ZUM TODE VON H.H. DR. F. JEKER
von
Eberhard Heller
Manchmal gibt es Ereignisse, die uns ganz vehement auf die
Gebrechlichkeit und das ganze Maß der Unverfügbarkeit des eigenen
Lebens hinweisen, urplötzlich - vielleicht soagr in einem Augenblick,
wenn wir meinen, uns im Vollbesitz unserer Kraft einer Aufgabe ganz
widmen zu können. Gerade dann werden wir daran erinnert - unsanft! -,
wie wenig wir selbst darüber verfügen können... daß uns das Leben
geschenkt wurde aus Gottes Hand und daß Er, Herr über Leben und Tod, es
uns wieder nimmt, ohne unsere Zustimmung eingeholt zu haben.
Für mich war der Tod von H.H. Kaplan Dr. Felix Jeker am 7. Dez. letzten
Jahres, kurz nach Vollendung seines 46. Lebensjahres, solch ein
Augenblick. Ich hatte noch kurz zuvor eine Postsendung an ihn abgehen
lassen, als mich die bedrückende Nachricht von seinem Hinsterben
erreichte. Meine Betroffenheit war um so größer, als ich kurz zuvor von
dem guten Verlauf einer Operation erfahren hatte, der^sich in
Heidelberg unterzogen hatte. Wie ich später erfuhr, hatte Felix Jeker
selbst schon an einen Kuraufenthalt zu Hause gedacht. Sein Tod wurde
allgemein, d.h. in der Schweiz und Deutschland, wo der Kaplan mit dem
"guten Herzen" seit seiner Priesterweihe im Jahre 1970 als Seelsorger
tätig war, mit großer Trauer aufgenommen. Vor gut einem Jahr, in der
Weihnachtszeit 1989, hatte H.H. Jeker über Schmerzen in der
Lendengegend geklagt, die sich rasch verschlimmert hatten. Zunächst
dachte man an rheumatische oder ähnliche Beschwerden, bis eine
gründliche Untersuchung Anfang 199o das schreckliche Resultat
erbrachte: Krebs! Zunächst wurde die bösartige Geschwulst durch eine
Chemotherapie behandelt, dann wurde sie in Heidelberg bestrahlt. Das
führte zu einer Verkleinerung des Sarkoms, welches am 21. Nov. 1990
operativ entfernt wurde. Statt der ersehnten und von vielen Gläubigen
in der Schweiz und Deutschland erbeteten Genesung folgte dann am 7.
Dezember überraschend die Abberufung von dieser Welt: der einjährige
Leidensweg von H.H. Dr. Jeker war zu Ende gegangen. Bis Ostern 1990 war
er noch seinen priesterlichen Verpflichtungen nachgekommen. Sitzend
hatte er die Karsamstagsliturgie gefeiert. Ende Juli war er noch einmal
mit verschiedenen Konfratres zusammengekommen. Beerdigt wurde Kaplan
Jeker in seinem Heimatort Ariesheim am 11. Dezember, die Grabansprache
hielt H.H. Kaplan Betschart.
Felix Casimir Jeker war am 2.12.1944 in Bärschwil/Schweiz, unweit von
Solothurn, geboren worden. Nach Beendigung der Gymnasialzeit besuchte
er zunächst das Priesterseminar in Luzern. Seine theologischen Studien
setzte er in Rom an der Gregoriana fort. Betreut und religiös geleitet
wurde Felix Jeker von H.H. Pfr. Leutenegger, der ihm nicht nur
geistlicher Vater war, sondern ihn auch großzügig finanziell
unterstützte. Die nachkonziliaren Entwicklungen, die sich schon
deutlich abzeichneten, zwangen Felix Jeker, nach einem rechtgläubigen
Weihbischof Umschau zu halten: er fand ihn schließlich in dem
Franziskaner-Bischof Blasius Kurz, der noch von Papst Pius XII.
