“ („esse imperfectum et incompletum“), wie Thomas
v.A. sagt. Dieses aber genügt, damit aufgrund desselben die Sakramente
auf ihr SinnZiel und ZielGut hin zu wirken vermögen (operari propter
finem), das in ihnen durch Christus eingeprägt oder eingezeichnet und
vorgezeichnet worden ist. Darum intendiert das aus zwei Seinsprinzipien
hervorgegangene WesensGanze eines Sakramentes sein eigenes (aktuales)
Sein wie auch seine Vervollkommnung (intendit esse et perfectionem,
Thomas v.A.). Daraus aber folgt, daß kein Sakrament in Wahrheit (vere)
und wirklich (actu) existiert und existieren kann ohne eine auch in
dieser IntentionalitätsGestalt wirkende und eine Wirkung
hervorbringinde Finalursächlichkeit oder Finalursache (causa finalis
interna). Eine solche aber findet sich bekanntlich auch in jedem
werkzeuglichen Sein von etwas oder Werkzeug, das als ein geeignetes
Mittel für einen zweckbestimmten Gebrauch angefertigt worden ist.
(Niemand wird mit einem spitzen Dolch ein Ölgemälde malen oder mit
sinnlosen Worten und einer konfusen Grammatik eine Rede halten wollen,
es sei denn, er ist nicht ganz richtig im Kopfe.) In diesem
Zusammenhang aber gilt schon im allgemeinen die vernunftgemäße
Erkenntnis: wenn das eigentliche SinnZiel (finis proprius) oder auch
der Endzweck (terminus proprius) einer zu verwirklichenden Sache
beseitigt, korrumpiert oder verfehlt wird, dann ist auch die
Herstellung, Verfertigung oder Bereitung eines Mittels zum Zweck von
vornherein sinnlos, vergeblich und zu gar nichts nütze und de facto
nichts anderes als eine große Täuschung, und zwar sowohl seiner selbst
als auch anderer Leute. Denn die instrumentale Kausalität setzt die
finale in einer Intentionalitäts–Gestalt voraus, die allen Sakramenten
eigentümlich ist.
In der Tat scheint Christus, der Herr, auch das „ sacramentum Ordinis“
für viele umsonst oder vergeblich eingesetzt zu haben, da sie nichts
vom „esse intentionale“ der sakramentalen IntentionalitätsGestalt, die
nur ein unvollkommenes und unvollendetes Sein hat, gewußt haben bzw.
wissen. Man sollte sich die Frage stellen: Wieviele Konsekratoren
handhabten wohl „in Worten und Handlungen“ (res sensibiles) nur einen
Ritus in dem Irrglauben, der einer Wahnvorstellung gleichkommt, dadurch
ein Sakrament zu `spenden'? Diese „ministri Ecclesiae“ vollbrachten
nämlich in Wirklichkeit auch nichts anderes als die Anglikaner in ihrem
OrdinationsRitus, durch den, wie Papst Leo XIII. lehrte, das reale
„sacramentum Ordinis verumque Christi sacerdotium“ „ ganz und gar
ausgetrieben worden ist“. Auch bei den 'katholischen Weihen' hätte man
nicht immer so manches unbesehen als gegeben voraussetzen dürfen, das
gar nicht mehr vorhanden war, angefangen mit der konstitutiven
Konfizierung eines Sakramentes in einem kirchlichen „ritus sacralis“.
Nun ist aber die IntentionalitätsGestalt der Sakramente aufgrund und
gerade wegen des ihr zukommenden „esse intentionale“ keine statische,
sondern eine dynamische oder bewegte, die sich jedoch nicht selbst
bewegt, sondern bewegt wird. Dadurch aber steht sie als eine solche
ontisch genau in der Mitte (in medio rei sacramentalis) zwischen zwei
Ursachen, die auf etwas einwirken oder einen Einfluß ausüben (causae
influentes), nämlich zwischen einer „causa principalis“ (Hauptursache)
und einer „causa instrumentalis“, die nur eine „causa media“
(Mittelursache) ist. Eine Instrumentalursache aber wirkt effektiv
(causare efficienter) weder „per.se“ noch „ex se“ sondern immer nur
zugleich „de se et per aliud quid“ auf dem Fundament des „esse
intentionale“ einer zu verwirklichenden Sache und so auch einer „res
sacramentalis“, die an und für sich (in se et proprie) nur ein Mittel
ist. Bei einem Mittel aber muß man deutlich unterscheiden zwischen dem
Mittel selbst und seinem Gebrauch. Dieser hinwiederum kann entweder der
erforderlichen Sache gemäß (rite et recte) sein oder auch nicht.
Darum muß der vernünftige Gebrauch eines sakramentalen Mittels in einem
„ritus sacralis“ geordnet und festgelegt werden, um auch Defekte im
Gebrauch zu vermeiden.
Indes gibt es weder eine „intentionale Wirkung“ noch eine „intentionale
Wirkweise“ der Sakramente (wie Kardinal Billot S.J. in seiner
Sakramentenlehre annahm, um damit ein unbewältigtes Problem lösen zu
wollen), sondern nur die eigentümliche Seinsweise des „esse
intentionale“ in der konstituierten WesensGanzheit eines Sakramentes,
das eine dynamische IntentionalitätsGestalt und ein „unum per accidens“
sui generis ist. Das von Christus eingesetzte Sakrament ist als
GnadenMittel keine „res simplex“, sondern eine „res complexa et in se
ordinata“. Von der eigentümlichen Intentionalität der Sakramente und
somit auch der des „sacramentum Ordinis“ aber hat man schon lange
nichts mehr gewußt. Papst Leo XIII. setze u.E. viel zuviel als bekannt
voraus, so daß es durchaus verständlich ist, warum seine Bulle
vielerorts ins Leere ging. Sie wurde entweder gar nicht verstanden oder
mißverstanden und dann einfach ad acta gelegt. Sieht es heute etwa
besser aus?
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