konsekriert worden war. Die Priesterweihe fand schließlich am
21.11.1970, am Fest Maria Opferung, in Kersiten am Vierwaldstätter See
statt. Wegen seiner konservativen Einstellung wurde er offiziell in
keiner Diözese als Priester und Seelsorger eingesetzt. H.H. Jeker war
also der erste Kleriker, der auf Grund der nachkonziliaren Apostasie
und Häresie sich seine Gemeinden selbst aufbauen mußte bzw. dort als
Priester tätig wurde, wohin er gerufen wurde. Und gerufen wurde er dann
ständig: er war dauernd unterwegs per Auto, per Bahn und sogar mit dem
Flugzeug. Daneben führt er seine kirchenrechtlichen Studien am
Angelikum in Rom fort, die er Mitte der 7oiger Jahre mit der Promotion
zum Dr.theol. (mit einer Dissertation über "Das Kollaturrecht im Kanton
Solothurn", in der es u.a. auch um das Verhältnis von Kirche und Staat
geht) abschloß. Hier wiederum war es Pfr. Leutenegger gewesen, der zu
diesem Abschluß dringend geraten hatte.
H.H. Dr. Jeker war durch seine Studien auch zu einem ausgezeichneten
Kenner der römischen Verhältnisse geworden, wo er auch S.E. Mgr. Pierre
Martin Ngo-dinh-Thuc kennen gelernt hatte und bei ihm als Ministrant
tätig gewesen war. Ich lernte H.H. Kaplan Jeker bei der Priesterweihe
von H.H. Storck in Egg/Schweiz am 21. September 1973 kennen. Er
fungierte damals als Zeremoniar von S.E. Bischof Blasius Kurz, also von
seinem eigenen Weihbischof. Ab diesem Zeitpunkt riß der Kontakt zu ihm
nicht mehr ab. Bald konnte ich ihn als Mitarbeiter für die EINSICHT
gewinnen. Aus seiner Feder stammen einige Beiträge kirchenrechtlicher
und pastoraler Natur, letztere, um den Gläubigen zum Weihnachtsfest
Trost in dieser Verlassenheit zu schenken. Eine Gönnerin hatte ihm im
Frühjahr 1988 eine Reise nach (Rot)-China finanziert, damit er dem
Wirken seines Weihbischofs Blasius Kurz O.F.M. nachspüren könne, der in
Yungchow als Missionsbischof bis 1951, d.h. bis zu seiner Ausweisung
aus dem Reich der Mitte, tätig gewesen war. Diese Reise fand auch ihren
literarischen Niederschlag in einem ausführlichen, spannenden Bericht,
den er für die EINSICHT verfaßt hatte und in dem er auch auf die
derzeitige religiös-kirchliche Situation in Rot-China einging (vgl. die
Hefte Nr.2 u. 3/19. Jahrgang, Juli u. Sept. 1989)
Als wir in München, kurz nach dem offiziösen Verbot der hl. Messe im
Frühjahr 1976 das provisorische Meßzentrum im Künstlerhaus errichteten,
war H.H. Kaplan Jeker einer der ersten Geistlichen, die H.H. Pfr. Pniok
entlasteten und die dort in der Fastenzeit die hl. Messe feierten.
Immer, wenn "Not am Mann" war, kam er, und er kam gerne. In den letzten
Jahren waren seine Besuche jedoch seltener geworden. Der Tod hatte zu
große Lücken in die Reihen dee alten Geistlichen gerissen, so daß auf
die übrigen immer umfangreichere Verpflichtungen kamen. H.H. Jeker war
ständig unterwegs und mußte sonntags bis zu dreimal die hl. Messe an
verschiedenen Orten lesen. Das kostete Kraft! Aber immer, wenn er
gerufen wurde, sagte sein gutes Herz "Ja". Nun hat Gott seinen Arbeiter
in den verschiedenen und verstreuten Weinbergen abberufen und ihm
"ausruhen" verordnet.
Herr, wir bitten Dich, sei der Seele Deines Dieners gnädig.
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